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Klinische Erfahrungen über ein schnell wirkendes, steuerbares Kreislaufmittel (Novadral) PDF

17 Pages·1957·0.967 MB·German
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ISBN 978-3-662-23443-3 ISBN 978-3-662-25497-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-25497-4 Der Besitz eines zuverlässigen Kreislaufmittels ist für den Chirurgen von besonderer Bedeutung. Die Art der Behandlung chirurgischer Krankheiten und Leiden bringt es mit sich, daß erhebliche Kreislaufbelastungen vorkommen, wenn nicht gar, wie häufig bei schweren Verletzungen und Perforationen, der Kollaps schon vor der erforderlichen Operation erfolgt ist. Diese Versagenszustände treffen fast ausschließlich die Kreislaufperipherie, es sei jedoch betont, daß der Intaktheit des Herzmuskels und seiner Schonung große Bedeutung zukommt und daß man durch gute Kennt nis der Kreislaufmittel und ihre zweckmäßige Anwen dung auch ein geschwächtes Herz vor der Dekompen sation bewahren kann. Daher soll unseren klinischen Beobachtungen ein kurzer Überblick über die derzeitige Kreislauftherapie und die speziellen Arzneimittel wirkungen vorausgeschickt werden. Der am längsten bekannte, körpereigene Kreislauf wirkstoff ist das Adrenalin. Seine leichte Zerstörbar keit innerhalb und außerhalb des Körpers ist bekannt. Es sind daher im Laufe der Zeit von der Industrie Prä parate entwickelt worden, die im Wirkungscharakter gleichartig, im Wirkungsgrad zwar weit schwächer, dafür chemisch aber stabil sind. Diese lassen sich auch peroral anwenden und sind parenteral länger wirksam als Adrenalin. Hinsichtlich des Wirkungscharakters ist wesentlich, daß alle Mittel dieser Gruppe Belastungs bzw. Notfall-Regulantien darstellen und deshalb Herz frequenz und -zeitvolumen vergrößerr~ und so eine Drucksteigerung im Gefäßsystem erzielen. Dieser Re gulationsvorgang wird ergänzt durch die Ausschüttung der Blutdepots, Steigerung von Stoffwechsel und Blut- - 3 - zuckerspiegel sowie Hemmung von Darm und Uterus. Die Adrenalingruppe ist also rein ergotrop ausgerichtet. Das Ephedrin steht dem Adrenalin nahe, ist stabil, wirkt länger, verliert jedoch bei wiederholtem Ge brauch an Wirkungskraft, was als Tachyphylaxie be zeichnet wird. Mitunter werden, zumal wenn zentral erregende Wirkungen erwünscht sind, auch die Weck amine zur Kreislauftherapie herangezogen. Sie besitzen zudem auch einen blutdrucksteigemden Effekt. Vom Adrenalin unterscheidet sich das Noradrenalin in seiner chemischen Konstitution nur durch die ent methylierte Seitenkette. Dieser ebenfalls körpereigene, aber auch unbeständige und schnellem Abbau unter liegende Stoff besitzt einen andersartigen Wirkungs mechanismus1,2,3,4. Als Ruhesekret der Nebennieren, bestimmt für die Dauerregulation des Kreislaufes, ist Noradrenalin histiotrop eingestellt. Es wirkt durch Tonisierung der mittleren und kleinen Arterien druck steigernd. Im Gegensatz zum Adrenalin läßt es im Bereich therapeutischer Dosierung das Herz, den Stoffwechsel, Darm und Uterus unbeeinfluß~5, 6, 7, ja es löst an Stelle der Adrenalin-Tachykardie sogar eine Bradykardie auss, 9. 10 WIRTH bringt die folgende Zusammenstellung: Tabelle 1. Adrenalin Noradrenalin Herzfrequenz Erhöhung Herabsetzung Herz-Minuten-Volumen Erhöhung ohne bes. Wirkung Gefäße: Haut und Schleimhaut starke Vereng. Verengung Splanchnicusgeb iet Verengung Verengung Skelet-Muskel Erweiterung Verengung Cerenarien Erweiterung Erweiterung Blutdruck Erhöhung Erhöhung Blutzucker starke Erhöhung geringe Erhöhung Sauerstoff-Verbrauch starke Erhöhung geringe Erhöhung Noradrenalin-Präparate haben sich wegen ihrer schnellen und zuverlässigen Wirkung. und ihres histio tropen Wirkungscharakters viele Freunde erworben. In einer ganzen Reihe von Veröffentlichungen wird 4 - darauf hingewiesen, daß mit diesem Stoff Kollaps zustände bei Operationen an sympathischen Gan 12 14 12 glien11, und Nebennieren , bei Spinalanaesthesie 12 und Low-Pressure-Operationen , bei Schock nach 26 12 14 16 Perforationen und großen Blutverlusten , , , bei schweren Verletzungen sowie bei akuten Vergiftungen 15 mit weitgehender Lähmung der Kreislaufzentren schnell und zuverlässig behoben werden können. 18 RössiNG erwähnt, daß bei schwersten Kollaps zuständen Noradrenalin durch seine schlagartig ein setzende Wirkung lebensrettend ist, wenn selbst Adre nalin vorher versagt hat. Wie erklärt man sich nun den unterschiedlichen Wirkungsgrad der beiden Kreislauf hormone ? Adrenalin steigert den systolischen Blut druck durch eine Vergrößerung des Herzminuten volumens. Voraussetzung für diese Funktion ist also ein ausreichendes Blutangebot an das Herz. Den Blut zufluß zum Herzen kann Adrenalin jedoch nicht in ausreichendem Maße in Gang setzen, denn seine gefäß constrictorische Leistung erstreckt sich im wesentlichen 19 nur auf die Hautgefäße (BARCROFT und SWAN ), während die Hauptblutmenge beim paralytischen Kollaps aber in den erweiterten Gefäßen der Skelet muskulatur und des Splanchnicusgebietes liegt. N orad renalin greift dagegen bei diesem Darniederliegen des Gefäßtonus sehr viel erfolgreicher an. Es kontrahiert die peripheren Gefäße auf der arteriellen und venösen Seite, hebt den Venendruck18 bietet damit dem Herzen Blut an , und steigert den systolischen und diastolischen Blut druck20. Man sollte auch nicht übersehen, daß im Kollaps das Gewebe unter schwerem Sauerstoffmangel 21 leidet, worauf HERRON hingewiesen hat. In diesem Zustand können Adrenalin und seine Derivate, die den Stoffwechsel anregen, unmöglich zweckmäßiger sein als Noradrenalin, das praktisch keine Stoffwechsel wirkung auslöst. Den Kollaps nach Blutverlusten haben DuESBERG 22 und ScHRÖDER als Zentralisationszustand des Kreis laufes beschrieben. Nach den eingehenden Unter suchungen der Autoren steigt nach einer Blutung der Tonus der peripheren Gefäße so weit an, daß eine starke Drosselung der Blutversorgung in diesen Gebieten die - 5 - Folge 1st. Mit der unter Umständen stark reduzierten Blutmenge wird im wesentlichen nur noch die lebens wichtige Körpermitte versorgt. Nach Ansicht von DuESBERG23 ist dieser Zustand nach Auffüllung des Gefäßsystems nur durch minutenvolumensteigernde Adrenalinpräparate zu beseitigen. Im Gegensatz hierzu sagt ZICKGRAF24 "Wir selbst haben bei wirklich : schweren Spannungskollapsen mit . . . . . . . keinen durchschlagenden Erfolg erzielen können." Er führt in gleiche~ Sinne DELIUS und Mitarbeiter an. Von vielen Chirurgen wird auch behauptet, daß man nach Blu tungen mit der frühzeitigen Trans- oder Infusion allein auskommt und auf Kreislaufmittel völlig verzichten kann. In vielen Fällen, bei denen es sich nur um mäßige Blutverluste handelt, ist diese Erfahrung durchaus zu bestätigen. R. FREY25 verwendet Kreislaufmittel im alten Sinne beim akuten Schock schon seit Jahren nicht mehr. Zusätzlich zur Infusion hält er lediglich die Zufuhr von Noradrenalin in der Dauertropfinfusion für angebracht. Bei Blutungskollapsen dagegen werden immer wieder Zustände beobachtet und beschrieben, bei denen die Infusion allein entweder eine ungenügende oder gar keine Wirkung auf den Kollaps ausübt20 • FREMONT und Mitarbeiter26 berichten, daß sie sich in äußerster Notlage bei einem schweren hämorrhagi schen Kollaps trotz der bestehenden Ansicht, Norad renalin sei hier zwecklos oder sogar kontraindiziert, entschlossen hätten, es anzuwenden. Der Erfolg war so auffallend, daß sie diese Therapie auf weitere Fälle ausdehnten. Es erfolgte jedesmal prompter Blutdruck anstieg und Schockbeseitigung. Ähnliche Ergebnisse werden von NoRDLÄNDER12 GoLDBERG14 MILLERund , , Mitarbeiter16 berichtet. Auch wir können diese Ergeb nisse mit unseren Erfahrungen bestätigen. Der Gegen satz von Theorie und Praxis ist experimentell noch ungeklärt. Wir möchten aber vermuten, daß bei Blut verlusten, die ein bestimmtes Maß überschreiten, auf die zuerst einsetzende vasespastische Notregulation im Sinne von DuESBERG und SeHRÖDER später eine nach haltige Lähmung der Vasoconstrictoren erfolgt. ,,Diese Gefäßlähmung verunmöglicht nämlich die zielgerich tete Verteilung des restlichen Herzminutenvolumens - 6 - auf die lebenswichtigen Organe" (zitiert nach ScHMID 20 und GANIOLI ). Die Gefäßatonie ist dann nur mit einem stark wirkenden Pressorstoff zu überwinden. Vielleicht findet diese Hypothese eine gewisse Stütze in der Tatsache, daß Patienten auch noch nach Über windung von Blutverlusten zu orthostatischen Kreis laufregulationsstörungen neigen. Da beim Noradrenalin die Vasoconstriction im Vordergrund steht, haben wir uns auch für die Durch blutungsverhältnisseder lebenswichtigsten_ Organe inter essiert. Hinsichtlich der Coronargefäße geht aus tier experimentellen Untersuchungen27,28 hervor, daß so wohl Adrenalin als auch Noradrenalin die Herzkranz gefäße erweitert. Eine uns freundlicherweise von Herrn Prof. KRAMER, Göttingen, zur Verfügung gestellte Kurve (Abb. 1) dürfen wir an dieser Stelle einfügen. Wir wollen· der Beurteilung durch den Leser nicht vorgreifen, es scheint aber hiermit die allgemeine Auf fassung gesichert, daß die untersuchten Substanzen jedenfalls keine Verminderung der Coronargefäßdurch blutung hervorrufen. Aus der Klinik liegt auch schon eine Reihe guter Erfahrungen vor über die Verwendung von Noradrenalin beim Schock nach Herzinfarkt16,15,2 9. Die Nierendurchblutung wird nach BARCLAY und Mit arbeitem30 durch Adrenalin um 40%, durch die dop pelte Noradrenalindosis aber nur um 20% (BARNETT und Mitarbeiter31) gesenkt. Die Anwendung dieses Hormons kann also keine Gefahr für die lebenswich tigen Organe mit sich bringen, zumal man bestrebt sein wird, den Blutdruck künstlich nie über, sondern eher etwas unter dem physiologischen Niveau zu halten20 Da • heutzutage die potenzierteNarkoseund die Hibernation von großem Interesse sind, wollen wir auf das Zusam menwirken von Sympathicolyticis und Phenothiazin körpem, einerseits mit Adrenalin und seinen Derivaten sowie Noradrenalin andererseits, eingehen. Aus phar makologischen Untersuchungen ist bekannt, daß nach vorausgegangener Verabreichung von Präparaten der erstgenannten Gruppe Adrenalin und seine Abkömm linge den Blutdruck nicht mehr steigern, sondern noch weiter senken6,32,33,34. Deshalb sind diese Kombina tionen streng kontraindiziert. Anders dagegen verhält ~ l a r d a v o N u. r. R. d E A M n A vo KR ec on R, 10s i E kt K e C j E r. sin. bei In ULLRICH, RI Novadrol ~lJ ;~ iA.cor. Abb. 2. co n . o t v Ar n e er h blutung d ch Versuc A.cor sin. ch na Dbl. r Du1. ovadra, cor. bb. OVNA.~ A ' - 8 - es sich mit der nachfolgenden Verabreichung von Noradrenalin oder Novadral. Diese sind stets imstande, den Blutdruck weiter zu steigern, nur sind etwas größere Dosen als normalerweise erforderlicha5,36,37. Bezüglich der theoretischen Grundlagen dieses Ver 38 haltens sei auf BERNSMEIER verwiesen. An unserer Klinik wurde vor Jahren das N oradre nalin in die Kreislauftherapie eingeführt. Die Erfolge waren gegenüber den vorher verwendeten Adrenalin abkömmlingen auffallend und entsprachen den An gaben im Schrifttum. Wir sind dann auf eine stabile Verbindung mit Noradrenalinwirkung, das Novadral der Firma Diwag, übergegangen, da es uns weitere Vor züge versprach. Auf Grund seiner chemischen Konsti tution als Brenzkatechin-Derivat - zwei alkoholische OH-Gruppen am Kern - ist die Haltbarkeit des Noradrenalins, insbesondere in körpereigenen Salz lösungen, wie sie beim Kreislaufkollaps zur Infusion benötigt werden, gering; außerdem ist die Wirksam keit sehr flüchtig, da der Organismus über Ferment systeme verfügt, die einen raschen Abbau ·des Wirk stoffs bedingen. Aus diesen Gründen wurden in den chemischen Laboratorien der DIWAG eine stabile Ver bindung mit Noradrenalinwirkung dargestellt, die nur eine OH-Gruppe am Kern besitzt. OH Adrenalin ~oH Das Novadral: racemisches m-Oxyphenyl(1)-äthanol (1)-amin(2)-hydrochlorid C>-CHOH-CH2-NH2• HCI I OH - 9 - Mol.-Gew. 189,56. Reinweiße Kristalle vom Schmelz punkt 159-160 Grad C, leicht löslich in Wasser. Infolge der chemischen Stabilität unterliegen ange brochene Ampullen und Flaschen und angesetzte Lö sungen zur Infusion keinem Wirkungsverlust. Auch im Körper wird das Novadral anscheinend nicht so schnell zerstört wie das reine Hormon. Während uns beim Noradrenalin auffiel, daß man bei der Infusion trotz gleichbleibender Tropfenzahl/Minnte mitunter ein An steigen und Abfallen der Druckwerte erlebte und man öfter den Blutdruck messen und mit der Tropfen geschwindigkeit nachregulieren mußte, ergibt Novadral dagegen eine gleichmäßigere Blutdruckkurve. Sonst besteht im Wirkungscharakter zwischen Noradrenalin und Novadral pharmakologisch kein Unterschied32 • Kreislaufphysikalische Messungen von KACZMAREK und PuPPE39 zeigen hiermit übereinstimmende Re sultate. Wir geben im folgenden eine kurze Übersicht über die bei uns vorliegenden Ergebnisse und die Art der Anwendung bei Verabreichung von Novadral in der intravenösen Form (Tab. 2). An dieser Stelle Tabelle 2. Zahl Beurteilung des Erfolges Augewandte Form von Novadral der sehr gut ge- kein Fälle gut I I ring I intravenös .......... 138 75 33 24 6 Depot-Novadral ..... 51 11 I 26 6 8 .... Dragee-No vadral 4 1 I 2 I - möchte ich den Herren Dr. WIESMAlER und Dr. BROSCH meinen Dank aussprechen für die Mithilfe bei der Sichtung der Fälle und der graphischen Darstellung. Die Anzahl der gering oder keine Wirkung zeigenden Fälle setzt sich in erster Linie aus schwersten Schock und Kollapszuständen bei schweren Unfallverletzun gen und bei Kreislaufversagen bei Kranken mit schwe rer Störung des Allgemeinzustandes oder bei Kachexie infolge fortgeschrittener Krebserkrankung und ähn lichen Zuständen, die zu Notoperationen zwangen, zu sammen. Hier darf man vom Novadral keine Wunder wirkung erwarten. Heute sind wir der Überzeugung,

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