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Kontinent Magazin. Forum für Ost-West-Fragen PDF

228 Pages·1981·9.399 MB·German
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Sei ISE Ap Forum für Ost-West-Fragen 7 Jahrgang . Zu Fragen derZeit Zum sechzigsten Geburtstag von 3 Andrej Sacharow Andrej Sacharow - 7 Wider die Machtwillkür. Erklärungen und Briefe M. - 33 B. Die totale Krise. Zur gegenwärtigen Lage in Polen 47 German Andrejew - Anmerkungen zur Tradition des russischen Liberalismus (Schluß) 84 Rupert Neudeck - Flüchtlingspolitik: eine neue Art der »Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln« 106 Viktor Nekipelow - Brot und Flüchtlinge 114 M. Brohski - Die totalitäre Sprache des Kommunismus 129 Alexander Gleser- Die Nonkonformisten. Verbotene Kunst in der Sowjetunion 2 J 4 2 Jan Tesar- Wie im Heiligen Rußland Staatsbürger geboren wurden Memoiren 1 53 Andrej Amalrik - Das KGB gegen die Katze Dissa oder Abschied von Rußland Belletristik i 74 Natalja Gorbanewskaja - Lyrik 178 Anna Simon - Der Zinnsoldat 190 - Ida Fink Die Spur Berichte Zeugnisse Dokumente , , 193 Natalja Malachowskaja - Wie leben wir? 200 Iwan Kowaljow - Zur Verhaftung von Tatjana Osipowa 205 Anonymus - Aufruf zum bürgerlichen Ungehorsam 210 Anatolij Lewitin-Krasnow - Gesuch für Rußlands verfolgte Christen 212 Besprochene Bücher 2l6 Bei der Redaktion eingegangene Literatur 3 Zum sechzigsten Geburtstag von Andre) Sacharow (Am Mai 21. 1981) Uber den großen Humanisten unserer Tage, Andrej Sacharow, ist schon so viel geschrieben worden, daß ich kaum noch etwas Neues sagen könnte. Deshalb erlaube ich mir, hier nur einige Zitate von ihm selbst und von zwei Zeitgenossen anzuführen - Zitate, wel- che die Entwicklung dieses Gelehrten als Menschen und Staats- bürger eindrucksvoll widerspiegeln. Zunächst zu ihm selbst: »Ich erinnere mich an den Sommer des Jahres 1961, in dem eine Begegnung der Atomwissenschaftler mit dem Vorsitzenden des Ministerrates Chruschtschow stattfand. Wie sich herausstellte, sollten wir uns auf eine Testserie vorbereiten, mit deren Hilfe man die neue Politik der UdSSR in der deutschen Frage (Berliner Mauer) unterstreichen wollte. Ich schrieb Nikita Sergejewitsch Chru- schtschow einen Zettel: >Die Wiederaufnahme der Tests nach einem dreijährigen Moratorium wird die Verhandlungen über Einstellung der Tests und Abrüstung untergraben und eine neue Runde des Wettrüstens herbeiführen, insbesondere auf dem Ge- biet der Interkontinentalraketen und der Raketenabwehr.« Ich ließ den Zettel durch die Reihen weitergeben. Chruschtschow steckte ihn sich in die Brusttasche und bat die Anwesenden zum Mittages- Am sen. gedeckten Tisch hielt er eine improvisierte Rede, die sich mir durch ihre Offenheit, Ausdruck nicht nur seiner persönlichen Position, einprägte. Er sagte ungefähr folgendes: Sacharow ist ein guter Wissenschaftler, aber man soll uns - den Experten dieses kniffligen Faches - die Gestaltung der Außenpolitik überlassen. Es kommt nur auf die Macht, die Desorientierung des Feindes an. Wir dürfen nicht laut sagen, daß unsere Politik von einer Position der Stärke ausgeht, aber so muß es sein. Ich wäre ein Tor und nicht Vorsitzender des Ministerrates, wenn ich auf Leute wie Sacharow hörte Und dies schreibt Chruschtschow aus demselben Anlaß in seinen später erscheinenden Erinnerungen: »Das war ein Gelehrter, welcher der Wissenschaft, den guten 4 Zum sechzigsten Geburtstag von Andrej Sacharow Ideen des Friedens und dem Gedeihen des Friedens zwischen den Menschen ergeben war der Bewahrung aller möglichen Voraus- ; setzungen für ein besseres Leben der Menschen mit dem Ziel, die Atmosphäre nicht zu vernichten, nicht einmal zu verseuchen, die Menschen nicht zu vergiften und niemals zu töten. Ich entgegnete ihm: »Genosse Sacharow, was soll ich Ihnen denn sagen? Ich habe durch meine politische und staatliche Position nicht das Recht, jetzt auf Tests zu verzichten.« Er verlangte weiterhin, daß keine Versuche durchgeführt würden. Ich wollte Sacharow gegenüber aufrichtig sein und erklärte ihm: »Ich bitte Sie, mich richtig zu . . . verstehen, aber ich kann Ihnen nicht zustimmen, weil dies bedeu- ten würde, unser Land dazu zu verurteilen, daß es schwächer bewaffnet wäre als die USA und die Bündnispartner der USA, die eine gegen unser sowjetisches Volk gerichtete Politik verfolgen. Deshalb werden wir die Testexplosionen fortsetzen.« Natürlich überzeugte ich ihn mit meinen Argumenten nicht, und er über- zeugte mich natürlich auch nicht. Wir berieten, wie es sich gehört, in der Regierung über Sacharows Bitte und entschieden, daß wir ihr nicht nachkommen konnten und die Versuche durchführen mußten. Und wir stellten Tests an und ließen eine Wasserstoff- bombe explodieren. Sie erhob uns auf eine völlig neue Stufe der Rüstung Und noch einmal Sacharow: »»Am nächsten Tag hatte ich eine Auseinandersetzung mit einem der Vertrauten Chruschtschows, aber zu diesem Zeitpunkt war der Test auf eine frühere Stunde verlegt worden, und das Träger- flugzeug brachte seine Last schon zu dem vorgesehenen Explo- sionspunkt. Das Gefühl der Ohnmacht und des Entsetzens, das mich an jenem Tag ergriff, hat sich für mein ganzes Leben in mein Gedächtnis eingegraben, und vieles hat sich in mir auf dem Weg zu meiner heutigen Weltanschauung verändert.« Damit begann der Umschwung, an den sich lange und gleichzeitig ungestüme Jahre des Kampfes, der Verfolgung, des Heldenruhms, des Friedensnobelpreises und schließlich der illegalen und verräte- rischen Verbannung nach Gorkij anschlossen. Diese Jahre charakterisierte der bedeutende polnische Philosoph Leszek Kotakowski in einem Artikel in der Zeitschrift KONTI- NENT auf umfassende Weise: Zum sechzigsten Geburtstag von Andrej Sacharow 5 »Allein die Existenz Sacharows inspiriert die Welt. Gleichzeitig zerreißen seine Worte, wie ein plötzlich hervorstechender Dorn, den Vorhang der abgedroschenen Phrasen und des Verschweigens, mit dem sich im Westen zahlreiche Zauberkünstler des öffentli- chen Lebens bedecken, die das nicht sehen wollen, von dem das Schicksal der Welt in erster Linie abhängt.« So verwandelt sich das Leben Andrej Sacharows an der Schwelle seines sechzigsten Geburtstags in einen Lebenslauf, der zum geistigen Beispiel für seine Zeitgenossen und zur gewichtigen Belehrung für kommende Generationen geworden ist. Wladimir Maximow »Andrej Sacharow«, hat einmal eine russische Bürgerrechtlerin gesagt, »gehört zu den Menschen, von denen das Evangelium sagt, sie seien >das Licht derWelt und das Salz der Erde«.« Inden überaus wechselvollen und immer dramatischeren Zeitabläufen unserer Tage bleibt dieser bedeutende russische Gelehrte ein eindrucks- voller Maßstab für Standfestigkeit und Mut. Daran hat auch die im Januar 1980 erfolgte Deportation des Frie- densnobelpreisträgers nichts zu ändern vermocht: auch aus der Verbannung erreichen uns Sacharows Aufrufe, Mahnungen und Fürsprachen für die Verfolgten, die Überlegungen des Wissen- schaftlers zu brennenden globalen Fragen unserer Zeit. Ungeachtet der ihn umgebenden Informationssperre, der immer dichter werdenden Isolation, hat sich der einst eher weltfremde, in mancherlei Illusionen befangene Kernphysiker zu einem ernstzu- nehmenden auch politischen Denker entwickelt, der das »Mach- bare« zu beachten und es zugleich den sittlichen Maßstäben zuzuordnen vermag, dessen Erklärungen und Essays Präzision und hohes Verantwortungsbewußtsein reflektieren. Nach Herkunft, beruflichem Werdegang und geistiger Haltung ist der Professorensohn aus Moskau, der mit nur 32 Jahren zum Vollmitglied der Akademie der Wissenschaften gewählt wurde - ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der russischen Akade- mie - ein typischer - in dieser Reinheit vielleicht der letzte - Vertreter der einstigen russischen Intelligenzia, die von jeher die Forderungen des Gewissens dem politisch »Zweckmäßigen«, ge- 6 Zum sechzigsten Geburtstag von Andrej Sacharow schweige denn persönlichen Nützlichkeitserwägungen vorange- stellt hat. Sacharows Werdegang vom privilegierten, mit den höchsten Staatspreisen ausgezeichneten Erbauer der russischen Wasser- stoff-Bombe zum um der Leiden seines Volkes willen Verfemten und Unterdrückten mag in der Geschichte Parallelen haben, er scheint indes nahezu einzigartig in unseren Tagen. Sacharow wird heute nicht nur von den in ihrer Zielsetzung oft recht heterogenen oppositionellen Gruppierungen innerhalb der Sowjetunion als höchste moralische Autorität anerkannt; er ver- fügt auch über eine nicht unerhebliche integrierende Kraft unter den verschiedenen »Dissidenten«bewegungen Osteuropas. Das Erbarmen mit den Verfolgten, die Ehrung des Gerechten hat in Rußland eine lange Tradition. Sacharows selbstloser Einsatz, der Verzicht auf seine einstige gesicherte Existenz im »Establish- ment«, sein bis in die 50er Jahre zurückreichender Kampf gegen Atomtests und Protektion unter Stalin schuldig gewordener Funk- tionäre, seine geduldige Sanftmut und die nie erlöschende Hingabe an die leidende Umwelt - dies alles hat ihm ungeachtet offizieller Verleumdungskampagnen nicht nur die Verehrung der Entrechte- ten, sondern die Achtung auch etablierter, bis in den Parteiapparat reichender Kreise gesichert. Und doch haben die Machthaber mit der Deportation nach Gorkij mit entwüdigender Polizeiaufsicht in alarmierender Weise eine Schwelle überschritten gegenüber einem Mann, der aufgrund sei- ner Verdienste für viele bis dahin als unantastbar gegolten hatte. So ist Sacharows Leben wenn auch latent, so doch mehr denn je zuvor bedroht, ist die Machtwillkür der Repressionsorgane ihm gegenüber um ein Vielfaches gewachsen. Und es kann zumindest vermutet werden, daß die Tatsache, daß die Verhaftungswelle in der UdSSR ein seit der Stalinzeit nicht dagewesenes Ausmaß erreicht hat, mit Sacharows Verbannung in einen direkten Zusam- menhang zu bringen ist, denn sein Wirken in Moskau hatte für manchen die drohende Gefahr gemildert. Andrej Sacharow ist nicht nur der »Stolz Rußlands«, wie ihn Alexander Solschenizyn einmal genannt hat; er ist zu einer Hoff- nung, zum Symbol der Wahrhaftigkeit und des Opfermutes für die ganze Welt geworden. Cornelia Gerstenmaier I. 7 Andrej Sacharow Wider Macht- die willkür Erklärungen und Briefe Andrej Sacharow, geb. 1921 in Moskau. Entstammt einer be- kannten Gelehrtenfamilie. Studium der Mathematik und Physik an der Universität Moskau. 1 945 Eintritt in das Lebedew- Institut für Physik an derAkademie der Wissenschaften (AdW). Entwickelte zusammen mit einem Wissenschaftlerkollektiv die sowjetische Wasserstoffbombe. Nahezu parallel zu der Kon- struktion der Bombe begannen S. und sein Lehrer, der Nobel- preisträger Igor Tamm, am Problem einerkontrollierbaren ther- monuklearen Reaktion zu arbeiten. 1950 formulierten sie die Idee dermagnetischen Thermoisolation von hochtemperiertem Plasma. Diese bahnbrechende Entdeckung wurde einige fahre späterim Westen übernommen. Sacharow hat mehrfach die höchsten zivilen Auszeichnungen der Sowjetunion verliehen be- kommen, 1 953, nur 32 fahre alt, wurde er als Vollmitglied in die AdW aufgenommen (eine Auszeichnung, die in der UdSSR nie jemandem in so jungen fahren zuteilgeworden ist). 1 958 begann er, beunruhigt durch die wachsende radioaktive Verseuchung, an die Regierung seines Landes zu appellieren, die Atomtests einzustellen, ln den folgenden fahren setzte sich S. zunehmend für atomare Abrüstung u. a. existentielle Belange ein. 1 968 ver- öffentlichte er im Samisdat bzw. im Ausland seine »Gedanken über Fortschritt, friedliche Koexistenz undgeistige Freiheit«. Dies warsein aktiver Eintritt in die Bürgerrechtsbewegung, zu- gleich bedeutete es das Ende seiner beruflichen Karriere. Seither ist S. zum bedeutendsten Wortführer derfreiheitlichen Bewe- gung der Sowjetunion geworden und damit wachsenden Repres- salien ausgesetzt. 1975 wurde ihm der Friedensnobelpreis verlie- 8 Andrej Sacharow Am hen. 22. 1. 1980 wurde S. festgenommen und nach Gorkij deportiert. Zuvor waren ihm seine Ehrentitel und Auszeichnun- gen aberkannt worden (mit Ausnahme der akademischen). Ne- ben seinen wissenschaftlichen Arbeiten ist S. Autorfolgender Bücher: »Stellungnahme« (1974), »Mein Land und die Welt« (1975), »Furcht und Hoffnung« (1980). Vgl. Sacharows letzte Artikel und eine Dokumentation im Zushg. mit seiner Verban- nungin KONTINENT 9, 11, 14, 15 u. 16. Offener Briefan den Präsidenten derAkademie der Wissenschaf- ten der UdSSR, A. P. Alexandrow Sehr geehrter Anatolij Petrowitsch! Der unmittelbare Anlaß für diesen Brief war der Inhalt Ihres Gesprächs über meinen Fall mit dem Präsidenten der New Yorker Akademie der Wissenschaften, Doktor Leibowitz. Das Gespräch J. am fand 15. April statt, seine Aufzeichnung ist mir aber erst jetzt zugänglich geworden. Unabhängig davon halte ich es für wichtig, meine Position zu prinzipiellen Fragen darzulegen, das Vorgehen der Machtorgane in meinem Fall zu beurteilen, auf einige öffentli- che Beschuldigungen zu antworten sowie die von meinen Kolle- gen in der UdSSR, besonders von der Akademie der Wissenschaf- ten und ihrer Führung eingenommene Position zu bewerten. In meinem Leben hat es sich so ergeben, daß ich zwei Jahrzehnte lang zu denjenigen gehörte, die sich mit Kriegswissenschaft und Rüstungstechnik beschäftigen und ich selbst aktiv daran teilnahm und danach mehr als zwanzig Jahre unter Menschen verbracht habe, die sich den gewaltlosen Kampf um die Einhaltung der Menschenrechte und die Gesetzlichkeit zum Ziel gesetzt haben. Dieses Schicksal zwang mich, die Fragen von Krieg und Frieden, von internationaler Sicherheit, internationalem Vertrauen und internationaler Abrüstung sowie die Fragen der Menschenrechte und der Offenheit der Gesellschaft mit besonderer Intensität wahrzunehmen und angestrengt über diese Probleme in ihren Wechselbeziehungen nachzudenken. So hat sich meine heutige Haltung herausgebildet. In vielem erwies sie sich als unorthodox der offiziellen Linie und meinem eigenen Urteil früherer Jahre zuwiderlaufend. Das hat schließlich mein Leben, meine Ziele und Ideale vollkommen verändert.

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