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Kindler Kompakt: Portugiesische Literatur, 20. Jahrhundert PDF

197 Pages·2015·1.517 MB·German
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J.B.METZLER KINDLER KOMPAKT PORTUGIESISCHE LITERATUR 20. JAHRHUNDERT Ausgewählt von Gerhard Wild Verlag J. B. Metzler Kindler Kompakt bietet Auszüge aus der dritten, völlig neu bearbeiteten Auflage von Kindlers Literatur Lexikon, herausgegeben von Heinz Ludwig Arnold. – Die Einleitung wurde eigens für diese Auswahl verfasst und die Artikel wurden, wenn notwendig, aktualisiert. Dr. Gerhard Wild ist Professor für Romanistik an der Goethe-Universität in Frankfurt/Main; er war Fachberater bei der 3. Auflage von Kindlers Literatur Lexikon. Inhalt GERHARD WILD Die portugiesische Literatur im 20. Jahrhundert 9 CAMILO DE ALMEIDA PESSANHA Das lyrische Werk 31 FERNANDO PESSOA Die orthonyme Lyrik 34 Das lyrische Werk des Álvaro de Campos 36 Ricardo Reis: Oden / Odas de Ricardo Reis 39 Alberto Caeiro. Dichtungen / Alberto Caeiro. O guardador de rebanhos 42 António Mora: Die Rückkehr der Götter / Obras de António Mora 44 Esoterische Gedichte, Mensagem, Botschaft , englische Gedichte / Mensagem 46 Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares / O livro do desassossego 48 Die Prosaschrift en 51 JOAQUIM TEIXEIRA DE PASCOAES Marânus / Marânus 54 Rückkehr ins Paradies / Regresso ao paraiso 55 MÁRIO DE SÁ-CARNEIRO Das lyrische Werk 56 Himmel in Flammen / Céu em fogo 59 Lúcios Bekenntnis / A confi ssão de Lúcio 65 JOSÉ SOBRAL DE ALMADA-NEGREIROS Das lyrische Werk 67 K4 Das Blaue Quadrat / K4 O quadrado azul 74 Deckname / Nome de guerra 76 FLORBELA ESPANCA Das lyrische Werk 78 Die Erzählungen 80 ANTÓNIO BOTTO Lieder / Canções 85 MIGUEL TORGA Das lyrische Werk 87 Die Erschaff ung der Welt / A criação do mundo 90 Tagebuch / Diário 91 ANTÓNIO PEDRO Das lyrische Werk 94 Nur eine Erzählung / Apenas uma narrativa 97 JOSÉ RÉGIO Blindekuh / Jogo da cabra cega 100 VITORINO NEMÉSIO Das lyrische Werk 101 ALVES REDOL Landarbeiter / Gaibéus 105 JORGE DE SENA Das lyrische Werk 106 ANTONIO JOSÉ BRANQUINHO DA FONSECA Der Baron / O Barão 113 MANUEL DE LIMA Ein Bärtiger / Um homem de barbas 116 EUGÉNIO DE ANDRADE Das lyrische Werk 120 RAUL DE CARVALHO Das lyrische Werk 124 MÁRIO CESARINY DE VASCONCELOS Das lyrische Werk 129 ALEXANDRE O’NEILL Das lyrische Werk 133 MANUEL DA FONSECA Das Feuer und die Asche / O fogo e as cinzas 137 Saat des Windes / Seara de vento 139 AGUSTINA BESSA LUÍS Die Sibylle / A sibila 141 Fanny Owen / Fanny Owen 143 FERNANDO NAMORA Spreu und Weizen / O trigo e o joio 145 Der traurige Fluß / O rio triste 147 AUGUSTO ABELAIRA Die Blumenstadt / A cidade das fl ores 149 VERGÍLIO FERREIRA Erscheinung / Aparição 151 Kurze Freude / Alegria breve 153 SOPHIA DE MELLO BREYNER ANDRESEN Sechstes Buch der Gedichte / Livro sexto 155 Exemplarische Erzählungen / Contos exemplares 156 JOSÉ CARDOSO PIRES Der Dauphin. Der Roman des heutigen Portugal / O Delfi m 159 Ballade vom Hundestrand / Balada da praia dos caes 161 JOSÉ BENIGNO DE ALMEIDA FARIA Lusitanische Trilogie / Trilogia lusitana 163 MÁRIO HENRIQUE LEIRIA Gin-Tonic-Erzählungen / Contos do gin-tónic 166 ANTÓNIO LOBO ANTUNES Der Judaskuß / Os cus de Judas 169 Fado Alexandrino / Fado Alexandrino 170 Die Rückkehr der Karavellen / As naus 172 Der Tod des Carlos Gardel / A morte de Carlos Gardel 174 Das Handbuch der Inquisitoren / O manual dos inquisidores 176 RUBEN A. Chaos / Kaos 179 LÍDIA JORGE Der Picknickstrand / O cais das merendas 181 JOSÉ SARAMAGO Das Memorial / Memorial do convento 183 Das Todesjahr des Ricardo Reis / O ano da morte de Ricardo Reis 185 Das Evangelium nach Jesus Christus / O Evangelho segundo Jesus Cristo 188 Eine Zeit ohne Tod / As intermitências da morte 190 HÉLIA CORREIA Der Teufelsberg / Montedemo 193 MIGUEL SOUSA TAVARES Am Äquator / Equador 196 Die portugiesische Literatur im 20. Jahrhundert Gerhard Wild »Das Meer ist erfüllt, das Reich verloren« (Fernando Pessoa) Obwohl Portugal bis ins letzte Viertel des 20. Jahrhunderts weit ent- fernte Territorien sein eigen nennen konnte, die ein Vielfaches seiner eigenen Fläche einnahmen, hatte das Land längst aufgehört, eine die Weltkugel umspannende See- und Handelsmacht zu sein. Selbst dem realitätsfernsten Anhänger imperialer Phantasien musste dies im voraus- gehenden Jahrzehnt schmerzlich bewusst werden, als das Land im kolo- nialen Tauziehen mit dem Britischen Empire an den Rand eines Krieges geraten war. Nicht nur aufgrund dieser ambivalenten Situation als Kolo- nialmacht eignet Portugals geistiger Kultur seit dem 19. Jahrhundert eine 9 Distanzhaltung, die sich im nicht notwendigerweise politisch bedingten inneren wie äußeren Exil seiner Söhne zeigt. Eine ganze Generation von G N romantischen Dichtern hatte zeitweilig oder dauerhaft das Land verlas- U T sen: Schon der »portugiesische Flaubert«, José Maria Eça de Queiroz war I E L 1900 im fernen Paris verstorben. Der Diplomat, Ethnologie und Schrift- N I E steller Wenceslau de Morães wird bis zu seinem Tod 1925 in Japan blei- ben, im Jahr darauf stirbt – wohl infolge seines Opiummißbrauchs – im portugiesischen Macao der mit ihm befreundete Camilo Pessanha, der zu diesem Zeitpunkt mit einem einzigen schmalen Gedichtband, A Clép- sidra (Die Wasseruhr, 1920), zum bedeutendsten symbolistischen Dichter seines Landes aufgestiegen war. Wie in Baudelaires Weltschmerzgedicht »L’horloge« (1860) kündet die titelgebende Metapher der Wasseruhr von der Unumkehrbarkeit und Uneinholbarkeit der Zeit. Pessanha nimmt damit das im iberoromanischen Ambiente nie gänzlich abgelegte christ- lich-barocke Vergänglichkeitsdenken wieder auf, um es mit der im fernen Osten wiedergefundenen Auffassung der Nichtigkeit aller menschlichen Aktivität zur Deckung zu bringen. Bereits 1895 hatte Eugénio de Castro das Magazin A Arte (Die Kunst) gegründet, die zum Vermittlungsort neuester Literatur – d’Annunzio, Barrès, Khan, Maeterlinck, Mallarmé, Moréas, Verlaine – werden sollte. A Arte erweist sich als ebenso kurzlebig wie die meisten literarischen Zeitschrift en. Doch wird Portugal durch Castro, der den eine unermüd- liche Reise- und Vortragstätigkeit entfaltet, mit den für die portugiesi- sche Bourgeoisie eher verstörenden Neuerungen der frühen Moderne konfrontiert. Ein kurz darauf gewaltsam niedergeschlagener republika- nischer Aufstand in Porto mündete im Erstarken des anarchistischen Geheimbundes der »Carbonária«, der 1908 für das Attentat auf König Carlos I. und den Kronprinzen Luís Felipe verantwortlich war. Mit der Revolution am 5. Oktober 1910 endete eine bis 1139 zurückreichende monarchische Tradition. Reformansätze der republikanischen Regie- rung – Trennung von Staat und Kirche, der Ausweisung der christlichen Orden, die acht Jahrhunderte lang ein Bildungsmonopol innehatten, und eine Agrarreform – trafen auf Widerstand. Als Reaktion auf die Liberali- sierung formierte sich seit Ausrufung der Republik eine der vor allem der bürgerlichen Mittelschicht entstammende Bildungselite, deren ideolo- gische Zugehörigkeit unter dem Schlagwort »Renascença Portuguesa« (»Portugiesische Wiedergeburt«) in der Rückwendung zu diff usen 10 nationalen Traditionen und vermeintlich ursprünglich mythischen Qua- litäten des portugiesischen Volkes gründet. Intellektueller Wortführer diese Bewegung war der Dichter Teixeira de Pascoaes, der seit 1912 zwei Jahrzehnte lang die Zeitschrift Águia (Adler) herausgab. Zum nationalis- tischen Kristallisationspunkt aller von außen an den portugiesischen Geist herangetragenen Ideologien, die von romantischer Untergangs- stimmung über Zivilisationsmüdigkeit und Kulturpessimismus bis zum Exotismus um die gesamteuropäische Dekadenzmythologie reichen, wird fortan der Kernmythos der »saudade«. Dieser bereits seit dem maurischen Mittelalter belegte Begriff bezeichnet eine portugiesische Grundbefi ndlichkeit, die mit Melancholie, Nostalgie, Sehnsucht oder gar Entfremdung korrespondiert. Letztlich entwarf Teixeira auf der Basis nationaler Klischees mit dem »saudosismo« ein Mentalitätskonstrukt, das über alle politischen Umwälzungen der Vergangenheit paradoxer- weise durch dieselbe Rückwärtsgewandtheit hinweghelfen sollte, die Anlass aller vorausgegangenen Verwerfungen war. Wenig später formiert sich um die Zeitschrift Nação Portuguesa (Portugiesische Nation) eine zweite politisch ausgerichtete Gruppe, die sich unter der Bezeichnung »Integra- lismo Lusitano« (»Lusitanischer Integralismus«) auf die im späten Mit- telalter wurzelnden Nationalmythen berief, um eine konservative Erneu- erung Portugals und gar eine Rückkehr zur Monarchie herbeizuführen. In den kommenden zwei Jahrzehnten sollten bürgerkriegsähnliche Unruhen und zwei Militärputschs folgen, die das republikanische Portu- gal nicht zur Ruhe oder gar inneren Konsolidierung kommen lassen. Zwischen Selbstverdoppelung und innerem Exil: Orpheu und Portugals Erste Moderne Entlang dieses schwierigen politischen Wegs verlief zwischen 1915 und 1918 Portugals Aufbruch in die ästhetische Moderne, vorangetrieben von einer Handvoll bildenden Künstlern und Malern, die angesichts ihrer geringen materiellen und personellen Möglichkeiten und trotz der Behinderung durch ein konservatives Ambiente Erstaunenswertes für die Weltkultur des 20. Jahrhunderts geleistet haben. Dieser erste »moder- nismo« verstand sich als eine radikal-experimentelle Avantgarde, die mit dem Ziel einer ästhetischen und intellektuellen Erneuerung in provo- kativer Weise mit den bisherigen Formen, Auffassungen und Aussagen der Künste in Portugal brach. Ermöglicht wurde dieser Bruch durch die Zusammenarbeit der Dichter Luís de Montalvor, Mário de Sá-Carneiro, 11 Fernando Pessoa, Alfredo Pedro Guisado, des Publizisten Armando Côrtes-Rodrigues, des Universalkünstlers José de Almada Negreiros G N mit den Architekten, Malern und Grafikern José Pacheko, Guilherme U T Santa Rita (alias Santa-Rita Pintor) und Amadeo de Souza-Cardoso. Eine I E L Art virtuelle Vervielfältigung erlangte die Gruppe durch Pseudonyme, N I E die man nach der jeweiligen Befindlichkeit wählte, wie etwa Côrtes Rodrigues, der zwischenzeitlich unter dem Phantasienamen Violante de Cysneiros figurierte. Wenngleich sich die Mehrzahl der an dem modernistischen Projekt beteiligten Künstler bereits seit mehreren Jahren kannte, gilt als Geburts- stunde des »modernismo« das Jahr 1915, in dem als erste gemeinsame Manifestation die Zeitschrift Orpheu erschien. Der Titel war nicht ohne Grund gewählt, galt doch dem griechischen Mythos zufolge Orpheus als Inbegriff für die Suggestionskraft einer Kunst, die in der Lage sein sollte, die Grenze der Unterwelt und den Spruch des Schicksals zu über- winden. Gleich Orpheus, der sich bei seiner Rückkehr aus der Unterwelt nicht umblicken durft e, verstand sich die »Orpheu-Generation« aber auch emphatisch als Trupp ästhetischer Pioniere, die nur nach vorne blickten. Auch den militärischen Begriff »Avantgarde« wollte man im kämpferi- schen Sinne verstanden wissen, sei es durch Texte, die bewusst gegen bürgerliche Normalität aufb egehrten, sei es durch das äußere Gebaren,

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