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Krise des Steuerstaats?: Widersprüche, Perspektiven, Ausweichstrategien PDF

256 Pages·1978·7.46 MB·German
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Rolf Richard Grauhan, Rudolf Hickel (Hrsg.) Krise des Steuerstaats? LEVIATHAN Zeitschrift für Sozialwissenschaft Sonderheft 1/1978 Rolf Richard Grauhan/Rudolf Hickel Krise des Steuerstaats? Widersprüche, Perspektiven, Ausweichstrategien Mit Beiträgen von Rudolph Bauer, Rudolf Billerbeck, Ulrich Billerbeck, Wolfgang Däub ler, Heide Gerstenberger, Erich Haas/Hannes Swoboda, Rolf Richard Grauhan, Peter Grottian, Rudolf Hickel, Joachim Hirsch, Gerhard LeU häuser Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Krise des Steuerstaats: Widersprüche, Perspektiven, Ausweichstrategien I Rolf Richard Grauhan; Rudolf Hickel. Mit Beitr. von Rudolph Bauer ... · -1. Aufl. (Leviathan: Sonderh. 1) ISBN 978-3-531-11453-8 ISBN 978-3-663-14377-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-14377-2 NE: Grauhan, Rolf-Richard (Hrsg.); Bauer, Rudolph (Mitarb.) © 1978 Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen 1978 Umschlaggestaltung: studio für visuelle kommunikation, Düsseldorf Satz: Vieweg, Braunschweig Alle Rechte vorbehalten. Auch die fotomechanische Vervielfältigung des Werkes (Fotokopie, Mikrokopie) oder von Teilen daraus bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. ISBN 978-3-531-11453-8 Inhalt 1. Einleitung und Überblick Rol[ Richard Grauhan/Rudol[ Hickel Krise des Steuerstaats?-Widersprüche, Ausweichstrategien, Perspektiven staatlicher Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2. Staatsfinanzkrise - oder Krise des Steuerstaats? Joachim Hirsch Was heißt eigentlich ,,Krise der Staatsfinanzen"? Zur politischen Funktion der Staatsfinanzkrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Heide Gerstenherger Kritische Anmerkungen zum Begriff des Steuerstaats . . . . . . . . . . . . . . 51 Gerhard Leithäuser Internationalisierung des Kapitals und nationalstaatliche Finanzkrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Peter Grottian Thematisierungs-und Dethematisierungsstrategien des 76 Staatsanhand der Steuerreform ........................... . 3. Politikproduktion und Krise des Steuerstaats - Exemplarische Analyse von Ausweichstrategien - Rudol[ Hickel Ökonomische Stabilisierungspolitik in der Krise. Ursachen und Ausweichparadoxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Rudolph Bauer Der Steuerstaat als politisches Thema-eine Fehlanzeige Berichtende Skizze über den Bereich der sozialen Dienste . . . . . . . . . . . 131 Ulrich Billerbeck Von den Schwierigkeiten, Reformen rückgängig zu machen Politische Probleme zentralisierter Sparpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Wolfgang Däubler . Privatisierung - Speerspitze der Gegenreform? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 4. Steuerstaatskrise im internationalen Vergleich Erich HaasfHannes Swoboda Ist Österreich ein Steuerstaat? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Rudolf Billerbeck New Yo rks Finanzkrise - ein Lehrstück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 5. Perspektive einer strukturellen Alternative RolfR ichard Grauhan Kommune als Strukturtypus politischer Produktion . . . . . . . . . . . . . . 229 Rolf Richard Grauhan/Rudolf Hickel Nachwort der Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 1. Einleitung und Überblick Ralf Richard Grauhan / Rudolf Hickel Krise des Steuerstaats? - Widersprüche, Ausweichstrategien, Perspektiven staatlicher Politik Vorbemerkung "Privater Reichtum - öffentliche Armut" - vom Lebensstandard als dem vollen "Warenkorb" zur Lebensqualität in einer verstädterten Umwelt - angesichts der "Grenzen des (industriellen) Wachstums" zur nachindustriellen Dienstleistungs gesellschaft - von der Produktion bereits im "überfluß" vorhandener Waren zur Produktion öffentlicher Dienste: Bildungsdienste, Gesundheitsdienste, Sozialdienste, als den "wahren" Feldern des gesellschaftlichen Bedarfs - das waren die Parolen von vorgestern. Der Staat hat sich übernommen, der öffentliche Dienst frißt den Staat auf, die "Anspruchsinflation" muß eingedämmt werden, "Entstaatlichung" des öffentlichen Leistungsangebots: das waren die ebenso eingängigen Parolen in der folgenden Rezession. Und wieder: der Staat muß die privaten Investitionen durch Steuererleichte rungen und Subventionen fördern, denn nur so können Arbeitsplätze geschaffen werden und die "Steuerquellen wieder sprudeln": Wachstum ist die Voraussetzung der staatlichen Leistungsfahigkeit, "Wachstumsvorsorge" deshalb oberstes politisches Gebot. Das Rad der Argumente ist einmal herumgedreht, der Kreislauf kann von neuem beginnen. Der erste Block der Argumente hatte sich an einem über Marktprozesse hinaus gehenden gesellschaftlichen Bedarf orientiert, der sich aus dem Entwicklungsstand der hochindustrialisierten westlichen Gesellschaft ergäbe. In diesem Zusammenhang hatte - stellvertretend fiir diese gängige Position - insbesondere Winfried Vogt argumentiert, der Staat müsse zunehmend jene ,,Produktion organisieren, die unter dem allgemeinen Imperativ der Legitimationserfordernisse des kapitalistischen Systems aus Gründen der ungleichmäßigen technischen Entwicklung nicht privat kapitalistisch betrieben werden kann". (W. Vogt 1973; 173). Vogt hatte dabei insbesondere die Produktion selbständiger Dienstleistungen im Auge, die nicht wie Handel, Güterverkehr, Reparaturdienste u.a. Annexe der Güter produktion sind, sondern unmittelbar von Menschen für Menschen erbracht werden, wie die Bildungs-, Gesundheits- und Personenverkehrsdienste. Deren Produktion er fordere notwendigerweise einen hohen Einsatz relativ hochqualifizierten und damit teuren Personals und sei deshalb nicht nach dem privatkapitalistischen Rationalitäts kalkül der Erhöhung des Kapitaleinsatzes pro Arbeitsplatz zugleich einzelbetrieb lich rentabel, massenhaft und billig zu organisieren. Da sie jedoch gleichwohl organi- 8 RolfR ichard Grauhan / RudolfH ickel siert werden müsse, und zwar zur Aufrechterhaltung der Produktionsvoraussetzungen privater Warenproduktion ebenso wie zur Erfüllung politischer Massenforderungen innerhalb eines sich demokratisch legitimierenden Systems, müsse der Staat die Produktion dieser Dienste organisieren. Da zudem in einer bereits hochtechnisierten Güterproduktion durch weitere Rationalisierungsmaßnahmen fortlaufend Arbeitskräfte freigesetzt würden, zeich nete Vogt alternative Entwicklungsperspektiven ftir die industrialisierte kapitali stische Gesellschaft, nach der die im Gütersektor freigesetzten Arbeitskräfte mehr und mehr von der staatlichen Dienstproduktion absorbiert würden, so daß der Staat sich geradezu als die "spezifische Organisationsform" dieser nicht privatkapitali stisch organisierten Produktion definieren lasse. Bei Argumentationen wie diesen wurde allerdings das Problem des Struktur typus "Staat" völlig übersehen, nämlich die Frage, wie und was ein politisches System in der Form "Staat" seinem spezifischen organisatorischen Zuschnitt nach eigentlich leisten kann. Und von diesen spezifischen Leistungsgrenzen aus wurde unter dem Eindruck der Fiskalkrise in der Rezession 1974/75 die zweite Welle der Argumente vorgetragen. L Strukturelle Grenzen des Typus Steuerstaat*) 1. Strukturtypus Steuerstaat Damit wird zunächst deutlich, daß der Staat nicht das politische System schlechthin ist, sondern eine besondere Form von politischem System, das keineswegs dadurch charakterisiert ist, daß es wie auch immer geartete Produktionsaufgaben erfüllt, sondern im Gegenteil gerade dadurch, daß es selbst nicht produziert. Diesen Sach verhalt beleuchtet der Ausdruck ,,Steuerstaat"', der ein charakteristisches Struk turmerkmal des Typus "Staat"' hervorhebt (insofern also ein Pleonasmus, wie Schumpeter sagte): Der Steuerstaat ist ein politisches System, das über Ab schöpfungsbeträge aus nicht von ihm selbst organisierter und produzierter Wert schöpfung fmanziert wird. Der Steuerstaat ist die spezifische Form, die das politische System in einer Gesellschaft annimmt, deren gesellschaftliche Wertschöpfung grund sätzlich in privatkapitalistischer Form organisiert ist. Deren Sicherung und Förde rung ist deshalb auch eine in seine Grundstruktur eingelagerte Zweckbestimmung. Produzierte ein politisches System selbst, schöpfte es also selber Wert, so könnte es sich auch aus dieser eigenen Wertschöpfung alimentieren und wäre nicht (allein) auf Steuern und aus Steuern zu tilgende Anleihen angewiesen. Das politische System in den Grenzen des Steuerstaats zu halten, ist darum auch eine notwendige Bedin gung zur Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Dominanz privatkapitalistischer Produktion. Darin liegt die gemeinsame Logik der politischen Bestrebungen, die *) Zum Begriffvgl. J. Schumpeter/R. Goldscheid 1977 Krise des Steuerstaats? 9 staatliche Wirtschaftspolitik ausschließlich für die Förderung privater Wertschöpfung einzusetzen und die Produktionsaufgaben, die der Staat im weiteren Bereich der öffentlichen Dienstleistungen übernommen hat, soweit wie möglich zu "entstaat lichen", d. h. sie entweder ganz zu ,,privatisieren" oder nach den dem kapitalistischen Einzelbetrieb abgelauschten Kriterien der Profitrationalität zu rationalisieren und zu "verpreisen". Aus der Perspektive der steuerstaatlichen Form des politischen Systems wird nun das Vogt 'sehe Produktionsargument herumgedreht: Wenn staatliche Dienstleistungen prinzipiell nur über Steuern finanziert werden können, so können sie nur über eine Verbreiterung der Steuerbasis ausgedehnt werden. Da sie somit Wachstumspolitik im Sinne der Förderung von Produktion und Absatz marktgängiger Güter voraus setzen, heißt ihre Ausdehnung zu fordern, zugleich die Probleme des "Wachstums", der Erschöpfung und Versehrnutzung der natürlichen Ressourcen durch noch weitere Industrialisierung der industriell bereits hochentwickelten Länder zu verschärfen. Bei stagnierenden oder sogar schrumpfenden Abschöpfungsmöglichkeiten aus der privaten Warenökonomie dagegen ist der Steuerstaat erst recht gehindert, in der industriellen Erzeugung "wegrationalisierte" Arbeitskräfte in die Produktion öffent licher Dienstleistungen zu übernehmen, weil er selbst dem "Rationalisierungszwang" unterliegt. Hält man fest, daß die spezifische Form der Steuerfinanzierung ein poli tisches System charakterisiert, das generell nicht selbst produziert, so wird auch ver ständlich, daß es seiner organisatorischen Struktur nach auf jene politischen Funk tionen hin zugeschnitten ist, die die Entfaltung jener privaten Wertschöpfung för dern, von der es getragen wird. Dieser logische Zusammenhang führt historisch auf den Prozeß der Herausbildung des heutigen Steuerstaats aus den Feudalordnungen der spätmittelalterlichen Territorien zurück. Diese waren in der spezifischen Verknüpfung durch das "feudum" zwischen Lehensherr und Vasall Herrschafts- und Produktionsordnungen (der Agrarproduk tion) zugleich. Die Lehensstruktur vermittelte dem Belehnten einerseits die Herr schaftsrechte des Grundherren und andererseits das Recht zur Aneignung der von seinem Lehen aufgebrachten landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Aus den Krisen die ser gesellschaftlichen Gesamtorganisation zwischen Mittelalter und Neuzeit, die so wohl Herrschafts- wie Wirtschaftskrisen waren, entstand die neue Gesellschaftsfor mation, deren Funktionslogik im Auseinandertreten von politischer Herrschaft und ökonomischer Wertschöpfung besteht. Der kontinentaleuropäische "Staat" konstituierte sich als von der Ökonomie abgetrennte Form "außerökonomischer" Politik durch die faktische Monopolisie rung der "legitimen physischen Gewaltsamkeit" in einem zentralen Herrschafts apparat, der die Durchdringung aller gesellschaftlichen Beziehungen mit recht mäßiger Gewaltsamkeit aufgrund der feudalen Fehde-, Selbsthilfe-und Zweikampf rechte beseitigte. Dieser Monopolisierungsvorgang, der den Staat als spezialisierte Struktur politischer Herrschaft herausbildete, schaffte erst de facto jene gesell schaftliche Sphäre bürgerlicher "Ruhe, Sicherheit und Ordnung", in der sich die bürgerliche Ökonomie nach scheinbar gewaltfreien Marktgesetzen (Konkurrenz)

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