u. MOORAHREND Kontroverses zum HWS-Schleudertrauma UWE MOORAHREND (HRSG.) Kontroverses zum HWS-Schleudertrauma • Unfallmechanik • Erstdiagnose • Neuroradiologie Physikalische Therapie • OP-Indikation Dr. med. UWE MOORAHREND Fachklinik Enzensberg HohenstraBe 56, 87629 Hopfen am See Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber <http://dnb.ddb.de> ab rufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbeson dere die der ilbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildun gen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der VervielfaItigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine VervielfaItigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Be stimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland yom 9. Septem ber 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulassig. Sie ist grundsiitzlich vergiitungs pflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts gesetzes. ISBN 978-3-7985-1383-9 ISBN 978-3-642-57393-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-57393-4 ~ Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2003 Urspriinglich erschienen bei Steinkopff Verlag Darmstadt 2003 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in die sem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung a1s frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Produkthaftung: Fiir Angaben iiber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewiihr iibernommen werden. Derartige Angaben miissen Yom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit iiberpriift werden. Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg SPIN 1086130 I 105/7231-5 4 3 2 1 0 - Gedruckt auf siiurefreiem Papier Vorwort Im Jahre 1995 waren es Spitzer und Mitarbeiter, die so genann te "Quebec Task Force", die systematisch die bisherige Literatur zum HWS-Schleudertrauma aufgearbeitet haben. Nur wenige Arbeiten, ungefähr 4%, erfüllen die zur methodischen Absiche rung dieses Verletzungs-IStörungsbildes geforderten wissen schaftlichen Qualitätskriterien. Gerade weil so wenig zur Pathologie dieses Störungsbildes bekannt ist, verwundert es um so mehr, dass man sich bereits mit Schleudertrauma assoziierten Störungen auseinandersetzt. Sollte nicht nach wie vor der Grundsatz gelten: "Erst eine siche re Diagnose mit geeigneten diagnostischen Kriterien ermöglicht eine zielgerichtete Therapie"? In der Vergangenheit hat sich die Medizin in der Behandlung dieses Beschwerdebildes auf all gemeine Erfahrungsgrundsätze beschränkt, nämlich Ruhigstel lung mit Cervicalkrawatte und Gabe von Analgetika. Nun bele gen jüngere Studien, dass auch die Cervicalkrawatte bei zu lan ger Tragedauer zu Chronifizierungsphänomenen beitragen kann. Was bleibt dann noch im Rahmen der weiterführenden Diagnostik und Therapie?! Deshalb wurde bekannten Vertretern konträrer Meinungen zur Unfallmechanik, zu Diagnostik und Neuroradiologie sowie zu konservativer bzw. operativer Therapie ein Fragenkatalog mit der Bitte um Stellungnahme vorgelegt. Im nächsten Schritt wurden diese Stellungnahmen von einer fachkundigen, ge mischt besetzten Jury zusammengefasst, kommentiert und be wertet. Diese Jurorengruppe setzte sich aus Medizinern, Juris ten, Diplomingenieuren/Kfz-Sachverständigen, Physiotherapeu ten und Betroffenen (ehemals Verletzten) zusammen. Sämtliche Juroren sind schwerpunktmäßig mit der Thematik auf ihren Gebieten befasst. Bei den Betroffenen (Laien) waren durchwegs lange Chronifizierungsverläufe vorhanden, teilweise endeten sie in operativen Interventionen an der Halswirbelsäule. Die Zu sammensetzung der Jurorengruppe war durch einen Zufalls generator bestimmt worden und wechselte von Thema zu The ma. Es gab Antworten und Stellungnahmen, zu denen keine übereinstimmende Meinungsbekundung zustande kam. Diese VI • Vorwort sollten die Wissenschaftler der einzelnen Fachrichtungen in nächster Zukunft vorrangig interessieren, dazu gehören Fragen wie: "Sollte bei Darstellung von Bandstrukturen (Ligamenta ala ria) die Feldstärke des Magneten in der Tomographie 1,5 Tesla und die Schichtdicke maximal 2 mm betragen?" In diesem Sinne soll das Buch ein Richtungsweiser für die weiterführende, verfeinernde Diagnostik und Forschung sein, welche Problemstellungen dringlicher wissenschaftlicher Auf arbeitung bedürfen. Abschließend eine Anmerkung zu der Frage einiger Leser, warum Laien (Betroffene I Unfallverletzte) in der Jurorengruppe mitwirkten: Wissenschaftliche Meinungsbildungen, die noch nicht evidenzbasierten Ansprüchen genügen, sind nur dann von Interesse und Belang, wenn alle am Prozess Betroffenen gehört werden und ihr Votum abgeben. Damit erhält eine sol che Antwort einen evidenzbasierten Stellenwert. Den Autoren herzlichen Dank für die gute kooperative Zu sammenarbeit bei der Aufdeckung der einzelnen Problemfelder ihres "Spezialgebietes". Hopfen am See, im November 2002 UWE MOORAHREND Inhaltsverzeichnis 1 Biomechanische Bedingungen Einleitung ................................... . Thesen zur Rolle der Biomechanik bei der Begutachtung von HWS-Beschwerden nach Unfällen ................ . R. MATTERN versus W. H. M. CASTRO Katalog der kontrovers diskutierten Fragen ....... . . . . . . . 7 Beantwortung der einzelnen Fragen mit Antwortenwichtung . . 8 2 Der Stellenwert der Diagnostik beim ersten Arztkontakt Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Erfassung und Dokumentation von Erstbefunden ..... . . . . . 15 W. HELL Ansichten zu einer manualmedizinischen Spezialisierung der Erstdiagnostizierenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 M. GRAF versus U. MOORAHREND Katalog der kontrovers diskutierten Fragen . . . . . . . . . . . . .. 23 Beantwortung der einzelnen Fragen mit Antwortenwichtung .. 24 I Diagnostik von "Instabilitäten" des cervico-occipitalen Überganges Bildgebende Diagnostik der Ligamenta alaria 29 R. TOMCZAK Stellenwert der Neuroradiologie, ihre Möglichkeiten bei Ilnstabilitäten" des cervico-occipitalen Überganges 33 E. VOLLE Katalog der kontrovers diskutierten Fragen . . . . . . . . . . . . .. 39 Beantwortung der einzelnen Fragen mit Antwortenwichtung .. 40 VIII • Inhaltsverzeichnis Therapiestrategien Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 45 Physiologie der Nackenmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 U. MOORAHREND Therapieschemata nach HWS-Distorsion - Prospektive Studie über den Einfluss ärztlicher Aufklärung und "Selbstbehandlung" auf den Erfolg der Therapie ..... 48 A. BADKE - Aktive Physiotherapie der HWS-Beschleunigungsverletzung. 52 M. KRAMER Katalog der kontrovers diskutierten Fragen . . . . . . . . . . . . .. 56 Beantwortung der einzelnen Fragen mit Antwortenwichtung .. 57 OP-Indikation nach HWS-Schleudertrauma Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 OP-Indikation nach HWS-Beschleunigungsverletzung . . . . . . . . 63 M. ARAND, E. HARTWIG, L. KINZL Instabilitäten der Halswirbelsäule - operative Behandlungsergebnisse aus aktueller Sicht 73 A. MONTAZEM Katalog der kontrovers diskutierten Fragen .. . . . . . . . . . . .. 79 Beantwortung der einzelnen Fragen mit Antwortenwichtung .. 80 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 85 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 87 Autorenverzeichnis Dr. med. MARKus ARAND Dr. med. PETER W. GAIDZIK Unfallchirurgische Klinik im Institut für fachübergreifende Universitätsklinikum Ulm Begutachtung in der Medizin Steinhövelstraße 9, 89075 Ulm Adelword 9, 48161 Münster Dr. med. ANDREAs BADKE Abteilung für Querschnitt Dr. med. MICHAEL GRAF gelähmte, Orthopädie und Facharzt für Physikalische und Rehabilitationsmedizin der Rehabilitative Medizin Berufsgenossenschaftlichen Gartenfeldstraße 6, 54295 Trier Unfallklinik Schnarrenbergstraße 95, Prof. Dr. med. 72076 Tübingen TONI GRAF-BAUMANN Dt. Gesellschaft für Manuelle Dipl.-Ing. MANFRED BECKE Medizin e. V. Ingenieurbüro Schillerstraße 14, 79331 Teningen Schimmelpfennig + Becke Münsterstraße 101, 48155 Münster MICHAEL FREIHERR VON HADELN Allianz Versicherungs-AG HARRY BELZL Königinstraße 28, 80802 München Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Dr. med. ERICH HARTWIG Schnarrenbergstraße 95, Unfallchirurgische Klinik im 72076 Tübingen Universitätsklinikum Ulm Steinhövelstraße 9, 89075 Ulm Dipl.-Ing. ANTON BRUNN ER Winterthur-Versicherung Dr. med. WOLFRAM HELL General-Guisan-Str. 40, Institut für Fahrzeugsicherheit CH-8401 Winterthur Leopoldstraße 20, 80802 München Prof. Dr. med. Dr. med. MICHAEL KRAMER WILLIAM H. M. CASTRO Unfallchirurgische Klinik im Orthopädisches Forschungsinstitut Universitätsklinikum Ulm (OFI) Steinhövelstraße 9, 89075 Ulm Düsseldorf - Hamburg - Münster Hafenstraße 3-5, 48153 Münster HELMUT KRUMBHOLZ Vorsitzender Richter am Dr. med. habil. Landgericht München I HARTMUT FRIEDBURG Leubachplatz 7, Facharzt für Radiologie 80335 München Zeppelinstraße 2, 76185 Karlsruhe x • Autorenverzeichnis Rechtsanwalt PAUL KUHN ADAC e.Y., Juristische Zentrale, Schaden-Nersicherungsrecht Am Westpark 8, 81373 München Priv.-Doz. Dr. med. Prof. Dr. med. RAINER MATTERN REINHARD TOMCZAK Institut für Rechts- und Klinik für Radiologie und Verkehrsmedizin der Nuklearmedizin Universitätsklinik Heidelberg Klinikum am Plattenwald Voßstraße 2, 69115 Heidelberg Postfach 1110 74173 Bad Friedrichshall Dr. med. ABBAS MONTAZEM Facharzt für Neurochirurgie Dr. med. ECKHARD VOLLE Söflinger Straße 174,89077 Ulm Zentrum für funktionelle Kernspin Dr. med. UWE MooRAHREND tomographie Fachklinik Enzensberg Sendlinger Straße 7 Höhenstraße 56 80331 München 87629 Hopfen am See Biomechanische Bedingungen Einleitung In den letzten Jahren haben Aussagen unfallmechanischer Gutachten immer mehr Gewicht erhalten. Durch technische Details, Gegenüberstellung der unfallbeteiligten Fahrzeuge, lässt sich nach Ermittlung der Stoßrichtung, der Fahrzeuggewichte, aus der äußeren Deformation der Fahrzeuge auf die in das gestoßene Fahrzeug eingeleitete Kraft rückschließen. Über diese Be rechnungen hat sich ein kritischer Wert ermitteln lassen, das so genannte AV = 10 km/h, der zwischenzeitlich gehäuft als Harmlosigkeitsgrenze defi niert und benannt wird. 2001 haben Fallenberg und Castro bei einer Mehr fachanalyse eines Unfallereignisses durch unterschiedliche unfalltechnische Institute gefunden, dass die Abweichung solcher Ergebnisse mehr als 30% ausmacht. Es stellt sich mithin die Frage: Ist es berechtigt, solche Gutach ten zur Grundlage von Rechtsentscheidungen bei leichten HWS-Distorsio nen zu machen und Schlussfolgerungen solcher Ergebnisse herzunehmen, um eine Harmlosigkeitsgrenze zu definieren? Thesen zur Rolle der Biomechanik bei der Begutachtung von HWS-Beschwerden nach Unfällen R. MATTERN versus W. H. M. CASTRO -These I (R. MATTERN) Es gibt kein aus der Kollisionsdynamik der beteiligten Fahrzeuge ableit bares Kriterium, das bei leichten Kollisionen (z. B. bis AV 20 km/h oder Verzögerungswerten bis 10 g) geeignet ist, die Frage zu klären, ob ein Un fallbeteiligter als Folge des Unfalls Beschwerden an der Halswirbelsäule oder von ihr ausgehende Beschwerden entwickelt hat. Begründung: Die in der Regel nicht mit bildgebenden Verfahren objekti vierten (oft auch nicht objektivierbaren) Beschwerden können auch ohne Unfall auftreten, etwa unter der Belastung des "täglichen Lebens", statisch oder dynamisch. Deshalb kann jede über die Belastung des täglichen Le-