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Klassiker der Sprachphilosophie. Von Platon bis Noam Chomsky PDF

548 Pages·1996·22.652 MB·German
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Klassiker der Sprachphilosophie KLASSIKER DER SPRACHPHILOSOPHIE VONPLATON BIS NOAM CHOMSKY Herausgegeben van Tilman Barsche VERLAG C. H. BECK MÜNCHEN Mit 24 Porträtabbildungen Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Klassiker der Sprachphilosophie: von Platon bis Noam Chomsky / hrsg. von Tilman Borsche. - München: Beck, 1996 ISBN 3-4°6-4°520-7 NE: Borsche, Tilman [Hrsg.] ISBN 3 406 40520 7 c. © H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung (Oscar Beck), München 1996 Satz: Fotosatz Otto Gutfreund GmbH, Darmstadt Druck und Bindung: Ebner Ulm Gedruckt auf säurefreiem, alterungs beständigem Papier (hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff) Printed in Germany INHALT Tilman Borsehe: Einleitung ........... 7 Manfred Kraus: Platon (428127-348/47 v. Chr.) 15 Andreas Graeser: Aristoteles (384-321 v. Chr.) . 33 Karlheinz Hülser: Stoa (Beginn ca. 300 v. Chr.) 49 Burkhard Mojsisch: Augustin (354-430) .... 63 Theo Kobusch: Grammatica speculativa (I2.-14·Jahrhundert) . 77 Stephan Meier-Oeser: Nikolaus von Kues (14°1-1464) 95 Klaus-M. Kodalle: Thomas Hobbes (1588-1679) . . . . II1 Reinhard BrandtlHeiner F. Klemme: John Locke (1632-17°4) 133 Hans Poser: Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) . 147 Jürgen Trabant: Giambattista Vico (1668-1744) . . . 161 Winfried Franzen: Etienne Bonnot de Condillac (1714-1780) 179 DetlefOtto: Johann Georg Hamann (1730-1788) . 197 Vlrich Gaier: Johann Gottfried Herder (1744-18°3) 215 JosefSimon: Immanuel Kant (1724-18°4) . . . . 233 Thomas Sören Hoffmann: Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) 257 Donatella Di Cesare: Wilhelm von Humboldt (1767-1835) 275 Ernst Behler: Friedrich Nietzsche (1844-19°0) . . 291 Helmut Pape: Charles Sanders Peirce (1839-1914) 307 Wolfgang Künne: Gottlob Frege (1848-1925) . 325 Dominic Kaegi: Ernst Cassirer (1874-1945). . 347 Stefan Majetschak: Ludwig Wittgenstein (1889-1951) 365 Günter Wohlfart: Martin Heidegger (1889-1976) . . . 385 Peter Stemm er: Sprachanalytische Philosophie (20. Jahrhundert) 401 Christian Stetter: Strukturale Sprachwissenschaft (20. Jahrhundert) ....... 421 -------------------, --- 6 Inhaltsverzeichnis Anhang Anmerkungen und Literatur . 449 Verzeichnis der Abbildungen 517 Die Autoren 518 Personenregister 525 Sachregister . . . 535 Tilman Barsche EINLEITUNG Sprachphilosophische Überlegungen zu einer Geschichte der Sprachphilosophie Die «Wende zur Sprache» gilt weithin als das herausragende Kennzeichen der Philosophie des zu Ende gehenden Jahrhunderts. Dieses sei, so sagt man, ein Jahrhundert der Sprachphilosophie gewesen. Mitunter wird gar die merkwürdige Frage gestellt, ob nicht alle Philosophie in Wahrheit als Sprachphilosophie oder doch wenigstens als Sprachkritik zu verstehen sei. Das gilt für sprachanalytisches Denken in der Nachfolge Wittgen steins ebenso wie für das Denken der Sprache beim späten Heidegger oder für dekonstruktivistische Textarbeit. Jedenfalls begründet die irritie rende Vermutung, daß Philosophie vielleicht immer schon Sprachphi losophie gewesen sei, ein genuin philosophisches Bedürfnis nach einer Geschichte der Sprachphilosophie. Vorab ein kurzes Wort zur Disziplin einer Geschichte der Sprachphi losophie: Es gab und gibt verwandte Unternehmen, gelegentlich unter demselben Titel, sowohl im Geist der Philologie des 19. Jahrhunderts als auch im Geist der Linguistik des 20. Jahrhunderts. Mit Stein thai gespro chen sehen sie ihre Aufgabe darin, «die Entwicklung des wissenschaftli chen Bewusstseins von der Sprache» darzustellen, es geht um die Sprache als Gegenstand.1 Aufgabe einer Geschichte der Sprachphilosophie wird es demgegenüber sein, die Entwicklung der philosophischen Reflexion des Begriffs der Sprache darzustellen. Das aber führt zunächst in diszi plingeschichtliche Schwierigkeiten. Denn einerseits kommt Sprachphi losophie als eine philosophische Disziplin erst sehr spät in den Blick. Andererseits aber wird sie entdeckt und betrieben als etwas, das es immer schon gab. Als ein eigenständiger Bereich der Wissenschaft formierte sie sich im Geist der neuen Aristoteles-Rezeption des 13. Jahrhunderts unter dem Namen einer grammatica speculativa. Doch es scheint, daß erst Francis Bacon die konstitutive Unterscheidung einführt zwischen einer «literarischen Grammatib, die dazu dient, «die Sprachen schneller zu lernen und besser zu sprechen», und einer «philosophischen Gramma tik», die die «Analogie zwischen Worten und Sachen» untersucht.2 Im Sinn dieser Unterscheidung liegt das Philosophische der philosophischen Grammatiken des späteren 17. und 18.Jahrhunderts in dem, was allen Sprachen gemeinsam ist, in ihrer logischen Form. Demgegenüber wird die Verschiedenheit der Sprachen, obwohl ihr Einfluß auf Meinungen und Sitten der Völker3 seit der Antike diskutiert wurde, erst sehr spät, deutlich erst bei Condillac, auch philosophisch interessant. Es charakterisiert den 8 Ti/man Borsche Beginn einer neuen Epoche oder den Beginn einer philosophischen Dis ziplin der Sprachphilosophie, wenn Herder, bei dem die deutsche Wort zusammensetzung von Philosophie und Sprache vielleicht erstmals auf taucht, einerseits von «Sprachenphilosophie» spricht, also offenbar die Vielfalt für wesentlich erachtet, und andererseits den Ursprung derselben auf die Griechen zurückführt.4 Disziplingeschichtliche Probleme der genannten Art brauchen und pfle gen denjenigen, der Ideengeschichte betreibt, wenig zu irritieren. Gilt im vorliegenden Fall doch unbestritten, daß das Problem der Sprache minde stens so alt ist wie die Philosophie selbst. Doch hier zeigt sich eine andere, größere und wirklich überraschende begriffsgeschichtliche Schwierigkeit. Obwohl das Problem der Sprache in der Tat so alt ist wie die Philosophie, hat das Wort «Sprache» als ein philosophischer Terminus keine lange Geschichte. Weil die Fragestellung, unter der Probleme der Sprache diskutiert wurden, eine jeweils besondere war, geschah dieses Nachdenken unter Begriffen, die eine speziellere Bedeutung hatten und die wir daher nicht guten Gewissens mit «Sprache» übersetzen können. Das bekannteste und von der späteren Sprachphilosophie am meisten diskutierte Problemfeld ist die erkenntnistheoretische Frage nach dem Verhältnis von Namen und Sachen, das spätestens mit Platon ins Zentrum der Sprachreflexion rückt. Es wird durch die Aristotelische Unterschei dung zwischen der natürlichen Bedeutung beseelter Laute und der will kürlichen auf Komposition und Konvention gründenden symbolischen Bedeutung menschlicher Rede richtungweisend strukturiert. Infolge die ser Verschiebung des erkenntnistheoretischen Ansatzpunktes gilt fortan nicht mehr der Name (das Wort), sondern der Satz (die Proposition), und er allein, als der Ort möglicher Wahrheit. Das weite Feld der Sprachlogik ist eröffnet. Mit einer solchen Konzentration des Interesses auf die Wahrheitsfrage im Aussagesatz werden jedoch wichtige Aspekte auch der antiken Sprach reflexion aus der Philosophie verdrängt; sie entfalten sich in anderen Lehrgebieten. Erstens werden Worte auch als Werkzeuge der Überre dung, als Mittel, auf andere Menschen einzuwirken, erkannt, eingesetzt und reflektiert. Aber gerade die Rhetorik bleibt von der Philosophie ausgeschlossen. Von Platon über Augustin bis Spinoza gelten Worte, ähn lich wie Musik und Einbildungen (phantdsmata), aufgrund ihrer Macht über die Seele als gefährlich, sie müssen vom Verstand kontrolliert wer den. Zweitens werden überlieferte Worte, insbesondere kanonisierte Texte, auf ihre Bedeutung hin befragt. Das Problem des Verstehens im Sinn von <Zeichen deuten> wird zuerst in der Etymologie thematisiert, dann in der Dichtererklärung und -kritik (exegesis). Es ist wohl einer späteren Generalisierung der philologischen Methode zur Erklärung dunkler Dichterworte zuzuschreiben, daß man fortan von Wörtern über haupt als von deutungsfähigen und bisweilen deutungsbedürftigen Zei- Einleitung 9 ehen sprechen konnte. Hier hat der Begriff der Sprache als eines <Systems von Zeichen> seinen wirkmächtigen Ursprung, von hier aus wird die Ansicht von der Zeichennatur der Sprache auch auf Aristoteles, für den sie kein Thema war, rückprojiziert. Drittens werden die Worte auf ihre Form hin untersucht, es entsteht eine philosophische Sprachtheorie im engeren Sinn. Die stoische Sprachtheorie erörtert die Elemente und For men des Ausdrucks durch die Stimme. Nun ist die Stimme (Phane), wie auch die Vorstellungskraft (phantasia) und der Trieb (harme), körperlich, der (Tier-)Seele zugehörig. Doch die gesamte Erörterung der Elemente und Formen des Ausdrucks durch die Stimme, des <Bezeichnenden>, bleibt an dem orientiert, was es zum Ausdruck bringen soll, am <Bezeich neten>, näher und enger gefaßt: an dem in der Rede Intendierten, dem <Gesagten/Sagbaren> (lekton). Das lekton aber ist unkörperlich und folg lich unveränderlich - wie die platonischen Ideen und die aristotelischen Formen. Schon diese wenigen Hinweise machen deutlich, daß - trotz des Fehlens eines Begriffs der Sprache in dem uns geläufigen Sinn des Worts - wenn nicht alle, so doch die meisten und die wichtigsten Probleme der Sprachphilosophie des 20. Jahrhunderts in der griechischen Philosophie diskutiert wurden. Der springende Punkt der weiteren Entwicklung scheint nun darin zu liegen, daß das lek ton der Stoiker und, theologisch modifiziert, das innere Wort Augustins das Erbe der platonischen Idee übernehmen und der folgenden Tradition des Denkens, mithin auch des Denkens der Sprache, dieses Erbe weiterreichen. Hier liegt, begriffs geschichtlich präzise lokali sierbar, der Keim einer Stagnation in der Geschichte der Sprachphiloso phie, der Grund, warum Sprachphilosophie in einem umfassenden Sinn des Worts aus dem Zentrum der philosophischen Reflexion so lange Zeit verbannt war und blieb. Denn hier werden die Formen und Funktionen der Sprache, insofern sie das menschliche Erkennen etwas angehen, der Logik (bzw. der Dialektik) untergeordnet. Das geschieht in der stoischen Kategorien- und Urteilslehre, der scholastischen Lehre von den modi significandi oder den rationalistischen Universalgrammatiken ebenso wie in den Formalisierungsversuchen dieser Lehren in der Leibnizschen cha racteristica universalis bzw. der Fregeschen Begriffsschrift. Natürliche und historische Aspekte der Sprache gelten demgegenüber als akzidentell in dem Sinn, daß sie das Denken, das Sein und die Wahrheit unberührt lassen, oder anders gesagt: die Bedeutung bleibt rein erhalten - damit reine Wissenschaft möglich sei. Die Untersuchung von Formen und Funktionen der Sprache in dieser Absicht - einerseits als Propädeutik von Logik und Wissenschaftstheorie, andererseits als Warnung vor der Sprachverführung des Denkens - be stimmt bis in die Gegenwart hinein eine mächtige Traditionslinie in der Geschichte der Sprachphilosophie; sie ist Teil der Grundordnung des herrschenden wissenschaftlichen Diskurses. Aus der Kritik an diesem IO Tilman Barsche Schema der Sprachkritik erwächst eine andere Sprachphilosophie. Ihre Geschichte kann man als die Geschichte von Versuchen einer Subversion der (platonisch-aristotelisch inspirierten) stoischen Lehre von der Allge meinheit, Unveränderlichkeit und Unkörperlichkeit der Bedeutung ver stehen. Sie wäre damit zu lesen als der vielfältige Weg einer Historisie rung, Konkretisierung, kurz: einer Individualisierung der Bedeutung. Schon früh gibt es Ausbruchsversuche aus dem sprachphilosophischen Schema der stoischen Dialektik, in der das Problem der Wahrheit gänz lich vom Problem des sprachlichen Ausdrucks getrennt ist. Denn die Möglichkeiten des Ausdrucks stoßen offenbar an Grenzen, sie werden ihrerseits zum Problem. - «Was sollen wir tun? Schweigen können wir nicht; Wörter, die der Sache angemessen sind, finden wir nicht», schreibt Hugo von Honau im I 2. Jahrhundert.5 Es ist zunächst die Rede von Gott, die das Schema der stoischen Dialektik sprengt. Seit Pseudo-Dionysios Areopagita gilt auch der christliche Gott als «unaussprechlich für jederlei Wort», «unsagbar, undenkbar, unnennbar».6 Vor Gott als dem Sein selbst, der Wahrheit selbst, dem Einen ohne Andersheit versagen alle denkbaren Namen. Und dennoch ist die Rede von Gott geradezu gebo ten - wir sollen ihn loben -, und ist nicht alle wahre Rede Rede von Gott? Diese Figur, in der mystischen Theologie entstanden und bis in die ro mantische Poetik und Sprachphilosophie tradiert, bleibt jedoch vom herrschenden Diskurs der Philosophie weitgehend ausgeschlossen. Die Vermittlungsversuche eines Nikolaus von Kues finden wenig Resonanz. - Einen weiteren Ausbruchsversuch stellt der humanistische Rückgriff auf die antike Rhetorik dar, der sich mit einer Kritik an der scholastischen Wissenschaft verbindet. Hier wird die kulturschöpferische Macht der Sprache gepriesen und, was entscheidend ist, auf die Bedeutungen ausge dehnt, die das ingenium hervorbringt (so etwa bei Vives7). Eine Zeitlang behauptet sich diese Gestalt einer <metakritischen Sprachphilosophie avant la lettre> außerhalb der Schulen, d. h. neben der stets aristotelisch dominierten Universitätsphilosophie. Doch mit Galilei und Descartes ändert sich die Lage erneut: Das am Vorbild der Mathematik ausgerich tete und sprachfrei konzipierte philosophische Erkenntnisideal verbindet sich mit dem humanistischen Primat der Praxis zum neuzeitlichen Begriff der Wissenschaft, der auch in Fragen der Sprachphilosophie bis in die Gegenwart hinein dominierend bleibt. - Doch weder die mystische noch die humanistische Sprachkritik sind damit einfach vergangen. Jene lebt weiter in der redseligen Klage der Dichter über die Unzulänglichkeit der Sprache; diese, über Bacon, Hobbes und Locke vermittelt, wirkt bis in die verschiedenen Schulen angelsächsischer Sprachphilosophie des 20. Jahrhunderts hinein. Beide aber können die herrschende Lehre von der sprachfreien oder allgemeinen Natur des Denkens nur marginal gefähr den, von der sie umgekehrt sogar mitunter absorbiert zu werden drohen (Carnap). Nach keiner dieser Versionen traditioneller Sprachkritik jeden-

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