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Kerygma und Logos: Beiträge zu den geistesgeschichtlichen Beziehungen zwischen Antike und Christentum PDF

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Beiträge zu den geistesgeschichtlichen Beziehungen zwischen Antike und Christentum Festschrift tür Carl Andresen Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen ( Kerygma und Logos Beiträge zu den geistesgeschichtlichen Beziehungen zwischen Antike und Christentum Festschrift für earl Andresen zum 70. Geburtstag Herausgegeben von Adolf Martin Ritter Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen 1 I Lieber Herr Andresen, mit dieser Festschrift zu Ihrem 70. Geburtstag am 28. Juli 1979 möchten Kollegen, Freunde und Schüler, stellvertre- tend für viele andere, Dank abstatten für das, was von Ihnen in For- schung und Lehre an Anregungen ausgegangen ist. Sie haben, obwohl über den "Kirchenkampf" während des "Dritten Reiches" und den Krieg mit anschließender langer Gefangenschaft in Rußland erst verhältnismäßig spät in die akademische Laufbahn gelangt, doch alsbald über Disziplinen-, Fakultäten-, Konfessions- und Natio- nalitätengrenzen hinweg vielfältige Kontakte zu knüpfen verstanden. So konnte ich mich denn an einen weiten Freundeskreis wenden in der zu- versichtlichen Erwartung, man werde Ihnen ein "literarisches Opfer" zu bringen bereit sein. Wer Ihr -,. freilich noch nicht abgeschlossenes - Lebenswerk1 über- schaut, dem fällt als Besonderheit wohl am ehesten die Ihr Schrifttum von Anfang an kennzeichnende Breite des Interessenspektrums auf. Diese Breite ist in der jüngeren Forschergeneration ganz selten gewor- den; sie verbindet Sie jedoch mit der "Schule", der Sie entstammen. Man denke etwa an die für einen heutigen Kirchenhistoriker eher unge- wöhnliche Vertrautheit mit Arbeitsgebiet und -methoden der Christli- chen Archäologie und Kunstgeschichte, die Fähigkeit, auch nichtlite- rarische Quellen in die historische Analyse und Darstellung einzubezie- hen. Wenn ich nicht irre, ist es nicht zuletzt diese Fähigkeit, die den Hauptreiz Ihres opus grande ("Die Kirchen der alten Christenheit"2) ausmacht. Für die Festschrift allerdings konnte und sollte die Breite Ihrer wissen- schaftlichen Interessen nicht vorbildlich sein! Vielmehr ließ es u. a. die Situation auf dem Buchmarkt als geraten erscheinen, sich darin auf ein Thema zu konzentrieren, das seit jeher einen Schwerpunkt Ihrer For- schungen gebildet hat und zu dem Sie seit Ihren vielbeachteten und -er- örterten Justin3- und Kelsosstudien4 unverwechselbare Gesprächs- CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek beiträge lieferten. Kerygma und Logos: Beitr. zu d. geistesgeschichtl. Beziehungen zwi- Dank dieser Ausrichtung an der einen Frage der "geistesgeschichtli- schen Antike u. Christentum; Festsehr. für Carl Andresen zum chen Beziehungen zwischen Antike und Christentum" als einem 70. Geburtstag / hrsg. von Adolf Martin Ritter. - Göttingen: Van- Grundproblem der Kirchen-, Theologie- und Geistesgeschichte, nicht denhoeck und Ruprecht, 1979. - ISBN 3-525-55369-2 1 V gl. die "Bibliographie C. Andresen" , die zusammen mit einer von G. Strecker-Göt- NE: Ritter, Adolf Martin [Hrsg.]; Andresen, Carl: Festschrift tingen abgefaßten Laudatio in der Juli-Nr. 1979 der "Theologischen Literaturzeitung" veröffentlicht werden soll. 2 In der von Chr. M. Schröder herausgegebenen Reihe "Die Religionen der Mensch- Einbandentwurf: Karlgeorg Hoefer. © Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen heit" (Bd. 29, 1/2) erschienen Stuttgart 1971. 1979. - Printed in Germany . - Alle Rechte des Nachdrucks, der Vervielfälti- 3 "Justin und der mittlere Platonismus", in: Zeitschr. f. d. ntl. Wiss. 44,195211953, S. 157-195. gung und der Übersetzung vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, das Werk oder Teile daraus auf pho- 4 Logos und Nomos. Die Polemik des Kelsos wider das Christentum, Berlin (AKG 30) 1955; vgl. zuletzt wieder den großen und großartigen Artikel "Antike und Christentum" in tomechanischem (Fotokopie, Mikrokopie) oder akustomechanischem Wege zu vervielfältigen. - Satz und Druck: Gulde-Druck, Tübingen. - Einband: der "Theologischen Realenzyklopädie" (Bd. 3, 1978, S. 50-99). Hubert & Co., Göttingen 6 nur der antiken, kann diese Festschrift, wie zu hoffen steht, als ein na- hezu geschlossener Forschungsbeitrag gelten. Nicht minder aber ist zu wünschen, daß in ihr die Dankbarkeit für Ihr akademisches Wirken, auch und gerade für die Ihnen eigene gelöste und lebendige Gesprächs- Inhalt bereitschaft, wie es in einem der nachfolgend abgedruckten Aufsätze ganz zu Recht heißt, einen angemessenen Ausdruck gefunden haben möge. BARBARA ALAND, Münster Zwei Kollegen, die mit Ihnen seit vielen Jahren in regelmäßigem Aus- Fides und Subiectio. Zur Anthropologie des Irenäus ............... 9 tausch standen und die sich spontan auf meine Anfrage hin zur Mitarbeit KURT ALAND, Münster an dieser Festschrift bereiterklärten, sind im Laufe des letzten Jahres, Methodische Bemerkungen zum Corpus Paulinum bei den Kirchenvä- noch nicht siebzigjährig, überraschend abberufen worden: W. C. van tern des zweiten Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 U nnik und A. Niebergall. Ihrer sei an dieser Stelle mit einem Wort aus ALEXANDER BÖHLIG, Tübingen dem Schlußkapitel von Augustins De civitate Dei (XXII, 30, 5) gedacht: Zum Gottesbegriff des Tractatus tripartitus (Nag Hammadi C. I, 5) .. 49 "Ibi vacabimus et videbimus, videbimus et amabimus, amabimus et lau- CARL J OACIllM CLASSEN, Göttingen Der platonisch-stoische Kanon der Kardinaltugenden bei Phiion, dabimus. Ecce quod erit in fine sine fine." Die Frage, wie das "vacabi- Clemens Alexandrinus und Origenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 mus" angemessen wiederzugeben sei, war es, über die Sie mit A. Nie- CARSTEN COLPE, Berlin bergall vor dessen Erkrankung zum Tode zuletzt korrespondierten. Und Von der Logoslehre des Phiion zu der des Clemens von Alexandrien . . 89 so schließen nun Ihre Anmerkungen zur Neuausgabe der Thimmeschen CARMELO CuRTI, Catania Übersetzung des "Gottesstaates": ",dann werden wir stille sein': ,vaca- "Spiritalis intelligentia." Nota sulla dottrina esegetica di Eucherio bimus': ,werden wir frei sein' (Alfred Niebergall)"s. di Lione .................................................... 108 Fast ebenso viele Kollegen, wie an der Festschrift beteiligt sind, wer- ALB RECHT DIHLE, Heidelberg den in Ihnen gewidmeten Zeitschriftenartikeln ihr opus nobile niederle- Zur Schicksalslehre des Bardesanes ............................. 123 gen, weil sie sich der Bindung an die Thematik von "Kerygma und Lo- HEINRICH DÖRRIE, Münster gos" in der Antike nicht unterwerfen konnten oder im Augenblick Der Prolog zum Evangelium nach J ohannes im Verständnis der mochten. Ihre Manuskripte, soweit sie an mich gelangt sind, werden Ih- älteren Apologeten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 6 H. J. W. DRIJVERs, Groningen nen neben der Festschrift auf den Geburtstagstisch gelegt. Ebenso eine Kerygma und Logos in den Oden Salomos, dargestellt am Beispiel umfangreiche Tabula Gratulatoria, die über 200 Namen enthält. der 23. Ode ................................................. 153 Dafür, daß die Festschrift in dem Umfang und in der ansprechenden LEo C. FERRARI, Fredericton Gestalt erscheinen konnte, in der sie sich nun präsentiert, ist auch an die- From pagan literature to the pages of the Holy Scriptures: Augustine's ser Stelle, außer den Autoren, der Konföderation Niedersächsischer Confessions as exemplary propaedeutic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Kirchen, der Ev. Kirche in Hessen und Nassau sowie der Ev. Kirche von WILLIAM H. C. FREND, Glasgow Kurhessen-Waldeck zu danken, die mit einem Druckkostenzuschuß hal- The fall of Macedonius in 511-a suggestion ...................... 183 fen; ferner Herrn Dr. A. Ruprecht, der aus langer Verbundenheit seines OLOF GIGON, Bern: Verlages mit Ihnen heraus das Wagnis der Publikation auf sich nahm; Lactantius und die Philosophie ................................. 196 schließlich meiner lieben Frau, die sich mit mir in die Mühen der Korrek- HERMANN GOLTZ, Halle a. d. S. Ivan der Schreckliche zitiert Dionysios Areopagites. Ein Baustein zur tur und der Registerherstellung teilte. Theorie der Autokratie ....................................... 214 Im Namen aller dieser Mitwirkenden wünsche ich Ihnen, lieber Herr ALOIs GRILLMEIER S. J., Frankfurt am Main Andresen, für die vor Ihnen liegende Zeit ausgefüllte, fruchtbare und "Christus licet uobis inuitis deus." Ein Beitrag zur Diskussion über die getroste Tage. . Hellenisierung der christlichen Botschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Ihr Adolf Martin Ritter ILSETRAUT BADOT, Paris Ist die Lehre des Hierokles vom Demiurgen christlich beeinflußt? . . .. 258 PIERRE BADOT, Paris 5 Aurelius Augustinus, Vom Gottesstaat (Buch 11-22), dtv 6088; 1978, S. 1028. La presentation du platonisme par Augustin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 8 Inhalt ROBERT HANHART, Göttingen Jüdische Tradition und christliche Interpretation. Zur Geschichte der Septuagintaforschung in Göttingen ............................. 280 ALASDAIR HERoN, Edinburgh BARBARA ALAND The Holy Spirit in Origen and Didymus the Blind: a shift in perspective from the third to the fourth century . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 ROBERT JOLY, Mons Fides und Subiectio Notes pour le moyen platonisme .... ; . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 FRANZ HEINRICH KETTLER, Münster Origenes, Ammonius Sakkas und Porphyrius ..................... 322 Zur Anthropologie des Irenäus BERNHARD KÖTTING, Münster Martyrium und Provokation ................................... 329 ANDREAS Lindemann, Bethel Paulinische Theologie im Brief an Diognet ....................... 337 "Irenäus arbeitet mit überkommenem Gut." Dieser Satz, der Einlei- BERNHARD LOHSE, Hamburg tungssatz eines Aufsatzes von Martin Widmann über, ,Irenäus und seine Beobachtungen zum Paulus-Kommentar des Marius Victorinus und theologischen Väter"!, charakterisiert in gewisser Weise die Forschung zur Wiederentdeckung des Paulus in der lateinischen Theologie des über Irenäus, insbesondere die deutsche protestantische Forschung der vierten Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 351 CLAUDIO MORESCHINI, Pisa Vergangenheit2• Denn sie geschah weitgehend in Auseinandersetzung mit der durch diesen Satz bezeichneten Tatsache, die geradezu zum Ver- Tertulliano tra stoicismo e platonismo ........................... 367 EKKEHARD MÜHLENBERG, Göttingen ständnisschlüssel für diesen Autor erhoben wurde3• Das blieb nicht ohne Das Vermächtnis der Kirchenväter an den modernen Protestantismus . 380 GEORG PFLIGERSDORFFER, Salzburg 1 ZThK 54, 1957, 156-173. "Fremdgespräch" und "Selbstgespräch" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 2 V gL vor allem die bekannte Arbeit von F. Loofs, Theophilus von Antiochien Adver- ADOLF MARTIN RITTER, Marburg sus Marcionem und die anderen theologischen Quellen bei Irenäus, TU 46,2, Leipzig 1930, von dessen methodischem Ansatz und Fragehorizont die Forschung lange Zeit be- Zum homousios von Nizäa und Konstantinopel. Kritische Nachlese zu stimmt war. So z. B. deutlich trotz aller Differenzierungen auch Widmann, a.a.O. Der ein- einigen neueren Diskussionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 zige, der entschieden einen anderen methodischen Weg einschlug, war G. Wingren, Man WILLY RORDORF, Neuchätel and the Incarnation. A Study in the Biblical Theology of Irenaeus, Philadelphia 1959 Christus als Logos und Nomos. Das Kerygma Petrou in seinem Verhältnis (Schwedische Originalausgabe Lund 1947). Auch er anerkannte die Tatsache, daß Irenäus zu Justin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 mit überkommenem Gut arbeitete, war aber der Überzeugung, daß das "einzigartige Ver- BASIL STUDER, Rom dienst" dieses Theologen gerade darin bestanden habe, daß er die Gedanken seiner Vor- Der apologetische Ansatz zur Logos-Christologie Justins des gänger koordiniert habe. Seine Kraft als systematischer Theologe erweise sich darin, daß in Märtyrers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 435 seinem Werk das gesamte Schrift-und Gedankengut der frühen Kirche "is collated and GIOVANNI MARIA VIAN, Rom fused into a harmonious whole" (XVI). Ob wirklich ein harmonisches Ganzes entstanden KllQlJYl-lu e 'X,,:ijaL~ eßvrov negli scritti atanasiani ................... 449 ist, daran muß man wohl seine Zweifel haben. Die Wingrens Grundauffassung entspre- chende Methode sensibler interpretatorischer Bemühung um den Text als ganzes hat sich JOHN WHITTAKER, St. John's, Kanada jedoch in seinem Werk m. E. als außerordentlich fruchtbar erwiesen, und zwar gerade die ValentinusFr.2 ............................................. 455 Interpretation der "hochtheologischen Partien des 4. und 5. Buches" von Adv. Haer. ULRICH WICKERT, Berlih (Widmann a.a.O., 158), von denen Widmann thetisch behauptet, man dürfe bei ihnen Christus kommt zur Welt. Zur Wechselbeziehung von Christologie, nicht einsetzen, da sie - nach Loofs - nicht unumstrittenes "Eigengut" des Irenäus seien. Kosmologie und Eschatologie in der Alten Kirche ................. 461 Man sieht daraus, daß die Auffassung von Irenäus, mit der jeweils an die Interpretations- WOLFGANG WISCHMEYER, Heidelberg arbeit herangegangen wird, schon die Auswahl der zu besprechenden Texte bestimmt. Die Petrus-Leseszene als Beispiel für die christliche Adaption eines Dementsprechend verschieden sind nicht nur die Ergebnisse, sondern von vornherein die vorgegebenenBildtypus .............. " . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 Möglichkeiten des Verständnisses für diesen Autor. - Leider sind Wingrens Ergebnisse in Register ...................................................... . der Irenäusforschung nur wenig beachtet worden. Diese kleine Studie verdankt ihm viel. 1. Stellenregister .............................................. 497 3 V gL Widmann, a.a.O. 156, nach seinem zitierten Einleitungssatz: "So wie Klemens zu verstehen ist auf dem Hintergrund des christlichen (bzw. gnostischen) Schulbetriebs in 11. Autorenregister ............................................ 514 Alexandria (W. Bousset), so istlrenäus dankbarer Vermittler des theologischen Erbes sei- ner ,Väter' (Presbyter). Alles" (n. b.!) "kommt nun freilich darauf an, das Verhältnis von , I 10 Barbara Aland Zur Anthropologie des Irenäus 11 Auswirkungen auf das Urteil über Irenäus4. Zwar hat sich inzwischen tet. Diese liegt in solcher Weise offen zutage, daß man sie in ihrem Sinn durchgesetzt, daß ihm "zweifelsohne auch der Rang eines eigenständi- erkennen kann." Man "muß sich" also nur "zum Glauben beque- gen Theologen" gebührts. Um die Größe dieses Theologen - ich spreche men .. ." B. davon mit Bedacht - zu ermessen, scheint es mir jedoch noch der An- Ist es aber wirklich Einschätzung seiner Schwäche9, die den Menschen strengung der Interpreten auf den verschiedensten Gebieten seiner nach Irenäus' Meinung Gott Gott sein zu lassen vermag? Ist er als theologischen Arbeit zu bedürfen6• Ein Beitrag dazu sei hier im Blick auf Mensch dazu befähigt, sich zum Glauben "zu bequemen"? Ist es wirklich das Menschenbild des Irenäus versucht. die rechte "Haltung" (n. b.!) "der Liebe, Unterwürfigkeit, Dankbar- Der Ansatz gerade an diesem Punkt kann verwunderlich erscheinen. keit"lO oder die "Selbstbescheidung"l1, die ihn gleichsam zum Partner Denn trotz mancher Differenzen im übrigen besteht hier eine Überein- Gottes macht? Damit wäre eine erasmische Deutung der Beziehung zwi- stimmung nahezu aller Interpreten, auch über die konfessionellen Gren- schen Gott und Mensch umschrieben. Hat Irenäus, der Paulus-Leser, sie zen hinaus. Sie läßt sich etwa in der Feststellung von Norbert Brox7 zu- wirklich vertreten? sammenfassen, daß trotz "etlicher Texte, die stark prädestinatorisch Auch Harnack - aus der Fülle der älteren Irenäus-Literatur sei er hier klingen" für Irenäus gelte: "Dem Wollen Gottes korrespondiert aber, als besonders einflußreicher Interpret noch genannt - hat in diesem wie es bei der bedeutenden Funktion der menschlichen Entscheidungs- Punkte eine ähnliche Auffassung vertreten, obwohl er mit der sog. "rea- freiheit bei Irenäus nicht anders sein kann, das Wollen des sich gehorsam listischen" Erlöstingslehre auch geradezu Gegensätzliches bei Irenäus öffnenden oder sich verschließenden Menschen." Von der damit be- feststellt. Diese Widersprüchlichkeit hat nach Harnack ihren Grund in zeichneten Fähigkeit des Menschen gehen fast alle Arbeiten über Ire- der Theologie des Irenäus selbst, deren "disparate Elemente" insbeson- näus als für diesen Autor selbstverständlich feststehender Tatsache aus. dere in seinen Aussagen über "die Bestimmung des Menschen, des Ur- Brox selbst erläutert im Schlußkapitel seines Buches, das das Verhältnis standes, des Falles und der Sünde" hervorträten12• Denn einerseits habe von Glaube und Einsicht behandelt, der Mensch könnte zwar, ohne daß Irenäus "die Erlösung realistisch gefaßt". D. h. er habe als "das im Chri- Gott gesprochen und gehandelt hätte, von seinem Heil nicht wissen. "Da stenthum dargereichte höchste Gut die Vergottung der menschlichen Gottes Heilsordnung aber offenkundig, klar und vollständig vor aller Natur" angesehen13, die dem Menschen ganz und gar nur als "Gabe" Augen liegt, ist nunmehr alles zu erkennen. Nur muß der Mensch sie im von außen zukäme, in keiner Weise aber von ihm als "geschaffenem We- Glauben akzeptieren. Das heißt nach allem: Er muß sie dankbar und ge- sen" selbst erlangt werden könne14• Andererseits durchziehe Irenäus; horsam entgegennehmen, wie sie wirklich ist. Als Offenbarung Gottes Theologie aber das "apologetisch-moralistische" Element, demzufolge muß er sie glauben, als Tatsache vermag er sie zu erkennen. Somit ist der "Christus als der Lehrer den auf die Gemeinschaft mit Gott angelegten Glaube nichts anderes als der Modus der Heilserkenntnis in der Weise, und freien Menschen die Erkenntnis mittheilt, welche sie befähigt, Got- daß der Mensch in nüchterner Einschätzung seiner Schwäche Gott Gott tes N achahmer zu werden und so die Gemeinschaft mit Gott selbstthätig sein läßt und nur offenen Auges und Ohres auf seine Offenbarung ach- 8 A.a.O. 203, vgl. dort auch: "Glauben heißt danach, sich vernünftigerweise und me- Tradition und Komposition, von überkommenem Gut und eigener Gestaltung, bei jedem thodisch konsequent an der redlichen, zuverlässigen Autorität und an den Realitäten zu einzelnen Kirchenlehrer genau zu bestimmen." orientieren. " 4 Vgl. H. von Campenhausen: "Das Beste von dem, was er (seil. Irenäus) vorbringt, ist 9 Vgl. ähnlich a.a.O. 174. nicht auf seinem eigenen Acker gewachsen. Seitdem dies deutlich geworden ist, hat Ire- 10 A.a.O. 199. Hier ist "Liebe, Unterwürfigkeit, Dankbarkeit" Zitat aus Irenäus 3,20,2 näus von seinem einstigen Ruhm als großer Theologe erheblich verloren." Griechische (dilectio, subiectio, gratiarum actio, wobei man über die Übersetzung von "subiectio" ge- Kirchenväter, 2. Aufl., Stuttgart 1956,28. teilter Meinung sein kann), nicht aber ihre Qualifizierung als "Haltung". V gl. ähnlich auch 5 So zuletzt A. M. Ritter in seinem Textbuch in der Reihe Kirchen-und Theologiege- 198. schichte in Quellen (Alte Kirche, ausgewählt, übersetzt und kommentiert, Neukirchen 11 A.a.O. 174f.; 199. 1977), in der Einleitung zu dem Paragraphen "Irenaeus als Theologe der Heilsgeschich- 12 Lehrbuch der Dogmengeschichte I, 5. Aufl., Tübingen 1931, 588; vgl. auch 559, te" (56). 593f., U.ö. 6 Nicht nur auf dem Gebiet der Geschichte und Heilsgeschichte, auf dem Irenäus noch 13 A.a.O. 559. Ich verzichte darauf, weitere Belegstellen für diese bekannte Anschau- ani ehesten Originalität zugestanden wird. ung Harnacks zu zitieren und erinnere nur an seine Formulierung der "als mechanische 7 Offenbarung, Gnosis und gnostischer Mythos bei Irenäus von Lyon. Zur Charakteri- Folge der Menschwerdung gedachten Vergottung der Adamskinder" bei Irenäus (562, stik der Systeme. Salzburger Patristische Studien 1, Salzburg und München 1966, 178. Anm.). V gl. ähnlich auch 174 ff.; 197 ff. u. ö. 14 A.a.O. 560 mit Anm. 1. I 12 Barbara Aland ! Zur Anthropologie des Irenäus 13 \ zu erreichen" (Hervorhebung von mir)15. Diese beiden "Elemente" der schen anlangt, da~ dem Gottes nach dem oben angeführten Zitat korre- Theologie des Irenäus sind in der Tat so "disparat" 16, daß es fast schwer- spondieren soll, so sind dafür ohne Zweifel Belegstellen aus Irenäus' fällt anzunehmen, er habe sie wirklich so nebeneinander stehengelassen. Werk anzuführen, und das ist um so weniger verwunderlich, als damit die Hier muß weiteres Nachfragen ansetzen. breite Meinung der kirchlichen Tradition bezeichnet ist. Ob es darüber Allerdings muß man sich einer besonderen Eigenart des irenäischen hinaus aber nicht auch noch andere Nuancen zum Thema gibt, die viel- Werkes17 von vornherein methodisch bewußt sein. Wie häufig betont, leicht sogar mehr sind als das, dem soll nachgegangen werden. fehlt es ihm an einer klaren übersichtlichen Ordnung und einer stets sy- stematisch konsequenten Gedankenentwicklung. Unausgeglichenheit, 1. Die Unterscheidung zwischen Gott und Mensch und die Definition des ja teilweise Widersprüche sind die Folge. Das liegt an der Tatsache, daß Menschen Irenäus eben mit "überkommenem Gut" arbeitet18• Es liegt aber wohl auch daran, daß sein Werk den allmählichen und nicht immer geradlini- Irenäus bringt die Häresie der Irrlehrer einmal auf die Formel, sie gen Prozeß der Klärung seines Denkens bezeugt. Und wenn man be- wollten den Unterschied zwischen Gott und Mensch nicht anerkennen denkt, daß Irenäus sich einerseits mit der kirchlichen Tradition verbun- (4,38,4). Der glaubende Christ unterscheidet dagegen zwischen Gott den weiß, von der er glaubt, daß sie "eine und dieselbe" ist (1,10,2) und und Mensch22, und er weiß auch, worin der Unterschied besteht, nämlich andererseits ein wirklicher - vielleicht der erste kirchliche - Schrifttheo- darin, daß "Gott schafft, der Mensch aber geschaffen wird" (4,11,1). loge ist, dann wäre es geradezu erstaunlich, wenn sich keine Unausgegli- "Zu schaffen ist nämlich das Proprium der Güte Gottes, geschaffen zu chenheiten in seinem Werk fänden 19. Der Interpret des Irenäus muß die- werden aber das der Natur des Menschen. Wenn du ihm also übergibst, ser Eigenart seines Werkes und dessen Entstehung sensibel zu entspre- was das Deine ist, nämlich Glauben (fides) an ihn und Unterwe$ng chen versuchen20• D.h. er muß auch die Ansätze von Gedanken würdi- (subiectio), so wirst du seine Kunst empfangen und ein vollkommenes gen, selbst wenn sie nicht immer konsequent durchgeführt sein sollten21• Werk Gottes sein" (4,39,2). Mir scheint, daß diese Sätze, gelesen in ih- Was die Frage nach den Fähigkeiten und dem freien Wollen des Men- rem Kontext und in dem einiger anderer Stellen, eine spezifisch christli- che Definition des Menschen enthalten. Denn wenn es heißt, daß der Mensch geschaffen wird, so ist damit ja keine Banalität gemeint, sondern lS Aa.O. 559; vgl. auch 588f. 16 Daß von "disparaten Elementen" in der Theologie des Irenäus nicht gesprochen es ist gesagt, daß der Mensch als solcher in seinem Wesen dadurch be- werden könne, versucht E. P. Meijering, ,Physische Erlösung' bei Irenäus, in: God being stimmt ist, geschaffen zu werden, d. h. nicht geschaffen zu sein und damit History. Studies in Patristic Philosophy, Amsterdam 1975, 147-159 in einer kritischen ein für allemal fertig und folglich auch aufgerufen, das ihm nun zu eigene Würdigung der Harnackschen Irenäus-Interpretation darzulegen (153 ff.). M. E. in diesem Sein zu entfalten. Der Mensch ist vielmehr ein Wesen, dem es entspricht, Punkte nicht ganz überzeugend. Denn die "Disparatheit" beider Elemente ist doch wohl "Wachstum und Vermehrung zu empfangen" (4,12,2), also nicht nicht dadurch zu überwinden, daß man konstatiert, der Mensch habe eben von Gott die Möglichkeit erhalten, seinen freien Willen - auch Meijering geht von ihm als "sehr zentra- Wachstum und Vermehrung "selbstthätig" zu erwerben. Der Mensch ist len Thema in der Theologie des Irenäus" selbstverständlich aus (150) -in den Dienst Got- seinem Wesen nach ein Empfangender23• Er ist, wie Irenäus es im Bild tes, seines Erlösers, zu stellen (153). Hier müßte genauer präzisiert werden, und zwar unter präzis bezeichnet, eine "Auffangschale" (exceptorium), sei es für Gottes Berücksichtigung der Christologie, was unter dem sog. freien Willen des Menschen dann Güte - und wenn er Gottes Güte "auffängt" und damit dem göttlichen noch zu verstehen sei. Meijerings Deutung ist der von Brox nahe (vgl. 154). 17 Ich meine hier natürlich Adversus Haereses, aus dem im folgenden auch immer ohne Schöpfungsziel "Mensch" entspricht, ist er gleichzeitig dann auch ein Titelangabe nach der Einteilung von Stieren zitiert wird. Angaben aus der Epideixis wer- "Werkzeug für seine (Gottes) Verherrlichung" - oder sei es für Gottes den als solche kenntlich gemacht. gerechtes Gericht - wenn er nämlich diesem Schöpfungsziel nicht ent- 18 Vgl. dazu auch den Artikel über Irenäus in der RGG von W. Eltester, III 892. spricht. Niemals aber ist er mehr oder anderes als exceptorium. "Wie 19 Das spräche für Harnacks Deutung. Ob allerdings in so zentralen Fragen (s. oben S. Gott nämlich immer derselbe ist, so wird auch der Mensch, der in Gott 11), mit denen die christliche Theologie steht und fällt, eine grundsätzliche Widersprüch- lichkeit das Werk des Irenäus durchzieht, muß gefragt werden. erfunden wird, immer zu Gott hin fortschreiten. Denn Gott wird niemals 20 Möglicherweise wird man bei Irenäus auch nicht immer sagen können, er denke so aufhören, dem Menschen wohlzutun und ihn zu bereichern, und der und niemals anders differenziert über ein bestimmtes Thema. 21 Der große Harnack hat auch das getan, wenn er z. B. - ganz nebenbei - auf Formulie- rungen bei Irenäus verweist, die "so zu sagen ein augustinisches Gepräge tragen" (a.a.O. 22 Vgl. ähnlich auch 3,20,2; 4,38,3 f.; 5,2,3 und das anschließende Kapitel 5,3,1; 5,12,2. 593, Anm.2). Das eröffnet m. E. ernst zu nehmende Perspektiven, die so aus der neueren 23 Die Belege sind zahlreich und bestehen indirekt in fast allem, was hier versucht wird Literatur kaum zu gewinnen sind. darzulegen. Vgl. 3,18,7: der Mensch empfängt die Gotteskindschaft; 4,16,5; 5,21,3 etc. 1 14 Barbara Aland Zur Anthropologie des Irenäus 15 Mensch wird niemals aufhören, Wohltun von Gott zu empfangen und hat. Er hat es ihm gnädig zugedacht. Denn "nicht weil er unseres Dien- von ihm bereichert zu werden" (4,11,2). Das ist eine Definition von Gott stes bedürfte, befahl er uns, ihm zu folgen, sondern weil er uns sein Heil und Mensch24! Dementsprechend besteht auch die dem Menschen mög- zuwenden wollte" (4,14,1). Das ist weder frommes Gerede noch gar liche Vollendung darin, ein vollkommenes exceptorium, ein vollkom- eine subtile Art, sich des menschlichen Gehorsams zu versichern, son- men Empfangender zu sein, und in nichts anderem. dern präzise Aussage der Fakten. Sequi enim Salvatorem participare est Was heißt das praktisch? Nach dem oben zitierten Text aus 4,39,2 ist salutern, et sequi lumen percipere est lumen (4,14,1). Eine ganze Reihe ein vollkommen Empfangender derjenige, der Gott Glauben und gehor- von Belegstellen ließe sich dafür noch anführen30. Sie laufen alle darauf same Unterwerfung entgegenbringt. Das klingt traditionell und ist es hinaus, daß Gott uns "dazu geformt und bereitet hat", daß wir an seiner auch. Aber erst wenn man Irenäus' Antwort auf dem Hintergrund seiner Herrlichkeit teilnehmen (4,14,1). Die uns entsprechende Art, an dieser Definition des Menschen liest, versteht man, daß er die traditionelle Herrlichkeit teilzuhaben, ist aber allein der Gehorsam gegenüber Gott Auffassung vollständig umdeutet. Daß man Gott als seinem Schöpfer (4,16,1)31. Nicht also um Unsterblichkeit zu "erwerben", gehorchen wir gehorsam zu sein habe, ist fast ein Allgemeinplatz. So sagte es schon der Gott, sondern weil für das Geschöpf gehorsame Unterwerfung Unver- 1.Klemensbrief, als dessen Motto man die Aufforderung vno'taoow- gänglichkeit ist (vno'taYTJ ÖE SEO'Ü acp{}aQoCa 4,38,2)32. ~E{}a 't0 {}EA:tl~a'tL av't0'Ü25 bezeichnen könnte, und so wiederholten es Wenn das so ist, kann es aber nicht angemessen sein, etwa zu formulie- auch die andern apostolischen Väter und die Apologeten. Gemeint war ren, der Mensch müsse sich zum Glauben "bequemen"33. Viel eher damit der Gehorsam gegenüber Gottes Geboten bzw. den von Gott ge- müßte es heißen, daß der Mensch glauben, d. h. sich unterwerfen und setzten Ordnungen26. Wer ihn erfüllte, konnte auf entsprechenden Lohn damit sein Wesen erfüllen dürfe. Ebenso ist es nicht zutreffend zu defi- hoffen27. Man bewegt sich also damit in einem gesetzlichen Rahmen, der nieren, Glaube sei "der Modus der Heilserkenntnis in der Weise, daß der von der Christusverkündigung kaum sachlich geprägt bzw. verändert ist. Mensch in nüchterner Einschätzung seiner Schwäche Gott Gott sein Er verrät sich etwa in dem bedenklichen Satz des Theophilus von Antio- läßt ..." Denn Nüchternheit hilft dem Menschen gar nichts, läßt ihn chien, daß "jeder, der will, sich durch den Gehorsam gegenüber Gottes noch nicht einmal seine eigene Schwäche erkennen, viel weniger läßt sie Willen das ewige Leben erwerben" könne2s. Im Gegensatz dazu ist für Gott Gott sein. Vielmehr ist es die "Großmut" Gottes, die den Men- Irenäus die gehorsame Unterwerfung nun aber gerade nicht ein Mittel, schen "lernen" ließ - das hat er nötig -, wovon er erlöst wurde, die ihn mit dem man etwas anderes erwerben kann, sondern sie ist selbst die das "Geschenk" der Unvergänglichkeit, d.h. Unterwerfung, erlangen dem Menschen als Menschen eigene Bestimmung. Daraus folgt, daß der und ihn erkennen ließ, daß er sterblich und schwach ist (3,20,2). Deshalb Mensch auch gar nicht mehr nach einem Lohn streben muß. Vielmehr ist er in seinen Erwartungen und seinem Selbstverständnis völlig umge- kehrt worden29, sofern er nämlich begriffen hat, daß in Glauben und ge- 30 Vgl. 4,16,4: Nec enim indigebat Deus dilectione hominis. Deerat autem homini glo- ria Dei, quam nullo modo poterat percipere, nisi per eam obsequentiam quae est erga eum. horsamer Unterwerfung, die identisch sind, für den Menschen die Erfül- Bei der Interpretation solcher Sätze kommt allerdings alles darauf an, daß man sie auf dem lung des Wesens besteht, das Gott ihm als seinem Geschöpf zugedacht Hintergrund der von Irenäus eindeutig betonten Grundtatsache liest: non a nobis, sed a Deo est bonum salutis nostrum (3,20,3). Es ist also keine grundsätzlich vom Menschen er- 24 Am kürzesten zusammengefaßt in: "Deus quidem bene facit, bene autem fit homini" schwingliche obsequentia gemeint (s. dazu unten S. 23ff.). Vgl. auch 5,29,1; 5,23,1 am 4,11,2. V gl. dazu auch häufig Wingren, der aber im "Empfangen" des Menschen mehr ein Ende; Epid. 15; u.ö., vgl. vor allem auch das Schlußkapitel von Adv. Haer. 5,36 mit dem Faktum als geradezu eine Definition seines Wesens zu sehen scheint, cf. a.a.O. 54, 108, Hinweis auf l.Kor 15,27f. 148f., 205ff. u.ö. Vgl. aber insbes. 210: "God and man are not the same. God is the only 31 Vgl. 4,20,1; 4,15,1 etc. Creator. The function of creation never passes to man. Man is receptive, and remains such 32 Man beachte auch den Kontext des Zitates: Das Geschöpf ist an sich nicht unerschaf- - he is involved in the process of growth". (?) "But man's destiny and true being are preci- fen. Es kann aber die "Kraft des Unerschaffenen", die Unvergänglichkeit, aufnehmen, sely to grow, i. e. to receive from a source which lies outside man." Allerdings muß geklärt weil Gott sie schenkt. Diese verliehene Unvergänglichkeit und Teilnahme an der Kraft und werden, was "Empfangen" und "Wachsen" bedeutet. der Herrlichkeit des einzig Unerschaffenen manifestiert sich in subiectio, d. h. glaubender 25 34,5. Auf die Unterordnung unter weltliche Herrscher bezogen in 61,1, was aber Anerkennung, oder, anders ausgedrückt auch: Anschauung Gottes (4,38,3 Ende). Ob su- ausdrücklich als Gottes Willen entsprechend bezeichnet wird. Weitere Belegstellen s. bei biectio oder visio, beides ist jedenfalls dem geschaffenen Menschen von sich aus in keiner Kraft, Clavis Patrum Apostolicorum, s. v. U:1to'tUOOW. Weise möglich. Das macht der Zusammenhang in 4,38,3 eindeutig klar. Im übrigen wird 26 V gl. so bes. deutlich l.Klem 57,2 f-tU{}E'tE U:1to'tuooca{}m. durc~ solche Stellen deutlicher, was Irenäus mit aq)'(}uQo(u meint. Das Streben danach, ,das 27 Vgl. l.Klem 34,2f.; 35,3ff.; 21,lff. etc. sein Werk durchzieht, hat für den modernen Leser häufig eine Barriere der Fremdheit auf- 28 2,27; vgl. auch oben Anm. 27. gerichtet. Sie muß nicht sein. 29 Charakteristisch anders z.B. l.Klem 35,4. 33 Vgl. oben S. 11. 16 Barbara Aland Zur Anthropologie des Irenäus 17 sind auch "Liebe, Unterwürfigkeit, Dankbarkeit"34 (dilectio, subiectio, niert seine "Macht": "potestas autem eius est transgressio et apostasia" gratiarum actio) eben nicht geforderte Tugenden, mit denen etwas "er- (5,21,3). Das ist die genaue Umkehrung der Bestimmung des dem Men- langt" werden soll, sondern es sind Umschreibungen des menschlichen schen von Gott gnädig zugedachten Wesens durch subiectio und fides. Wesens und seiner Bestimmung, über die der Mensch erst aufgeklärt werden muß. Diese "Aufklärung"35 ist für ihn die Vorbedingung der 2. Die Ermöglichung der Unterwerfung: Christus Möglichkeit, wirklich als Mensch zu leben. Inhaltlich ist die Unterwerfung, die identisch mit dem Glauben ist, na- Gegen alles bisher Gesagte könnte man nun freilich einwenden, es türlich weit mehr als nur das Befolgen der göttlichen Gebote. Vielmehr läge hier doch wohl möglicherweise eine überzogene Interpretation der sind die Gebote, wie der Glaubende' zurückblickend erkennt, nur "Zei- Aussage vor, daß Gott schafft, der Mensch aber geschaffen wird. Zu- chen", dem Menschen als vorläufige Erziehungshilfen zur Einübung in mindest fehle der Beweis dafür, daß daraus diese Definition des Men- jene vollkommene Unterwerfung gegeben (4,16,4). Die subiectio selbst schen folge. Aber selbst wenn man bereit wäre, diese Konsequenz mit- ist nichts anderes als der dem Menschen von Gott ermöglichte Vollzug zuvollziehen, so sei es doch immer noch bloße Behauptung, daß der der Unterscheidung zwischen Gott und Mensch36. Sie ist die Wahrung Mensch fähig sei, diesem seinem angeblichen Wesen zu entsprechen. der vera gloria de his quae facta sunt et de eo qui fecit (3,20,2). Deshalb Denn er ist ja durch "Satan" gebunden (5,21,3), und daß das wirklich so macht es den Häretiker aus, keinen Unterschied zwischen Gott und ist, lehrt alle menschliche Erfahrung, die den Menschen davon besessen Mensch zulassen zu wollen37. Sie ist, anders formuliert, die Anerken- zeigt, mit sich selbst identisch zu werden und nicht mit seinem von Gott nung Gottes als des Spenders der Wohltaten, die zu empfangen den geschaffenen Wesen identisch zu sein. Menschen als Menschen konstituiert. Darauf antwortet Irenäus, Gott habe sich seines Geschöpfes erbarmt Das wird umgekehrt durch Irenäus' Definition des Todes und Satans und ihm das Heil durch den Logos, d. h. durch Christus, gegeben und es bestätigt. Während Glaube und Unterwerfung Leben für den Menschen zurückgeführt (redintegrans), und zwar auf die Weise, daß "der Mensch sind (vgl. 4,16,4), "führt den Tod der Ungehorsam herbei" (5,23,1). durch Erfahrung lerne (ut experimento discat homo)4t, daß er nicht aus Wieder ist aber nicht nur das Faktum der Übertretung der Gebote selbst sich selbst, sondern durch die Gabe Gottes die Unvergänglichkeit emp- gemeint, sondern, wie die Paradiesgeschichte lehrt, die Übertretung zum fängt" (5,21,3). Hier ist offensichtlich eine andere Erfahrung gemeint Zwecke, "wie Götter" zu werden38. Der Sündenfall stellte also die erste als alle dem Menschen mögliche. Welche? Verweigerung jener Anerkennung Gottes bzw. die Verweigerung der Irenäus hat seine christologische Erkenntnis, im Gegensatz zum oben Unterscheidung zwischen Gott und Mensch dar. Diese Verweigerung beschriebenen Stil seines Werkes, in einer Art knapper Formel zusam- kann sich in der Übertretung der Gebote äußern, aber auch in ihrer Ein- mengefaßt. Er wiederholt sie häufig. Welchen Wert er auf sie legt, geht haltung, dann nämlich, wenn die Gesetze, die ja nur "Zeichen" (4,16,2) allein schon daraus hervor, daß er nicht nur sein Werk gegen die Häresi- sind, als Gelegenheit zum eigenen Leistungserweis mißverstanden wer- en, sondern auch die Epideixis mit dieser "Formel" abschließt, gleich- den39. Derjenige, der den Menschen zu dieser Verweigerung überredet, sam als Quintessenz alles darin Gesagten. Der Interpret kann daher von der ci p,m Menschen einredet, aus, ,sich selbst" sein40 und so "wie Götter" ihr ausgehen. Wir zitieren sie hier in der berühmten Formulierung aus weHten zu soHen, ist der Satan, d. h. das Böse schlechthin. lrenäus defi- der Praefatio zum 5.Buch: " ... Verbum Dei, Jesum Christum Domi- num nostrum, qui propter immensam suam dilectionem factus est quod sumus nos, uti nos perficeret esse quod est ipse. "42 34 Vgl. oben S. 11. Die drei Begriffe sind, wie das Vorhergehende, Zitat aus 3,20,2. Die Interpretation dieser Formel, die man auch Rekapitulationsfor- Die Übersetzung ist die oben zitierte von Brox. mel nennen könnte, weil Irenäus darinzusammenfaßt, was "Rekapitula- 35 Zur Art und Weise dieser "Aufklärung" vgl. unten S. 18. tion" für ihn bedeutet, ist umstritten. Wir versuchen sie von einem kur- 36 Vgl. oben S. 13 den Beginn dieses Abschnitts. zen Kommentar her zu verstehen, den Irenäus selbst dazu in 5,16,2f. 37 S. 4,38,4. 38 V gl. Gen 3,4 f. bei Irenäus 5,23,1. gibt. Dort heißt es nach einem paraphrasierenden Zitat der Formel:' 39 Sinn aller Anordnungen Gottes, und damit auch schon des Gesetzes, ist ja vielmehr, daß der Mensch "lerne, daß er nicht von sich selbst, sondern durch Gottes Gabe die U nver- gänglichkeit empfängt", 5,21,3; vgl. 3,20,3 u.Ö. 41 Vgl. so auch 3,20,2 40 Modern gesprochen: mit sich selbst identisch zu sein, vgl. auch die vorhergehende 42 V gl. weitere Zitate bzw. Paraphrasen der "Formel" in 3 18 7' 3 19 l' 3 20 2' 5 1 l' Anm. und unten S. 22. 5,16,2; '5,20,2; 5,36,3 (Schluß von Adv. Haer.); Epid. 31; 38~ 97 (Schluß de; E~id.)'u:ö: 2 Kerygma und Logos 18 Barbara Aland Zur Anthropologie des Irenäus 19 , ,In den früheren Zeiten wurde zwar gesagt, daß der Mensch nach dem des Menschen. Wenn es in unserm Text heißt, daß der Mensch die "Ähn- Bilde Gottes geschaffen sei, aber es wurde nicht gezeigt. Denn noch war lichkeit" mit Gott verlor (Zeile 4), so ist der Verlust dieser "Bildhaf- der Logos unsichtbar, nach dessen Bild der Mensch geworden war. Des- tigkeit" ;dieser freiwilligen47 Unterwerfung gemeint. - Daß der Mensch wegen aber verlor er auch leicht die Ähnlichkeit. Als aber der Logos sie verlor, ist zweifellos seine Schuld. Trotzdem liegt darin eine gewisse Gottes Fleisch wurde, bestätigte er beides: er zeigte nämlich das wahr- Notwendigkeit. Denn weil der Mensch ganz und gar ein empfangendes haftige Bild, indem er selbst das wurde, was sein Bild war und er stellte Wesen ist, das nur ist, insofern es von außerhalb seiner selbst empfängt, die Ähnlichkeit sicher wieder her, indem er den Menschen dem unsicht- konnte er nicht aus sich selbst heraus die "Ähnlichkeit" mit Gott bewah- baren Vater durch den sichtbaren Logos ähnlich machte. 16,3: Und ren, von der ihm nur "gesagt" worden war. nicht nur durch das gerade Gesagte offenbarte der Herr den Vater und Durch die Fleischwerdung des Logos wird nun zweierlei "bestätigt" sich selbst, sondern auch durch sein Leiden. Er machte nämlich den an- ("bestätigt", insofern es schon immer in der Schöpfung angelegt und von fangs am [Baum]holze geschehenen Ungehorsam ungültig, indem er Gott vorgesehen war). ,gehorsam wurde bis zum Tod, ja zum Tode am Kreuz'. Er heilte den 1. Christus "zeigt" das wahrhaftige "Bild", indem er das wurde, was Ungehorsam am Holz durch den Gehorsam am Holz." sein Bild war, nämlich Mensch (Zeile 6). Er zeigt es aber nicht flur Hier wird also zunächst festgestellt, daß mit Christus eine vollständig durch die Inkarnation, sondern, wie der letzte Teil des Kommentars veränderte Situation gegenüber den "früheren Zeiten" eingetreten ist: lehrt (5,16,3), auch durch sein Leiden, d.h. den vollkommenen Gehor- was damals nur gesagt wurde, wird jetzt gezeigt. Gesagt wurde, daß der sam bis zum Kreuz. Indem er so sichtbarlich deutlich macht, was er in Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen sei (Zeile 1f.). Das wird seiner Funktion als Bild Gottes ist, klärt er zugleich den Menschen, der dann präzisiert: nach dem Bild des Logos geschaffen (Zeile 3). Die nach diesem Bild geschaffen ist, über sein eigenes Wesen auf. Christus Erklärung dafür gab schon Wingren mit seiner häufig betonten Feststel- verhilft dem Menschen also zur Erkenntnis seiner Bestimmung. lung, daß nach Irenäus der Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, 2. Christus ermöglicht auch die Erfüllung dieser Bestimmung, indem der Logos aber das Bild Gottes selbst ist43• Wenn also der Logos er die verlorengegangene "Ähnlichkeit sicher wiederherstellt". Diese "Fleisch" wird, heißt das, daß das Urbild des Menschen selbst "sichtbar" Wiederherstellung hat zwei Aspekte. Einen gleichsam negativen: Die wird. Die Konsequenzen, die sich daraus für den Menschen ergeben, er- Bindung des Menschen durch Satan wird gelöst. Denn der Gottmensch läutert der zweite Teil des Kommentars. Bevor wir darauf eingehen, Christus erweist durch seinen Gehorsam die "Macht" Satans, die in muß zunächst geklärt werden, was "Bild" Gottes sachlich bedeutet. Übertretung und Apostasie besteht, als Ohnmacht und zerstört sie da- Da Gott der allein unerschaffene Ursprung alles Geschaffenen ist44, durch. Der Zwang des Menschen zur eigenmächtigen elatio besteht da- kann sein "Bild" nicht ein irgendwie vermindertes Abbild dieses Gottes her nicht mehr, weil er als nichtig und der menschlichen Bestimmung sein. Denn wie sollte das gedacht werden, ohne daß sich etwas grundle- entgegen durchschaut werden kann. Darüber hinaus hat die Wiederher- gend anderes ergäbe, eben nicht diesem Gott "Ähnliches". Was Bild stellung aber auch einen eminent positiven Aspekt. Denn es wird nicht Gottes heißt, ist daher nicht vom Abbild-Begriff her zu klären. Sondern nur etwas weggenommen, sondern dem von der Bindung durch den Sa- Bild Gottes meint, was auch Sohn Gottes meint, nämlich die vollkom- tan gelösten Menschen wird die "Unterwerfung" und damit der "Ver- mene Unterwerfung unter diesen Gottvater, d.h. die vollkommene An- kehr" mit Gott geschenkt (nobis autem donans eam quae est ad Facto- erkennung dieses allein aus sich konstituierten Ursprungs alles Geschaf- rem nostrum conversationem et subiectionem, 5,17,1). So heißt es im fenen45• In diesem Sinne ist der Sohn das "Bild" Gottes46 und das Urbild Anschluß an uns ern Kommentar, nach einigen eingefügten polemischen Bemerkungen gegen die Gnostiker. Entsprechend kann es in andern Fassungen der Rekapitulationsformel auch positiv heißen, Christus habe 43 So wörtlich Epid. 22; bei Wingren (s. oben Anm. 2) vgl. 21 etpassim, cf. imIndexs. v. den "Geist" des Vaters ausgegossen, bzw. \l.ege in den Menschen durch Imago et similitudo. 44 Vgl. dazu 4,38,3 und oben S. 13 mit den dort angegebenen Belegen. den Geist Gott nieder (5,1,1). Gemeint ist der Geist der glaubenden U n- 45 Vgl. 4,38,3 (dazuobenS.13f. mit Anm.): Nachdem dargelegt worden ist, daß Unter- terwerfung. Mit ihm verleiht uns Gott, wie wir oben schon gehört ha- werfung unter Gott Unvergänglichkeit, die Unvergänglichkeit aber die Herrlichkeit, d.h. ben48, Anteil an seiner Herrlichkeit. Deshalb kann tatsächlich formuliert der Ausweis, des Unerschaffenen sei, heißt es, daß eben durch solche Anordnung, d.h. sachlich durch Untwerwerfung, der geschaffene Mensch zum Bild und Gleichnis des uner- 47 S. dazu unten S. 24-26. schaffenen Gottes wird. 48 Vgl. oben S. 14f. Dazu s. bes.: "Qui enim in lumine sunt non ipsi lumen illuminant, 46 Er ist dadurch definiert, daß er den Willen des Vaters vollendet, 5,36,3. sed illuminantur et illustrantur ab eo, ipsi quidem nihil ei praestant, beneficium autem per-

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