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Kleinere deutsche Gedichte des 11. und 12. Jahrhunderts: Band I PDF

142 Pages·1972·6.036 MB·German
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A L T D E U T S C HE T E X T B I B L I O T H EK Begründet von Hermann Paul Fortgeführt von G. Baesecke Herausgegeben von Hugo Kuhn Nr. 71 Kleinere deutsche Gedichte des 11. und 12. Jahrhunderts Nach der Auswahl von Albert Waag neu herausgegeben von Werner Schröder Band I MAX NIEMEYER VERLAG TÜBINGEN I97z ISBN 3-484-20051-0 © Max Niemeyer Verlag Tübingen 1972 Alle Rechte vorbehalten • Printed in Germany Herstellung durch Bücherdruck Helms KG Tübingen Einband von Heinr. Koch Tübingen I N H A L T S V E R Z E I C H N IS Einleitung VII Allgemeines Literaturverzeichnis XX I Ezzos Cantilena de miraculis Christi . . .. i II Die Summa theologiae 27 III Das Lob Salomons 43 IV Die drei Jünglinge im Feuerofen Die Ältere Judith 5 6 V Die Auslegung des Vaterunsers 68 VI Von der Siebenzahl 86 VII Die Beschreibung des himmlischen Jerusalem . . 92 Inhalt des II. Bandes Vorwort VII VIII Vom Rechte 112 IX Die Hochzeit 132 X Das Arnsteiner Marienlied 171 XI Die Wahrheit 184 XII Die Vorauer Sündenklage 193 XIII Die Upsalaer Sündenklage 223 XIV Das Benediktbeurer Gebet zum Meßopfer . . . 227 XV Das Melker Marienlied 232 XVI Die Mariensequenz aus St. Lambrecht (Seckau) . 239 XVII Die Mariensequenz aus Muri 243 Anhang: Zur Uberlieferung des Arnsteiner Marien- liedes von Edgar Papp 250 V E I N L E I T U NG Die ,Kleineren Deutschen Gedichte des XI. und XII. Jahrhun- derts', die ALBERT WAAG zuerst 1890 und 25 Jahre später noch einmal in umgearbeiteter Gestalt herausgegeben hat, sind jahr- zehntelang die einzige greifbare und für seminaristische Übun- gen verwendbare Sammlung frühmittelhochdeutscher geist- licher Gedichte gewesen. Die herbe Kritik, die E. SCHRÖDER (DLZ n, 1890, 1054-1056) und C. v. KRAUS (AfdA 17, 1891, 20-34) an ihr geübt haben und die auch gegenüber der ihr weithin Rechnung tragenden zweiten Auflage von 1916 nicht verstummt ist, hat mehr dem Autor als seinem Büchlein ge- schadet. Im akademischen Alltag hat der ,Kleine Waag' seine Daseinsberechtigung durchaus behauptet; nach dem Zweiten Weltkrieg, als er vergriffen war, gehörte er zu den gesuchte- sten Titeln des wissenschaftlichen Antiquariats. Der damalige Herausgeber der ,Altdeutschen Textbibliothek', GEORG BAE- SECKE, hatte schon zu Ende der vierziger Jahre eine Neuauf- lage in Aussicht genommen und mir angetragen. Ich habe zu- nächst davon Abstand genommen, sobald ich hörte, daß der neue Generaleditor der Reihe nach BAESECKES Tode, HUGO KUHN, die Neubearbeitung an ULRICH PRETZEL vergeben habe. Die von diesem zusammen mit ERICH HENSCHEL herausge- gebenen .Kleinen Denkmäler der Vorauer Handschrift' (Vor. Denkm.) erschienen 1963 außerhalb der .Altdeutschen Text- bibliothek' und gaben auch durch den neuen Titel zu erkennen, daß sie nicht bloß als Erneuerung von WAAGS „nicht zuläng- licher Ausgabe" (Vorwort, S. VII) verstanden werden wollten. Schon die Auswahl der Texte ist nicht identisch: die neuen Herausgeber haben nur die in der Vorauer Handschrift 276 überlieferten Gedichte aus WAAGS Sammlung aufgenommen und zwei bei ihm fehlende, das ,Vorauer Marienlob' und das ,Gebet einer Frau', hinzugefügt. Alle werden in der „Form der Synopse" von überliefertem und hergestelltem Text dar- geboten, von der es heißt, daß sie zwar noch um Anerkennung ringe, jedoch „gerade für die außerordentlich schwierigen frühmhd. Texte unentbehrlich" sei (Vorwort, S. VIII). PRETZEL ist überzeugt, daß „die sehr unselbständige Ausgabe VII Waags" ihnen nicht genug getan hat, daß es die unabweisliche Pflicht des Philologen sei, „die Texte nicht nur von eindeu- tigen Fehlern zu säubern, sondern auch den größeren Verderb- nissen energischer zu Leibe zu rücken" (ebd.). An zupackender, kenntnisreicher Bemühung hat es, wie synoptische Lektüre lehrt, nicht gefehlt, aber welchen Grad von Gewähr besitzt das vorgelegte Ergebnis? Die Gegenüberstellung von überlie- fertem und hergestelltem Text soll auch dem Vorwurf begeg- nen, der Leser werde „mit subjektiven Konstruktionen (etwa gar Nachdichtungen)" „irre" geführt (ebd.). Ist es nicht schon bedenklich genug, daß er überhaupt erhoben werden könnte und selbst von den Editoren für denkmöglich gehalten wird? Eine maßvolle Vereinheitlichung willkürlicher Schreibungen, die sprachlich irrelevant sind, ist unbedenklich und überall dort geboten, wo sie die Lesbarkeit für den heutigen, am Du- den erzogenen Leser beeinträchtigen. Den mittelalterlichen haben sie offenbar nicht gestört, und die mittelalterlichen Schreiber sind nur im Ausnahmefall um orthographische Norm bemüht gewesen. Die „rein graphischen Eigentümlichkeiten und Willkürlichkeiten" (Vor. Denkm., S. IX) gehören zum Er- scheinungsbild einer mittelalterlichen deutschen Handschrift, für die so tradierte Dichtung sind sie mehr oder weniger be- deutungslos. Nicht ihr Ausgleich bedürfte der Rechtfertigung, wohl aber die viel einschneidenderen Eingriffe der Heraus- geber in Bestand, Stellung und Lautung der Wörter sowie ihr Ersatz durch andere, nicht überlieferte aus sprachlichen, stili- stischen, metrischen, reimtechnischen und inhaltlichen Gründen. Sie ist in ausführlichen Anmerkungen gegeben, aber mehr als eine Möglichkeit neben anderen wird damit selten erwiesen. Das Ziel, durch die Trübungen der Tradition hindurch zum authentischen Dichterwort vorzudringen, ist als legitime phi- lologische Aufgabe zu bejahen. Nur muß man sich der Gren- zen des Erreichbaren bewußt bleiben. Sie sind bei einfacher Uberlieferung besonders eng gezogen. Im Falle der Vorauer Denkmäler kann man nicht viel mehr tun, als immer wieder- kehrende typische Fehler des Schreibers der Sammelhand- schrift abzuheben zu versuchen. Jeder weitere Schritt ist mit unaufhebbaren Unsicherheiten belastet: wir können den Laut- stand nicht korrigieren, wenn wir nicht wissen, in welcher VIII Landschaft und zu welcher Zeit ein Gedicht entstanden ist, wieviel Unreinheit der Reimbindungen und was für metrische Freiheiten der Dichter sich gestattet hat. In günstig gelagerten Fällen ist es möglich, sich darüber auf Grund von Indizien eine Meinung zu bilden und so zu einer hypothetischen Rekonstruk- tion des originalen Gedichts zu kommen. Diese hat neben ande- ren gleichartigen ihr Recht und ist für die literarhistorische Be- urteilung und Einordnung des Denkmals von nicht zu unter- schätzendem "Wert, ist gleichsam ein repoetisierter Kommentar. Verhängnisvoll aber wäre es, wenn ein so hergestellter Text - wie es vielfach geschehen ist — zum Ausgangspunkt sprach- stilistischer, metrischer und reimstatistischer Erhebungen ge- macht würde. Solche Untersuchungen brauchen unfrisiertes Material, das den Zustand der Überlieferung zweifelsfrei er- kennen läßt, diese jedoch in leichter überschaubarer Gestalt darbietet. Gerade für den Studierenden ist es gefährlich, wenn er durch normalisierte Texte in falsche Sicherheit gewiegt und dazu verleitet wird, der Autorität irgendeines Herausgebers zu vertrauen, statt sich mit den ins Auge springenden Proble- men eines mangelhaft überlieferten Textes selbst kritisch aus- einandersetzen zu müssen. Der Herausgeber soll ihm dabei jede mögliche Hilfestellung geben, das Nachdenken kann er ihm umso weniger abnehmen, als er selbst so gut wie niemals im Besitz einer unangreifbaren Lösung ist. Die Unsicherheit betrifft nicht bloß den Wortlaut, sondern auch die Form der Gedichte. Daß die frühmittelhochdeutschen Dichter sich sog. ,binnengereimter Langzeilen' bedient und ihre Gedichte - auch solche von mehreren tausend Versen - in ungleichzeilige ,Strophen' gegliedert hätten, ist eine These, welche die Fachkritik ihrem Erfinder FRIEDRICH MAURER in der überwiegenden Mehrzahl nicht abgenommen hat. Aus- gerechnet sie zum Prinzip einer großen Edition zu machen, war kein glücklicher Gedanke. Eben das ist in der dreibändigen Ausgabe ,Die religiösen Dich- tungen des ii. und 12. Jahrhunderts. Nach ihren Formen be- sprochen und herausgegeben von FRIEDRICH MAURER', Tübin- gen 1964/65/70, geschehen, die auch die Gedichte der WAAG- schen Sammlung enthält. Die Gefahr suggestiver Beeinflussung des Benutzers lauert hier in der langzeiligen und strophischen IX Darbietung der Texte (wozu das PBB/T 88, 1966, 249-284 Gesagte zu beachten ist), im übrigen ist der Herausgeber mit der Überlieferung sehr zurückhaltend verfahren. Sein Text ist eher noch konservativer als derjenige WAAGS. Dafür sind im Apparat alle Änderungs- und Besserungsvorschläge ver- zeichnet, die jemals gemacht worden sind. MAURERS Edition bietet die vollständigste Bestandsaufnahme von mehr als 100 Jahren textkritischer Arbeit an der frühmittelhochdeutschen geistlichen Dichtung und ist schon deswegen unentbehrlich. Ob ein erneuerter ,Waagc neben PRETZELS und MAURERS Edi- tionen noch irgendein Recht hat, ob er einem Bedürfnis ent- spricht, muß sich zeigen. Der Herausgeber der ,Altdeutschen Textbibliothek' und der Herr Verleger haben die Frage bejaht und nicht bloß auf Grund von Beobachtungen der Marktlage. Die rivalisierenden Ausgaben sind im gleichen Verlag erschie- nen, so daß er sich selber Konkurrenz macht. Die Zielsetzung der vorliegenden Edition ist vergleichsweise bescheiden; sie läßt sich am einfachsten auf die Formel ,in usum scholarum' bringen, aus der alles weitere folgt: 1. Sie will einen lesbaren Text geben, der von verwirrenden graphischen Eigenheiten entlastet ist, in welchem offenkun- dige Verderbnisse gebessert und sinnstörende Lücken ausge- füllt sind, soweit es für das Verständnis des inhaltlichen Zu- sammenhangs erforderlich ist. 2. Sie will den Zustand der Überlieferung transparent machen und kontrollierbar darbieten. Lautliche An- und Ausglei- chungen werden auch dort nicht vorgenommen, wo die un- einheitliche Bezeichnung des gleichen Phonems und fehler- hafte Umsetzungen des Schreibers den Zustand der Vorlage zu rekonstruieren erlauben. So dürfte z.B. das handschrift- liche Nebeneinander von o- und «-, o- und ¿«-Schreibung in der Millstätter Handschrift auf eine Unentschiedenheit mindestens der Wiedergabe eines im Gang befindlichen Laut- wandels schließen lassen, dessen früheste literatursprach- liche Bezeugung nicht im Apparat verborgen werden sollte. 3. Sie will der sprachstilistischen, reimtechnischen und metri- schen Beurteilung der überlieferten Texte nicht vorgreifen, da so gut wie niemals mit Sicherheit zu entscheiden ist, wel- che tatsächlichen oder scheinbaren Mängel dem Schreiber X

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