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Keine Angst vor der Globalisierung. Wohlstand und Arbeit fur alle PDF

307 Pages·1998·0.87 MB·German
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Oskar Lafontaine Christa Müller Keine Angst vor der Globalisierung layout by AnyBody Die zunehmende Globalisierung birgt Chancen für wachsenden Wohlstand in allen Ländern, woran Deutschland auch in Zukunft teilhaben wird. Die Wachstums- und Beschäftigungsprobleme hierzulande sind nicht auf die Globalisierung zurückzuführen, sondern hausgemacht. Sie müssen deshalb auch im Inneren gelöst werden. Dazu sind - so die Autoren dieses Buches - eine andere Wirtschaftspolitik und umfassende Reformen in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik notwendig. (Amazon) ISBN: 3801202658 Taschenbuch - 352 Seiten - Dietz, Bonn Erscheinungsdatum: 1998 Inhalt Inhalt............................................................................................2 Vorwort........................................................................................3 I. Kapitel....................................................................................20 II. Kapitel...................................................................................46 III. Kapitel..................................................................................72 IV. Kapitel..................................................................................97 V. Kapitel.................................................................................128 VI. Kapitel................................................................................173 VII. Kapitel...............................................................................208 VIII. Kapitel..............................................................................234 IX. Kapitel................................................................................272 Anhang....................................................................................296 V orwort Die Wirtschaftspolitik der letzten Jahre versucht, auf die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft eine Antwort zu geben. Der Standortwettbewerb wurde ausgerufen. Standortpolitik wurde zum Modewort des letzten Jahrzehnts. Der deutsche Standort sei nicht mehr wettbewerbsfähig, sagten die Vertreter der Wirtschaft. Wir hätten die Entwicklung verschlafen und müßten große Anstrengungen unternehmen, um wieder Anschluß an die Weltwirtschaft zu finden. Nun sind wir es gewohnt, daß die Wirtschaft über zu geringe Gewinne klagt. Aber es ist dennoch bemerkenswert, daß es denjenigen, die die Standortdebatte über Jahre bestimmt haben, gelungen ist, den Deutschen einzureden, daß der Standort Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig sei. Dabei sagen die Zahlen das Gegenteil: Deutschland ist unter den großen Industrieländern pro Kopf gerechnet die exportstärkste Nation der Welt. Hohe und zuletzt wieder rasch steigende Handelsbilanzüberschüsse bereiteten unseren Partnern Schwierigkeiten. Das galt und gilt besonders für unsere europäischen Nachbarn. Die internationalen Finanzmärkte bewerten die DM immer höher. Man kann den internationalen Finanzmärkten vieles unterstellen, aber in keinem Fall, daß sie die Währung eines schlechten Standortes permanent aufwerten. Dennoch konnte jahrelang kein Festredner einen wirtschaftspolitischen Vortrag halten, ohne die Gefahren der Globalisierung zu beschwören und ohne die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland zu beklagen. Mittlerweile hat die Regierung Kohl erkannt, daß dieses Gerede, das sie lange Zeit selbst unterstützt hat, zu einem Selbsttor geworden ist. Bundesforschungsminister Rüttgers beispielsweise, man reibt sich die Augen, kommt im Januar '98 zu dem Schluß, daß Deutschland europaweit der beste Standort für Biotechnologie sei. Auch die Anhänger der Bonner Koalition in der deutschen Wirtschaft haben sich zum Ziel -3- gesetzt, im Wahljahr '98 anders zu reden. So stellt Siemens- Chef Dr. Heinrich von Pierer ebenfalls im Januar '98 fest: »Wir sind wieder wett bewerbsfähig durch Kosteneinsparung, Innovationen und Wachstum.« Wer über Jahrzehnte die modischen Debatten in Deutschland und in Europa zur wirtschaftlichen Entwicklung verfolgte, war vorgewarnt. In den 60er Jahren veröffentlichte Jean Jacques Servan Schreiber sein Buch »Die amerikanische Herausforderung«. In diesem Buch, das in Deutschland begeistert aufgenommen wurde, beschwor Servan Schreiber die Gefahr, die von der Wirtschaft der USA ausging. Es wurde befürchtet, daß die amerikanischen Konzerne europäische Firmen aufkauften. Heute ist es Mode, das Gegenteil zu befürchten. Jetzt sorgt man sich, daß die amerikanischen Konzerne und die Firmen anderer Länder zu wenig in Deutschland investieren. Jetzt heißt es, Länder, in denen sich viele ausländische Unternehmen ansiedeln, weisen eine hohe Standortqualität auf, Länder, aus denen Unternehmen Investitionen abziehen, eine niedrige. Wendet man dieses Kriterium auf Japan an, kommt man zu einem für die japanische Volkswirtschaft niederschmetternden Ergebnis. Über viele Jahre haben die Japaner ungleich mehr im Ausland investiert als Ausländer in Japan. Das Erstaunliche ist aber, daß in Japan der Zufluß ausländischer Investitionen nie als positives Standortkriterium angesehen worden ist. Ausländische Investitionen werden dort eher behindert als gefördert. Entsprechend wurde in den 80er Jahren die japanische Gefahr beschworen. Die französische Premierministerin Edith Cresson warnte vor den gelben Ameisen. Die Japan-AG war in Deutschland das Thema. Landauf, landab wurden die Verbandssprecher nicht müde, die Vorsprünge der japanischen Volkswirtschaft darzustellen. Auch diese Diskussion ist heute verstummt. Japan hat nicht zuletzt deshalb wirtschaftliche Schwierigkeiten, weil es, wie Deutschland, in den 80er Jahren zu stark auf den Export gesetzt hat. Seit der Wende zur Standortpolitik ist hier wie dort vergessen worden, daß neben den Zielen Wachstum, -4- Beschäftigung und Preisstabilität auch ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht wirtschaftspolitisch anzustreben ist.Die Diskussion um die gelben Ameisen war noch nicht verstummt, da entdeckten unsere interessegeleiteten Standortexperten eine neue Gefahr: Jetzt waren es die asiatischen Tiger, die die entwickelten Volkswirtschaften des Westens bedrohten. In ungezählten Vorträgen und Kommentaren war zu lesen, wie beispielhaft sich die Volkswirtschaften der asiatischen Tiger entwickelten. Auch diese Diskussion ist in den letzten Monaten verstummt. Die asiatischen Tiger haben erhebliche Wettbewerbsprobleme und können die Abwertung ihrer Währungen allenfalls noch mit Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft stoppen. Der internationale Währungsfonds und die Weltbank spielen die Feuerwehr. Dreimal dürfen wir raten, wer die Folgen dieser Fehlentwicklungen aus spekulativen Finanzgeschäften, Immobiliengeschäften und nicht vertretbaren Kreditgeschäften zu tragen hat. Sicherlich nicht diejenigen, die die Fehler gemacht und zu verantworten haben. Geradestehen für diese Fehlentscheidungen müssen die Steuerzahler, Bankkunden und Aktionäre. Für Geschäfte deutscher Firmen in den Krisenländern hat sich Bonn mit 25 Milliarden Mark verbürgt. Bei Fälligkeit würden die Forderungen auf den Bund übergehen, und die deutschen Steuerzahler müßten zahlen. Mitte Januar 1998 hat die internationale Staatengemeinschaft mehr als 100 Milliarden Dollar aufgebracht, um eine Brandmauer zu errichten. Schon bei der Mexiko-Krise 1994, als der Internationale Währungsfonds mehr als 50 Milliarden Dollar bereitgestellt hatte, wurde die Frage aufgeworfen, ob es vertretbar sei, mit Steuergeldern das Spekulationsrisiko zu mindern. Und Bundesbankpräsident Tietmeyer sagte: »Bei den Internationalen Währungsfonds-Programmen darf nicht der Eindruck entstehen, daß man zwar hohe Zinsen verdienen kann, aber dann eine Gewährleistung hat, später von der internationalen Gemeinschaft herausgeholt zu werden.« Wenn die Entwicklung der asiatischen Tigerstaaten etwas gezeigt hat, -5- dann ist es folgendes: Die deutsche Wirtschaftspolitik darf sich nicht an modischem Gerede orientieren, sondern sie muß nüchterne Analysen und Fakten zur Grundlage ihrer Entscheidungen machen. Dazu will das vorliegende Buch einen Beitrag leisten. Ohne Tabellen und Zahlen kommen wir dabei nicht aus. Wir hoffen aber auf das Verständnis der Leserinnen und Leser, weil die Darstellung wirtschaftlicher Entwicklungsprozesse ohne Fakten allzu leicht für ideologische Zwecke mißbraucht wird. Die Finanzprobleme der asiatischen Staaten und die Rolle des Internationalen Währungsfonds beweisen einmal mehr, daß das neoliberale Credo der Deregulierung kein Allheilmittel ist. Es besteht kein Zweifel, daß die Finanzmärkte globalisiert sind. Aber die Erwartungen, die viele Experten in den völlig freien Kapitalverkehr und flexible Wechselkurse gesetzt hatten, haben sich nicht erfüllt. Die internationalen Finanzmärkte brauchen nicht Deregulierung, sondern wieder mehr Regulierung. Die Bretton- Woods-Kommission unter Leitung des ehemaligen amerikanischen Notenbank-Präsidenten Paul Volcker hat dafür Vorschläge gemacht. Der international bekannte Devisenspekulant George Soros wird nicht müde, zur Eindämmung der Spekulation internationale Regulierungen der Finanzmärkte zu fordern. Die Diskussion um die Globalisierung und den Standort Deutschland ist zu einem inhaltslosen Streit mit Schlagworten verkommen. Nicht nur Deregulierung wurde von den Neoliberalen beschworen, sondern vor allem Kostensenkung. In nicht zu überbietender Schlichtheit wurde Volkswirtschaft mit Betriebswirtschaft verwechselt und der unbestreitbare Satz vergessen, daß in einer Volkswirtschaft immer die Ausgaben des einen die Einnahmen des anderen sind. Auf die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft, so hieß es, könnten die Volkswirtschaften nur mit einem Wettbewerb um möglichst niedrige Unternehmenssteuern, Tariflöhne, Sozialleistungen und Arbeitnehmerrechte antworten. -6- An vorderster Stelle dieser falschen Propheten steht in Deutschland der Präsident des BDI, Hans Olaf Henkel. Er ist so sehr von der Lehre des »down-sizing« überzeugt, daß er regelrecht in einen Begeisterungstaumel verfiel, weil in Ostdeutschland viele Betriebe Tarifverträge nicht einhalten konnten. Er forderte, sich daran ein Beispiel zu nehmen, und empfahl dieses Vorgehen auch für Westdeutschland. Spätestens an diesem Punkt müßten auch die glühendsten Jünger der Irrlehre des falsch verstandenen Standortwettbewerbs stutzig werden. Eine freie Gesellschaft und die Marktwirtschaft leben davon, daß geschlossene Verträge eingehalten werden. Eine wirtschaftliche Philosophie, die beim Aufruf zum Vertragsbruch landet, widerlegt sich selbst. Die Anhänger des Kostensenkungswettlaufs nahmen in Deutschland lange Zeit für sich in Anspruch, die »Reformer und Modernisierer« zu sein. In früheren Zeiten verstanden die Deutschen unter Reformen Entscheidungen des Gesetzgebers, die einer Mehrheit der Bevölkerung zugute kamen. Nach einer Reform ging es vielen Menschen besser als vorher. Mittlerweile halten die Deutschen verschreckt den Geldbeutel zu, wenn sie das Wort Reform hören. Die Regierung Kohl wurde nicht müde, eine ganze Reihe von Einschränkungen sozialer Leistungen und den Abbau von Arbeitnehmerrechten als »Reformen« zu bezeichnen. »Vermögenssteuer: abgeschafft, Gewerbekapitalsteuer: abgeschafft, Solidaritätszuschlag: reduziert, Bahn, Post und Telekom: privatisiert, Lohnfortzahlung: reformiert, Ladenschluß: reformiert, Kündigungsschutz: reformiert, befristete Arbeitsverträge: reformiert, Schlechtwettergeld: reformiert, Jugendarbeitsschutz: reformiert, Arbeitslosenhilfe: reformiert, Arbeitsförderungsgesetz: reformiert, Rentenversicherung: reformiert. Ist das alles nichts?«, fragt der Reformer Norbert Blüm verzweifelt die Vertreter der deutschen Wirtschaft, die die Politik der Bundesregierung kritisieren. In einem Brief an die Koalitionsfraktionen weist er stolz darauf hin, daß er mit seinen Reformen bei Renten und Arbeitslosen jährlich rund 98 Milliarden Mark spare. Zum Dank für diese -7- »Reformbemühungen« wurde er vom BDI-Präsidenten Henkel als »Hofnarr« beschimpft. Undank ist der Welten Lohn. Die Rentenkürzung wurde zur Rentenreform, der Abbau des Kündigungsschutzes wurde zur Reform des Kündigungsschutzes, die Kürzung derLohnfortzahlung im Krankheitsfall wurde zur Reform der Lohnfortzahlung, die Kürzung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe wurde zur Reform des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosenhilfe. Wenn das alles dazu beigetragen hätte, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren, könnte man darüber reden. Ohne dieses Ergebnis aber wird der Reformbegriff in sein Gegenteil verkehrt, wird aus Reform Restauration. Die OECD hat in ihrem amtlichen Dokument »New global age« die »reichtumschaffende Energie des marktorientierten Wirtschaftssystems« des 19. Jahrhunderts beschworen. Das ist der Marsch aus der sozialen Marktwirtschaft ins Massenelend der Gründerjahre. Das wäre der Traum von einer Gesellschaft, die den Reichtum und die Freiheit weniger kennt und die in der Arbeitslosigkeit ein selbstverschuldetes Schicksal sieht. Da wundert es nicht, daß kein Arbeitgeberverband die Arbeitslosigkeit in Europa so hartnäckig auf zu hohe Sozialleistungen und Arbeitsschutzbestimmungen zurückführt wie die Ökonomen der OECD, die ihrerseits auf hochbezahlten und steuerbegünstigten Dauerarbeitsplätzen im eleganten 16. Arrondissement von Paris sitzen. Es ist an der Zeit, daß dem Reformbegriff seine ursprüngliche Bedeutung zurückgegeben wird. Mit dem Begriff der Reformen sollen die Menschen wieder politische und gesellschaftliche Veränderungen verbinden, die ihnen größere Chancen und bessere Lebensbedingungen bringen. Die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen ist zum Beispiel eine Reform, die seit Jahren überfällig ist. Die ökologische Erneuerung des Steuer- und Abgabensystems ist eine weitere Reform, die wir zur Verbesserung der Lebensbedingungen kommender Generationen brauchen. Die Entlastung der Arbeit von zu hohen Abgaben ist eine Reform, die notwendig ist, damit wieder mehr Arbeitsplätze angeboten werden. Die Erhöhung -8- des Kindergeldes ist eine Reform, auf die viele Familien in Deutschland warten. Nicht genug damit, daß die Anhänger der Irrlehre des Kostensenkungswettlaufs der Volkswirtschaften sich Reformer nennen, sie nennen sich auch Modernisierer.Auch der Begriff der Moderne wird in sein Gegenteil verkehrt. In Europa ist die Idee der Moderne verbunden mit der Philosophie der Aufklärung. Im Zentrum der Philosophie der Aufklärung steht die Freiheit des einzelnen Menschen. Die Philosophie der Aufklärung war die Grundlage der französischen Revolution, war die Grundlage von Liberté, Egalité, Fraternité. Freiheit, Chancengleichheit und Solidarität sind nach dieser Philosophie Fundamente einer modernen Gesellschaft. Die Moderne soll jedem Menschen ein Höchstmaß an Freiheit, an Chancengleichheit und gesellschaftlicher Solidarität bringen. Der Begriff der Moderne verträgt sich nicht mit dem Abbau von Arbeitnehmerrechten, der Kürzung sozialer Leistungen, dem zurückgehenden Angebot an Lehrstellen. Der Begriff der Moderne verträgt sich ebensowenig damit, daß die Ankündigung von Massenentlassungen zu einem Fest an den Börsen wird. Der Begriff der Moderne steht der Lehre des Neoliberalismus diametral entgegen. Daran ändert auch nichts, daß sich die Anhänger neoliberaler Ideen selbst Reformer und Modernisierer nennen. Die Modernisierer und Reformer in den Reihen der Konservativen stoßen bei der Verfolgung ihrer Politikziele auf einen für sie nicht auflösbaren Widerspruch. Der Marktradikalismus, der fälschlicherweise mit dem Etikett »Reform« oder »modern« verklärt wird, führt zur Zerstörung der traditionellen Werte und Strukturen, die die Konservativen in aller Welt zur Grundlage ihrer Arbeit gemacht hatten. Die Forderung nach unbegrenzter Mobilität der Arbeitnehmer oder nach unbegrenzter Schicht- und Wochenendarbeit zerstört die Familie. Die Forderung nach totaler Kommerzialisierung des Fernsehens verändert das Leben der Menschen und der Familien und führt über den Nachahmungstrieb der Jugendlichen zu Gewalt und Kriminalität. -9- Der radikale Sozialabbau und der Verlust des Arbeitsplatzes führen zu Verzweiflung, Drogensucht und Alkoholismus. Daß Vertreter der Koalitionsparteien mit geschwellter Brust verkünden, sie seien die eigentlichen Reformer, erklärt sich aus ihrem falschen Reformbegriff.Weltweit hat die Debatte darüber begonnen, ob die Antworten des Neoliberalismus die richtigen Antworten auf die Globalisierung sind. In Europa sind die Regierungswechsel in Italien, Frankreich und Großbritannien eine Absage an den Neoliberalismus. Schon die Grundannahme, die der Globalisierungsdebatte zugrundeliegt, ist falsch. Wir haben nicht eine im ganzen globalisierte Wirtschaft, wie die Tabellen und Zahlen des Buches zeigen. Wir haben globalisierte Finanzmärkte, aber überwiegend regionalisierte Warenmärkte, das heißt europäische, amerikanische oder asiatische. Wir haben trotz der Wanderungsprobleme und zunehmender Mobilität von Arbeitskräften über die Grenzen hinweg immer eher noch nationale Arbeitsmärkte. Die These, daß eine Milliarde Chinesen darauf warten, die deutschen Arbeitnehmer zu verdrängen, ist zwar auch aus professoralem Munde zu vernehmen; sie hat aber eine ähnliche intellektuelle Qualität wie die jahrzehntelang wider besseres Wissen aufrechterhaltene Parole »Der Russe steht vor der Tür«: Die große Masse der Arbeitnehmer in allen Ländern dieser Welt möchte gute Arbeitsbedingungen in ihrer Heimat vorfinden. Dabei müssen wir durch eine Politik helfen, die den anderen eine faire Chance im Wettbewerb läßt, so daß sie sich am Ende selbst helfen können. Auch hier richtet eine Politik forcierter Kostensenkung gravierende Schäden an. Wer darauf aus ist, nicht nur andere Unternehmen, sondern ganze Nationen vom Markt zu verdrängen, zwingt die Menschen, ihr Heil in der Flucht aus der Heimat zu suchen. Das gilt auch für Europa. Wenn wir über Lohndumping ausländische Märkte erobern, dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Arbeitnehmer aus diesen Ländern demnächst an unserer Tür klopfen. Deshalb muß sich gerade in der Währungsunion jeder nach seiner Decke strecken. Keiner darf -10-

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