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Kritik der Währungs- und Bankpolitik PDF

252 Pages·1963·6.71 MB·German
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BANKWIRTSCHAFTLICHE SCHRIFTENREIHE Herausgegeben von Prof. Dr. O. Hintner und Prof. Dr. H. Linhardt Band VII HANNS LINHARDT Kritik der Währungs- und Bankpolitik Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH ISBN 978-3-663-00734-0 ISBN 978-3-663-02647-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-02647-1 Verlagsnummer 023307 © 1963 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen 1963 Alle Rechte vorbehalten VORWORT Die in diesem Band zusammengestellten Zeitschriftenaufsätze des Verfassers auf dem Gebiet der Bankpolitik enthalten den Versuch, Anhaltspunkte für eine sach liche Kritik der westdeutschen Währungs- und Kreditpolitik zu finden und danach eine sachdienliche Kritik vorzunehmen. Eine Auseinandersetzung mit den von mir vorgetragenen Gedanken und Anregungen ist bisher unterblieben. An den eindrucksvollen Warnungen des Bundeswirtschaftsministers Prof. L. Erhard in seiner Fernsehansprache vom 21. März 1962 wurde mit Recht bemän gelt, daß sie die Selbstkritik gegenüber den getroffenen, noch mehr aber den unter lassenen Maßnahmen der Bundesregierung und der Bundesbank vermissen ließen. Kommt eines Tages ein wirtschaftlicher Rückschlag, wie er an der Börse schon seit Mitte 1961 eingetreten ist, wie er sich im Außenhandel seit der DM-Aufwertung im März 1961 und verstärkt seit Anfang 1962, vor allem seit dem Börsenrückschlag vom 28. Mai 1962 zeigt, ohne daß die Gewerkschaftsforderungen davon die geringste Notiz nehmen, so heißt es in der öffentlichen Meinung: Wo bleibt die Wissenschaft, warum schweigen die Nationalökonomen, Finanzwissenschaftler und die Betriebswirte, wo sind die Hinweise und Empfehlungen, die Anmerkungen und Warnungen der Bankvertreter unter den Gelehrten? Dann werden die Vertreter der Wissenschaft mit Vorwürfen und Beschuldigungen überhäuft. So ist es tatsächlich im August-Heft 1962 der neu erschienenen Zeitschrift "Das Capital" in einem Artikel von Erwin Topf mit dem Titel "Reden wäre Gold gewesen" geschehen. Die deutsche Bankwirtschaft steht vor einer schweren Belastungsprobe. Angedeu tet habe ich dies in meinen einschlägigen Veröffentlichungen seit 1951, dem ersten Jahr einer starken Kreditexpansion nach der Koreakrise von 1950. Im August 1928 schrieb der in Fachkreisen allseits als Altmeister der deut schen Nationalökonomie verehrte, am 6. 1. 1963 verstorbene Geheimrat Prof. Dr. Adolf Weber das Vorwort zu drei wissenschaftlichen Abhandlungen. In diesem heißt es gleich zu Anfang1: 1 R. Gunzert, B. Benning, E. Veesenmayer: Effektenbörse und Volkswirtschaft. Münchener Volks wirtschaftliche Studien, begründet von L. Brentano und W. Lotz, Neue Folge, hrsg. v. W. Lotz u. a., Heft 6, Jena 1929. VI Vorwort "Der Unterzeichnete darf wohl für sich in Anspruch nehmen, daß er in der Vorkriegszeit mehr als irgendeiner seiner Fachgenossen getan hat, um den deutschen Kreditbanken, den ,Depositen-und Spekulationsbanken' in dem Urteile der Wissenschaft und der öffentlichen Meinung zu dem Ansehen zu verhelfen, das sie auf Grund ihrer großen Bedeutung und ihrer bahnbrechenden Leistungen für die deutsche Volkswirtschaft verdienen. Um so mehr hat er jetzt Recht und Pflicht festzustellen, daß diese Kreditbanken in der Nachkriegszeit zu ihrem alten Ruhme nur wenig hinzugefügt haben. In der Inflationszeit versagten sie, an ihrer überwindung haben sie nur einen sehr bescheidenen Anteil gehabt. Sie standen in der Zeit von 1918 bis 1924 der wirtschaftlichen Umwelt, in der sie zu wirken hatten, fast verständnislos gegenüber. Würde man auf Grund der deutschen Bankberichte einschließ lich der Berichte der Reichsbank, die in den erwähnten Jahren herausgegeben wurden, eine Volks wirtschaftslehre der deutschen Banken verfassen, man würde staunen, mit wieviel volkswirtschaft licher Unkenntnis die deutsche Kreditwirtschaft in schwerster Zeit geleitet worden ist. Aber irren ist menschlich." Diesen letzten Satz - Ausdruck verzeihender Güte - hätte der vorher objektiv urteilende Altmeister der deutschen Nationalökonomie nicht hinzufügen dürfen, nicht ohne das Gewicht seiner Argumentation zu schwächen (s. Anm. 46). Die Wis senschaft hat nichts zu verzeihen. Ihr obliegt die eindeutige Ermittlung der Tat sachen und die Gewinnung objektiver Maßstäbe zur Beurteilung dessen, was in der Währungs- und Kreditpolitik nach Zeitumständen und Ortsverhältnissen jeweils richtig oder falsch gemacht wird. Anders kann es auf einem derart schwierigen Gebiet, von dem in den zwanziger Jahren einer der besten Kenner, J. M. Keynes, einmal gesagt hat, es gebe auf der ganzen Welt höchstens ein halbes Dutzend Per sonen, die davon etwas verstehen, keinen Erkenntnisfortschritt, somit auch keine Verbesserung der schicksalhaften Entscheidungen der Währungs- und Kreditpolitik, ihrer Prinzipien und Methoden, ihrer Maximen und Regeln geben. Im gleichen Vorwort erwähnt Geheimrat Adolf Weber den ersten Schwarzen Freitag am 13. Mai 1927, dem bald ein noch schlimmerer am 13.7.1931 folgen sollte. Dem 13. Mai 1927 geht eine bemerkenswerte Kußerung des bekannten Züricher Bankiers und Autors Felix Somary um gen au drei Wochen voraus2• "Die Politik der Notenbanken darf sich in der Gegenwart, in der die Kapitalbewegungen wich tiger geworden sind als die Warenfluktuationen, nicht mehr auf den Diskont beschränken, sie muß bewußt auf die Preisgestaltung des Kapitalmarktes Einfluß nehmen, ehe es zu spät wird. Der müh same Aufbau der Wirtschaft ist durch die irrsinnige Effektenbewegung des letzten Jahres aufs schwerste bedroht und man kann den Hütern der deutschen Währung nicht ernst genug raten, unbekümmert um die Unpopularität solcher Maßnahmen, die in einer Zeit weitgehender Börsen spekulationen besonders groß ist, mit größter Energie einzugreifen." "Ehe es zu spät wird", heißt es hier, und dann ist von Dingen die Rede, die an muten, als ob sie selbst und ihre Beurteilung durch einen international geschätzten Fachmann sich vor zwei bis drei Jahren, nicht vor 35 Jahren, abgespielt hätten: 2 Felix Somary: Das Zentralproblem der gegenwärtigen Konjunktur (Eine Skizze). Vortrag gehal ten am 21. 4. 1927. In: Kölner Vorträge, veranstaltet von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaft lichen Fakultät der Universität Köln, Wintersemester 1926127, Bd. I1, Leipzig 1927. Vorwort VII mühsamer Aufbau der Wirtschaft ... irrsinnige Effektenbewegung ... Bedrohung des Wirtschaftsaufbaues ... notwendigste, wenn auch unpopuläre Maßnahmen der Zentralbank. Die Maßnahmen vom 13. Mai 1927 wie auch die Grundauffassung des damaligen Reichsbankpräsidenten Dr. Hjalmar Schacht über "Eigene und geborgte Währung?3" waren nach der Meinung von Geheimrat Adolf Weber falsch. Niemand hat, außer Schacht selbst, versucht, den brutalen und schwerwiegenden, jeder Bankerfahrung und der damaligen Situation Hohn sprechenden Eingriff in die Börse und das Bank system praktisch oder wissenschaftlich zu rechtfertigen. Nach mehr als drei Jahrzehnten steht die westdeutsche Wirtschaft vor ähnlichen Problemen, die aus der nach 1948 eingeschlagenen Währungs- und Kreditpolitik resultieren. Die Lage ist wie immer in wirtschaftlichen Situationen nicht die gleiche. Die Frage jedoch, die der Wissenschaft gestellt ist, hat davon auszugehen, wie weit vergleichbare Situationen vorliegen, zu deren Bewältigung erprobte Mittel vor handen sind, ehe neuartige, vielleicht stärkere, aber auch schädlichere Mittel an gewandt werden. Am 18. März 1962 sprach Geheimrat Adolf Weber in München" vor einem Kreis seiner ehemaligen Schüler" (Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr.66, vom 19. 3. 1962, S. 11): "Auch Vizekanzler Erhard war gekommen, um den Senior der deut schen Nationalökonomie zu ehren und ihm zu danken. Auch Professor Erhard for dert eine Renaissance der klassischen Nationalökonomie. Man sähe heute nicht mehr Funktionen, sondern nur noch Institutionen. Man denke nicht mehr organisch, son dern organisiert. Die Nationalökonomie gebe sich mit Hilfe der Mathematik und tlkonometrie, die willkommenes Hilfsmittel sein könne, den Anschein einer nur wissenschaftlichen Exaktheit, die es ihr nicht erleichtert, die Wirtschaftspolitik unmittelbar und erfolgreich zu beraten", während Geheimrat A. Weber als wich tigste Aufgabe der Volkswirtschaftslehre nannte: "Die Wirtschaftspolitik zu beraten, die wirtschaftspolitischen Gesetze vorzubereiten, dem wirtschaftlichen Leben nahe zu sein." Wo sind die den Vertretern der Volkswirtschaftslehre bei Vorbereitung solcher Gesetze wie Gesetz über die Kapitalanlagegesellschaften vom 15.4.1957, Bundes bankgesetz vom 26. 7. 1957, Kreditwesengesetz vom 10. 7. 1961 und den Entwür fen zum neuen Aktiengesetz seit 1958 gebotenen Möglichkeiten der Beratung? Man sucht vergeblich in den Gutachten des wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirt schaftsministeriums nach derartigen Spuren. Man findet ausführliche Kommentare zum Kreditwesengesetz, wie den von Neumann und Szagunn (W. Kohlhammer, 3 Vortrag von Dr. Schacht in Bochum am 27.1.1927 auf Einladung der Weltwirtschaftlichen Gesell schaft zu Münster unter Vorsitz von Prof. W. F. Bruck; hierauf Erwiderung und Ablehnung durch Geheimrat A. Weber in seiner Flugschrift »Hat Schacht recht?" kurze Zeit nach Erscheinen des Bochumer Vortrages (1927). VIII Vorwort 1961) oder von W. Hoffmann, von C. Zimmerer und H. Schönle, worin, ausgespro chen oder nicht, alle volkswirtschaftlichen, kredittheoretischen und bankpolitischen Überlegungen und geschichtlichen Erfahrungen vermieden sind, als ob die tüchtig sten Juristen einer derart problematischen Gesetzesmaterie ohne die geringste wirt schaftswissenschaftliche Überlegung gewachsen sein könnten. Diese gespielte Selbstsicherheit gegenüber unbewältigten Sachproblemen macht die geäußerten Bedenken gegenüber der Währungs- und Bankpolitik noch schwer wiegender. Für den Nachdruck der folgenden Artikel sind bei sämtlichen Verlagen und Her ausgebern die schriftlichen Erklärungen für die Erteilung der Druckerlaubnis ein geholt worden. Der Verfasser ist dieserhalb den folgenden Verlagen zu Dank ver pflichtet: Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden (Zeitschrift für Betriebswirtschaft). Deutsche Weltwirtschaftliche Gesellschaft e. V. Berlin (Weltwirtschaftliche Zeitfragen). österreichische Bankwissenschaftliche Gesellschaft, Wien (österreichisches Bank-Archiv). Verlag Duncker & Humblot, Berlin (Die Konzentration in der Wirtschaft). Verlag Franz Vahlen GmbH., Berlin (Weltwirtschaftliche Zeitfragen). Verlag Handelsblatt GmbH., Düsseldorf (Wirtschaft und Wettbewerb). Verlag Neue Wirtschaftsbriefe GmbH., Herne (Westf) (Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis). Verlag Trede & Co., Hamburg (Die Aktiengesellschaft). Westdeutscher Verlag, Köln-Opladen (Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung). Für das Lesen der Korrekturen und die Anfertigung der Namen- und Sachregister dankt er sehr herzlich seinen Assistenten Dipl.-Kfm. R. Nowak und Dipl.-Kfm. G. pöhlmann. Der Verfasser INHALTSVERZEICHNIS Der Wiederaufbau der internationalen Kreditbeziehungen in der neuen Weltwirt- schaft (1951) ......................................................... 1 Die Kreditpolitik der Bank deutscher Länder (1954) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Kreditpolitik (1955) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 28 Die Kreditpolitik der Geschäftsbanken (1955) ................................ 46 Markttheorie des Geldes (1956) . .. . . . . . . . . .... . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 62 Der Kapitalmarkt im System der Märkte und die Kapitalmarktpolitik der Banken (1956) .............................................................. 71 Die deutsche Kreditpolitik unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbs (1956) . .. . . .. 89 Kreditinstitute im Wettbewerb (1957) ....................................... 101 Konzentration und Marktfinanzierung (1960) ................................ 123 Gesetzliche Regelung der Bankenliquidität und Bankprüfung (1960) . . . . . . . . . . . . .. 141 Der Entwurf eines Gesetzes über das Kreditwesen, insbesondere die Regelung der Bankliquidität (1960) .................................................. 154 Die Liquiditätspolitik der Bankenaufsichtsbehörde ............................ 165 Das Verhältnis von Innenrevision und gesetzlicher Pflichtprüfung bei Großbanken, Sparkassen und Kreditgenossenschaften (1961) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 178 Kommentar zum Kommentar über das Kreditwesengesetz vom 10. Juli 1961 von Szagunn und Neumann (1962) .......................................... 187 Vertragspflege der Banken und Versicherungen (1962) ......................... 194 Anmerkungen .......................................................... 205 DER WIEDERAUFBAU DER INTERNATIONALEN KREDITBEZIEHUNGEN IN DER NEUEN WELTWIRTSCHAFT~· Was war die alte und was ist die neue Weltwirtschaft? Die alte Weltwirtschaft war eine echte Marktwirtschaft. Eine Marktwirtschaft ist eine freie Verkehrswirt schaft, frei im Güterverkehr, frei im Personen- und Nachrichtenverkehr, frei im Geldverkehr. Eine solche Verkehrswirtschaft wird von Privatpersonen betrieben, Fabrikanten, Händler und Finanziers sind ihre Träger. Der Staat hat hierbei nur das eine Interesse, seinen Angehörigen den Schutz des Lebens, der Person und des Eigentums angedeihen zu lassen. In der alten Weltwirtschaft gab es tatsächlich internationale Kreditbeziehungen. Sie entstammten der Gedankenwelt des Kaufmanns, sie dienten der Förderung des Handels. Der Handel entsprach dem theoretischen Grundgedanken des inter nationalen Warenaustausches als der Erschließung billigster Bezugsquellen. Zwei verschiedene Finanzierungsformen ergänzten sich dabei, die langfristige und die kurzfristige. Die langfristige Finanzierung erfolgte durch Emission ausländischer Staatspapiere im inländischen Markt, durch den Erwerb ausländischer Staats-, Privat-, vor allem Eisenbahnobligationen. Diese Art des Kapitalexports war eine Begleiterscheinung und mitunter Voraussetzung für den Export von Kapitalgütern wie Bahnanlagen, Eisenbahnmaterial und Maschinen. Die kurzfristige Finanzie rung bediente sich der Dokumententratte und des Bankakzeptes. Dafür war Lon don der Hauptplatz. Er war durch die internationalen Beziehungen Englands mit der Weltwirtschaft, durch die Freiheit des Güter- und Kapitalverkehrs, durch die Märkte für Welthandelserzeugnisse, durch einen wirklich freien und ungehinderten Geld- und Kapitalmarkt mit freiem Devisenhandel, Goldhandel und einer freien Zinsbildung, schließlich durch eine vielseitige Bankwirtschaft und Nachrichten organisation für diese internationale Rolle am besten geeignet. London war "das 1 Herz der Weltwirtschaft". * Quelle: Weltwirtschaftliche Zeitfragen. Vorträge und Aussprachen auf einer Arbeitstagung, ver anstaltet von der Deutschen Weltwirtschaftlichen Gesellschaft e. V. (DWG) und der Freien Uni versität Berlin am 8. und 9. Juni 1951, hrsg. von Rascher, M., Berlin 1951, S. 58-67. 2 Kritik der Währungs- und Bankpolitik Was ist die neue Weltwirtschaft, wenn ein solcher Ausdruck überhaupt einen Sinn haben soll? Gehen wir vom alltäglichen Erlebnis aus, so entdecken wir im Berliner Straßenbild 1951 die Spuren einer weltwirtschaftlichen Verknüpfung auf Schritt und Tritt. Auf dem Wochenmarkt gibt es französischen Spargel, holländische To maten, dänische Eier, italienische, spanische, afrikanische Südfrüchte. In den Läden locken Waren aus fernsten Zonen. Beim eleganten Schneider gibt es englische Stoffe, im Modeatelier französische Neuheiten. Ist nicht Westdeutschland und West-Berlin auf die angenehmste Weise und nach der angenehmsten Seite wieder in den Kreis der Völker aufgenommen? Ist das wirklich so? Woher stammen solche Erscheinun gen fremder Länder? Sie stammen nicht aus dem freien Warenaustausch durch die Hand des Kaufmanns. Für diese Erscheinungen sind im wesentlichen staatliche, öffentliche Hilfsmaßnahmen verantwortlich, die in der einen oder anderen Form, direkt oder indirekt die Hilfe Amerikas darstellen. Aus der Amerikahilfe in Ge- 2 stalt des Marshallplanes, der Organisation des europäischen wirtschaftlichen Auf baus, der Europäischen Zahlungsunion leitet sich die unmittelbare Mitwirkung des Staates in Gestalt der damit befaßten Ministerien her. Die Bankorganisation der deutschen Bundesrepublik untersteht der Interalliierten Bankenkommission, in das Zusammenwirken von Geschäftsbank, Landeszentralbank und Bundeszentralbank ist wiederum der Staat selbst eingeschaltet. Westdeutschland empfängt amerika nische Wohltaten, verwaltet und verteilt sie durch den Staat und durch staatliche Organe. Was daneben an privater Einfuhr und Ausfuhr besteht, unterliegt streng sten staatlichen Vorschriften. Hierin liegt ein entscheidender Unterschied zwischen 3 alter und neuer Weltwirtschaft. Europa wies noch 1938 eine sichtbare Ausfuhr von 3,7 Milliarden Dollar auf, dazu kam eine unsichtbare Ausfuhr von 0,6 Milliarden Dollar und 1,2 Milliarden Dollar Einnahmen aus ausländischer Kapitalanlage, so daß die Einfuhr von 5,5 Mil liarden Dollar gedeckt war. Im Jahre 1947 betrug die sichtbare Ausfuhr 5,0, die unsichtbare Ausfuhr 0,7, die Einkünfte aus ausländischer Kapitalanlage 0,6 Mil liarden Dollar, dagegen die Einfuhr 13,9 Milliarden Dollar, so daß sich ein Defizit 4 der europäischen Zahlungsbilanz von 7,6 Milliarden Dollar ergab. Die französische Zahlungsbilanz, die noch 1913 einen überschuß von 1,4 Mil liarden Franken aufwies, zeitigt 1945-1948 Jahr für Jahr ein Defizit von etwa 1,5 Milliarden Dollar, welches durch eine entsprechende einseitige Kapitaleinfuhr 5 von 7 Milliarden Dollar 1945-1948 gedeckt wurde. Die Welt hat sich geändert. Die Weltwirtschaft ist nicht mehr der Arbeitsplatz des Kaufmanns, das Betätigungsfeld des Bankiers, sie ist ein Tummelplatz für Politiker, ein Rummelplatz angeblicher Staatsmänner, ein übungsplatz angehender Theoretiker. Sie setzen die Fachwelt in Erstaunen durch die Schöpfung neuer Be griffe und die Genialität ihrer Anwendung. Inflation heißt Wirtschaftsdynamik, Staatsverschuldung heißt öffentliche Wohlfahrt, Gläubigerbetrug heißt Politik des

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