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Kopf oder Adler. Andere Erzählungen aus Tirol PDF

192 Pages·2003·0.72 MB·German
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Kopf oder Adler Andere Erzählungen aus Tirol Herausgegeben und eingeleitet von Johann Holzner Haymon-Verlag CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Kopf oder Adler: andere Erzählungen aus Tirol / hrsg. und eingel. von Johann Holzner. Innsbruck: Haymon, 1991 ISBN 3-85218-093-7 NE: Holzner, Johann (Hrsg.) © Haymon, Innsbruck 1991 Alle Rechte vorbehalten / Printed in Austria Satz: RSM Reutte Druck und Bindung: Wiener Verlag, Himberg bei Wien NHALT Einleitung 7 Helene Flöss Zwillinge 13 Armin Gatterer Räume. Bewegungen 41 Sabine Gruber Störung 63 Alois Hotschnig Der Fortgang der Handlung 71 Walter Klier Husar Runge 74 Anita Pichler Adieu Pierrot 100 Walter Schlorhaufer Deckname Gift 119 Raoul Schrott Stiltebraekh 141 Christoph Zanon Maischa und der Lehrer 159 Die Autorinnen und Autoren 186 Einleitung Scheherazade hat erzählt, um Zeit zu gewinnen. Reim- michl hat sich damit begnügt, seinen Leserinnen und Lesern die Zeit ein wenig zu vertreiben: mit Geschich- ten, die unter einem das Althergebrachte verteidigt und alles andere verteufelt haben. Alles andere: Denken, Empfinden, Träumen, frei von den gewohnten Schienen, das alles wird in den Reim- michl-Geschichten unterbunden. So treibt der Autor seine Leserinnen und Leser in die Arme der Wirklich- keit, so bekämpft er jede öffentliche und private Unruhe. so verankert er die allgemeine Stagnation.. Sein Heimatland hat ihm das nie vergessen. Nur ein- mal. Nur über sieben Jahre, im Tausendjährigen Reich, hat man es ihm auch in Tirol übelgenommen, daß er am liebsten die Zeit angehalten und alle Türen zur Außenwelt versperrt hätte. Nach dem Krieg aber steigt Reimmichl wie der Phönix und wie der Tiroler Adler aus der Asche, als hätte die Geschichte seine Geschich- ten rehabilitiert. Er ist immer noch der populärste, der erfolgreichste Erzähler in Tirol; und außerhalb der Grenzen dieses Landes ist immer noch die Auffassung zu hören, aus Tirol käme keine aufregende Literatur, höchstens Ungereimtes, nach dem Vorbild des Reim- michl. Eine verbreitete, gleichwohl falsche Auffassung, Lan- ge genug zwar, das ist festzuhalten, haben Autorinnen und Autoren in Tirol, vor allem nach der Zerreißung des Landes 1918/19, sich mit den jeweils Regierenden verbündet und die Säulen der Ruhe und Ordnung beden- kenlos mit Bildern ausgeschmückt. Indem sie sich zum »staatstragenden« Katholizismus und zum sogenannten Ständestaat bekannt haben und später zum Nationalsozialismus, haben sie sich vor den eigentlichen Aufgaben der Literatur davongestohlen und endlich selbst völlig isoliert: Joseph Georg Oberkofler und Josef Wenter, Karl Springenschmid, auch Gertrud Fussenegger und Franz Turnier, um nur die bekann- testen Namen hier zu nennen. Die meisten Bücher, die in dieser Zeit der Unter- drückung ohne weiteres eine Druckbewilligung erhal- ten haben, sind längst der Vergessenheit anheimgefallen. Auch in der Nachkriegszeit, schon die Reimmichl- Renaissance verrät es, bewegt sich in der Tiroler Lite- raturlandschaft zunächst nicht viel. Zwei Jahrzehnte vergehen noch, ohne daß bemerkenswerte Neuerschei- nungen, literarische Publikationen von überregionalem Rang zu registrieren wären. »Der Brenner« verschwin- det endgültig von der Bildfläche und findet keinen Nachfolger. Das Konzept dieser Periode, eine bodenständige Kul- tur zu entwickeln, kopflos, in der Abgeschiedenheit, jede Berührung mit dem Fremden tunlichst zu vermei- den, führt konsequent zur Einschränkung des Horizonts und fördert alles andere als die Identität. Zuerst hat sich der Südtiroler Literaturbetrieb ge- wandelt, nämlich in den späten sechziger Jahren. Provoziert von den Institutionen der Macht, die, eben- so blind wie vehement, für die Uniformierung des politischen Denkens und des kulturellen Lebens kämpfen, tritt eine neue Generation von Schrift- stellern auf den Plan, mit dem Vorsatz, nur mehr dem eigenen Kopf zu folgen. Etlichen dieser Autoren, die in der von Gerhard Mumelter herausgegebenen Anthologie »Neue Literatur aus Südtirol« 1970 erstmals einer breite- ren Öffentlichkeit vorgestellt werden, gelingt es schließ- lich in den folgenden Jahren, allen Unkenrufen, nament- lich im Land selbst, zum Trotz, im gesamten deutsch- sprachigen Raum, da und dort auch in Italien sich Lesergemeinden zu erobern: N. C. Kaser, Joseph Zoderer, Markus Vallazza, Luis Stefan Stecher, Kuno Seyr, Herbert Rosendorfer, Ger- hard Kofler. Umgekehrt kommt Turnier, der Vater dieser Generation, in das Land seiner Geburt zurück, kaum mehr wiederzuerkennen, mit seinen Büchern »Auf- schreibung aus Trient« und »Das Land Südtirol«. Die Nordtiroler Literatur hat sich später eingemischt. Der einzige Repräsentant der konkreten visuellen Poesie und damit der Avantgarde, Heinz Gappmayr, hat zwar internationale Anerkennung gefunden, als einer der wichtigsten österreichischen Vertreter der experimen- tellen modernen Dichtung, in Tirol aber haben seine »Zeichen«, die alles Dekorative verwerfen, verworfen haben, was jetzt gelegentlich schon wieder Furore macht, nur Insider beschäftigt. Auch der Osttiroler Gerold Foidl hat zeitlebens in seiner Heimat kaum Resonanz erfah- ren. Dann, Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jah- re, stehen längere Zeit Hans Haid und Felix Mitterer allein auf weiter Flur, bis Norbert Gstrein seine ersten Arbeiten veröffentlicht und damit auch ein Erzähler blitzartig in die erste Reihe der österreichischen Gegenwartslitera- tur aufsteigt. Inzwischen ist das Spektrum der unkonventionellen Schreibweisen in Tirol breiter und bunter als je zuvor, was augenfällig sich in den Kulturzeitschriften des Lan- des widerspiegelt: »Arunda«, Distel«, »Sturzflüge«, »Fen ster«, »Gegenwart« und »Inn« (um wenigstens die wich- tigsten anzuführen). Der Durst nach Zugehörigkeit, der früher Autorinnen und Autoren in Tirol veranlaßt hat, sich in den traditionellen Normengebäuden des Landes einzurichten, hat sich gleichzeitig verflüchtigt: Die Tiro- ler Literatur ist interessant geworden, weil sie Literatur ist, nicht weil sie aus einer exotischen Region kommt. Unsere Sammlung, die neue Erzählungen vorstellt, kann lediglich einen Querschnitt bieten: eine erste, vor- läufige, unvollständige Bilanz. Eine Bilanz, das soll ausdrücklich betont werden, die den einzelnen Texten keine Rollen zuweisen und Fesseln anlegen, sondern einzig und allein fesselnde Texte prä- sentieren sollte. Texte, die in die verschiedensten Landschaften entfüh- ren: die Augen zu öffnen für das Fremde und zugleich für eine unverkürzte Selbstwahrnehmung; die Barrieren ab- zubauen, die den Blick auf die Geschichte und denkbare schönere Welten ganz verstellen; die Alltagsdeutungen anzuzeigen, die mit zerstörerischem Eifer jeden Gedankenstrom begradigen und jeden Wunschtraum als Gaukelwerk verwerfen. Texte, die außergewöhnliche Erfahrungen vermit- teln, als wären sie die gängigsten, und gewöhnliche Erfahrungen, als wären sie nachgerade ausgefallen.

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