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Kult(ur)serien: Produktion, Inhalt und Publikum im looking-glass television PDF

370 Pages·2017·3.475 MB·German
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Michael Dellwing Kult(ur)serien: Produktion, Inhalt und Publikum im looking-glass television Kult(ur)serien: Produktion, Inhalt und Publikum im looking-glass television Michael Dellwing Kult(ur)serien: Produktion, Inhalt und Publikum im looking-glass television Michael Dellwing Universität Kassel Kassel, Deutschland ISBN 978-3-658-13184-5 ISBN 978-3-658-13185-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-13185-2 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Lektorat: Cori Antonia Mackrodt Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Inhaltsverzeichnis 1 Kult(ur)serien: Produktion, Inhalt und Publikum im looking-glass television ................................... 1 2 Interpretative Fernseh- und Serienforschung ................... 9 2.1 Die Multidisziplinarität der Television Studies ................ 10 2.2 Looking-glass television ................................. 20 3 Der Fernsehmarkt als soziales Netz ........................... 39 3.1 Organisation des US-Fernsehmarkts ........................ 42 3.2 Fernsehmodelle: Werbung und Transaktion ................... 55 4 Die Serie im Werbemodell: Serientrichter und Massenproduktion ......................................... 83 4.1 Werbung und Quote ..................................... 83 4.2 Fernsehjahreszeiten ..................................... 95 4.3 Kontrollierte Überproduktion .............................. 108 4.4 Produktionsstruktur ..................................... 119 4.5 Inhaltskontrolle: Zwischen FCC und Werbepartnern ............ 145 5 Die Kult(ur)serie im Distinktionsprozess ....................... 185 5.1 „Quality TV“ als Nischenfernsehen ......................... 187 5.2 Die Rekonstruktion des Publikums ......................... 189 5.3 Kult(ur)serien: Die Konstruktion von Qualität. . . . . . . . . . . . . . . . . 207 5.4 Aufmerksamkeitsökonomie ............................... 293 6 Serien im Moment der Störung ............................... 327 6.1 Legacy ............................................... 328 6.2 Multidistinktionsfernsehen ................................ 332 V VI Inhaltsverzeichnis 6.3 Überleben des Fernsehens ................................ 333 6.4 Fernsehsoziologie im Moment der Störung ................... 335 Literatur ..................................................... 337 1 Kult(ur)serien: Produktion, Inhalt und Publikum im looking- glass television Der Ruf des Fernsehens hat sich gewandelt: Die Serie – die einmal Fernsehserie hieß, bevor der Inhalt das Medium überholt hat – ist zu einem zentralen Element der Gegenwartskultur geworden. Sie wurde vom herablassend behandelten und vom gebildeten Publikum verachteten Massenprodukt zum Repositorium für gegenwärtige hohe Erzählkultur. Fernsehen im fortgeschrittenen 21. Jahrhundert produziert Kult(ur)serien: Breaking Bad, The Sopranos, The Wire, Mad Men, Buffy the Vampire Slayer, Deadwood, Doctor Who, Battlestar Galactica und Hun- derte anderer Serien münden in einer Popkultur-Alphabetisierung als Ausweis der Zugehörigkeit zu einer Disktinktionsgruppe, die nun auch Intellektuelle und Aka- demikerinnen1 erfasst hat. Wissenschaftliche Betrachtungen setzen sich mit der „transnationalen Serienkultur“ (Eichner et al. 2013) auseinander, sodass die Serie als Kulturgut beispielsweise mehrjährige Forschungsprojekte wie ein DFG-Pro- jekt zur Serialität hervorbringt, die die Serie als paradigmatisches Kulturprodukt der Gegenwart beforschen kann. Die neue, das Fernsehen ernst nehmende, wis- senschaftliche Aufmerksamkeit, die diese Formate erfahren haben, geht zunächst von Literaturwissenschaftlerinnen, Medienwissenschaftlern, vonseiten der Cultu- ral Studies und der Kunst aus. Der Betrachtungswinkel, den diese Disziplinen an das Fernsehen tragen, begünstigt in erster Linie inhaltsanalytische und ästhetische Betrachtungen und Studien zur Reproduktion von Diskursen sozialer Realität. Die neue Bedeutung der Fernsehserie im Medienumfeld begünstigt in diesem Rahmen zudem Rezeptionsforschung, in der die Einflüsse und die Aneignung die- ser Formate durch distinktive und distinguierte Zuschauergruppen untersucht werden. 1Die Arbeit wird weibliche und männliche Formen an den Stellen, an denen alle Personen unabhängig ihres Geschlechts gemeint sind, unsystematisch, zufällig und durcheinander verwenden. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 1 M. Dellwing, Kult(ur)serien: Produktion, Inhalt und Publikum im looking-glass television, DOI 10.1007/978-3-658-13185-2_1 2 1 Kult(ur)serien: Produktion, Inhalt und Publikum … Hiermit verwoben sind eine Verschiebung und deutliche Verbreiterung des Serienformats, die auf Basis dieses Desiderats als tektonische Verschiebung der Dynamik der Serie erkennbar werden. Auf der einen Seite existiert eine lange geschärfte und tief verankerte Formaterwartung für serielle Fernsehnarrative, deren Elemente klassischen Anforderungen entsprechen, die im Fernsehgeschäft über Jahrzehnte entstanden sind. Diese Formaterwartungen werden auf breiter Basis weiter bedient: Das Kult(ur)serienformat, um das sich die gegenwärtigen Debatten drehen, ist nicht „neu“ oder „revolutionär“, sondern nimmt die klassi- schen Strukturen von Produktion und Strukturierung auf und verschiebt sie an einigen, limitierten Punkten, um eine Abgrenzung gegen das „alte Fernsehen“ mit dieser Verschiebung untermauern zu können. Diese Verschiebung ist nicht als künstlerische Rebellion, sondern als Erfüllung neuer Anforderungen besser ver- ständlich, die ihrerseits in einem dichten Netz von aufeinander bezogenen Akteu- ren aufkommen. Diese neuen Produktionen, die ich Distinktionsformate nennen möchte, machen den Großteil der gegenwärtig beforschten und diskutierten trans- nationalen Serienkultur aus (die jedoch nicht ausschließlich aus ihnen besteht). Sie nehmen das „Idiom“ der klassischen Fernsehserie auf, spielen mit ihm und tragen es fort. Da sich die „alte“ Form des Massenfernsehens mit diesem Distink- tionsimpetus vermengt und beide nicht etwa gegeneinanderstehen, verschwinden damit nicht alle Elemente, die die Produktion des Massenfernsehens ausgemacht haben, und das „neue“ Fernsehen ist nicht auf breiter Basis neu. Das transnationale Serienfernsehen steht in der Tradition der klassischen amerikanischen Fernsehproduktion, die ihre Strukturen einer sich verändern- den Angebots- und Nachfragestruktur angepasst hat; eine Veränderung, die umgekehrt von den Formen dieser Anpassung selbst weiter getrieben und auch strukturiert wird. Das neue Fernsehen – oder die neue Serie – kommt so nicht damit auf, dass Fernsehschaffende „künstlerisch aufwachen“; es zeugt viel eher von einer Verschiebung der ökonomischen Rolle der Fernsehserie in einem sich stark wandelnden Fernsehmarkt. Der vorliegende Band hat sich zum Ziel gesetzt, eine umfassende soziologische Untersuchung der Serie als Kult(ur)format zu lie- fern. Dabei ist das Ziel nicht die Inhaltsanalyse oder die Darstellung der beson- deren Bedeutung des Formats. Die Inhaltsanalyse ist keine genuin soziologische Betrachtung des Feldes, und die besondere Bedeutung des Formats kann in den letzten Jahren als gegeben vorausgesetzt werden. Das Ziel besteht vielmehr im Versuch, eine soziologische Betrachtung des Feldes durch die Metapher des looking-glass self als looking-glass television zu liefern: Mich interessieren die institutionellen Umfelder, in denen die gegenwärtigen Fernsehproduktionen her- gestellt, vertrieben, finanziert, reguliert, rezipiert und diskutiert werden. Die vor- liegende Arbeit möchte im Verständnis der gegenseitig und aufeinander bezogen 1 Kult(ur)serien: Produktion, Inhalt und Publikum … 3 stattfindenden Realitätskonstruktion in der Lebenswelt dieser Akteure die Kons- truktion von Produktion, Publikum und Inhalt am Übergang zwischen Massen- und Nischenfernsehen untersuchen. Das Gegenwartsfernsehen ist zuvorderst Mittel und Produkt einer dreifachen Distinktion zwischen den Akteuren in Produktion, Vertrieb und Publikum, um die herum eine Reihe anderer und oft miteinander verwobener Akteure steht: Distink- tive Inhalte werden produziert, damit vor allem die Vertriebsorganisationen – die klassisch Sender, in der neueren Landschaft serieller Produktion zunehmend aber auch online-Anbieter sind – mit ihrer Hilfe eine Markenidentität entwickeln kön- nen, indem sie ihre Vertriebs-„Marke“ mithilfe dieses Inhalts von anderen abgren- zen. In der neuen Vertriebsökonomie ist es zunehmend nicht länger die Masse der Zuschauerinnen, die verfolgt wird, sondern die gebundene und leidenschaftliche Nische. Distinktive Inhalte distinktiver Anbieter dienen dem Publikum dazu, selbst über diese Formate Distinktion zu betreiben, ihre postmoderne „einge- bundene Andersartigkeit“ über einen kulturellen Konsum darzustellen, der lange nicht mehr in erster Linie an sozialstrukturellen, gar auf „Klassen“ basierenden Abgrenzungen beruht (was in der ursprünglichen Verwendung des Begriffs durch Bourdieu noch im Vordergrund stand), nicht einmal mehr an Status oder dem offenen Begriff des Milieus. Formate bauen Gruppen aus zuvor unverbundenen Anderen, und die Online-Vernetzung und die gewachsene Bedeutung des globa- len Popkulturfandoms verzahnt sie zu Gruppen, deren Mitglieder voneinander wissen. Die Betonung der Konstruktion von Publikum, Produktion und Inhalt bedeu- tet, dass keines dieser Elemente als objektiver Anker festgehalten wird. Alle drei sind von aufeinander bezogenen Akteuren konstruiert und konstituieren sich in Mithandlung in dieser Konstruktion, und die transnationale Serienkultur, deren produzierte Inhalte ich Kult(ur)serien nennen möchte, kommt an der Schnittstelle dieser gegenseitigen Konstruktion auf. Sie ist weder als Produkt einer technischen Veränderung, noch als Produkt einer Marktveränderung, noch als Folge der Ver- änderung von narrativen und ästhetischen Regeln einfach zu verstehen; keines dieser Elemente hat „Ursachencharakter“, da es in einer Welt aufeinander bezo- gener Konstruktion mit miteinander ausgehandelten Bedeutungen keine festen Ursachen gibt. Transnationale Serienkultur steht im Schatten der Serienproduktion des US- Fernsehens der letzten fünfzig Jahre, tritt jedoch in den letzten Jahren in eine Reihe von Veränderungen ein: Aus dem Massenfernsehen der wenigen Anbieter ist die Nischenproduktion geworden, aus der Produktion für den Massengeschmack ist eine fein distinguierende Fernsehlandschaft geworden; aus der Dominanz der Wer- befinanzierung ist die Dominanz der Finanzierung durch Gelder des Publikums 4 1 Kult(ur)serien: Produktion, Inhalt und Publikum … geworden. Hinzu treten rechtliche, regulatorische und wirtschaftliche Verände- rungen, in die die Inhalte eingegliedert werden müssen. Das macht die Aufein- anderbezogenheit mehrdirektional: Wenn ein Set von Akteuren einem Set von Symbolen eine Bedeutung zuschreibt, wirkt das zurück, und wenn ein Set von Akteuren sich gegenüber einem anderen positioniert, ebenso. Die Welt ist damit ein Netz von Bedeutungszuschreibungen, kein Strukturbaum von Faktoren. Im Distinktionsfernsehen geht es darum, ein eingegrenztes Publikum zu begeistern, und das bedeutet Risiko, Ausnahme, Irritation, Innovation. Um dieses immer enger eingegrenzte Publikum buhlen Hunderte Anbieter, davon fast fünf- zig US-Vertriebswege, und vor allem Sender, die eigene Serien herstellen lassen (Rose und Belloni 2013). Um in diesem neuen Meer der Anbieter nicht unter- zugehen, benötigen Anbieter Formate, die einen hohen Wiedererkennungswert besitzen und ihnen ein besonderes Image verleihen. Der nebenbei fernsehende Massenzuschauer ist weiterhin eine Währung, aber das Distinktionsfernsehen sucht den begeisterten, engagierten Fan – oder, im akademischen Umfeld, den aficionado, den Fernsehkenner und -genießer. Damit konnten Fernsehproduktion und akademisches Milieu die Symbiose eingehen, die die gegenwärtig begeisterte und tiefgründige Rezeption der Fernsehserie an Universitäten animiert. Zwischen diesen großen Akteursballungen in Vertrieb, Produktion, Publikum und Werbung stehen die „Autoren“ der Formate, die mittlerweile berühmten show- runner2 der Fernsehserien, die in einigen Betrachtungen als auteurs, als kreative Künstlerinnen des neuen Fernsehens, in den Status von Stars gelangt sind; zudem stehen in diesen Zwischenräumen Lobbyorganisationen, Agentinnen, ausländische 2Diese Arbeit wird englischsprachige Begriffe sehr entspannt in deutsche Sätze einbauen. Diese Praxis wird nicht lediglich von der Tatsache gefordert, dass diese Begriffe eben Teil des in vivo-codes des Feldes darstellen. Sie spiegelt auch gegenwärtige Sprachent- wicklungen wider, wo eine zunehmende Internationalisierung dazu führt, dass das Deut- sche gerade wieder eine große Menge an Lehnwörtern in die Alltagssprache einbaut, die gerade auf diesem Feld oft ganz selbstverständlich verwendet werden. Widerstand und die Erfindung gequälter deutscher Begriffe wäre nicht nur für meinen Geschmack viel zu kulturkonservativ; es würde zudem das Verständnis behindern. Auf eine grammatische Eindeutschung – v. a. Großschreibung von englischen Substantiven – wurde ebenso weit- räumig verzichtet, zunächst, um die Authentizität des Wortbildes zu wahren, aber auch, da die Worte nur geliehen sind – die grammatische Eindeutschung käme mir wie eine besitzergreifende Unterschlagung von Leihgaben vor. Ich werde diese Begriffe auch nicht durchgängig kursiv setzen, da die Thematik dieser Arbeit ihre sehr häufige Verwendung notwendig macht und eine solche Hervorhebung andere – vor allem jene der Serientitel – zu schnell überwuchern würde.

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