Studies in International, Transnational and Global Communications Florian Meißner Kulturen der Katastrophen- berichterstattung Eine Interviewstudie zur Fukushima-Krise in deutschen und japanischen Medien Studies in International, Transnational and Global Communications Reihe herausgegeben von Carola Richter, Berlin, Deutschland Michael Brüggemann, Hamburg, Deutschland Susanne Fengler, Dortmund, Deutschland Sven Engesser, Dresden, Deutschland Um angesichts zunehmender Globalisierung Kommunikationsprozesse und Medienentwicklungen zu verstehen, ist eine Perspektiverweiterung über staatliche und kulturelle Grenzen hinweg unerlässlich. Eine Vielzahl von medienvermittelter Kommunikation entwickelt sich jenseits von oder quer zu nationalstaatlichen Grenzen. Gleichzeitig gilt es, die Beharrungskräfte von Nationalstaaten nicht zu vernachlässigen und in vergleichenden Perspektiven Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei Medienentwicklungen in v erschiedenen Ländern und Regionen herauszuarbeiten und zu erklären. Studien zu Formen medienvermittelter Kommunikation in allen Weltregionen sollen helfen, den Blick für Phänomene der Globalisierung und ihrer Auswirkungen auf Medien und Kommunikation zu erweitern. Die Reihe ist offen für eine Bandbreite an Feldern der Kommunikationswissen- schaft, für die internationale und transnationale Ansätze konstitutiv sind oder fruchtbar gemacht werden können, wie zum Beispiel Auslands- und Kriegsbe- richterstattung, Journalismusforschung, Public Diplomacy, Medien und Trans- formation, politische Kommunikation, Mediensystemforschung (Medienpolitik, Medienökonomie), Nutzungsforschung, Medien und Migration. Genauso sind unterschiedliche theoretische und methodische Zugänge der sozialwissenschaftli- chen Forschung willkommen. Die Reihe soll dabei sowohl aktuelle Fall- und Län- derstudien als auch Überblicksdarstellungen beinhalten. In the face of increasing globalization, understanding communication proces- ses and media developments requires a widening of perspective beyond national and cultural boundaries. A multitude of mediated communications is developing beyond or across national borders. At the same time, it is important not to neglect the enduring force of nation-states, and to identify and explain differences and similarities in media developments in various countries and regions using compa- rative perspectives. Studies on forms of mediated communication in all regions of the world should help to broaden the view on the phenomena of globalization and their impact on media and communication. The series is open for a variety of topics related to international and transnational communication, such as foreign and war reporting, comparative journalism rese- arch and political communications, public diplomacy, media and transformation, media systems research (media policy, media economics), audience research, media and migration. Theoretical and methodological approaches from different social sciences are welcome. The series intends to include current case studies and country-specific studies as well as broader overviews. Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/15233 Florian Meißner Kulturen der Katastrophen- berichterstattung Eine Interviewstudie zur Fukushima-Krise in deutschen und japanischen Medien Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Florian Coulmas Florian Meißner Düsseldorf, Deutschland Zugleich Dissertation an der Fakultät Kulturwissenschaften der TU Dortmund. Diese Forschung wurde von der Japan Society for the Promotion of Science (JSPS) und dem Mercator Research Center Ruhr (MERCUR) gefördert. ISSN 2569-1481 ISSN 2569-149X (electronic) Studies in International, Transnational and Global Communications ISBN 978-3-658-26126-9 ISBN 978-3-658-26127-6 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-26127-6 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Danksagung Für die vielfältige Unterstützung, die ich in den vergangenen Jahren im Zuge meines Promotionsprojekts erfahren habe, bin ich zutiefst dankbar. An erster Stelle danke ich meiner Frau Jurika Meißner, ohne deren unendliche Geduld, Rücksichtnahme und Unterstützung diese Arbeit niemals zustande gekommen wäre. Unserer Familie danke ich für die ausdauernde moralische Unterstützung und praktische Hilfe bei der Bewältigung der zahlreichen Herausforderungen, die die Arbeit auch im privaten Bereich mit sich gebracht hat. Ein besonderer Dank geht auch an Prof. Dr. Michael Steinbrecher und Prof. Dr. Susanne Fengler, die mein Dissertationsprojekt stets aus einer sehr konstruktiven und lösungsorien- tierten Haltung heraus begleitet haben. Ihren kritischen Blick und fachlichen Input habe ich zu jeder Zeit als sehr bereichernd empfunden. Insbesondere weiß ich zu schätzen, dass sie diesem Projekt bei allen notwendigen und wichtigen Ratschlägen den nötigen Freiraum zur Entfaltung ließen. Darüber hinaus bedan- ke ich mich bei allen Interviewpartnern, die mich an ihren Erfahrungen und Ge- danken teilhaben ließen. Viele von ihnen haben das Projekt anschließend durch die Vermittlung weiterer Interviews und Kontakte weiter unterstützt. Auch die zahlreichen Kolleginnen und Kollegen, die etwa am Rande von Tagungen, Kol- loquia oder auf anderem Wege Anregungen zu dieser Arbeit beisteuerten, ge- bührt mein Dank. Entscheidend für den Erfolg des Forschungsaufenthalts in Japan war außerdem Prof. Shun-ichi Kubo, der mich 2014 mit großer Gast- freundschaft an der Tōhoku Universität in Sendai aufnahm und in allen organisa- torischen Fragen der Feldforschung sehr unterstützte. Dies erfüllt mich mit gro- ßer Dankbarkeit. Geleitwort Die Massenmedien beeinflussen uns, was wir von der Welt wissen, wie wir sie wahrnehmen, wie wir uns dazu verhalten. Krisen und Katastrophen machen das besonders deutlich – wenn auch nicht unbedingt für alle Medienkonsumenten. Können wir den Massenmedien noch trauen? Diese Frage wird heute mit erhöhter Dringlichkeit gestellt, denn die Voraussetzungen, unter denen sie ope- rieren, haben sich stark verändert, vor allem infolge technischer Innovationen aber auch angesichts politischer Vereinnahmung, Zensur und Diskreditierung. Das Große Ostjapanisches Erdbeben, wie es in Japan offiziell genannt wird, gefolgt von Tsunami und Reaktorunfall am 11. März 2011 bot einen paradigma- tischen Anlass, die Aufgaben und Funktionen der Massenmedien kritisch zu untersuchen. „Was geschah in Fukushima?“, könnte man etwa arglos fragen, um die Nai- vität dieser Frage dann durch eine zweite abzumildern, nämlich: „Wie hilfreich waren die Massenmedien seinerzeit und sind sie im Rückblick, um diese Frage zu beantworten?“ Was ist davon zu halten, dass verschiedene nationale Medien- narrative über ein und dasselbe Ereignis eklatante Diskrepanzen aufweisen? Von großem Interesse ist diese Frage nicht nur deshalb, weil das Große Ostjapanische Erdbeben eine der ersten Gelegenheiten war, bei der sich die etablierten Medien der Konkurrenz unprofessioneller Quellen der Informationsverbreitung, insbe- sondere durch soziale Medien, ausgesetzt sahen. Das galt vor allem aber nicht nur innerhalb Japans, was ein Grund für die Unterschiede in der Berichterstattung über die Katastrophe in japanischen und ausländischen Massenmedien gewesen sein mag; sicher aber nicht der einzige. Die Innenperspektive ist niemals deckungsgleich mit der Außenperspektive. Was deutsche Korrespondenten und japanische Journalisten über Vorgänge in Japan für berichtenswert halten, unterscheidet sich schon aufgrund des geogra- phischen und kulturellen Abstands. Im gegebenen Fall spielten Unterschiede zwischen den unterstellten und tatsächlichen Erwartungen der Medienkonsumen- VIII Geleitwort ten zusätzlich eine besonders wichtige Rolle. Hinzukamen Differenzen im Kenntnisstand. Während japanische Medien ihre Wissenschafts- und Technik- spezialisten ins Katastrophengebiet schicken konnten, mussten Auslandskorres- pondenten über Nacht zu Seismologie- und Atomexperten werden. Viele Themen sind das, die eine vergleichende Studie der Katastrophenbe- richterstattung nahelegen, ja, geradezu verlangen; eine Aufgabe, die wiederum wegen des großen geographischen, kulturellen und sprachlichen Abstands nicht leicht zu meistern ist. Dieses Buch bietet mit umsichtigen Gegenüberstellungen deutscher und ja- panischer Berichte in Wort und Bild, Experteninterviews sowie einer Analyse für den Journalismus relevanter institutioneller Rahmenbedingen einen informativen Blick hinter die Kulissen der medialen Aufarbeitung der Katastrophe vom 11. März 2011. Und mehr als das; es leistet einen aufschlussreichen und fesselnden Beitrag zu unserem Verständnis der Medien in einer global vernetzten Welt. Florian Coulmas 20. August 2018 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung................................................................................................................. 1 1.1 Begründung und Zielsetzung der Arbeit.................................................... 1 1.2 Entwicklung der Forschungsfragen ............................................................ 8 1.3 Aufbau der Arbeit ........................................................................................ 10 2 Überblick über die internationale Journalismusforschung .....................13 2.1 Forschungsparadigma Mediensystem ...................................................... 15 2.1.1 Begriffsklärung ...................................................................................... 15 2.1.2 Forschungshistorie ................................................................................ 16 2.2 Forschungsparadigma Journalismuskultur .............................................. 23 2.2.1 Begriffsklärung ...................................................................................... 23 2.2.2 Forschungshistorie ................................................................................ 24 2.3 Gütekriterien internationaler Journalismusforschung............................ 36 2.3.1 Mehrebenen-Systematik ....................................................................... 37 2.3.2 Äquivalenz .............................................................................................. 43 2.3.3 De-Westernization................................................................................. 46 3 Mehrebenen-Analyse: deutscher und japanischer Journalismus im Vergleich ................................................................................................................51 3.1 Ebene der sozialen Systeme ....................................................................... 52 3.1.1 Ideologisches Subsystem...................................................................... 52 3.1.2 Kulturelles Subsystem .......................................................................... 56 3.1.3 Politisches Subsystem........................................................................... 63 3.2 Ebene der sozialen Institutionen ............................................................... 66 3.2.1 Journalistische Quellen......................................................................... 66 3.2.2 Anzeigenkunden und Publika.............................................................. 71 3.2.3 Staatliche Medienkontrolle .................................................................. 76 3.2.4 Medienmarkt .......................................................................................... 80 3.2.4.1 Print ................................................................................................ 83 3.2.4.2 Rundfunk ....................................................................................... 86 3.2.4.3 Online & soziale Medien ............................................................ 89 X Inhaltsverzeichnis 3.3 Ebene der Medienorganisationen .............................................................. 90 3.3.1 Machtstrukturen und journalistische Autonomie ............................. 90 3.3.2 Unternehmenspolitik............................................................................. 95 3.3.3 Bias .......................................................................................................... 97 3.4 Ebene der journalistischen Routinen ........................................................ 99 3.4.1 Nachrichtenwerte................................................................................... 99 3.4.2 Objektivität ........................................................................................... 102 3.4.3 Berufliche Rollenbilder ...................................................................... 106 3.5 Ebene der Individuen ................................................................................ 108 3.5.1 Alter und Gender ................................................................................. 108 3.5.2 Bildung, Klasse, politische Einstellungen ....................................... 109 3.6 Zusammenfassung ..................................................................................... 111 4 Katastrophenberichterstattung .................................................................... 115 4.1 Begriffsklärungen ...................................................................................... 116 4.2 Theoretische Grundlagen.......................................................................... 118 4.3 Deutsche und japanische Katastrophenberichterstattung in der Nachkriegszeit ............................................................................................ 128 4.4 Die Dreifachkatastrophe des 11. März 2011 ......................................... 140 4.4.1 Ablauf und Folgen der Katastrophe ................................................. 140 4.4.2 Deutsche und japanische Medienberichterstattung im Vergleich ......................................................................................... 148 4.4.3 Diversität der japanischen Berichterstattung .................................. 172 4.5 Zusammenfassung ..................................................................................... 183 5 Empirischer Teil ............................................................................................... 185 5.1 Begründung des induktiven Forschungsansatzes ................................. 185 5.2 Methodik ..................................................................................................... 190 5.2.1 Experteninterviews.............................................................................. 195 5.2.2 Narrative Interviews und Dokumentarische Methode .................. 198 5.2.3 Vorbemerkung zur interkulturellen Forschungsarbeit .................. 207 5.3 Experteninterviews .................................................................................... 211 5.3.1 Sample ................................................................................................... 211 5.3.2 Thematischer Vergleich ..................................................................... 212 5.3.2.1 Direkter Vergleich der Berichterstattung ............................... 213 5.3.2.2 Japanische Medienberichterstattung über die Katastrophe . 215 5.3.2.3 Deutsche Medienberichterstattung über die Katastrophe.... 220 5.3.2.4 Journalismus in Japan................................................................ 222 5.3.2.5 Journalismus in Deutschland.................................................... 230 5.3.2.6 Sprache, Kultur und Journalismus .......................................... 233