ebook img

Kleine Schriften PDF

245 Pages·2016·11.49 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Kleine Schriften

MÜNCHNER VERÖFFENTLICHUNGEN ZUR MUSIKGESCHICHTE Begründet 1959 von Thrasybulos G. Georgiades Herausgegeben seit 1977 von Theodor Göllner Band 26 Thrasybulos G. Georgiades Kleine Schriften VERLEGT BEI HANS S C H N E ID E R T U T Z IN G THRASYBULOS G. GEORGIADES K LEIN E SC H R IFTEN VERLEGT BEI HANS S C H N E ID E R • TUTZING 1 977 ISBN 3 7952 0208 6 © 1977 by Hans Schneider, D 8132 Tutzing Alle Rechte Vorbehalten, insbesondere die des Nachdrucks und der Übersetzung. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses urheberrechtlich geschützte Werk oder Teile daraus in einem photomechanischen oder sonstigen Reproduktionsverfahren zu vervielfältigen und zu verbreiten. Herstellung: Ernst Vögel GmbH, 8491 Stamsried. INHALT Vorwort.................................................................................................... 7 Aus der Musiksprache des M ozart-Theaters.................................... 9 Zur Musiksprache der Wiener K lassik er....................................................33 Die musikalische Interpretation..................................................................45 Mozart und das Theater................................................................................55 Zur Lasso-Gesamtausgabe.........................................................................67 Sprache, Musik, schriftliche Musikdarstellung............................................73 Sprache als R hythm us................................................................................81 Sakral und Profan in der M usik..................................................................97 Musik und S c h rift..................................................................................... 107 Sprachsdiichten in der Kirchenmusik.........................................................121 Das musikalische Theater..............................................................................133 Der Chor „Triumph, Triumph, du edles Paar“ aus dem 2. Finale der Zauberflöte....................................................................................................145 Zu den Satzschlüssen der Missa Solemnis..................................................157 Musik und N o m o s..................................................................................... 167 Heinrich Schütz zum 300. T odestag.........................................................177 * Bemerkungen zur Erforschung der byzantinischen Kirchenmusik . 193 Volkslied als Bekenntnis (Kurt Huber zum Gedächtnis) . . . . 215 Zur Antigone-Interpretation von Carl O r f f ..........................................227 Theodor W. Adorno, Philosophie der neuen Musik . . . . 233 Rudolf von Ficker (1886—1954)......................................................... 237 Bibliographischer N achw eis.......................................................................245 5 VORWORT Der vorliegende Band erscheint zum 70. Geburtstag von Thrasybulos G. Georgiades. Der Autor der hier vereinigten „Kleinen Schriften“ hatte zwar, als er von unserem Plan eines Wiederabdrucks der zum Teil weit zu- rückreichenden Veröffentlichungen erfuhr, zunächst Bedenken. Das Argu- ment aber, das eine erneute Publikation der verstreuten Beiträge rechtferti- gen mag, zieht sich als zentraler Gedanke durch die Arbeiten selbst: Für die Musikgeschichte ist der Zusammenhang, die Einheit, wesentlich. Dieses trifft aber auch für die Arbeiten des Musikhistorikers Georgiades zu. Die chronologisch geordneten und erstmals zusammenhängend veröffent- lichten Abhandlungen bestehen vornehmlich aus Niederschriften von Vor- trägen, denen sich weitere Beiträge in Form von Besprechungen und Nach- rufen anschließen. Sie ermöglichen dem Leser einen neuen Einblick in die methodische Fragestellung, die zwar jede einzelne Arbeit von Georgiades kennzeidmet, in ihrer ganzen Tragweite aber erst in der Summe der Arbei- ten zur Geltung kommt. Angefangen mit der Dissertation über englische Diskanttraktate, 1935, bis zum Vortrag im Schütz-Gedenkjahr 1972 kreisen die Gedanken des Autors um dieselben Grundfragen, die von den verschiedensten Seiten beleuditet werden und die im Laufe der Jahre immer klarer und bewußter werden, de- ren Umrisse sich aber schon sehr früh abzeichnen. Musikalisdier Satz, sprach- licher und musikalischer Rhythmus, Musik und Notenschrift, griechisches Altertum und Wiener Klassiker sind die festen Bezugspole, zwischen denen sich das Tätigkeitsfeld des Musikhistorikers Georgiades ausbreitet. Die „Kleinen Schriften“ ergänzen die in Buchform erschienenen größeren Arbei- ten, von denen hier „Der griechische Rhythmus“ (1949, 21976), „Musik und Sprache“ (1954, 21974), „Schubert“ (1967) genannt seien. Gemeinsam fügen sie sich zu einem Werk, das zum Zeitpunkt des 70. Geburtstags seines Autors den Charakter einer wissenschaftlichen Biographie annimmt, die ein Beispiel für die innere Notwendigkeit und Kontinuität eines methodischen Ansatzes von ungewöhnlicher Ausstrahlungskraft gibt. Die „Kleinen Schriften“ erscheinen in den von Thr. G. Georgiades im Jahre 1959 begründeten und seitdem von ihm herausgegebenen „Münchner Veröffentlichungen zur Musikgeschichte“. Die inzwischen auf 25 Bände an- gewachsene Reihe dokumentiert eindrucksvoll die Resonanz, die der Lehrer Georgiades bei seinen Schülern gefunden hat. Wir freuen uns deshalb, daß sich unser Lehrer mit dem vorliegenden Band zu den Autoren der „Münch- ner Veröffentlichungen“ gesellt. 7 Mit dem Erscheinen des Bandes wird aber auch eine Zäsur gesetzt. Er er- öffnet als Band 26 die Tätigkeit des Unterzeichneten als Herausgeber der „Münchner Veröffentlichungen zur Musikgeschichte“. Den Mitarbeitern am Institut für Musikwissenschaft der Universität München, insbesondere Dr. Marianne Danckwardt, sei für die Hilfe bei der Druckvorbereitung herzlich gedankt. Dank gebührt aber auch dem Verleger Hans Schneider für das freudige Aufgreifen unseres Planes zu dieser Ver- öffentlichung und für das besondere Interesse, das er ihr entgegenbrachte. München, 4. Januar 1977 Theodor Göllner 8 AUS DER MUSIKSPRACHE DES MOZART-THEATERS (1950) Oft führt man als Merkmale der Wiener klassischen Musik die Kontraste, den sogenannten Affektwechsel, die Symmetrien, die Gruppenbildungen an. Solche Merkmale finden wir leicht schon beim Überfliegen z. B. der Figaro- Ouvertüre. Betrachten wir aber nur ein Glied für sich, betrachten wir die ersten sieben Takte: Keine Kontraste, kein Affektwechsel, auch keine Sym- metrie, und doch echter Mozart; kein Bach; kein Fortspinnen im alten Sinn. Wie ist die Satzstruktur geartet, wie ist die Sprache beschaffen, die ein solches Gebilde ermöglicht? Als ein Merkmal der sieben Figaro-Takte möchte ich die Dirigiernot- wendigkeit ansprechen. Denken wir an Bach, z. B. an den Beginn des 5. Bran- denburgischen Konzertes: Man hat den Eindruck — das wurde oft fest- gestellt —, daß hier das Stück, nachdem es durch einmaligen Krafteinsatz in Bewegung gebracht worden ist, gleichsam von selbst abrollt. Bei Mozart ist hingegen notwendig, daß wir stets auf der Hut sind, um bei unerwar- teten Wendungen lenkend einzugreifen. Es tauchen während des Ablaufs der sieben Takte unvorhergesehene Kräfte auf, gleichsam aus dem Nichts, nicht kausal begründbar, die in das Geschehen gestaltend eingreifen. Daher die Notwendigkeit der Dirigierhaltung. Damit meine ich aber nicht etwa eine lediglich in der subjektiven Anlage begründete und stets wiederkeh- rende Taktierweise (im Sinne Beckings), sondern gewisse Impulse, die an bestimmten Stellen notwendig werden, die also mit der besonderen Ge- stalt des objektiv niedergelegten Gebildes Zusammenhängen. Die sieben Takte der Figaro-Ouvertüre bilden nur äußerlich eine einheitliche Linie. In Wirklichkeit ist diese „Linie“ aus mehreren kleinen Gliedern mit eige- nem Bewegungsimpuls, ich möchte sagen: aus mehreren Splittern, „Fetzen“ zusammengesteilt. Die wesentlichste Fuge findet sidi zwischen dem fünf- ten und sechsten Takt: Nachdem in den Takten 4 und 5 die Zügel locker zum freieren Ablauf gelassen werden, findet beim Beginn von Takt 6 ein plötzliches Rücklehnen statt, es setzt eine Gegenkraft ein: das eigenwillige Gebilde der letzten zwei Takte. Das v/ird auch im Notenbild sichtbar: 9 Während in den ersten fünf Takten die Achtelbewegung auf jeder Takt- zeit (also halbtaktig) mit fallender Sekunde einsetzt (V), beginnt das Ge- bilde Takt 6 f. mit steigender Sekunde (/*) und wird zur Einheit geschweißt dadurch, daß diese Gliederung am Beginn der zweiten Takthälfte nicht wiederholt wird. Durch die an ihre Stelle tretende fallende Terz entsteht ein eigenwillig und zielsicher gewundenes, als Einheit empfundenes Ab- schlußglied. Man kann auch sagen: Der Bau dieser sieben Takte erinnert an den Kontrapost der klassischen Plastik. Bei laienhafter Betrachtungsweise würde man dazu neigen, ein solches Gebilde als eine freiere, sich freier bewegende Linie denn bei Bach zu be- zeichnen. Dieser Eindruck des Freieren beruht aber eben auf der Tatsache, daß es sich überhaupt nicht um eine Linie, sondern um ein aus verschiede- nen Linienfetzen zusammengestelltes siebentaktiges Gebilde handelt. Diese Bauart bildet ein wesentliches Merkmal der klassischen Musiksprache. Anders gesagt: wir stehen nicht vor einer kontinuierlichen Entwicklung der „gebundenen“ Badischen Linie zu der „freieren“ der Klassiker; aber auch nicht vor Einflüssen von seiten des galanten und des empfindsamen Stils, der kleinen Zwei- und Vier-Takt-Symmetrien, der Homophonie, der Kontraste, der Affektwechsel. Mit diesen Erscheinungen hängt höchstens noch Gluck und sonst die Opera seria der Zeit zusammen. Die Klassiker schöpfen aber aus anderen Tiefen. Sie prägen eine neue Musiksprache, sie schaffen somit neue geistige Wirklichkeiten, sie erfassen die Wirklichkeit unter neuem, nie dagewesenem musikalischem Aspekt. Wollen wir dieses Neue ins Menschliche übersetzen, so können wir es als das Erfassen des Handelns, des spezifisch menschlichen Handelns bezeich- nen. Und wie aus dem Affekt oder dem Affektwechsel allein nie und nim- mer durch allmähliche Umwandlung die Haltung des Handelns entstehen kann, so auch nicht aus der einheitlichen Linie oder aus einer symmetri- schen Gruppenbildung das musikalische Satzgebilde der Klassiker. Ich glaube, daß die neue Satzstruktur im wesentlichen aus dem Gewinnen eines neuen musikalischen Verhältnisses zum Wort angeregt worden ist — zum Wort, zur menschlichen Sprache als unmittelbarer Verwirklichung des Mensch- seins. Jedenfalls für uns Betrachtende wird das Verständnis leichter, wenn wir von dort ausgehen. Aus einem neuen Verhältnis zum Theater, zum dargestellten, somit auch sprechenden Menschen, ist eine neue Musik entstanden. In der früheren Opera buffa, die sich ja ihres Zusammenhanges mit der Stegreifkomödie erinnerte, in der Serva Padrona Pergolesis (1733), ist die Musik der ein- zelnen Stücke nicht, wie bei den Seria-Arien, so sehr und in erster Linie das musikalische Bild eines stehenden Affektes. Der Komponist verfolgt auch nicht, wie etwa später Gluck, als Ziel das Ausdeuten des Wortes als 10 Affektäußerung; er strebt also auch nicht die musikalische Verwirklichung eines Affektwechsels an. Die Musik Pergolesis verwirklicht die Situation, die Aktion, die Begebenheit auf der Bühne, das Geschehen vor unseren Augen, in unserer Gegenwart, hier und jetzt. Die Aufmerksamkeit wird musikalisch auf den Darsteller als handelnde Person gelenkt. Man macht musikalisch seine Aktion mit. Es waren aber keine musikalischen Vorbilder vorhanden, die es erlaubten, solche Vorstellungsstrukturen als Musik zu verwirklichen. Daher durchbricht Pergolesi notgedrungen die Schranken und versucht, sich einfach der Begebenheit anzupassen. Das Kräftigere war das überlieferte, volkstümliche, „vor-geistige“, außermusikalische Stegreifthea- ter. Die Musik mußte ihm entsprechen, sie mußte ohne Rücksicht auf die unmittelbar geltende musikalische Tradition geschaffen werden. Sie mußte also in gewissem Sinne eine proletarische Haltung einnehmen und aus dem musikalischen Nichts entstehen. Von vornherein war es hier ausgeschlos- sen, daß eine Gesangslinie, eine einheitliche Melodie in landläufigem Sinn entsteht. Denn der Begriff der musikalischen Linie ist undenkbar ohne den Begriff eines stehenden Bildes, das lediglich auf die Achse der Zeit proji- ziert wird. Hier aber sollte primär nicht die Rede als die Entwicklung eines solchen stehenden Bildes, als etw'as Kontinuierliches musikalisch aus- gedeutet werden. So bei der ersten Arie des Uberto: Nicht der dieser Rede zugrundeliegende stehende Affekt, etwa eines miß- mutigen, verärgerten Alten, bildet primär den Gehalt der Musik. Pergolesi erfaßt und verwirklicht diese Worte nicht sub specie des stehenden Affek- tes, sondern sub specie des Geschehens, d. h. so, als ob sie die Angabe einer hier und jetzt, vor unseren Augen, in unserer Gegenwart stattfindenden Begebenheit wären. So die Wirklichkeit sehen bedeutet aber, sie als etwas 11

Description:
den sogenannten Affektwechsel, die Symmetrien, die Gruppenbildungen an. Solche Merkmale len, geometrische Figuren, algebraische Relationen. Ebenfalls .. Geräusch — gleichgültig ob sie das physikalische Merkmal des Tons, die .. nen), soweit sie Eingang in die Liturgie fand — war im 1.
See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.