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Keynes aus nachkeynesscher Sicht: Zum 50. Erscheinungsjahr der „Allgemeinen Theorie” von John Maynard Keynes PDF

166 Pages·1988·1.823 MB·German
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Karl Georg Zinn (Hrsg.) Keynes aus nachkeynesscher Sicht Kar' Georg Zinn (Hrsg.) Keynesaus nachkeynesscher Sicht Zum 50. Erscheinungsjahr der ,,Allgemeinen 1heorie" von John Maynard Keynes r[)'fl1.\r7 DeutscherUniversitätsVerlag ~ GABLER ·VIEWEG ·WESTDEUTSCHER VERLAG CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Keynes aus nachkeynesscher Slchh zum 50. Erscheinungsjahr d. "Allgemeinen Theorie· von John Maynard Keynes / Karl Georg Zinn IHrsg.). - Wiesbaden: Dt. Univ.-Verl., 1988 NE: Zinn, Karl Georg IHrsg.) Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann © Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden 1988 Dos Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich ge schützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Ur heberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzul9ssig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Uber setzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verar beitung in elektronischen Systemen. ISBN 978-3-8244-4005-4 ISBN 978-3-663-06725-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-06725-2 INHALT Vorwort 3 Einleitung des Herausgebers 4 Hermann Bartmann/Klaus-Dieter John Ökonomische Unsicherheit, individuelle Erwartungen und die Rolle des Staates bei Keynes und den Postkeynesianern 17 Erich Hödl Finanzmärkte und Staatseingriff im Keynesianismus 39 Werner Meißner Die postkeynesianische Schule und ihr Beitrag zur Erneuerung der politökonomischen Analyse 59 Hajo Riese Das Verhältnis von monetärer und realwirtschaftlicher Dimension im Keynesianismus 73 Kurt W. Rothschild Mikroökonomische Fundierung, Ad-hocery und keynesianische Theorie 107 Bertram Schefold UberIegungen zur neowalrasianischen, marshallianischen und klassischen Mikrofundierung der Theorie der effektiven Nachfrage 127 VORWORT Die fünfzigjährige Wirkungsgeschichte der "Allgemeinen Theorie der Beschäf tigung, des Zinses und des Geldes" von John Maynard Keynes bildete den An laß eines wirtschaftstheoretischen Kolloquiums, das am 23. und 24. Oktober 1986 auf Einladung des Instituts für Wirtschaftswissenschaft der Rheinisch Westfälischen Technischen Hochschule, Aachen, stattfand. Die hier veröffentlichten Kolloquiumsbeiträge wurden zum Teil von den Auto ren überarbeitet und ergänzt. Die Reihenfolge entspricht der der Referate des Kolloquiums. Eine besondere Gruppierung der Abhandlungen erschien nicht sinnvoll, da es sich jeweils um selbständige und abgeschlossene Texte handelt, die nicht direkt aufeinander Bezug nehmen. Die Einleitung beschränkt sich darauf, die einzelnen Beiträge kurz vorzustellen, ohne daß Verbindungen zwischen ihnen hergestellt oder Unterschiede in dem jeweiligen Zugang zur Theorie Keynes' herausgehoben werden. Unvoll kommenheiten, mögliche Irrtümer oder falsche Gewichtung von Thesen und Ar gumenten in der einleitenden Präsentation der Aufsätze sind ausschließlich vom Herausgeber zu verantworten. Den Autoren sei für die Bereitschaft gedankt, ihre Referate der Veröffent lichung verfügbar zu machen. 4 EINLEITUNG Das Interludium der monetaristischen Wirtschaftspolitik scheint sich in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre seinem Ende zuzuneigen. Damit dürfte auch die monetaristische Theorie an schulbiIdendem Einfluß verlieren. Ob damit allerdings auch eine Rückkehr des Keynesianismus als wirtschaftspolitischer Orientierungslehre verbunden sein wird, läßt sich noch nicht erkennen. Sollte eine wirtschaftspolitische Keynes-Renaissance eintreten, so dürfte allerdings sicher sein, daß es sich um einen Keynesianismus neuer Prägung handeln wird, und zwar in zweifacher Hinsicht. Er stens hat die Keynes-Forschung der vergangenen Jahrzehnte eine recht dif ferenzierende Keynes-Interpretation erarbeitet, die trotz ihrer einem un übersichtlichen Flußdelta gleichenden Verästelungen doch darin übereinstimmt, daß die Nachkriegsrezeption der Keynesschen Theorie eine den Autor verfälschende Verengung darstellt. Auf der theoretischen Ebene wird diese Verkürzung durch das Hickssche IS-LM-Modell repräsentiert, im wirtschafts- politischen Bereich durch die Meinung, Keynesianismus erschöpft sich in kurzfristiger, antizyklischer Globalsteuerung. Nur dieser gestutzte "Keynesianismus" ist tot und nur für ihn gilt, daß er gegenüber der jüngeren Weltwirtschaftskrise versagt hat. Zwe i tens deutet sich eine theoriegeschichtliche Relativierung der Keynesschen Lehre derart an, daß ihre Verbindungen zu anderen Theoriekonzepten deutlicher erkannt werden und eine synthetisierende Wirtschaftstheorie entstehen könnte, in der - wie etwa bei den Radical Economics US-amerikanischer Provenienz - jeweils Elemente recht verschiedener Theorieansätze zusammengeführt werden oder aber, wo solche Integration (noch) nicht aussichtsreich erscheint, Teiltheorien koexistieren, ohne daß sie als sich gegenseitig ausschließende Paradigmen in Konfrontation stehen. Das neue Keynes-Bild entwickelt sich zwar nur langsam und hat noch keines wegs Eingang in die vornehmlich von Neoklassikern geschriebene Lehrbuchli teratur gefunden, aber die Zeit wird diesen Zustand wohl ändern. Vor allem kann die Keynes-Forschung heute auf eine weitaus umfassendere Quellendoku mentation zurückgreifen, als es bis zum Erscheinen der inzwischen auf 29 Bände angewachsenen von Moggridge besorgten Ausgabe der "Collected Writings of John Maynard Keynes" Ü972 H.) möglich gewesen ist. 5 Wie bei den meisten großen sozialwissenschaftlichen Autoren werden sich auch im Gesamtwerk Keynes Widersprüche herausstellen, und es werden sich scheinbar eindeutige Belege für unterschiedliche Keynes-Interpretationen finden lassen. Es sollte daher von Anfang an auf Authentizitäts- und Demarkationsgefechte nicht allzu viel Wert gelegt werden, sondern die Vielfalt der Ideen, Perspektiven und weitertreibenden Anstöße, die das Keynessche Werk bietet, ist wichtig - nicht die relativ unfruchtbare Diskussion darüber, was Keynes "wirklich" gemeint haben könnte. Hier gilt - wie in anderen Fällen - der Aphorismus von Georg Christoph Lichtenberg: "Lesen heißt borgen, daraus erfinden, abtragen." Erfinden kann u.a. heißen, Keynes Analyse der wirtschaftlichen Wirklichkeit wegen ihres Realitätsgehaltes gegen realitätsuntüchtige Theorie ins Feld zu führen, die wirtschaftspolitischen Konsequenzen auch dort zu ziehen, wo sie bei Keynes nicht oder nur sehr undeutlich formuliert worden sind, und die Theorie Keynes weiterzudenken, wenn wichtige Probleme - so beispielsweise die des strukturellen Wandels - von Keynes vernachlässigt oder übergangen worden sind. Wenn im folgenden die sechs Beiträge dieses Bandes kurz vorgestellt werden, so wird sich zeigen, daß die Autoren durchwegs von einem "keynesianischen Standpunkt" aus argumentieren, was nicht bedeuten muß, daß sie sich auch durchwegs als Keynesianer bezeichnen würden. Die Gemeinsamkeit wird aller dings dort unübersehbar, wo es um die kritische Beurteilung der neoklassischen Theorie als Realitätserklärung und als Grundlage wirtschaftspolitischen Handelns geht. Diese konfligierende Haltung wird schärfer formuliert, wenn das Thema die Abgrenzung der Keynesschen Sicht zur Neoklassik bzw. zur Allgemeinen Gleichgewichtstheorie besonders nahelegt; sie bleibt unterschwellig, wo die mehr referierende Keynes-Darstellung von der Sache her vorherrscht. Wie erwähnt, gibt es noch keinen neuen, dem Original adäquaten "Lehrbuch Keynesianismus". Die Beiträge des Kolloquiums, die vor dem Hintergrund einer breiten und jüngst wieder anwachsenden Keynes-Forschung zu sehen sind, ma chen jedoch deutlich, daß wichtige Komponenten einer künftigen und dann rich tigeren, weil vollständigeren Lehrbuch-Rezeption der Keynesschen Theorie be reits verfügbar sind. Wie der "Neo-Keynesianismus" der 1990er Jahre aussehen wird, läßt sich jedenfalls heute eher erkennen als noch vor fünf oder gar zehn Jahren. 6 Versuche zur Formalisierung der ökonomischen Theorie müssen entweder auf deterministische oder stochastische Modelle zurückgreifen. Es besteht hingegen (noch) keine Möglichkeit, das aus der Zukunftsunsicherheit resultierende mögliche Dritte, nämlich die Kontingenz ökonomischer Prozesse - vor allem solcher in marktwirtschaftlichen Systemen - in einer Weise zu formalisieren, die dem Anspruch genügen würde, den Anhänger der szientistischen Formaltheorie in den Sozialwissenschaften stellen. Bartmann und John arbeiten mit Rückgriff auf die Keynesschen Schriften "A Treatise on Probability" Ü92rl, "A Treatise on Money" (930), die "General Theory" (936) und den Aufsatz "The General Theory of Employment" (937) die prinzipielle Bedeutung der Unsicherheit für die Erklärung des Investitionsgeschehens durch Keynes heraus. Die Knight-Keynessche Unsicherheit wird gegen kalkulierbares (und formalisierbares) Risiko abgehoben, um das Moment der Willkür, der psychischen Faktoren und damit der Kontingenz im Investitionsverhalten zu verdeutlichen. Die Keynessche Unsicherheits-Prämisse wird als ein - bereits hinreichender - Grund für die "Unmöglichkeit" des Gleichgewichts bei Vollbeschäftigung charakterisiert. Mit der Unsicherheitsprämisse, die sich (vorerst) ausschließlich auf das Investitionsverhaltens bezieht, läßt sich der Kern der Keynesschen Konjunkturdeutung als eine "Investitionstheorie bei Unsicherheit" verstehen. Antizyklische Politik kann die Unsicherheit, die ein Realitätsprinzip widerspiegelt, nicht beheben, sondern allenfalls deren Folgen mildern. Deshalb erscheint es bereits aus logischen Gründen unzulässig, Keynes wirtschaftspolitische Vorstellungen auf das Konzept antizyklischer Fiskalpolitik zu reduzieren. Aus der Unsicherheitsprämisse folgt vielmehr das Postulat einer interventionistischen ex ante-Politik, die die Unsicherheit, also das Kernproblem der Konjunktur aus Keynesscher Perspektive gesehen, direkt angeht. Die Unsicherheitsprämisse stellt sich auch prinzipiell den Versuchen der Theorie der rationalen Erwartungen entgegen, staatlichen Interventionismus als wirkungslos erklären zu wollen und damit sozusagen für die neoklassische Theorie unschädlich zu machen. Die "Rationalisten" sind nämlich darauf angewiesen, Unsicherheit durch Risiko bzw. kalkulierbare Informationskosten zu ersetzen und damit Keynes Theorie um eine wesentliche Komponente zu be stehlen. 7 Bartmann und lohn weisen kritisch auf Tobins Versuch hin, Keynes das Risi kokonzept anzudienen und ihn auf diesem Wege der Theorie der rationalen Er wartungen, damit auch der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie, gefügig zu ma chen. - Unsicherheit ist ein Phänomen der Wirklichkeit, die sich in der hi storischen Zeit abspielt. Die Vergangenheit ist irreversibel, und Transaktionen zu "falschen" Preisen lassen sich nicht rückgängig machen, sondern beeinflussen mit, was künftig eintreten wird. Abläufe in der historischen Zeit formen sich zudem unter der Wirkung der großen und kleinen "Katastrophen", deren unbestimmtes Auftreten gerade einen Faktor der Erwartungsunsicherheit von Investoren bildet. Auch dieses reale Faktum muß die Theorie der rationalen Erwartungen eliminieren, wenn sie nicht an der Unsicherheit scheitern will. Doch das theoretische Eliminieren von Schwierigkeiten ändert nicht die Realität. Das Problem der Unsicherheit wird von Hödl im Kontext der sogenannten (Keynesschen) "Hierarchie der Märkte" thematisiert. Die Finanzmärkte - nur in einer Geldwirtschaft existent - bieten die Möglichkeit, bei einer unter den Geldzins fallenden Grenzleistungsfähigkeit des (realen) Kapitals auf die Realinvestitionen zugunsten der Finanzanlage zu verzichten. Der reale Investitionsausfall bedeutet Nachfragerückgang und damit Produktions- und Beschäftigungsminderung. Unsicherheit der Investoren ist symbolisiert durch die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals als Erwartungsgröße; sie drückt die optimistische oder pessimistische Zukunftssicht aus. Deshalb bleibt Zinspolitik unwirksam, wenn sie von Variationen der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals, d.h. von veränderten Erwartungen (über-)kompensiert wird. Wirtschaftspolitik, speziell staatliche Ausgabenprogramme, müssen daher eine solche Kombination aus Zins und Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals herstellen, die zu höheren Investitionen führt. Der psychologische Effekt des Staatsinterventionismus auf die Investoren, d.h. ihre verminderte oder aber auch gesteigerte Unsicherheit, entscheidet letztlich über den Erfolg oder Mißerfolg des Interventionismus. Daß die psychologische Seite staatlicher Wirtschaftspolitik so starkes Gewicht hat, beruht auf zwei institutionellen Gegebenheiten. Erstens ist der Wechsel zwischen Real- und Finanzinvestition an geldwirtschaftliche Verhältnisse gebunden. Zweitens sind Umschichtungen zwischen Real- und Finanzsphäre Ausdruck der dezentralen Dispositionsfreiheit der Investoren, die nicht an einen wirtschaftspolitischen Willen gefesselt sind. Die dezentrale Dispositionsfreiheit 8 gründet sich unter kapitalistischen Verhältnissen auf das Privateigentum an Un ternehmen und Erträgen. Für Hödl ergibt sich aus der Dezentralität die wirtschaftspolitische Konse quenz, daß bei Aufrechterhaltung der einzelwirtschaftlichen Dispositionsfreiheit eine Differenzierung derart erfolgen müßte, daß der Handlungsspielraum beim Wechsel von der Real- in die Finanzlage begrenzt bzw. interventionistisch kon trolliert wird, aber die Entscheidungsfreiheit bei den Realinvestitionen erhalten bleibt. Jene Einengung des Verfügungsspielraums der (Geld}Kapitaleigner stellt sich für Hödl als eine auch gesellschaftspolitisch von Keynes abgedeckte Kon sequenz dar. Gehe es Keynes doch darum, den "Kern des klassischen libera lismus dadurch zu erhalten, daß er ihm gewisse praktische Politiken hinzu fügt ... ". Im Unterschied zu vielen landläufigen Vorstellungen über keynesianische Wirt schaftspolitik spitzt Hödl seine Interpretation darauf zu, daß die Aufgabe des Staatsinterventionismus primär nicht in der Ausgabenpolitik, gar einer Art "So zialisierung" von Investitionen oder was auch immer zu sehen ist, sondern es gehe vorwiegend um die Kontrolle der Finanzmärkte: "Eine Weiterführung der Keynesschen Wirtschaftspolitik ist ... weniger über einen massiven Staatseingriff möglich, sondern durch eine stärkere Kontrolle der Finanzmärkte." Diese Betonung der Finanzmarktregulierung im Unterschied zur Gütermarktre gulierung resultiert aus der Hierarchie der Märkte. Weil und wenn die Finanz sphäre die Realsphäre (Gütermarkt und Arbeitsmarkt) dominiert, erscheint es logisch konsequent, wirtschaftspolitisch bei den Finanzmärkten anzusetzen. Es liegt auf der Hand, daß Hödls Überlegungen in einer Entwicklungsphase der kapitalistischen Weltwirtschaft, in der die Divergenzen zwischen Real- und Fi nanzinvestitionen so augenfällig geworden sind, daß sich nicht nur Zeitungs kommentatoren wiederkehrend damit befassen, sondern auch eine breitere öf fentlichkeit das Problem wahrgenommen hat, zu der konkretisierenden Frage drängen, wie die Kontrolle der Finanzmärkte erfolgen kann. Daß die politische Bereitschaft dazu nicht allzu hoch veranschlagt werden darf, wird u.a. daran deutlich, daß es bisher nicht einmal gelungen ist, die geltenden Steuergesetze

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