INSTRVMENTA PATRISTICA XXXIV INSTRVMENTA PATRISTICA XXXIV MCMXCVIII STEENBRVGIS, IN ABBATIA S. PETRI BREPOLS PUBLISHERS, TURNHOUT RUDOLF RIEDINGER !\LEINE SCHRIFTEN ZU DEN l\ONZILSAI\TEN DES 7. JAHRHUNDERTS MCMXCVIII STEENBRVGIS, IN ABBATIA S. PETRI BREPOLS PUBLISHERS, TURNHOUT D/1998/0095/25 ISBN 2-503-50735-2 TYPIS CULTURA · WETTEREN · BELGIUM VORWORT lm J ahre 1989 waren die Herren Maurits Geerard und Roel Vander Plaetse in Brugge ma13geblich daran beteiligt, da13 ich meine Studien zum Cod. Vindob. 418 in den Instrumenta Patristica veroffentlichen konnte. Mit derselben Generositat wie damals haben mir die Herren Geerard und Vander Plaetse heu te den V orschlag gemacht, in einem Sammelbande die Aufsatze und Rezensionen nachzudrucken, mit denen ich zwischen 1976 und 1996 die Editionen der beiden Synodalakten ge gen die l\Ionotheleten begleitet habe. Damit wird auch manche Frage beantwortet, die in Rezensionen meiner Arbeiten gestellt worden ist. Meine Untersuchungen über die Konzilsakten haben fast allgemein Zustimmung gefunden, denn sie behandeln weithin Neuland und hatten sich nicht mit eingero steten Vorurteilen auseinanderzusetzen. Dieselbe Situation fand auch meine Disser tation von 1956 vor, deren Thema, die Geschichte der alten Astrologie, ich 1944 bei meinem ersten Semester in Prag von Viktor Stegemann geerbt hatte. Aber schon der erste Aufsatz, über dessen Thema ich beim l\Iaterialsammeln für die Dis sertation gestolpert war, sah sich einer entschiedenen Ablehnung gegenüber. Die Erotapokriseis des Pseudo-Kaisarios freilich waren für alle uninteressant, da13 man aber « schon wieder » über den Verfasser der pseudo-dionysischen Schriften nachzu denken wagte, war emporend, denn man war sich gerade darüber einig geworden, da13 der wahre V erfasser dieser Schriften, der si ch hinter dem (( gro13en U nbekann ten » verbirgt, niemals gefunden werden konne. V or dem J ahre 1960 gab es no ch erfreulicheres zu tun. Ernst Gui dan (1926-1997) hatte ais Kunsthistoriker die beiden frühprotestantischen Schlo13kapellen von Stre chau/Steiermark (1579) und Neuburg an der Donau (1543) für sich entdeckt, und weil für die Interpretation dieser theologischen Bildwerke das Bilddenken des l\Iit tclalters entscheidend wichtig war, habe ich mich an diesen weitlaufigen Analysen beteiligt. Die Begegnung mit dem Cod. Argent. gr. 12, einem Alphabetikon aus dem 13. Jahrhundert, brachte ais wichtigstes Ergebnis, da13 die ep. I 51 des Isidor von Pelusium (5. Jh.) mit dem Anfang der Quaestio 183 des Ps.-Kaisarios (6. Jh.) über einstimmte. Weil bei den so gefundenen Parallelen ein sehr alter Bibeltext mit transportiert wurde, habe ich darin zwei unabhangige Nachschriften der Hypoty posen des Klemens von Alexandria aus dem 2. Jahrhundert gesehen. Dasselbe Thema konnte ich vier Jahre spater wieder aufgreifen und bei dieser Gelegenheit nach Johannes Chrysostomus und Ps.-Kaisarios auch für ein Stück aus Flavius Josephus einen besseren Text herstellen. Auch die lockere Paraphrase, in der Ps.-Kaisarios am Anfang seiner Erotapokriseis den Ancoratus des Epipha nius ausschreibt, zeigte, da13 für mich der unbedeutende Ps.-Kaisarios nach wie VIII VORWORT vor die Leitlinie meiner Arbeit war. Mit der Zeit lie13en sich weitere Quellenschrif ten dieser Erotapokriseis nachweisen. lm J ahre 1969 habe ich dann in einer umfangreichen Analyse die Textgeschichte meiner Erotapokriseis dargestellt und alles gesammelt, was der lnhalt dieser Schrift an Merkwürdigkeiten bereithalt. Erst nach dem Erscheinen der kritischen Ausgabe im Jahre 1989 erkannte Alois Grillmeier, da13 wir in den Erotapokriseis des Ps. Kaisarios die Schrift eines <( Spathenotikers » vor uns haben, der sich noch 60 Jahre na ch dem Erla13 des Henotikons (4 82) durch die ha ufige V erwendung von fJwvàet uoç (28) und ()fovàeoç (5), der Erfindung des Areopagiten, auch damit nahe neben seinen berühmten Glaubensgenossen stellt. Ps.-Kaisarios hatte zu Ps.-Dionysius geführt, seit 1960 führte er darüber hinaus zu Isidor von Pelusium, an dessen Authentizitat man zwar schon im 18. Jahrhun dert gezweifelt hatte, dessen Überlieferung aber so festgefügt erscheint, da13 noch heute an der Personlichkeit des Isidor und an der Authentizitat seiner Briefe nicht gerüttelt werden darf. lm Jahre 1975 habe ich es trotzdem gewagt, die antimarkio nitische Polemik in den Briefen des Isidor Klemens von Alexandria zuzuweisen, dessen Schriften von Isidor teilweise konserviert worden sind. Noch zu einer weiteren ratselhaften Schrift führte mich Ps.-Kaisarios. Der Phy siologus hat auch in den Erotapokriseis seine Spuren hinterlassen, und das in eben den Abschnitten, die durch die Parallelen bei Isidor als Abschriften nach Klemens erwiesen werden konnten. Wenn nicht alles tauscht, dann ist auch hier Klemens der chronologische Fixpunkt, und der Physiologus stammt in seiner altesten Ge stalt aus der 2. Halfte des 2. Jahrhunderts. Als ich das Material für meine Dissertation sammelte, waren mir die Erotapokri seis des Ps.-Kaisarios aufgefallen, Schriften, die bis dahin nur die Slavisten interes sierten, und eben diese Schriften führten zu Ps.-Dionysius, zu Isidor von Pelusium und zum Physiologus. Nur in diesem Falle habe ich die Anerkennung eines seriosen Gelehrten erfahren (Klaus Alpers, s.v. Physiologus, Theol. Realenzyklopadie, 26 [1996] 596-602). Pseudo-Dionysius und Isidor von Pelusium aber sollen nach dem Willen meiner Kritiker weiterhin dort stehen bleiben, wo sie bisher standen. lm Jahre 1967 anderten sich die au13eren Umstande meines Lebens, ich konnte nicht mehr den Fragen nachgehen, die sich mir stellten, sondern hatte mich der Arbeit zu widmen, die mir aufgetragen war. Das war in den ersten zehn Jahren eine stille Zeit, in der nur gesucht und kollationiert werden konnte. Wer freilich glaubt, da13 das eine langweilige Beschaftigung ist, hat nie der Zwiesprache ge lauscht, die die Lesarten von Handschriften eines Textes untereinander führen. Die Masse der gefundenen Daten drohte die Kapazitat des Bearbeiters zu er sticken, als si ch in den J ahren 1977-1978 die da mals no ch ungewohnte Gelegenheit bot, die lateinischen Übersetzungstexte der Akten der Lateransynode von 649 und der Akten des VI. okumenischen Konzils einem Reclmer (Computer) einzuspei- VORWORT IX chern. Das allein ware allerdings auch noch kein besonderer Gewinn gewesen, wenn es der Rechner nicht verstanden hatte, für ihn unverstandliche Buchstabenfolgen zu zahlen und in mechanischen Worterbüchern auszudrucken. \Neil die Ergebnisse aus den Lateranakten und dem VI. Konzil immer getrennt betrachtet werden konnten, ergaben sich so etwas wie geologische Landkarten, getrennte Statistiken, welche die sprachlichen Eigenarten der beiden Synodalakten je für sich nachzeich neten. Da13 dieser Vergleich sinnvoll war, lag daran, daf3 im Abstand von 30-50 Jahren Texte zum gleichen theologischen Thema aus dem Griechischen ins Latei nische übersetzt worden waren. lm 7. Jahrhundert bedeutete dieser zeitliche Ab stand, daf3 es jeweils andere lVfanner \Varen, die hier gearbeitet hatten, und daf3 sich auch deren Kenntnisse geandert hatten. Konnte man damais noch dafür gescholten werden, daf3 man sich bei seiner Ar beit einer geistlosen Mechanik auslieferte, so war die Gefahr, ins Phantastische ab zugleiten bei einer anderen Untersuchungsrichtung gegeben, der ich mich damais zugewandt hatte. Der Cod. Vindob. 418 bietet weithin ein Schriftbild, das ihn von zeitgenossischen lateinischen Handschriften unterscheidet. Dieses Schriftbild wurde von Palaographen verschieden beurteilt. Auf solche Unterscheidungen hatte ich mich nun nicht eingelassen, sondern hatte das Bild des Cod. Vindob. 418 davon abhangig gesehen, wie das romische Autograph der lateinischen Akten des VI. Konzils geschrieben war. Wenn man aile Absonderlichkeiten sorgfaltig verzeichnete und dann ihre Ge samtheit zu beurteilen versuchte, ergaben sich Kriterien dafür, daf3 man nach dem Aussehen der « Enkelin » (des Cod. Vindob. 418) auch das Aussehen der « Grof3mutter » (des romischen Autographs der lateinischen Übersetzungen dieser Synodalakten) heschreiben konnte. Die Analyse, mit der die sprachlichen Un terschiede zwischen den Lateranakten und dem VI. Konzil festgestellt worden waren, hatte sich in den Lateranakten vor allem auf ein unscheinbares Wort ge stützt, dessen Haufigkeit der Rechner gcliefert hatte: quoniam. Bei der Feststel lung der Schriftart, in der das romische Original der lateinischen Akten des VI. Konzils geschrieben war, war es ein einzelner Buchstabe, A = w, der einen diffe renzierten Beweis ermoglichte. Sowohl die Konjunktion quoniam, als auch die Schreibweise dieses A waren für den normalen Leser leicht zu übersehen, so lange man sie nicht zum Kritcrium eincr speziellen Untersuchung machte. So wichtig der theologische Gehalt beider Synodalakten auch für die Dogmen geschichte sein mag, die Art und Weise, wie diese Akten aus dem 7. Jahrhundert für die Geschichte der griechisch-lateinischen Übersetzungen und für die lateinische Palaographie bedeutsam sind, steht ihrer inhaltlichen Bedeutung gewif3 nicht nach. Die Editionen der beiden Konzilsakten und ihrer Register umfassen mehr als 1600 Quartseiten. Auch die in dem vorliegenden Bande nachgedruckten Untersu chungen sind nicht alles, was das Schriftenverzeichnis zum Thema nennt, wichtige X VORWORT Stücke wie der Wiener Sitzungsbericht (Lateinische Übersetzungen... 1979), die l\Iünchener Abhandlung (Die Prasenz- und Subskriptionslisten ... 1979) und die bei den Arbeiten zur Kuriale (Kuriale und Unziale ... 1984, und Der Codex Vindobo nensis 418 ... 1989) müssen nach wie vor im Original benutzt werden. Damit wird deutlich, da13 diese 22 Aufsatze und Rezensionen zwar einzelne Aspekte sichtbar machen, dal3 sie aber für sich auch ungenügend sein konnen, wenn man die ande ren Tite! nicht berücksichtigt. Für das Erscheinen der vorliegenden Bandes habe ich den Herren Maurits Gee rard und Roel Vander Plaetse zu danken. Zu danken habe ich auch den Verlagen, bei denen die hier wiedergegebenen Aufsatze erstmals erschienen sind. Ihre Bünde lung in diesem Buche erlaubt es jetzt, den Gedanken der Untersuchungen leichter zu folgen, wofür bisher eine zeitraubende Sammeltatigkeit notig war. Würzburg Rudolf RIEDINGER