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Knaurs Buch der sieben Meere PDF

507 Pages·1958·244.718 MB·German
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MÜNCHEN • ZÜRICH Aus dem Englischen übertragen und bearbeitet von Fritz Bolle Umschlag- und Einbandgestaltung von Horst Hennig (g) 1957 by Julian Messner, Inc., New York * Deutsche Ausgabe © 1958 by Droemersche Verlagsanstalt Ih. Knaur Nachf. München/Zürich • Titel der Originalausgabe Peter Freuchens Book of the seVen Seas * Satz und Druck Süddeutsche Verlagsanstalt und Druckerei GmbH. Ludwigsburg • Aufbindung Großbudibinderei Sigloch Stuttgart/Künzelsau Printed in Germany • 1 • 25 • 58 INHALT Vorwort Das Bild der Meere Geburt des Ozeans..............................................................11 Wechsel im Bild der Meere................................................15 Sieben Meere.......................................................................23 Blick in die Zukunft........................................... 30 Das Leben in den Sieben Meeren Genesis...................................... 39 Bevölkerungsprobleme . . . 50 Fressen und Gef ressen wer den . 54 Schönheiten und Scheusale . . 60 Liebeswerben und Kindersorgen 66 Instinkt und Intellekt . . . . 70 Die nie ruhende See Gezeiten............................................................................77 Winde.................................................................................83 Strömungen.......................................................................91 Wellen...............................................................................101 Die SMffe der Sieben Meere Die Anfänge.....................................................................113 Kultur und Schiffahrt.......................................................121 Menschenkraft.................................................................127 Windjammer.....................................................................136 Dampfkraft.....................................................................155 Das Motorschiff.................................................................166 Unterseeboote.................................................................173 Die großen Reisen Kon-Tiki............................................................................189 Hanno und der Götter wagen...........................................199 Die ersten Weißen in Amerika...........................................203 Kurs West!........................................................................207 Rund um die W elt.........................................................222 Nordostpassage..............................................................240 Alles für die Wissenschaft................................................248 Zum Nordpol...................................................................258 Zum Südpol...................................................................269 Das große Unbekannte....................................................275 Die großen Seeschlachten Salamis............................................................................287 Svoldr............................................................................291 Lepanto............................................................................297 Der Untergang der Armada...........................................307 Trafalgar........................................................................316 Merrimac und Monitor....................................................325 Seekrieg in unserer Zeit....................................................331 Seeraub und Kaperkrieg................................................337 Neptuns Schatzkammern Nahrung aus dem Meer . . . 359 Rohstoffe aus dem Meer . . . 364 Walfang und Robbenschlag . . 370 Perlen, Sdiwämme und Korallen 389 Versunkene Schätze . . . . 398 Schwarzes Elfenbein . . . . 408 Der größte Schatz: Seehandel . 419 Die Inseln der Sieben Meere Romantische Inseln . . . . 432 Unwirtliche Inseln . . . . 441 Einsame Inseln........................ 447 Das Recht auf See.................................. 457 Seltsame Geschichten Seemannsgarn und Wassergeister . 469 Seeschlangen und Meeresungeheuer 477 Geheimnis und Abenteuer . . . 489 Register 503 VORWORT DIE SIEBEN MEERE - was das bedeutet, das habe ich wirklich erst in Grönland gelernt, obwohl ich in einem kleinen dänischen Hafenort, in Nykoebing Falster, ge­ boren und aufgewachsen bin und obwohl idi Schiffe, Fahrensleute und Seegeschichten seit frühester Jugend kenne. Damals aber, als ich für Jahre, für viele Jahre auf Thule saß, in den langen, dunklen Nächten des arktischen Winters, damals habe ich den Ozean erst für mich selbst entdeckt. Wenig genug war es, was man dort vom Ozean sah. Den ganzen Winter hindurch erstreckte sich das Eis Meile um Meile vor uns, festes, hartes Eis. Und wenn dann mit Beginn des Polarfrühlings die Sonne über den Horizont stieg, hatten wir einen weiten Blick über die Eiswüste. Doch noch dauerte es Monate, bis das Eis aufbrach. Fast eine Qual war es dann, von der Küste aus Zusehen zu müssen, wie Eisberg um Eisberg in endloser Prozession südwärts dahintrieb. Wenn man, wie es mir dort oben ergangen ist, für Monate mit sich allein ist, dann läßt man seiner Phantasie nur zu gern freien Lauf. Und so folgten meine Gedanken diesen Eisriesen, die von den Gletschern abgebrochen waren, auf ihrem Schicksalsweg übers Meer. Ich sah sie im Geist, wie sie majestätisch gen Süden segelten, auf Neufundland zu, und ich wußte, daß ihr Weg sie dann ostwärts führen würde, hin ins Gebiet des warmen Golfstroms. Dort würden sie sterben, schnell und gewiß, denn der Golfstrom läßt auch einen großen Eisberg innerhalb von vierundzwanzig Stunden dahinschwinden. Aber meine Gedanken wanderten weiter: Woher kommt der Golfstrom? Warum und wie kommt es, daß er gerade dort ist? Und mit den Segeln meiner Phantasie folgte ich dem Lauf der mächtigen Strömung dorthin, wo sie ihren Ursprung nimmt, in den Golf von Mexiko. Der Golfstrom brachte mich auf die anderen großen Meeres­ strömungen und weiter auf die Windsysteme und die Gezeiten, die eine so große Rolle in den rätselvollen Bewegungen des Meeres spielen. Warum, so fragte ich mich, weht der Wind an dieser Stelle so stetig, an anderer völlig unberechenbar, und warum tut er es an einem dritten Ort wieder nicht? Warum ist die Flutwelle an einer Küste haus­ hoch, warum an einer anderen der Tidenhub nur so gering? Warum wechselt das Spiel von Ebbe und Flut fast überall auf der Welt zweimal täglich, hier und da aber nur einmal? Und dann stand ich schließlich vor der Frage: Wo ist denn all dieses Wasser überhaupt einmal hergekommen? Schritt für Schritt dämmerte mir so die Erkenntnis, daß all und jedes, was in diesem unermeßlich ausgedehnten, 71 Prozent der Erdoberfläche bedeckenden Gebilde von Salzwasser vor sich geht, in gesetzmäßigem Zusammenhang mit all und jedem steht. Es ist in der Tat so: Das winzige Wellengekräusel, das entsteht, wenn ein Kind einen Stein ins Wasser wirft, könnte man in seinem Dahinlaufen über alle Sieben Meere verfolgen, wenn man nur genügend feine Instrumente hätte. Und ein einziges großes Ganzes ist es, was all die an Wundern so reichen Erscheinungen des Ozeans umfaßt - seine Stürme und Windstillen, seine Abgründe und Untiefen, die Tiere und Pflanzen, die in seinen Fluten leben, die Vogel, die über ihn dahinfliegen, seine Inseln, Vulkane und Felshöhlen, ja auch den Menschen und die Schiffe. Seit jenen langen, dunklen, einsamen Wintern in Thule habe ich nicht mehr auf­ gehört, mich mit den Sieben Meeren zu beschäftigen, mich über all ihre Vielgestalt zu wundern, und habe immer mehr und mehr gelernt über die Sieben Meere. Warum überhaupt ,Sieben‘? - das war eine der ersten Fragen, die ich mir stellte. Denn was auf den Karten ,Meer‘ genannt wurde, das waren doch mindestens sieben mal sieben? Und so ging es weiter: Mit jeder Antwort, die ich fand, tauchten zwei neue Fragen auf - kein Wunder, denn die Majestät und das Mysterium des Meeres sind unausschöpf- bar. Grenzenlos in ihrer Ausdehnung, unwiderstehlich in ihrer Kraft, haben die Sieben Meere den Menschen aller Zeiten und Volker zutiefst beeindruckt, haben Scheu, aber­ gläubische Verehrung, Furcht in ihm geweckt. Denn der Mensch fühlt sich schwach und winzig klein angesichts der Macht des Ozeans. Niemand vermag den Gezeiten Halt zu gebieten, niemand die Strömungen umzulenken, niemand den Wellen andere Wege zu weisen. Und doch hat der Mensch seit eh und je auch den Trieb gespürt, seine Kräfte mit denen des Meeres zu messen, seine Weiten zu erforschen und zu erobern, es für seine eigenen Zwecke zu nutzen und ihm seine Schätze zu entreißen. Die Völker der Frühzeit und die Naturvölker brachten dem Meer eine aus Furcht vor dem Unheimlichen geborene Verehrung entgegen, die zugleich Dank war für das, was die Fluten an Nutzbarem auf den Strand spülten. Wir Menschen von heute wissen viel mehr von dem, was der Ozean wirklich ist und kann - aber auch wir stehen noch in stummer Selbstbescheidung am Strand, wenn das Wüten des Meeres die Wogen herandonnern läßt, und werden uns unserer Nichtigkeit angesichts dieser Größe bewußt. Wenn der Sturm durch die Bäume rauscht und mit den Fensterläden klappert, wenn er den Schnee hoch aufweht vor dem Haus, wenn das Wetter tobt, daß man keinen Schritt vor die Tür machen mag, dann sitzen die Landratten wohl gern behaglich in ihrer warmen Stube und erzählen sich, wie sehr sie doch mitfühlen mit den armen Seeleuten in dieser entsetzlichen Nacht. Aber in ihren Gedanken schwingt wohl auch ein wenig Sehnsucht und vielleicht sogar etwas Neid mit auf die Männer, die da der Kälte und dem Sturm auf dem ruhelosen Wasser trotzen. Und dann begegnet man eines schönen Tages einem aus der Ferne kommenden Matrosen, oder man sieht ein großes Schiff hinausfahren, man blickt wohl auch gedankenvoll auf eine exotische Frucht, die auf einem Weg um die halbe Erde zu uns gekommen ist, oder man hebt am Strand ein sonderbar geformtes Stück Treibholz auf - und in diesem Augenblick ist man fast eifersüchtig auf die Männer, die alle Sieben Meere befahren und alle Wunder der Tiefe kennenlernen. Und es sei gleich hier gesagt: Diese Wunder ver­ lieren auch vor dem unglaubhaftesten Seemannsgarn nichts von ihrer Herrlichkeit. Das, was die Männer der See uns zu berichten haben, ist der Stoff, aus dem wir unsere Träume weben. Und selbst wenn wir die nach Salzwasser schmeckenden Ge­ schichten auch nicht eine Minute lang glauben, so erleben wir sie doch in den geheim­ sten Tiefen unseres Ichs. Denn wir alle sind Helden, wenn wir träumen. Wir liegen mit unserem Traumsdiiff endlos im Bereidi der heißen, toten Kalmen, und alles an Bord ist verzweifelt, nur wir nicht. Wir bestehen die wütendsten Orkane, wir besiegen die ta.pfersten Gegner, wir vernichten die blutdürstigsten Piraten, wir bringen die fabelhaftesten Schätze von den herrlichsten Weltreisen heim, wir kämpfen mit See­ ungeheuern, tauchen nadi versunkenen Goldschiffen, erleben das Seltsamste. Dann aber kommt schließlich das Wissen, und die Wissenschaft überwindet das Träumen - aber das, was sie uns bietet, sind größere Wunder als die unserer Träume. Dieses Buch hier ist das Ergebnis meiner Phantasie und meiner Wißbegier. Ich habe mich bemüht, beides zu geben: die Wissenschaft und die Träume - die Fakten ebenso wie die Fabeln, die zusammen erst den ganzen, nie endenden Zauber der Sieben Meere ausmachen. Noank, Connecticut, 30. August 1957 m m m m m rk : ' ■’V ’ ■ ■■--■■'■ 1 ' '’’■. Das Bild der Meere GEBURT DES OZEANS Die Alten haben in ihren Sdiöpfungsgeschichten, Mythen und Sagen immer wieder davon erzählt, wie das Meer entstanden sei. «Im Anfang, als Gott den Himmel und die Erde schuf, war die Erde eine Wüstenei und Öde, und Finsternis lag über der weiten Flut, und der Geist Gottes schwebte über der Wasserfläche» - so beginnt das Alte Testament (in der Übersetzung von Hermann Menge). Das Urmeer ist von Anfang an da, und erst am dritten Schöpfungstag «sprach Gott: ,Es sammle sich das Wasser unterhalb des Himmels an einem besonderen Ort, damit das Trockene sichtbar wird!* Und es geschah so. Und Gott nannte das Trockene ,Erde*, dem Wasser aber, das sich gesammelt hatte, gab er den Namen ,Meer‘. Und Gott sah, daß es gut war». Für die alten Griechen war die Welt eine flache Scheibe, umflossen vom Ur- und Weltenstrom Okeanos. So weit erstreckte sich das Wasser, daß kein Mensch sich seine Ausdehnung vorzustellen vermochte. Okeanos galt als einer der zwölf gewaltigen Titanen der Urzeit; er und seine Gattin Tethys sind die Eltern allen fließenden Wassers, der Quellen und Bäche, Flüsse und Ströme. So besingt ihn Hesiod; für Homer aber ist Okeanos der Ursprung aller Dinge überhaupt, auch der Götter und Menschen. Vielleicht verdanken die Griechen ihr Weltbild vom weltumspannenden Meer älteren babylonischen Denkern, die sich das Universum vorstellten als ein Urmeer, aus dem eine einzige runde Insel sich erhebt - die bewohnte Erde. Übernatürlichen, wunderbar göttlichen Ursprungs ist das Meer für alle Weltdeutun­ gen des Altertums und der Naturvölker. Das Bild aber, das die Wissenschaft: unserer Zeit vom Werden der Meere entwirft, ist nicht minder wunderbar. Vor Jahrmilliarden, vor rund fünftausend Millionen von Jahren, war das Weltall jWÜst und leer*. Urwolken von Gas und Staub - das war alles. Doch dann, so stellt es eine geistreiche Hypothese dar, ließen Anziehungskräfte die Gaswolken sich ver­ dichten und wirbelnd rotieren. Je dichter die Wolke wird, desto höher steigt die Temperatur, bis die einstige Wölke glühend aufstrahlt und ein Stern geboren ist. Auch unser Sonnensystem war eine solche Gaswolke, dann eine riesige, glühend sich drehende Scheibe, in der sich durch Wirbelkräfte gleichsam Knoten bildeten und zu immer größeren Zusammenballungen vereinten. Aus der größten entstand im Lauf der Jahr­ millionen die Sonne, aus den kleineren wurden die um das junge Zentralgestirn krei­ senden Planeten, unter ihnen die Erde. Nun schwang sie sich, ein heißer Sternenzwerg, in weiter Bahn um die Sonne. Jahrmillionen vergingen. Über dem Ball aus schmelzflüssiger Materie lagerten un­ durchdringlich dichte Gaswolken. Aber kein Regen fiel aus diesem die Erde einhüllen- den Schleier - ncxh war sie zu heiß.

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