Kinder- und Jugendhilfe im Reformprozess Sachverständigen kommission Elfter Kinder- und Jugendbericht (Hrsg.) Materialien zum Elften Kinder- und Jugendbericht Band 2 Joachim Merchel Hans-Jürgen Schimke Stephan Bissinger/Karin Böllert Melanie Abeling/Petra Bollweg/Gaby Flösserl Mathias Schmidt/Melissa Wagner Kinder- und Jugendhilfe im Reformprozess Verlag Deutsches Jugendinstitut, München 2003 Das Deutsche Jugendinstitut e. V. (DJI) ist ein zentrales sozialwissenschaftli ches Forschungsinstitut auf Bundesebene mit den Abteilungen "Kinder und Kinderbetreuung", "Jugend und Jugendhilfe", "Familie und Familienpolitik", "Geschlechterforschung und Frauenpolitik" und "Social Monitoring" sowie dem Forschungsschwerpunkt "Übergänge in Arbeit". Es führt sowohl eigene Forschungsvorhaben als auch Auftragsforschungsprojekte durch. Die Finan zierung erfolgt überwiegend aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und im Rahmen von Projektförderung aus Mit teln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Weitere Zuwen dungen erhält das DJI von den Bundesländern und Institutionen der Wissen schaftsförderung. Die im vorliegenden Band dargestellten Texte wurden als Expertisen zum Elften Kinder- und Jugendbericht erstellt. Ihre Veröffentlichung wurde durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Der Sachverständigenkommission zur Erstellung des Elften Kinder- und Ju gendberichts, die diese Materialien herausgibt, gehören folgende Mitglieder an: Prof. Dr. Karin Böllert, Prof. Dr. Ingrid Gogolin, Monika Frank, Peter Marquard, Prof. Dr. Ingo Richter, Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, Ulrike Werthmanns-Reppekus und als ständige Gäste: Dr. Christian Lüders, MinR Dr. Dr. h.c. Reinhard Wiesner. Der Arbeitsgruppe Elfter Kinder-und Jugend bericht am Deutschen Jugendinstitut gehören an: Dr. Jürgen Barthelmes, Ste phan Bissinger, Jutta Müller-Stackebrandt, Dr. Ekkehard Sander, Dr. Sabine Sardei-Biermann, Dr. Brigitte Seifert, Monica Bilcai (Sachbearbeitung). Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich Alleinauslieferung: Leske+ Budrich, Opladen © 2003 DJI Verlag Deutsches Jugendinstitut, München Umschlagentwurf: Konzept 139, München Umschlagfoto: Anja Rohde, München Gesamtherstellung: grafik+druck GmbH, München ISBN 978-3-322-99770-8 ISBN 978-3-322-99769-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-99769-2 Vorwort Der Elfte Kinder- und Jugendbericht ist ein Gesamtbericht, d. h. er soll die Lage der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sowie die Leis tungen der Kinder- und Jugendhilfe insgesamt darstellen. Doch auch ein Gesamtbericht kann auf begrenztem Raum nur ausgewählte Frage stellungen behandeln. Die Kommission hat deshalb Expertisen, die nunmehr in fünf Bänden "Materialien zum Elften Kinder- und Ju gendbericht" im Verlag Deutsches Jugendinstitut veröffentlicht wer den, in Auftrag gegeben, damit verschiedene Fragestellungen breiter und tiefer beleuchtet werden, als dies in dem Gesamtbericht möglich ist. Dies gilt insbesondere für die folgenden Fragen: 1. Welche Wirkungen hatte der Sechste Jugendbericht, dessen Thema die Lage von Mädchen und jungen Frauen gewesen war? Zu diesem Themenbereich beauftragte die Kommission 16 Expertisen. 2. Der Elfte Kinder- und Jugendbericht ist der erste Gesamtbericht seit der Verabschiedung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Fra gen des Rechts, der Organisation und der Finanzierung in der Ju gendhilfe nehmen deshalb in dem Bericht einen breiten Raum ein. Den Aussagen des Berichts liegen mehrere Expertisen zu diesen Themen zugrunde. 3. In den bisherigen Kinder- und Jugendberichten ist das Thema Ge sundheit ebenso wie das Thema Behinderung vernachlässigt wor den. Die Kommission hat den Versuch unternommen, beide The men einzubeziehen. Als Grundlage der Aussagen des Berichtes dienten mehrere Expertisen zu diesem Thema. 4. Migration und die Vereinigung Europas spielen in der Diskussion von Kinder- und Jugendthemen eine große Rolle. Die Kommission hat sich auf der Grundlage mehrerer Expertisen auch damit aus einander gesetzt. 5. Grundlage der Kommissionsarbeit waren u. a. umfangreiche Daten sätze des Deutschen Jugendinstituts in München, des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin (SOEP) sowie der Ar beitsstelle für Kinder- und Jugendhilfestatistik an der Universität Dortmund. Auch die Auswertungen dieser Datensätze stellt die Kommission in den "Materialien zum Elften Kinder- und Jugend bericht" der Öffentlichkeit überwiegend zur Verfügung. Vorwort 5 Die Kommission dankt allen, die an der Erstellung der Expertisen be teiligt waren. Sie haben ihre Beiträge in kurzer Zeit verfassen müssen. Die Kommission hat ihre Ergebnisse intensiv diskutiert, auch wenn nicht alles in den Bericht selbst eingehen konnte. Die Kommission geht davon aus, dass die Expertisen eine breite Wirkung erzielen wer den. Die Kommission dankt dem Bundesministerium für Familie, Se nioren, Frauen und Jugend, das die Veröffentlichung finanziert hat, so wie den Mitgliedern der Arbeitsgruppe des Deutschen Jugendinstituts, die sie für den Druck vorbereitet haben, insbesondere Herrn Dr. Ek kehard Sander, der die Schlussredaktion besorgte. München, im Juli 2002 Prof Dr. Ingo Richter 6 Materialien zum Elften Kinder-und Jugendbericht, Band 2 Gesamtinhaltsverzeichnis Joachim Merchel Zehn Jahre Kinder-und Jugendhilfegesetz - Zwischenb ilanz zur Reform der Jugendhilfe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Hans-Jürgen Schimke unter Mitarbeit von J ennifer Peters Auswirkungen des neuen Kindschaftsrechts auf die Jugendhilfe.... 143 Stephan Bissinger, Karin Böllert Qualitätsmanagement in der Kinder- und Jugendhilfe.............. 191 Melanie Abeling, Petra Bollweg, Gaby Flösser, Mathias Schmidt, Melissa Wagner Partizipation in der Kinder-und Jugendhilfe ....................... 225 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Gesamtinhaltsverzeichnis 7 Joachim Merchel Zehn Jahre Kinder- und Jugendhilfegesetz - Zwischenbilanz zur Reform der Jugendhilfe Inhalt EinleitungNorbemerkungen ......................................... 11 1 Das KJHG und die Diskussion zur Reform des Jugendhilfe- rechts. ........................................................... 15 2 Das KJHG in der Bewertung der Fachöffentlichkeit: zwischen Zurückhaltung, Kritik und Reformoptimismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3 Reformlinien der Jugendhilfe im Kontext des KJHG ............. 37 4 Das KJHG und das Geld: Ausgabenentwicklung und Finanzierungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 4.1 Ausgabenentwicklung. ........................................... 47 4.2 Finanzierungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 5 Das KJHG in seiner Wirkung auf Arbeitsfelder der Jugend- hilfe............................................................. 56 5.1 Kinder- und Jugendarbeit ........................................ 57 5.2 Förderung der Erziehung in der Familie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 5.3 Tageseinrichtungen für Kinder................................... 64 5.4 Hilfen zur Erziehung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 5.5 Hilfe für junge Volljährige ....................................... 80 6 Verfahrensbestimmungen und Erfahrungen zu ihrer Umsetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Merchel: Zehn Jahre Kinder-und Jugendhilfegesetz 9 6.1 Hilfeplanung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 6.2 Datenschutz..................................................... 97 6.3 Jugendhilfeplanung . . .... . . . .. ...... .. . .. . . . . . .. ... ... ... ... ... . . 98 6.4 Qualitätsentwicklungsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 7 Zu aktuellen Debatten um Strukturen und Aufgaben von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe. . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . 111 7.1 Das Jugendamt als zweigliedrig strukturierte Organisations- einheit für die Jugendhilfe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 7.2 Zum Stellenwert der Landesjugendämter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 8 Perspektiven: Das "Sozialraumbudget" als künftiges Steuerungsinstrument in der kommunalen Jugendhilfe? ........... 126 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 10 Materialien zum Elften Kinder-und Jugendbericht, Band 2 Einleitung/Vorbemerkungen Am 28. Juni 1990 wurde das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) im Bun desgesetzblatt verkündet. Es trat am 3. Oktober 1990 in den neuen Bundes ländern und am 1. Januar 1991 in den alten Bundesländern in Kraft. Damit wurde ein langer Prozess der Debatte um die Reform des Jugendhilferechts zu einem vorläufigen Ende geführt. Man kann den Beginn dieser "unend lichen Geschichte" der Jugendhilferechtsreform (Happe 1990) unterschied lich datieren. Die einen setzen den Ausgangspunkt bereits bei den Überle gungen zur Neugestaltung des Jugendhilferechts zu Beginn der Fünfzigerjah re, beginnend bei der vom Deutschen Verein und von der AGJ im Jahr 1950 herausgegebenen "Denkschrift für die Vorbereitung einer Reform des Ju gendwohlfahrtsrechts" (so etwa Wiesner 1990, S. 112; vgl. auch die Darstel lung der Diskussionen in der Nachkriegsphase bei Hasenclever 1978, S. 154ff.). Andere beziehen sich eher auf die neueren Überlegungen zur Neu fassung des Jugendhilferechts, die schließlich in den Beschluss zum KJHG einmündeten und datieren den "offiziellen" Ausgangspunkt der Debatte um die Jugendhilferechtsreform bei der Vorlage eines "Diskussionsentwurfs für ein neues Jugendhilfegesetz" im Jahr 1973. Welche zeitlichen Dimensionen man auch immer wählt: Auf jeden Fall hatte der Beschluss zum KJHG einen für Gesetzesvorhaben außerordentlich langen zeitlichen Vorlauf. In dem Zeitraum vor der Beschlussfassung haben intensive fachliche Diskussionen zu Konzeptionen und Entwürfen des Jugendhilferechts stattgefunden, in de nen Wissenschaftler, Verbandsvertreter, Praktiker der Jugendhilfe und Politi ker eine Verständigung darüber gesucht haben, welche inhaltliche Ausrich tung ein Gesetz zur Regelung der Jugendhilfe annehmen soll, welches Ju gendhilfekonzept sich in einem Gesetz widerspiegeln soll und in welcher Weise ein Gesetz die fachliche Weiterentwicklung der Jugendhilfe aufnehmen und fördern kann. Das politische Ergebnis dieser Debatten ist am KJHG ab lesbar, das der Deutsche Bundestag am 28. März 1990 beschlossen und dem der Bundesrat am 28. Juni 1990 zugestimmt hat. Der Zeitraum einer zehnjährigen Gültigkeit scheint eine angemessene Zeit spanne zu sein, um eine Zwischenbilanz zu ziehen. Zu fragen ist nach den Wirkungen des KJHGI, nach der Verarbeitung der Gesetzesimpulse im ju gendhilfepolitischen und fachlichen Handeln, nach den Schwierigkeiten der Umsetzung von Bestimmungen des KJHG in die Praxis, nach der heutigen Bewertung von anfangs geäußerten Einschätzungen hinsichtlich des Reform- 1 Wenn nachfolgend das SGB VIII als der eigentlich Kern des als Artikelgesetz eingebrachten Kinder-und Jugendhilfegesetzes gemeint ist, wird vereinfachend und dem allgemeinen Sprachge brauch in Fachkreisen der Jugendhilfe folgend immer vom "KJHG" die Rede sein. Es hat sich mittlerweile eingebürgert, die Differenzierung zwischen "KJHG" und "SGB VIII" zu übergehen und das SGB VIII schlicht als KJHG zu bezeichnen. Diese Gewohnheit wird auch hier aufge nommen. Merchel: Zehn Jahre Kinder-und Jugendhilfegesetz 11