Annekatrin Meißner Kooperative Bildungsverantwortung als Weg aus der Armut Kooperative Bildungsverantwortung als Weg aus der Armut Annekatrin Meißner Kooperative Bildungsverantwortung als Weg aus der Armut Mit Geleitworten von Prof. Dr. Christian Thies und Prof. Dr. Christopher Stehr Annekatrin Meißner Passau, Deutschland Dissertation, Universität Passau, 2015 ISBN 978-3-658-14922-2 ISBN 978-3-658-14923-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-14923-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. 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Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Geleitwort Dass zwischen Theorie und Praxis eine Kluft besteht, ist in der Philosophie schon lange bekannt und insbesondere für die Ethik ein Problem: Denn was nüt- zen die besten normativen Modelle, wenn niemand ihnen gemäß handelt? Die Dissertation von Annekatrin Meißner hat sich zum Ziel gesetzt, diesen Graben zu überbrücken. Zu Recht betont daher die Autorin, dass sie das Warum (d. h. eine philosophische Begründung) mit dem Wie (d. h. einer konkreten Pra- xis) verbinden will. In der anspruchsvollen Konstruktion wird ein Bogen ge- spannt von einem philosophischen Grundbegriff wie Freiheit über Themen der Angewandten Ethik bis zu einem aktuellen Beispiel. Jeder Begriff und jeder Ge- danke wird gründlich erläutert, so dass die angestrebte Theorie-Praxis-Brücke durchgängig gestützt und abgesichert ist. Ein solches Vorhaben verlangt Um- sicht, Konsequenz und Ausdauer – Tugenden, über die Frau Meißner beim Schreiben ihrer Arbeit verfügte. Das zentrale Erkenntnisinteresse liegt in der Begründung dafür, weshalb Un- ternehmen Bildungsverantwortung übernehmen sollen. Zu diesem Zweck wird der gesamte Text sehr übersichtlich entlang dreier Thesen gegliedert: (I) „Ver- wirklichungschancen auf Bildung sind zentral für den Weg aus der Armut“, (II) „Unternehmen kommt eine sekundäre Verantwortung für Verwirklichungschan- cen auf Bildung zu“, (III) „Unternehmen können ihrer sekundären Bildungsver- antwortung auch faktisch z. B. in Form einer Social-Franchise-Kooperation mit einem Akteur aus der Zivilgesellschaft nachkommen“. Als philosophische Grundlage dient der Verwirklichungschancen-Ansatz (capability approach) von Amartya Sen, der aber um wichtige Aspekte ergänzt wird. Aus meiner Sicht ist die hier publizierte Dissertation aufgrund folgender Punkte für die Sozialphilosophie besonders relevant: Erstens zeigt sich, dass Sen ein hochinteressanter Denker ist und inzwischen zu den Klassikern der Prakti- schen Philosophie gehört. Zweitens wird die Rolle der Bildung für eine richtig verstandene Freiheit des Menschen herausgearbeitet, übrigens eine These, die al- le Gesellschaften betrifft. Drittens findet sich eine Argumentationskette, die sich gegenüber Wirtschaftsunternehmen, die sich vor ihrer Verantwortung drücken wollen, verwenden ließe. Nicht zuletzt verdeutlicht das gewählte Fallbeispiel aus VI Geleitwort Brasilien, wie Unternehmen zusammen mit einem zivilgesellschaftlichen Akteur ganz konkret Verantwortung übernehmen können. Prof. Dr. Christian Thies, Professur für Philosophie, Universität Passau Geleitwort Im Rahmen der öffentlich geführten Gesamtdiskussion um Corporate Social Responsibility (CSR) – der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen – wird kontinuierlich die Frage nach dem sozialen Mehrwert von unternehmeri- schen Aktivitäten gestellt: Welchen Mehrwert schaffen Unternehmen tatsächlich für die Herausforderungen einer Gesellschaft? Lösen sie mit ihren Aktivitäten gesellschaftliche Probleme? Oder überschreitet dies bereits den eigentlichen Zweck und die soziale Verantwortung einer Unternehmung, die nach Milton Friedman allein darin liegt, den Profit eben dieser Unternehmung anwachsen zu lassen? Damit ist der große Rahmen und die betriebswirtschaftliche Dimension bzw. Relevanz beschrieben innerhalb dessen sich diese vorliegende Dissertation be- wegt. Dieses hier kurz aufgezeigte Spannungsfeld von sozialen, philosophischen und unternehmerischen Ebenen ist Kern dieser Dissertation mit Fokus auf (se- kundärer) Bildungsverantwortung von Unternehmen im Rahmen von angewand- ter Ethik. Dazu wird eine Case Study durchgeführt, die auf der Analyse einer brasilianischen Bildungsfranchiseeinrichtung beruht. Der hohe Aufwand, der im Rahmen dieser Arbeit von der Autorin für das Er- langen der Ergebnisse erbracht wurde, ist dabei als besonders anerkennenswert hervorzuheben. Die empirische Datenerhebung in Brasilien und die Transkripti- on waren nur möglich, weil die Autorin über sehr gute brasilianische Portugie- sisch-Kenntnisse verfügt. Als sehr positiv ist ebenfalls die Kontextualisierung der Ebenen Verantwortung, Bildung, Weg aus der Armut im Hinblick auf die brasilianische Realität aufzuführen. Besonders beeindruckend ist aber der interdisziplinäre Ansatz, den Frau An- nekatrin Meißner hier gewählt hat. Zwei sehr unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen und Fachbereiche mit sehr verschiedenen methodologischen Verfah- ren zusammenzubringen und dies konsequent umzusetzen, zeugt von sehr hoher persönlicher und wissenschaftlicher Kompetenz. Bemerkenswert ist dabei aus meiner Sicht vor allem auch die Brücke zur Praxis, da es Frau Meißner gelungen ist, konkrete Handlungsempfehlungen für potentiell interessierte Unternehmen VIII Geleitwort zu generieren und mögliche Argumentationslinien für potentielle Nichtregie- rungsorganisationen aus dem Bildungsbereich zu entwickeln. Prof. Dr. Christopher Stehr, Professor für Internationales Management, German Graduate School of Management and Law GGS Vorwort „Unser Geist erlangt wahre Freiheit nicht durch den Erwerb von Wissensstoff und die Aneignung der Ideen anderer Menschen, sondern durch die Bildung eigener Beurteilungsmaßstäbe und die Entwicklung eigener Gedanken.” Rabindranath Tagore (1861- 1941, bengalischer Dichter und Philosoph, Lehrer von Amartya Sen) Für die Bildung eigener Beurteilungsmaßstäbe und die Entwicklung eigener Ge- danken sind jedoch eine Vielzahl von äußeren Rahmenbedingungen förderlich, ebenso wie Personen und Gespräche zur richtigen Zeit am richtigen Ort, Litera- turempfehlungen, Vordenker sowie ein verständnisvolles und motivierendes per- sönliches Umfeld. Ich hatte das große Glück, dass all diese Faktoren meinen Weg nach einer Antwort auf meine Forschungsfragen wesentlich erleichterten. Herzlichen Dank an alle, die mich dabei begleitet, unterstützt, inspiriert und mo- tiviert haben. Der Konrad-Adenauer-Stiftung gilt mein ausdrücklicher Dank dafür, dass sie mir durch ein dreijähriges Promotionsstipendium und die damit verbundene ma- terielle und ideelle Förderung einen optimalen strukturellen Rahmen bot, mich ganz meiner Forschung zu widmen. Ebenso danke ich der Universität Passau für das Promotionsabschlussstipendium im Rahmen der Förderung der Chancen- gleichheit für Frauen in Forschung und Lehre der Bayerischen Gleichstellungs- förderung, welches mir die fokussierte Fertigstellung meiner Arbeit ermöglichte. Ein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Christian Thies, und meinem Zweitgutachter, Herrn Prof. Dr. Christopher Stehr, für die Betreuung meiner Dissertation, das wertvolle Feedback und die Möglichkeiten der Anbindung und des Austauschs im Rahmen verschiedener wissenschaftlicher Formate. Außerdem danke ich ganz herzlich allen Freunden und wissenschaftli- chen Mentorinnen und Mentoren für die wertvollen und anregenden Diskussio- nen zu meiner Argumentation, der gewählten Methodik und dem Aufbau der Ar- beit. Ich hatte das Privileg, dass mich mein persönliches Umfeld in jeder Phase der Dissertation begleitet und bestärkt hat. Ganz besonders danke ich meinem Mann Julio Cesar Martins Batista, der mich von Beginn meiner Promotion an unter- stützt und motiviert hat und mit mir immer wieder, basierend auf den Erfahrun- X Vorwort gen aus seinem Heimatland Brasilien, Argumente und praktische Beispiele dis- kutierte. Meinem Sohn Jonas habe ich es zu verdanken, dass ich die Arbeit an der Dissertation sehr strukturiert angegangen bin und im Zusammensein mit ihm kreative Denkpausen verlebt habe, die mir viel Energie gegeben haben, um mich danach wieder voller Schaffenskraft meinem Thema zu widmen. Antonia, unse- rer Tochter, danke ich dafür, dass sie mich mit ihrer „Ankündigung“ motiviert hat, die Arbeit konsequent fertigzustellen. Darüber hinaus bedanke ich mich be- sonders bei meinen Eltern, meinen Großeltern und meiner gesamten Familie, die mich bei der Verfolgung meines Ziels in jeder Hinsicht gefördert haben. Bedanken möchte ich mich ebenfalls bei allen, die mich im Rahmen der Or- ganisation und der Durchführung der empirischen Fallstudie in Brasilien durch ihre Gastfreundschaft, ihre Gesprächsbereitschaft und das entgegengebrachte In- teresse unterstützt haben. Insbesondere gilt mein Dank der Stiftung „Projekt Pe- scar“ und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der ausgewählten Unterneh- men für die Zeit und Offenheit im Rahmen der Experteninterviews. Den inter- viewten Jugendlichen danke ich ganz besonders für das Teilen ihrer Erfahrungen mit mir und den Einblick in ihre persönliche Lebensgeschichte. Dieses Buch widme ich daher auch ihnen – den Jugendlichen des Projekts Pescar – und allen anderen Jugendlichen, die auf der Suche nach einer „Oportun- idade na vida“ – „Chance im Leben“ für sich sind, allen Unternehmen, die sich mit der Frage der unternehmerischen Bildungsverantwortung ernsthaft auseinan- dersetzen und allen zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich fragen, wie eine Zusammenarbeit mit einem multinationalen Unternehmen auf der prakti- schen Ebene aussehen kann. Annekatrin Meißner
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