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Konservative Therapie in Schwangerschaft Geburt und Wochenbett PDF

447 Pages·1939·16.997 MB·German
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KONSERVATIVE THERAPIE IN SCHWANGERSCHAFT GEBURT UND WOCHENBETT VON PROF. DR. HEINRICH KAHR WIEN WIEN VERLAG VON JULIUS SPRINGER 1939 ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER t)BERSETZUNG IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN COPYRIGHT 1939 BY JULIUS SPRINGER IN VIENNA REPRINT OFTHE ORIGINAL EDITION 1989 ISBN-13: 978-3-7091-9667-0 e-ISBN-13: 978-3-7091-9914-5 DOl: 10.1007/978-3-7091-9914-5 Vorwort. Dieses Buch ist gleichsam als das geburtshilfliche Spiegelbild zu der im gleichen Verlage in zwei Auflagen erschienenen "Konservativen Therapie der Frauenkrankheiten" des Verfassers gedacht. Die ¥or arbeiten hierzu reichen auf JahrezurUck. In diesem Buch sind vor nehmlich die vieljahrigen, an einem grofien geburtshilflichen Kranken gute gewonnenen eigenen Erfahrungen niedergelegt, -aber auch die anderer haben iiberall die entsprechende Wiirdigung erfahren. Eine Zeit, die die Frau wieder ganz in den naturgegebenen Kreis, die Mutterschaft, stellt, verlangt hinsichtlich der Betreuung der Schwan geren eine besondere Hingabe. Die Erkenntnis, dafi gerade in der Schwangerschaft viel Dbel und Ungliick durch eine gesundheits gemafie, den Eigentiimlichkeiten dieses Zustandes angepallte Lebens weise verhiitet werden kann, macht eine ausfUhrliche Darstellung der Hygiene und Diatetik der Schwangerschaft zum obersten Grundsatz. Dasselbe gilt von der Hygiene des normal en W ochenbettes, aus dem die junge Mutter gesund und fUr ein erweitertes Aufgabenfeld bereit hervorgehen mull. Dber die vielen grofieren und kleineren Komplika tionen, die eine Schwangere und Kreifiende treffen konnen, ist alles Wesentliche angefUhrt. Was der Verfasser in eigener verantwort licher Behandlung und ganz besonders in vielen gemeinsamen Be ratungen mit den Vertretern der verschiedensten Sonderfacher am Bette kranker Schwangerer in dieser Hinsicht erfahren und fUr gut und schlecht gefunden hat, findet in der Darstellung der Behandlung dieser Komplikationen seinen gebiihrenden Niederschlag. In der Therapie der rein geburtshilflichen Regelwidrigkeiten ist entsprechend den seit Generationen bewahrten Anschauungen der Wiener Schulen auf die iiberr8Jgende Bedeutung der natiirlichen Ge burtskrafte, aber auch auf deren Grenzen mit Nachdruck hingewiesen. Das Buch wendet sich nur an Arzte, die bereits eine praktische Ausbildung an geburtshilflichen Anstalten genossen haben. Daher ware es iiberfliissig gewesen, eine eigene Operationslehre einzufUgen, um so miilliger, als unsere jedem Arzt unentbehrlichen modernen Lehrbiicher des Faches vollstandige und uniibertrefflich illustrierte Operationslehren enthalten, ganz zu schweigen von den in neuerer und neuester Zeit erschienenen hervoragenden Sonder werken. IV Vorwort. Dagegen wurden hygienische und diatetische Mafinahmen ebenso wie die medikamentose Behandlung ausfiihrlich erortert und auch der Rezeptur - einem Stiefkind der A.rzte - ihr wohlgemessener Teil zugewiesen. Bei der Fiille der therapeutischen Moglichkeiten, die heutzutage dem praktischen Arzt und dem Geburtshelfer zu Gebote stehen, ist auch dem vielbeschaftigten Facharzt so manche Verschreibung und dieses oder jenes Heilverfahren nicht in allen Einzelheiten gegen wartig. Vielleicht, dafi auch Facbarzte gerade in dieser Hinsicht das Buch gebrauchen konnen, zumal ein ausfiihrliches Sach- und Medi kamentenverzeichnis das Nachschlagen erleichtert. Der Verfasser. Wien, im Juni 1939. Inhaltsverzeichnis. Seite Xrztliche Beratung der gesunden Schwangeren (Schwangerschafts- hygiene) . ..................... ...... ... . ....... ... .... .......... 1 Einleitung ........................................................ 1 Erniihrung und Genuilmittel ...................................... 6 Bekleidung ..•................................................... 17 Korperliche Betiitigung .......................................... 20 Hygiene der Haut, der Geschlechtsteile und der Brust ............ 31 Hygiene des Geschlechtsverkehrs .................................. 36 Stuhl- und Harnentleerung ........................................ 38 Schluilbemerkungen .............................................. 41 Behandlung der Schwangerschaftstoxikosen .......................... 44 Emesis und Hyperemesis gravidarum .............................. 44 Ptyalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Der odemnephrotische und eklamptische Symptomenkomplex ...... 57 Hydrops ...................................................... 58 Nephropathie .................................................. 60 Eklampsie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Chorea gravidarum .............................................. 79 Schwangerschaftsdermatosen ...................................... 82 Behandlung allergischer Zustande .................................... 86 Asthma bronchiale ................................................ 86 Colitis mucosa ...................................................• 87 Uehandlung der Storungen der inneren Sekretion .................... 87 Krankheitender Schilddriise ...................................... 87 Kropf ........................................................ 87 Morbus Basedow .............................................. 91 Myxodem und Kretinismus .................................... 94 Diabetes ..........................•............................... 94 Diabetes mellitus .............................................. 94 Diabetes insipidus ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Tetania gravidarum .............................................. 99 Morbus Addison .................................................. 102 Fettsucht .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 103 Behandlung der Avitaminosen ........................................ 105 Zahncaries . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 105 Osteomalacie ........... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 106 Hemeralopie ...•.................................................. 109 Behandlung der Blutkrankheiten .................................... 109 VI Inhaltsverzeichnis. Selte Behandlung der Infektionskrankheiten .............................. 114 1. Die wichtigsten akuten Infektionen ............................ 114 Masern ........................................................ 115 Scharlach ...................................................... 116 Variola ........................................................ 117 Typhus ........................................................ 118 Cholera ........................................................ 119 Diphtherie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 119 Angina ........................................................ 120 Influenza und Grippe .......................................... 120 Croupose Pneumonie .......................................... 122 Malaria ........................................................ 123 Erysipel ...................................................... 123 2. Die chronischen Infektionen .................................... 123 Tuberkulose der Lungen, des Kehlkopfes und der Knochen ...... 123 Lues .......................................................... 127 Behandlung der Herzkrankheiten .................................... 132 Herzfehler ........................................................ 132 Cor kyphoscolioticum ............................................ 141 Behandlung der Magen- und Darmkrankheiten ........................ 14-1 Ulcus ventriculi et duodeni ...................................... 141 Carcinoma ventriculi .............................................. 145 Appendicitis ...................................................... 145 Enteritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 148 Krankheiten der Gallenwege ...................................... 149 Toxischer Icterus, akute gillbe Leberatrophie ...................... 152 Behandlung chirurgischer Krankheiten .............................. 153 Bosartige extragenitale Geschwiilste .............................. 153 Gutartige extragenitale Geschwiilste .............................. 157 Ileus ............................................................ 157 Hernien .......................................................... 160 Knochenbriiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 161 Andere ohirurgische Krankheiten .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 163 Varicen und ihre Komplikationen ................................ 163 Thrombophlebitis .............................................. 164 Varicose Blutungen ............................................ 166 Hamorrhoiden .................................................... 167 Behandlung der Krankheiten des uropoetischen Systems .............. 169 Nephritis ........................................................ 169 Nierenverlagerung, Einnierigkeit ................................ 173 Nierentuberkulose ................................................ 174 Pyelitis gravidarum .............................................. 175 Zystitis .......................................................... 180 Fisteln und Verletzungen der Harnorgane ........................ 182 Behandlung der wichtigsten Geistes- und Nervenkrankheiten .......... 183 Geisteskrankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 183 Hirn- und Riickenmarkskrankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 185 Krankheiten der peripheren Nerven .............................. 189 Anhang. Augen- und Ohrenkrankheiten ............................ 191 Augenkrankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 191 Ohrenkrankheiten .............................................. 193 Inhaltsverzeichnis. VII Belte Behandlung der gyniikologischen Krankheiten ........................ 194 Myom ............................................................ 194 Collumcarcinom .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 196 Ei'erstockgeschwiilste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 198 Entzundliche, nicht gonorrhoische Krankheiten der unteren Ge- schlechtswege (auEere Scham, Scheide, Cervix) ................ 200 Gonorrhoe ........................................................ 204 Entzundung der Adnexa .......................................... 210 Lageveranderungen .............................................. 211 Retroflexio uteri gravidi ...................................... 211 Scheiden- und Gebarmuttervorfall .............................. 214 Schwangerschaft im interponierten Uterus ...................... 215 UterusmiEbildungen .............................................. 216 Behandlung der Storungen der Eientwicklung ........................ 217 Abortus .......................................................... 217 Abortus habitualis ................................................ 22·1 Blasenmole, Chorioepitheliom ........ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 227 Fruhgeburt ....... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 229 Dbertragung ...................................................... 230 Extrauteringraviditat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 236 Intrauteriner Fruchttod .......................................... 238 iMehrlingsschwangerschait und -geburt ............................ 239 Bemerkungen zur Leitung der normal en Geburt ...................... 243 Eroffnungs- und Austreibungsperiod-e ............................ 244 Nachgeburtsperiode .............................................. 259 Behandlung der Asphyxie ........................................ 261 Behandlung der Regelwidrigkeiten der Fruchtwassermenge und des Blasensprunges .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 264; Hydramnion ...................................................... 264 Anhydramnion .................................................... 265 Regelwidriger Blasensprung ...................................... 265 Behandlung der Storungen der WehentiUigkeit ...................... 268 Wehenschwache .................................................. 268 Kram'pfwehen ................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 275 Zu starke Wehen ................................................ 276 Behandlung der Weichteilschwierigkeiten unter der Geburt (l\lutter- mund, Scheide, Hymen) ............................................ 277 Behandlung alter und jugendlicher Erstgebiirender .................... 280 Alte Erstgebarende .............................................. 280 Jugendliche Erstgebarende ........................................ 284 Behandlung der Geburtsstorungen durch Anomalien des Beckens ...... 285 Vorbemerkungen .................................................. 285 Die gerade verengten Becken .................................... 291 Die querverengten Becken ........................................ 296 Die schrag verengten Becken ...................................... 297 UnregelmaEig verengte Becken .................................. 298 Anhang, Hydrocephalus. Symphysenruptur ........................ 298 Bemerkungen zur Behandlung der regelwidrigen HaUung und Lage der Frucht .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 300 Abnorm rotierte Hinterhauptslage ................................ 300 VIn Inhaltsverzeichnis. Selte Tiefer Querstand .................................................. 300 Deflexionshaltungen .............................................. 300 Hoher Gradstand ........................................ :....... 304 Quer- und Schraglagen ..................................... '. . . . . .. 304 Beckenendlagen .................................................. 308 Fieber unter der Geburt ............................................ 313 Geburtsstiirungen durch Vorfall der Extremitliten .................... 314 VorHegen und Vorfall der Extremitaten bei Kopflage .............. 314 Anomalien im Bau der Nabelschnur .................................. 315 Umschlingung, abnorme Lange, Klirze, wahrer Knoten ............ 315 Insertio velamentosa .............................................. 316 Behandlung der Vorlagerung und des Vorfalles der Nabelschnur ...... 317 Behandlung der pathologischen Geburtsblutungen .................... 318 Placenta praevia .................................................. 318 Vorzeitige Losung der normal sitzenden Plazenta .................. 325 Uterusruptur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 327 Hehandlung der Nachgeburtsblutungen ................................ 332 Blutung vor Abgang der Plazenta ................................ 333 Blutung nach Abgang der Plazenta ................................ 336 Ein- und Umstlilpung der Gebarmutter ............................ 341 Rillblutungen ..................................... : .............. 342 Cervix-, Clitoris-, Scheidenrisse ................................ 342 Dammrisse .................................................... 341 Hamatoma vulvae .............................................. 345 Mallnahmen gegen die allgemeine Anamie und den Geburtsschock .. 345 Hygiene und Dilitetik des normal en Wochenbettes .................... 3'46 Das Frlihwochenbett .............................................. 347 Allgemeine Hygiene .......................................... 347 Hygiene der Blase, des Darmes, der Bauch- und Beckenboden- muskulatur ................................................ 352 Ernahrung und Genullmittel .................................. 362 Hygiene der Brust und des Stillens ............................ 365 Das Spatwochenbett .............................................. 373 Behandlung des pathologischen Wochenbettes ........................ 379 Das Puerperalfieber .............................................. 379 Vorbemerkungen .............................................. 379 Die Therapie der puerperalen Wundintoxikation .................. 382 Die Therapie der puerperalen Wundinfektion ...................... 386 Medikamentose Therapie ............ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 388 Allgemeinbehandlung .......................................... 396 Zur medikamentosen und chirurgischen Behandlung der ver- schiedenen Formen des Puerperalprozesses .................. 399 Spatblutungen im Wochenbett .................................... 413 Anderweitige Komplikationen im Wochenbett ...................... 414 Behandlung der Mastitis puerperalis .............................. 415 Sachverzeichnis 421 Medikam<entenverzeichnis .. , ................................. 431 Arztliche Beratung der gesunden Schwangeren (Schwangerschaftshygiene). Einleitung. Schwangere Frauen, gar Erstgeschwangerte, die beschwerdelos und ohne jegliches BedUrfnis nach arztlichem Rat die lange Zeit der Schwangerschaft durchstehen, gibt es nur ganz wenige, obwohl die Schwangerschaft ein natUrlicher Vorgang ist. Es ist Uberhaupt notwendig, daE auch die gesunde Schwangere sachgemaE beraten wird, damit dieser Zustand, der so oft an der Grenze des gerade noch Physiologischen steht, nicht ins Krankhafte hinubergleite. Der arztliche Berater der Schwangeren muE es verstehen, die Sonder kenntnisse von der Physiologie und Pathologie der Schwanger schaft in leicht faE1iche und vor allem erfUllbare Regeln umzu setzen, die es ermoglichen, Mutter und Kind vor leichteren oder gar schwereren Schaden zu bewahren. Dazu bedarf es einer einfUhlen den Anpassung des Arztes nicht nur an die korperlichen Gegeben heiten des Einzelfalles, sondern auch an die gesamten auEeren Lebensbedingungen der Ratsuchenden. In diese Aufgabe teilen sich Hausarzt und Facharzt und ganz besonders die Arzte der Schwan gerenfiirsorge, einer Art der arztlichen Betreuung, die heute aus unseren Wohlfahrtseinrichtungen uberhaupt nicht mehr wegzu denken ist. Rat und Hilfe braucht die schwangere Frau am haufigsten in den erst en 3 und nachstdem in den letzten 3 Monaten der Schwanger schaft. Am wenigsten beansprucht sie den Arzt zwischen dem 4. und 7. Monat, einer Zeit, in der die meisten Frauen verhaltnismafiig die geringsten Beschwerden haben, oftmals geradezu aufbluhen und das Bild bester Lebenskraft zeigen. In den erste n Monaten der Schwangerschaft ist es einmal der begreifliche Wunsch nach GewiEheit, ob eine Schwangerschaft be steht oder nicht, der die Frau, besonders die sich zum erstenmal schwanger fiihlende, zum Arzte fiihrt. Die Untersuchung gibt bei Bestehen einer Schwangerschaft die willkommene Gelegenheit, durch die weiter unten ausfUhrlich zu besprechenden VerhaltungsmaJl regeln fUr das ersteDrittel der Zeit den MogIichkeiten und Gefahren einer Fehlgeburt weitgehend vorzubeugen und durch Blutunter- Rahr, GebUIiahllfliche Therapie. 1 2 Schwangerschaftshygiene. f,uchung ehestens eine etwa bestehende Lues der Mutter zu er fassen und durch sofortige Einleitung der Behandlung deren etwaige Folgen flir die Frucht moglichst auszuschalten (s. S.127). In dieser Zeit farbt auch das junge wachsende Ei durch seinen Stoffwechsel auf das Allgemeinbefinden der Schwangeren vielfach ab, und das bekannte morgendliche Unwohlsein, das sich bis zum Erbrechen steigern kann, die seltsamen Gelliste und Appetitstorun gen, Speichelflufi und Harndrang, unnatlirliche Geruchsempfindun gen, wechselnde seelische Stimmungslagen u. a. bilden den Inhalt so mancher dem Arzte vorgebrachter Klagen. Sie auf ihr richtiges Mafi zurlickzuftihren und sie durch wirksame Ratschlage und Mafi nahmen in aufrichtiger und geduldiger Bemlihung, nicht zuletzt mit Einftihlung in den geanderten Seelenzustand der Frau, zu beseiti gen, ist eine dank bare Aufgabe. Sie erflillt vielfach am beste n der mit der Familie und deren Lebensumstanden vertraute Hausarzt. Das am wenigsten Beschwerden verursachende zweite Drittel der Schwangerschaft vermittelt zunachst der Frau durch die Wahr nehmung der erste n Kindesbewegungen das seelisch so tief ein greifende Bewufitsein des zweiten Lebens im eigenen Korper. Dieses aber erzeugt, selbst nach anfanglichem inneren Protest gegen die Schwangerschaft, jenes Gllicksgeftihl, das auch kommende Beschwer den und etwaige Besorgnisse vor der Geburt in den Hintergrund treten lafit. 1m letzten Drittel der Schwangerschaft sind es neben den in der Pathologie der Graviditat ausflihrlicher zu erorternden toxischen Beschwerden rein mechanische, die auch die gesunde Schwangere das Ende der Zeit herbeisehnen lassen, die Grofienzunahme des Uterus mit seinem Druck auf Gefafie, Nerven und Hohlorgane des Beckens, die Einschrankung der Beweglichkeit, das Geflihl der Spannung der Bauchdecken, der Druck auf den Magen, die Er schwerung des Gehens, Unbeholfenheit beim Arbeiten und die vor zeitige Ermlidung bei den verschiedensten Verrichtungen des All tags. Das sind Zustande, die vielfach von der Frau krankhaft ge deutet werden. Sie erfordern durch Befragung und genaue Unter suchung die Klarung im Sinne physiologischer Zustande oder be reits krankhafter Befunde. In allen Zeitabschnitten der Schwanger schaft, ganz besonders aber im letzten Drittel, ist so manchen Frauen oft eine gewisse Besorgnis vor den zu erwartenden Geburtsvorgan gen auch bei vollig normalen Verhaltnissen um so weniger auszu reden, als eine unvernlinftige Umgebung das Gemlit der Schwan geren durch Berichte liber schwere Geburten und libIe Zufiille be unruhigt. Hierin auf Grund eines richtigen Untersuchungsbefundes 'Vl andel zu schaffen, ist dringendst geboten und vermag schwere, unbegrlindete Depressionen schlagartig zu beseitigen. Wer glaubt. seiner sich ihm anvertrauenden Schwangeren ein volkstlimliches Btichlein tiber Schwangerschaft, Geburt und W ochenbett anempfehlen zu sollen, mufi die Frau grtindlich kennen. Die besten Bticher kon-

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