aktuell Informationsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen Pharmakotherapie Rationale und rationelle Pharmakotherapie in der Praxis Jahrg. 22, Nr. 4 | Dezember 2017 a k t u e l l j e t z t H KaEVrufachhre no Snie lhiiner,e w!ie’s geht. Nephrologie Richtig behandeln bei Niereninsuffizienz A MIN T D I V ECPISAL d S uevpnoHp Pngiller ifVbameFtix t efaieaüsnksmart th lieilenantr ar?uDtgne – g STANDPUNKT FORSCHUNG & PRAXIS DIALOG Nutzenbewertung in der Praxis: Antikoagulantien: BfArM-Zahlen 25 Jahre KVHaktuell: Zusatznutzen oder nicht? zu den UAW aller Wirkstoffe Von Kollegen für Kollegen Lesegewohnheiten ändern sich, L A RI O KVH aktuell auch T DI E Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege, KVHaktuell Pharmakotherapie wird in diesem Jahr „25“. Unser Magazin wurde Ende 1992 von ambitionierten hessischen Hausärzten gegründet. Ziel war es, niedergelassene Kollegen in Hessen über die rationale und rationelle Arzneimitteltherapie zu informieren. In erster Linie, um ihnen verlässliche Informationen zu geben, aber auch um „Regressprophylaxe“ zu betreiben. Allerdings gab es in den 90er-Jahren deutlich mehr Verfahren, mit zum Teil sehr hohen Regressbeträgen. Diese sind Gott sei Dank mittlerweile – ein Stück weit auch durch das Engagement von KVHaktuell – in dieser Form Geschichte. Zu Beginn erschien das Magazin als eine eher unansehnliche graue DIN A5-Pappbroschüre. Mit der Zeit wurde es attraktiver, einem gelben folgte ein blauer, dann wieder ein grauer Einband. Alle Beiträge mussten aus Zeit- und Kostengründen aber immer noch ohne Tabellen, Unsere Patienten Grafiken oder Bilder auskommen. Vor etwa zwölf Jahren wurde dann sind häufig KVHaktuell zur Zeitschrift und nach weiteren Modernisierungen zu dem Magazin, wie Sie es heute kennen. Zum Jubiläum haben wir uns nierenkrank, und unseren Lesern ein großes Geschenk gemacht: seit September das sollte bei steht KVHaktuell allen Abonnenten nicht nur in gedruckter Form, jedem Rezept sondern auch als WebMagazin zur Verfügung. Ab sofort ist es damit über mobile Endgeräte jederzeit und überall verfügbar. Mehr zur bedacht werden. Entwicklung von KVHaktuell erfahren Sie ab Seite 30. Und die Inhalte? All diese Jahre haben wir neue Therapien kritisch betrachtet und mit Ihnen diskutiert. Wichtig ist uns, Ihnen konkrete Empfehlungen für den Praxisalltag anzubieten. Entscheidendes Kriterium ist dabei, dass die Bewertungen nicht nur auf Hersteller-gesponserten Studien beruhen, sondern auch auf der Beurteilung durch unabhängige Experten. Mit Erfolg: KVHaktuell wird mittlerweile von 27.000 Ärztinnen und Ärzten in sieben KVen gelesen. Darauf sind wir stolz. Unser Schwerpunktthema befasst sich diesmal mit der oft komplexen medikamentösen Betreuung von Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz. Ein weiterer Beitrag, der neben der Pharmakotherapie auch deren Wirtschaftlichkeit nicht aus dem Auge verliert, beleuchtet die Nutzenbewertung und das kontrovers diskutierte Verfahren der Mischpreisbildung. Wir wünschen Ihnen eine informative Lektüre und freuen uns auf den intensiven Dialog mit Ihnen! Ihr Dr. med. Wolfgang LangHeinrich 2 KVH aktuell 4|2017 Inhalt 4|2017 SCHWERPUNKT SEITEN 4–15 Nephrologie Arzneimittel bei chronischer Nierenerkrankung NACHRICHTEN SEITEN 16–18 Renin-Inhibitor Rasilez: A-do-not-use-drug Long-QT: Plo(cid:0)tzlicher Herztod durch Medikation? AkdÄ: Neuer Leitfaden „Biosimilars“ online und weitere Meldungen SPECIAL VITAMIN D SEITEN I–VIII Verordnungspraxis Vitamin D in allen Lebenslagen – gibt es harte Fakten? STANDPUNKT SEITEN 19–25 Nutzenbewertung und Mischpreisbildung: Zusatznutzen oder nicht? Zulassung neuer Onkologika: Endpunkte werden unzureichend untersucht Azathioprin: Wichtige Kontrollen FORSCHUNG & PRAXIS SEITEN 26–29 Thromboembolie-Prophylaxe: Gemeinsam entscheiden Antikoagulantien: Aktuelle UAW-Zahlen des BfArM NOAK: Agranulozytose und Stevens-Johnson-Syndrom DIALOG SEITEN 30–34 25 Jahre KVHaktuell: Pharmakotherapie von Kollegen fü(cid:0)r Kollegen Rezept des Monats: Ungünstige Kombination? Choosing wisely: Top-5-Empfehlungen aus der Nephrologie Impressum Hinweis: Angaben zu möglichen Interessenkonflikten der Autoren dieses Magazins können bei der Redaktion ([email protected]) erfragt werden. In KVHaktuell genannte geschützte Produktnamen sind, unabhängig davon, ob sie als solche gekennzeichnet sind, Marken und/oder Warenzeichen der jeweiligen Rechteinhaber und somit nicht frei verwendbar. Auf eine Kennzeichnung der Produktnamen mit einem Warenzeichen wird daher verzichtet. 3 KVH aktuell 4|2017 T K N U P R E W H C S 4 KVH aktuell 4|2017 S C NEPHROLOGIE H W E Arzneimittel bei R P U N K T chronischer Nierenerkrankung Immer mehr Patienten in der Hausarztpraxis sind nierenkrank. Bei ihnen gilt besondere Vorsicht beim Ausstellen von Rezepten, denn etwa die Hälfte aller gängigen Medikamente oder deren Abbauprodukte werden über die Nieren ausgeschieden. Die Häufigkeit chronischer Nierenerkrankungen 33.850 Frauen).2Die häufigsten Dialyse-Ursachen (Chronic Kidney Disease, CKD) nimmt mit dem sind Diabetes mellitus (23-34 Prozent), vaskuläre Alter stetig zu. Während bundesweit 60 bis 69- Gründe (24 Prozent), Glomerulonephritis (13 Jährige in zirka vier Prozent eine reduzierte glo- Prozent), interstitielle Gründe (8 Prozent) und meruläre Filtrationsrate (GFR) haben, sind es bei Zystennieren (5 Prozent). Auffällig ist beim Dia- den 70 bis 79-Jährigen bereits etwa 13 Prozent. In betes mellitus ein 30-prozentiger Unterschied der Gruppe der über 80-Jährigen sollen etwa zwischen den Zahlen der aktuellen Berichte an zwei Millionen Menschen betroffen sein.1Zudem den Gemeinsamen Bundes ausschuss (G-BA)2 waren im Jahr 2015 insgesamt 84.451 Patienten und denen der früheren QuaSi-Niere-Berichte ständig dialysepflichtig (50.601 Männer und (siehe Kasten Datenbasis). PROBLEM DATENBASIS Prävalenzen:Angaben zur Häufigkeit der chroni- lieferte „QuaSi-Niere“ von 1995-2007 transparente schen Niereninsuffizienz (1,5 –2,3 Prozent) variie- Daten (www.bundesverband-niere.de unter ren je nach Erhebungsstudie (GEDA 20093 oder Bundesverband: „QuaSi-Niere Jahresberichte“). GEDS1 bis 20111 und der zugrunde gelegten Leider haben die Dach verbände von Nephrologen (alten/neuen) Diagnosekriterien.4Die Weiterent- und Kranken kassen die „QuaSi-Niere gGmbH“ wicklung der Rechenmodelle (Cockcroft-Gault, in 2007 aufgelöst. Die Neufassung der Dialyse- MDRD, CKD-EPI) macht Vergleiche mit historischen Richt linie bot den Anlass. Berichterstatter und Prävalenzzahlen unsicher. Bericht erstattung haben sich seither mehrfach Dialyse:Zu Prävalenzen und Ursachen der Nieren- (www.g-ba.de unter Richtlinien: „Qualitäts - ersatztherapie (Dialyse und Transplantationen) sicherungs-Richtlinie Dialyse“) geändert. 5 KVH aktuell 4|2017 Definition Nierenschaden gelten histopathologische Auffäl- Die Ursachen einer chronischen Nierenerkrankung ligkeiten oder Schädigungszeichen in Labor/Urin sind multifaktoriell. Einerseits vermindert sich die oder Bildgebung. Der Begriff „kompensierte T K Kreatinin-Clearance als GFR-Maß „physiologisch“ Retention“ sollte nicht mehr verwendet werden. N U ab dem 45. Lebensjahr jährlich um etwa 0,8 ml/min. Stadien der chronischen Nierenerkrankung P Andererseits sind die häufigsten Risikoerkrankun- (K/DOQI-Klassifikation von 2002)5: R E gen für eine Nierenschädigung ebenso alters ab - W hängig. Jede(r) Zweite über 65-jährige leidet an Stadium Nierenerkrankung GFR H C einem arteriellen Hypertonus, jede(r) fünfte über 1 normale oder erhöhte GFR >= 90 S 75 Jahren hat einen manifesten Diabetes mellitus.2 2 leichte GFR-Reduktion 60-89 Die sogenannte Vortest-Wahrscheinlichkeit für 3 mäßiggradiger GFR-Reduktion 30-59 eine Niereninsuffizienz ist folglich gerade in der 4 schwergradige GFR-Reduktion 15-29 hausärztlichen Praxis sehr hoch. Vorsicht ist also 5 Nierenversagen < 15 (oder bei der Multimedikation geboten, zu der immer Dialyse) noch eine gewisse Selbstmedikation unterstellt werden sollte. Regelmäßige „Brown-bag-Checks“ 2012 kam mit den KDIGO-Leitlinien (Kidney Disea- der Hausapotheke sind daher ratsam. se Improving Global Outcomes) eine Erweiterung Als chronische Nierenerkrankung gilt ein Nieren- der oben genannten Klassifikation. Das Stadium 3 schaden oder die eingeschränkte Nierenleistung wurde aus prognostischen Gründen in 3a und 3b mit GFR unter 60ml/min für mehr als drei Monate. unterteilt. Außerdem wurden die prädiktiven Krite- Die GFR ist ein eigenständiges Kriterium neben rien „Urin-Albumin“ und „systemische Begleiter- mehreren Zusatzkriterien (Albuminurie, Sediment, krankungen“ aufgenommen. In diesem neuen tubulären Schädigungszeichen, Histologie, Bild - CGA-Konzept (C=Cause (Ursache), G=GFR (glo- gebung und Transplantationsstatus).4Die Kriterien meruläre Filtrationsrate) und A=Albuminurie) spie- müssen Krankheitswert besitzen: einzelne Nieren- len die fünf GFR-Stadien weiterhin eine wesentli- zysten reichen dazu nicht. che Rolle, nunmehr als G1 bis G5 bezeichnet. Aber ganz unabhängig von den Nomenklaturdetails: Klassifikation einen GFR-Wert von 55 ml/min/1,73m2einfach als Seit 2002 existiert die bis heute verwendete GFR- „55-prozentige Nierenleistung“ zu bezeichnen, basierte Stadieneinteilung der Nierenleistung. Als wird von vielen Patienten besser verstanden. Chronische Nierenkrankheit: Albuminurie-Kategorien Klassifizierung nach glomerulärer Filtrationsrate (GFR) und Albuminausscheidung* A1 A2 A3 Normal bis leicht Moderat Stark erhöht erhöht erhöht (cid:0) (cid:3)3 mg/g 30-300 mg/g (cid:1) 300 mg/g (cid:3)3 mg/mmol 3-30 mg/mmol (cid:1) 30 mg/mmol 2m) G1 Normal bis hoch (cid:2)90 3 1.7 G2 Mild eingeschränkt 60-89 / n mi G3a Mild bis moderat ml/ eingeschränkt 45-59 n ( G3b Moderat bis schwer rie eingeschränkt 30-44 o g e G4 Schwer eingeschränkt 15-29 t a K FR- G5 Nierenversagen (cid:0)(cid:3)15 G Grün: Niedriges Risiko; liegen keine zusätzlichen krankheitsrelevanten Auffälligkeiten vor, besteht kein Anhalt für eine chronische Nierenkrankheit; Gelb: Moderat erhöhtes Risiko; Orange: Hohes Risiko; Rot: Sehr hohes Risiko. *KDIGO-Klassifikation 2012 Quellen:Kidney International 2013: Supplements 3,4 6 KVH aktuell 4|2017 Diagnostik Die errechnete GFR (eGFR, „e“ steht für estimated: bei Abweichungen der Muskelmasse (Bodybuilder, geschätzt) ist ausreichend genau. Das Urinsam- Kachexie, Amputationen) sowie für den Nachweis S meln über 24 Stunden zur alleinigen Bestimmung und Schweregrad einer Niereninsuffizienz empfoh- C H der Kreatinin-Clearance ist aus Praktikabilitäts- len.Der Wert ist durch Hautfarbe und Geschlecht W gründen verlassen worden. Schätzung der GFR beeinflussbar. Daten verschiedener Laborinstitute E R mittels Rechenmodellen: sind möglicherweise nicht vergleichbar. Differen - P U COCKCROFT & Gault:Serum-Kreatinin, Alter, tialdiagnostisch muss das akute Nierenversagen N Körpergewicht, Geschlecht (ANV) abgegrenzt werden. Ein ANV ist definiert als K T MDRD:Serum-Kreatinin, Alter, Geschlecht, Anstieg des Serum-Kreatinin in zwei Tagen über Abstammung 0,3 mg/dl oder in sieben Tagen über das 1,5-fache CKD-EPI:Serum-Kreatinin, Alter, Geschlecht, oder den Abfall der Urinausscheidung auf weni- Abstammung (aktuell üblich) ger als 0,5 ml/kg für mindestens sechs Stunden Wichtig zu wissen: MDRD unterschätzt die GFR bei (KDIGO 2012). Zu unterscheiden sind prärenale Nierengesünderen (GFR über 60 ml/min). CKD-EPI Auslöser (Volumenmangel/zirkulatorisch), renale macht insbesondere Ältere „nierenkränker“ als Ursachen (ischämisch, toxisch, vaskulär) und post- MDRD. Alle genannten Formeln sind bei Kindern renale Ursachen, die aber sonografisch gut ab- nicht geeignet. grenzbar sind. Gerade prärenale und renale Cystatin C (Serum) ist bei leichter Nierenfunk - Ursachen sind oft überlappend. Hierbei sind tionseinschränkung sensitiver als die Kreatinin- medikamentöse Ursachen häufig. Clearance. Die Bestimmung wird insbesondere Nebenstehend eine Medikamente und ihre Nephrotoxizität Liste unmittelbar Wirkstoffe Krankheitsbild nephrotoxischer Substanzen Antibiotika/Virustatika (ohne Anspruch auf Rifampicin akute interstitielle Nephritis Vollständigkeit nach 6). Aminoglykoside Tubulotoxizität Penicilline akute interstitielle Nephritis Cephalosporine akute interstitielle Nephritis Amphotericin B Tubulotoxizität Foscarnet Tubulotoxizität Cidofovir Tubulotoxizität Indinavir akute interstitielle Nephritis Analgetika NSAR akute interstitielle Nephritis Paracetamol Glutathion-Hemmung Immunsuppressiva, Zytostatika, Zytokine Ciclosporin, Tacrolimus Tubulotoxizität Mesalazin akute interstitielle Nephritis Cisplatin, Carboplatin Tubulotoxizität Interferon Glomerulonephritis Imatinib Tubulotoxizität Psychopharmaka Lithium akute interstitielle Nephritis Kontrastmittel Jodhaltige Röntgenkontrastmittel renale Zytotoxizität Hinweis:Für das Magnetresonanztomografie-Kontrastmittel Gadolinium wird zwar keine direkt substanzspezifische Nephrotoxizität beschrieben, es besteht aber bei reduzierter GFR das Risiko einer potenziell tödlichen nephrogenen systemischen Fibrose. 7 KVH aktuell 4|2017 Praxisdokumentation und Begleitumstände erfordert. Bei Kombinationen Bei Niereninsuffizienz empfiehlt sich die stadien- von ACE-Hemmern (Prilaten) oder AT-II-Hemmern bezogene ICD-10-Kodierung der vierten Stelle (Sartanen) mit Diuretika steigt das Risiko einer T K (Hausärzte sollten im ICD-10 grundsätzlich nur Hyperkaliämie mit abnehmender GFR. Außerdem N U 4-stellig kodieren). Viele Kollegen meiden mittler- steigt das Hypotonierisiko mit zunehmender P weile die „nicht näher bezeichnete“ N18.9. Viel- Aktivität des Renin-Angiotensin-Aldosteron- R E mehr dokumentieren sie bewusst GFR-spezifisch Systems. Gefährdet sind insbesondere ältere W insbesondere die Codes N18.3 bis N18.5. So wird Patienten mit Flüssigkeits- oder Salzmangel, H C die Nierenerkrankung eines Patienten zusätzlich dekompensierter Herzinsuffizienz oder hämo - S im Schweregrad abgebildet. Dies ist wichtig für dynamisch relevanten Aortenklappenstenosen. die eigene Dokumentation, aber auch für „Nach- Laborkontrollen sollten regelmäßig und beson- fragen Dritter“ zum Beispiel zu Verordnungen. ders bei Änderungen der Lebensrhythmik erfol- Sowohl in der Computerakte als auch in der gen. Oft ist das Führen eines Blutdrucktage- Papierakte (wie beim Hausbesuch) sollte die Diag- buchs nützlich, selten wird ein Trinkprotokoll nose mit Stadium immer gut sichtbar vorne be - notwendig. ziehungsweise oben stehen. So ist rasch erkenn- bar, ob die Nierenfunktion des jeweiligen Patienten eine besondere Achtsamkeit auf Wirkstoffe, Alter Richtig dosieren bei eingeschränkter Nierenfunktion! Hilfe bietet das Häufig verordnete Wirkstoffe Pharmakologische Institut der Universität Heidelberg. Die direkte Die nachfolgende Wirkstoff-Übersicht berücksich- Wirkstoffsuche ist tigt überwiegend nierenbezogene Hinweise, meist möglich unter: = Risiken aus den Fachinformationen der Original - präparate.7 Insbesondere die Leitsubstanzen der = keine Dosisanpassung aktuellen Arzneimittel-Vereinbarung, gängige notwendig(cid:0) Antidiabetika und Antikoagulantien wurden be- rücksichtigt. Zur speziellen Dosisanpassung bei = Dosisanpassung verminderter GFR sei der Artikel von Hartmann et notwendig al. empfohlen.6Farbige Pfeile und Ausrufungszei- kvh.link/1704001 chen vor den Wirkstoffen weisen auf notwendige Dosisanpassungen und mögliche Risiken hin: INTERNET ACE-Hemmer (Prilate), AT-II-Hemmer (Sartane) Ramipril(Fachinformation „Delix“) (cid:0)Losartan(Fachinformation „Lorzaar“) Dosis muss bei eingeschränkter Nierenfunktion Keine Dosisanpassung bei eingeschränkter Nieren- angepasst werden. Tageshöchstdosis bei GFR > 60 funktion notwendig. Die Tageshöchstdosis beträgt ml/min ist 10 mg, bei GFR von 30 – 60 ml/min redu- 100 mg. Losartan ist nicht nephrotoxisch, eine zierte Tageshöchstdosis von 5 mg. Ramipril ist nicht vorbestehende Niereninsuffizienz kann sich aber nephrotoxisch, eine vorbestehende Niereninsuffi- wirkprinzipbedingt verschlechtern. Nephroprotek- zienz kann sich aber wirkprinzipbedingt verschlech- tive Eigenschaften sind nicht belegt (AT). Die Aus- tern. Nephroprotektive Eigenschaften werden bei scheidung erfolgt biliär und renal. Losartan und AT-II-Hemmern (AT) vermutet. Die Ausscheidung der aktive Metabolit sind nicht dialysierbar. der Metaboliten erfolgt vorwiegend renal. Ramipril und der aktive Metabolit sind kaum dialysierbar. Hinweis: Die gleichzeitige Gabe von ACE- und Dagegen ist Lisinopril dialysierbar. Bei der Dialyse AT-II-Hemmern beeinträchtigt die Nierenfunktion. mit High-Flux-Membranen können ACE-Hemmer Kontraindikation bei bilateraler Nierenarterienste- anaphylaktische Reaktionen auslösen. Zu Therapie- nose oder Nierenarterienstenose bei Einzelniere. beginn beweist eine leichtgradige GFR- Abnahme Die Kombination mit Aliskiren bei Diabetes oder den Wirkungseintritt (Prilate hemmen die Bildung einer GFR < 60 ml/min ist für sowohl für Sartane des Vas efferens-verengenden Angiotensin-II). als auch für Prilate kontraindiziert. 8 KVH aktuell 4|2017 Calziumantagonisten Torasemid (Fachinformation „Unat“) Keine Dosisanpassung bei reduzierter Nierenfunk- (cid:0)Amlodipin(Fachinformation „Norvasc“) tion notwendig. Tageshöchstdosis: 20 bis 50 mg S Keine Dosisanpassung bei eingeschränkter Nieren- (nur in Ausnahmefällen bis 200 mg). Torasemid ist C H funktion notwendig. Tageshöchstdosis: 10 mg. nicht nephrotoxisch, jedoch erhöhtes Risiko einer W Kein erhöhtes Risiko der Verschlechterung einer Verschlechterung der Nierenfunktion bei Kombi- E R vorbestehenden Niereninsuffizienz beschrieben. nation mit ACE-Hemmern. Kontraindiziert bei P U Keine wirkstoffspezifisch nephroprotektiven Eigen- Leberzirrhose und hepatischer Enzephalopathie, N schaften. Amlodipin wird überwiegend hepatisch ebenso bei anurischem Nierenversagen. Die neph- K T inaktiviert und biliär eliminiert. Hohe Eiweißbin- rotoxische Wirkungen von Cephalosporinen kann dung, daher nicht dialysierbar. Die Plasmahalb- verstärkt werden! Torasemid wird hepatisch elimi- wertszeit von zirka 40 h macht die Einmalgabe niert. Torasemid und seine Metaboliten sind nicht ausreichend. . nennenswert dialysierbar. (cid:0)Nitrendipin(Fachinformation „Bayotensin“) Hinweis Schleifendiuretika (Furosemid, Torase- Keine Dosisanpassung bei reduzierter Nieren- mid):Bei Überwässerung parenteraler Beginn einer funktion notwendig. Tageshöchstdosis: 20 mg. Furosemidtherapie aufgrund der variablen oralen Kein erhöhtes Risiko der Verschlechterung einer Bioverfügbarkeit (30-60 Prozent) ratsam. Oral soll- vorbestehenden Niereninsuffizienz beschrieben. te Furosemid nüchtern gegeben werden. Torase- Hepatische Inaktivierung mit hauptsächlich biliä- mid hat hat gegenüber Furosemid eine höhere rer Elimination. Hohe Eiweißbindung, daher nicht orale Bioverfügbarkeit von zirka 80-90 Prozent mit dialysierbar. längerer Eliminationshalbwertszeit (3-4 h). Aus der gegenüber Furosemid günstigeren Pharmakologie Verapamil(Fachinformation „Isoptin“) wird gelegentlich eine prinzipielle klinische Über - Bei reduzierter Nierenfunktion nur mit Vorsicht legenheit von Torasemid abgeleitet. Hierfür exis - anzuwenden. Kein erhöhtes Risiko der Verschlech- tieren jedoch keine Belege durch hochwertige terung einer vorbestehenden Niereninsuffizienz kontrollierte Studien (einschließlich der TORIC- beschrieben. Eine Einschränkung der Nierenfunk - Studie). tion hat keinen Effekt auf die Pharmakokinetik. Große interindividuelle Unterschiede in der Clea- Chlortalidon(Fachinformation „Hygroton“) rance. Verapamil ist nicht dialysierbar. Die Gabe Dosisreduktion im Alter und/oder bei GFR unter von nichtretardiertem Verapamil VOR einer Dabi- 60 ml/min. Als Thiazid Wirkungsverlust bei schwerer gatrangabe kann die Dabigatranwirkung erhöhen. Niereninsuffizienz unter GFR < 30 ml/min (Kontra- indikation). Maximale Tagesdosis: 200 mg, Erhal- Diuretika tungsdosis 12,5-50 mg Sehr selten (<1:10.000) (cid:0) allergische interstitielle Nephritis. Erhöhtes Risiko Furosemid(Fachinformation „Lasix“) einer Verschlechterung der Nierenfunktion, ins - Dosis ist bei reduzierter Nierenfunktion anzupas- besondere bei Kombination mit ACE-Hemmern. sen. Parenterale Tageshöchstdosis: 1.500 mg. Orale Gefahr des akuten Nierenversagens bei Chlortali- Anfangsdosis bis 200 mg, Erhaltungsdosis 40 bis don-in duzierter Hypovolämie und gleichzeitiger 80 mg täglich. Potenziell geringe wirkstoffbezo- NSAR- Gabe. Chlortalidon wird überwiegend unver- geneNephrotoxizität (im Tierversuch Fibrosierung ändert über Urin und Fäzes ausgeschieden. und Kalzifizierung der Nieren). Seltene Komplika - tion ist die tubulointerstitielle Nephritis. Erhöhtes Hydrochlorothiazid/HCT(Fachinformation Risiko einer Verschlechterung der Nierenfunktion, „HCT-ratiopharm“) insbesondere bei Kombination mit ACE-Hemmern, Dosisreduktion im Alter und/oder bei GFR unter AT-II-Hemmern, hochdosierten Cephalosporinen, 60 ml/min. Als Thiazid Wirkungsverlust bei schwe- MTX und Röntgenkontrastmitteln. Gefahr des rer Niereninsuffizienz unter GFR < 30 ml/min Nierenversagens bei Furosemid-induzierter Hypo - (Kontraindikation). Maximale Tagesdosis: 50 mg. vo lämie, insbesondere bei gleichzeitiger Gabe von Gelegentlich (1:100 - 1:1.000) interstitielle Nephri- nicht steroidalen Antiphlogistika (NSAR). Bei an - tis. Erhöhtes Risiko einer Verschlechterung der urischem Nierenversagen kontraindiziert. Die Elimi - Nierenfunktion, insbesondere bei Kombination mit nation erfolgt überwiegend unverändert renal ACE-Hemmern. Gefahr des akuten Nierenversa- (zirka 2/3) und über Galle/Fäzes (zirka 1/3). Die gens bei Thiazid-induzierter Hypovolämie und Eliminationshalbwertszeit (bei normaler Nieren- gleichzeitiger NSAR-Gabe. HCT wird überwiegend funktion etwa 1 h) kann sich bei terminaler Nieren - renal ausgeschieden. insuffizienz verzehnfachen. 9 KVH aktuell 4|2017 Xipamid (Fachinformation „Xipamid- Betablocker ratiopharm“) Dosiserhöhung bei reduzierter Nierenfunktion bis Bisoprolol(Fachinformation „Concor“) T K 80 mg/Tag möglich. Beginn mit 10-20mg. Sehr Keine Dosisanpassung bei leicht bzw. mittelgradig N U selten (<1:10.000) allergische interstitielle Nephri- reduzierter Nierenfunktion nötig, Jedoch ab GFR P tis. Erhöhtes Risiko eines akuten Nierenversagens unter 20 ml/min maximal 10 mg/täglich. Kein er- R E in Kombination mit ACE-Hemmern bei Natrium- höhtes Risiko der Verschlechterung einer vor - W mangel. Gefahr des akuten Nierenversagens bei bestehenden Niereninsuffizienz beschrieben. Die H C Xipamid-induzierter Hypovolämie und gleichzeiti- Ausscheidung erfolgt über zwei gleichwertige S ger NSAR-Gabe. Ausscheidung zu zirka 60 Prozent Clearance-Wege (Leber und Nieren). Bisoprolol ist renal, davon hälftig unverändert und hälftig als praktisch nicht dialysierbar. inaktiver Metabolit. Hinweis: Trotz der strukturellen Ähnlichkeit zu Thiaziddiuretika wirkt Xipamid nicht Metoprolol(Fachinformation „Beloc zoc“) Thiazid-artig. Der Angriffspunkt ist die peritubu - Bei reduzierter Nierenfunktion ist die Pharmakoki- läre (Blut-)Seite. Xipamid ist bis zur terminalen netik unverändert. Allerdings liegen laut Hersteller Niereninsuffizienz wirksam. von Beloc zoc (Metoprolol succcinat) „für herzin- . suffiziente Patienten mit Nierenfunktionsstörun- Spironolacton(hier Fachinformation gen keine ausreichenden Therapieerfahrungen“ „Aldactone“) vor (!). Kein erhöhtes Risiko der Verschlechterung Dosisreduktion im Alter und/oder bei GFR unter einer vorbestehenden Niereninsuffizienz beschrie- 60 ml/min. Dosierungen sind indikationsabhängig. ben. Elimination vom Metoprolol und seinen Me- In der Regel gilt: Initialdosis bis 100 mg, Erhal- taboliten überwiegend renal. Dialysierbar. tungsdosis 25-50 mg /Tag. Indikation Herzinsuffi- zienz: übliche Dosis 25 mg. Da hierbei zusätzlich Amiodaron(Fachinformation „Cordarex“) ACE-Hemmer hochdosiert empfohlen werden, ist Keine Dosisanpassung bei reduzierter Nierenfunk- das Hyperkaliämierisiko deutlich erhöht. Besonders tion nötig. Erhaltungsdosis, im Allgemeinen 200 mg zu Therapiebeginn und bei eingeschränkter GFR täglich an fünf von sieben Wochentagen. Amioda- sind eng maschige Laborkontrollen notwendig. ron ist weder nephrotoxisch, noch ist ein erhöhtes Das Risikoeiner Verschlechterung der Nierenfunk- Risiko der Verschlechterung einer vorbestehenden tion ist erhöht, insbesondere bei der Kombination Niereninsuffizienz bekannt. Geringe renale Aus- mit ACE-Hemmern. Kontraindiziert bei schwerer scheidung. Nach Aufsättigung der Gewebespei- Niereninsuffizienz unter GFR < 30 ml/min. Aus- cher (Myokard und Fettgewebe) interindividuell scheidung überwiegend im Urin (nur Metaboliten). variable Halbwertszeit von 20 bis 100 Tagen. Spironolacton ist dialysierbar. Amiodaron und seine Metaboliten sind nicht dialysierbar. Hinweis sequentielle Nephronblockade: Bei der sogenannten Furosemid-Resistenz lässt im Ver- HMG-CoA Reduktasehemmer lauf einer Therapie mit Schleifendiuretika die diure- (Statine) tische Wirkung trotz Dosissteigerungen nach. Als Ursache wird ein multifaktorielles Geschehen mit Simvastatin(Fachinformation „Zocor“) vermehrter Reabsorption von Natrium/Wasser im Keine Dosisanpassung bei mittelgradig reduzierter proximalen Tubulus und verminderter tubulärer Nierenfunktion. Unter GFR von 30 ml/min sollte Furosemid-Sekretion und Hypertrophie des Tubulus- Tages-Maximaldosis von 10 mg nur mit Vorsicht epithels diskutiert. Die Furosemid-Resistenz kann verordnet werden. Kein erhöhtes Risiko der Ver- durch das „Konzept der sequentiellen Nephronblo- schlechterung einer vorbestehenden Niereninsuffi- ckade“ durchbrochen werden. Durch zusätzliche zienz beschrieben. Sehr selten Rhabdomyolyse mit Gabe eines Thiazid-Diuretikums können die oben Gefahr eines akuten Nierenversagens, insbesonde- genannten Furosemid-Effekte blockiert werden. re bei vorbestehender Niereninsuffizienz und Die Thiazid-Wirkung bleibt hierbei wohl auch bei gleichzeitiger Anwendung von Colchicin. Hepa - fortgeschrittener Niereninsuffizienz erhalten. Alter- tische Inaktivierung mit hauptsächlich biliärer nativwird Xipamid als „untypisches Thiazid“ (s.o.) Elimination. Hohe Eiweißbindung, daher kaum eingesetzt. Diese Therapieoption ist immer zeitlich dialysierbar. zu begrenzen. Serum-Kreatinin und -elektrolyte (einschließlich Chlorid) müssen engmaschig kon- trolliert werden: die Serumelektrolyte können rasch und erheblich entgleisen. NSAR müssen unbedingt abgesetzt werden. 10 KVH aktuell 4|2017
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