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Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Klöster Muri und Hermetschwil PDF

395 Pages·2005·5.585 MB·German
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Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Klöster Muri und Hermetschwil Charlotte Bretscher-Gisiger Rudolf Gamper Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Klöster Muri und Hermetschwil Urs Graf Verlag Dietikon-Zürich 4 Dieses Werk wurde publiziert mit Unterstützung – des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, – des Klosters St. Martin, Hermetschwil – des Benediktinerkollegiums Sarnen Umschlag Alle Rechte vorbehalten Initialen Verkündigung an Maria und Martin von Tours. Sarnen, © Copyright by Cod. membr. 6, 85ra und 242va. Urs Graf Verlag GmbH, Dietikon-Zürich, 2005 Fotografien: Fotostudio Müller, Aarau Frontispiz Druck: Druckerei Cavelti AG, Gossau Stifterbild des Abtes Johannes Feierabend im Pontifikale von 1508. Aargauer Kantonsbibliothek, MsMurF 3, 1v. ISBN 3-85951-244-7 Inhaltsverzeichnis Vorwort und Dank 7 5 Einleitung 9 Charlotte Bretscher 1. Das Kloster Muri: Gründung und Reform 9 2. Bücherverzeichnisse, Skriptorium 13 3. Die Klöster Muri und Hermetschwil im Spätmittelalter 22 Rudolf Gamper 4. Katholische Reform und Barockzeit 36 5. Klosteraufhebung und Exil (19. Jahrhundert) 50 6. Die Handschriften des Klosters Muri im 20. Jahrhundert 59 Anmerkungen 63 Abgekürzt zitierte Literatur 77 Katalog 81 Staatsarchiv des AA/4530; AA/4533; AA/4947; Dep. 0011 Q 1 82 Kantons Aargau StAAG Einbandfragmente 1–3 88 Aargauer Mb 1550 92 Kantonsbibliothek MsBN 47 93 MsMur 2 95 MsMurF 2 – 3; MsMurF 5 – 8; MsMurF 14; MsMurF 31a; MsMurF 84 – 85 96 MsMurFm 4 – 6; MsMurFm 9 114 MsMurQ 1 – 2; MsMurQ 4 – 7; MsMurQ 11 – 12 121 Benediktinerkollegium Pergamenthandschriften 144 Sarnen Cod. membr. 1 – 20; Cod. membr. 24 – 51; Cod. membr. 53 – 65; Cod. membr. 68 – 69; Cod. membr. 75; Cod. membr. 83; Cod. membr. 85 Papierhandschriften 262 Cod. chart. 13; Cod. chart. 26 – 28; Cod. chart. 39; Cod. chart. 57 – 58; Cod. chart. 68; Cod. chart. 82; Cod. chart. 84; Cod. chart. 103; Cod. chart. 105; Cod. chart. 121; Cod. chart. 124 – 125; Cod. chart. 139 – 140; Cod. chart. 149 – 152; Cod. chart. 155 – 156; Cod. chart. 159; Cod. chart. 161; Cod. chart. 169 – 170; Cod. chart. 191 – 197; Cod. chart. 207 – 211; Cod. chart. 214 – 216; Cod. chart. 498; Cod. chart. 504; Cod. chart. 518; Cod. chart. 528; Cod. chart. 536; A.5a.1 Fragmente 362 Fragm. I. 1 – 10 6 Anhang 369 Litaneien, Kalendare, Festkalender und nekrologische Notizen 370 Bücher- und Handschriftenverzeichnisse 396 Bücherverzeichnis des Klosters Hermetschwil von 1697 396 Handschriftenverzeichnis des Klosters Muri von 1744 409 Handschriftenverzeichnis des Klosters Muri von 1790 411 Register der Verfasser, Namen, Orte und Sachen 415 Register der Initien 430 Register der deutschen Gebetsinitien 439 Verzeichnis der Verse und Sprüche nach Walther 458 Signaturenkonkordanzen 459 Vorwort und Dank Habent sua fata libelli – Bücher haben ihr eigenes Geschick, Es ist das Verdienst des vorliegenden Bandes, in der Form des 7 nicht nur in ihrem Entstehen, sondern auch in ihrem Beste- Katalogs wieder zu vereinen, was die wechselvolle Geschich- hen. Geschrieben, erworben, gelesen, gehütet oder veräus- te von Muri und Hermetschwil nach 1841 auseinander ge- sert, wertvolle Geschenke ebenso wie begehrte Beute, acht- rissen hat. Dafür gebührt allen, die dieses Projekt initiiert los misshandelt und dann wieder liebevoll restauriert – das und ermöglicht haben, aufrichtiger Dank: Prof. Dr. Martin alles und noch mehr kann Büchern widerfahren, macht ihr Steinmann, der als Präsident des Kuratoriums «Katalogi- Geschick aus, das als Geschichte rekonstruiert und erzählt sierung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Hand- werden kann. schriften der Schweiz» der Schweizerischen Akademie der Die Handschriften, die einmal zum Bestand der Klosterbiblio- Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) an uns mit dem theken von Muri und Hermetschwil gehörten, sind in den Vorschlag herangetreten ist, die Handschriften aus der Biblio- letzten Jahren im Rahmen des Projektes der «Katalogisierung thek von Muri, die sich in unserem Benediktiner kollegium der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Handschriften in Sarnen befinden, zu katalogisieren. Der Regierung des der Schweiz» neu beschrieben, in ihrem je eigenen Geschick Kantons Aargau, die auf den Vorschlag hin grosszügig be- erforscht worden. Der vorliegende Katalog macht uns den reit war, sich für die Handschriften aus der Bibliothek von Ertrag dieser mühevollen Arbeit zugänglich. Dazu bietet uns Muri, die sich heute in der Kantonsbibliothek in Aarau und die Einleitung einen Einblick in die eng verschränkte Biblio- im Staatsarchiv Aargau befinden, dem Projekt anzuschlies- theksgeschichte von Muri und Hermetschwil. Das Kloster sen. Dem Nationalfonds und der Josef Müller Stiftung Muri Muri, als Gründungdatum gilt 1027, war nach der Annahme für die Beiträge zur Finanzierung des Projekts. Vor allem aber der Reform von St. Blasien 1082 ein Doppelkloster, dessen Frau Charlotte Bretscher und Herrn Rudolf Gamper, die uns Frauengemeinschaft aber in der ersten Hälfte des 13. Jahr- über die Arbeit an den Handschriften hinaus zu Freunden hunderts nach Hermetschwil verlegt wurde. Durch die Auf- geworden sind. hebung der Klöster im Aargau von 1841 sind weitere Orte mit dem Schicksal der Handschriften- und Buchbestände aus den Bibliotheken von Muri und Hermetschwil verbunden: Abt Benno Malfèr OSB Sarnen, Gries bei Bozen, Habsthal und Aarau. Abt von Muri-Gries Ausgehend von der Katalogisierung der Handschriften, die von Anfang an unterstützt. Für die Förderung des Anschluss- sich heute im Benediktinerkollegium in Sarnen befinden, projekts im Aargau danken wir dem Regierungsrat des Kan- wurden in einem Anschlussprojekt die Handschriften bear- tons Aargau. beitet, die in der Aargauer Kantonsbibliothek und im Staats- Wir danken insbesondere Dr. Charlotte Bretscher und Dr. archiv Aargau aufbewahrt werden. Im vorliegenden Katalog Rudolf Gamper, dem erfahrenen Expertenteam, für die sind nun rund 150 Handschriften der Klöster Muri und Her- kenntnisreiche und sorgfältige Bearbeitung der Handschrif- metschwil vom 12. bis zum frühen 16. Jahrhundert, welche ten und die Erarbeitung der Bibliotheksgeschichte der Klös- historisch eine Einheit bilden, für die Forschung zum ersten ter von Muri und Hermetschwil. Unser spezieller Dank gilt Mal als Ganzes überschaubar geworden. Prof. Dr. Martin Steinmann, Präsident des Kuratoriums Initiiert von Prof. Dr. Martin Steinmann im Rahmen der «Ka- «Katalogisierung der mittelalterlichen und frühneuzeitli- talogisierung mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Hand- chen Handschriften der Schweiz», für die wissenschaftliche schriften der Schweiz» der Schweizerischen Akademie der Betreuung der Arbeit. Geistes- und Sozialwissenschaften wurden die Forschungs- Eine Reihe von Fachleuten begleitete mit vielfältigem Rat die arbeiten von Abt Benno Malfèr OSB, Abt von Muri-Gries, Arbeit: Dr. Romain Jurot unterstützte mit seiner fachlichen Vorwort und Dank Kompetenz die Bearbeitenden bei der Beschreibung liturgi- Ermöglicht wurde die umfassende Bearbeitung durch Bei- 8 scher Handschriften, Pater Adelhelm Rast (†), Archivar des träge des Schweizerischen Nationalfonds, der Josef Müller Benediktinerkollegiums in Sarnen, vermittelte die Grundla- Stiftung Muri und durch den Kanton Aargau. gen der Murenser Bibliotheksgeschichte, Pater Beda Szukics, Das vorliegende Werk beschreibt die Handschriften, stellt sie Bibliothekar des Benediktinerkollegiums in Sarnen, suchte in einen historischen Gesamtzusammenhang und verweist Quellen und Dokumente zur Murenser und Hermetschwiler auf die besonderen Schätze dieser Bestände. Dazu zählen un- Bibliotheksgeschichte und war ein offener Gesprächspartner ter anderem die frühen Zeugnisse der Ausstattung der Klös- für Fragen des benediktinischen Mönchtums und der benedik- ter Muri und Hermetschwil mit liturgischen Büchern, die tinischen Lebensweise. Für fachliche Auskünfte standen Prof. illuminierten Psalter, das berühmte ‚Gebetbuch der Königin Dr. Peter Ochsenbein (†), St.Gallen; Hans Rindlisbacher, So- Agnes’ mit der Mariensequenz, das Kapiteloffiziumsbuch von lothurn; Christian Sieber, Adliswil; Prof. Dr. Peter Stotz, Zü- Hermetschwil mit Necrologium und Benediktinerregel, alle rich, und Dr. Konrad Wanner, Luzern, zur Verfügung. aus dem 12. Jahrhundert. Weitere Kostbarkeiten sind die lei- Wichtig für das Gelingen war ebenso die grosse Gastfreund- der nur fragmentarisch erhaltene Handschrift des Osterspiels schaft der Patres vom Benediktinerkollegium in Sarnen und von Muri aus der Mitte des 13. Jahrhunderts und die älteste die freundliche Aufnahme im Kloster Hermetschwil durch Überlieferung der ‚Acta Murensia’, der Gründungsgeschichte die Äbtissin Angelika Streule. Der Bibliothekarin Schwester des Klosters Muri, vom Ende des 14. Jahrhunderts. Adelheid Moser ist zu danken für den Zutritt zur wertvollen Wir hoffen, dass es gelingen möge, mit dieser Publikation Klosterbibliothek in Hermetschwil. das Forschungsinteresse für die Kloster- und Bibliotheksge- Für die Bearbeitung der Handschriften aus der Kantonsbi- schichte anzuregen. bliothek und dem Staatsarchiv konnten Charlotte Bretscher und Rudolf Gamper auf die Unterstützung durch die Mitar- beitenden des Staatsarchivs zählen, insbesondere auf Martin Aarau, Mai 2005 Lüdi und Marcel Giger. Zu danken ist schliesslich Werner Dönni, Handschriftenbibliothekar der Aargauer Kantons- Dr. Ruth Wüst Andrea Voellmin bibliothek, für die umsichtige Koordination und Unterstüt- Kantonsbibliothekarin Staatsarchivarin zung des Projekts und Dr. Piroska Máthé, wissenschaftliche Archivarin des Staatsarchivs, für die Hilfe bei der Erarbeitung der Bibliotheksgeschichte von Muri und Hermetschwil. Einleitung 1. Das Kloster Muri: Gründung und Reform 1.1 Gründung ner Urkunde, die heute ebenfalls im Staatsarchiv des Kantons 9 Das Kloster Muri im aargauischen Freiamt wurde im 11. Aargau liegt (StAAG U.24/001).4 Bischof Werner verfügt in Jahrhundert gegründet. Zusammen mit der etwa in der glei- diesem Schriftstück die Gründung eines dem heiligen Mar- chen Zeit errichteten Habsburg im so genannten Eigenamt tin geweihten Klosters auf seinem persönlichen Eigentum; im nördlichen Aargau am Zusammenfluss von Aare und er bezeichnet sich im ‚Testament’ selbst als Habsburger und Reuss bildete das Kloster mit seinem umliegenden Gebiet Erbauer der Habsburg. ein Zentrum habsburgischen Besitzes. Über die Gründungs- Abgefasst ist das Schriftstück nach Werners eigenen Anga- und Frühgeschichte des Klosters berichten die ‚Acta Muren- ben im Jahr 1027, ein Jahr vor seinem Tod in Konstantino- sia’ und das ‚Testament von Bischof Werner’. pel. Die Forschung hat jedoch nachweisen können, dass das Die ‚Acta Murensia’ wurden wohl auf Grund verschiedener Schriftstück keinesfalls zur angegebenen Zeit verfasst wurde; bereits vorliegender Schriftstücke um 1160 verfasst und glie- sie datiert es in den Zeitraum um 1090 bis vor 1130.5 Das dern sich in der heute vorliegenden Fassung in drei Teile: ‚Testament’ ist demnach zwischen zwanzig und siebzig Jah- eine einleitende Genealogie der habsburgischen Gründer- re älter als die heute vorliegende Fassung der ‚Acta’. Diese familie bis in die Zeit König Rudolfs I., den Bericht über nehmen denn auch indirekt Bezug auf das ‚Testament’, oder die Gründungs- und Reformgeschichte des Klosters bis zum zumindest auf eine Variante der Gründungsgeschichte, die Jahr 1114 und einen Güterbeschrieb. Die im Kloster Muri bewahrte Abschrift stammt aus dem 14. Jahrhundert und Die Habsburg, Stammsitz und namengebende Burg der Gründer­ liegt heute im Staatsarchiv des Kantons Aargau.1 Frühere sippe des Klosters Muri, erbaut im 11. Jahrhundert. Wandmalerei Textzeugen fehlen. im ‚Schweizerzimmer’ des Klosters Muri­Gries im Südtirol. Nach den ‚Acta’ hatte sich Kanzelin von Altenburg, ein habs- burgischer Ahnherr, die Curtis (Hof) und die Kirche von Muri, Besitz einer Sippe von Kleingrundbesitzern, mit Ge- walt angeeignet. Nach dem Tod Kanzelins versuchten die rechtmässigen Erben wieder zu ihren Besitzungen zu gelan- gen, doch Radbot, der Sohn des Kanzelin, vertrieb sie. In den ‚Acta’ werden diese Ereignisse kommentiert: Zunächst halten sie fest, dass Gott auch das Schlechte zum Guten zu nutzen vermag und dass er «alles anordnet und verfügt, wie er will und durch wen er will und wann er will.» Daher mag es sein, dass der gewaltsame Besitzerwechsel sich folgendermassen er- klären lässt: Die Erben der ursprünglichen Landbesitzer wa- ren arm und einflusslos und hätten dem Ort Muri auch mit bestem Willen nie zu grösserer Bedeutung verholfen, wäh- rend dies den neuen (habsburgischen) Eigentümern möglich war, sofern sie es nur wollten.2 Radbot übergab Muri seiner Gattin Ita von Lothringen als Morgengabe. Als Ita von der unrechtmässigen Herkunft des Besitzes erfahren hatte, ver- traute sie sich ihrem Bruder Werner, Bischof von Strassburg, an und äusserte den Wunsch, in Muri ein Kloster zu errich- ten. Mit seiner Unterstützung gelang es, den widerstreben- den Radbot von diesem Plan zu überzeugen, und um 1027 wurde das Kloster Muri gestiftet.3 Dieser narrativen Fassung der Gründungsgeschichte steht die Darstellung im ‚Testament von Bischof Werner’ entgegen – ei- Einleitung in Werner den Stifter sieht, wenn sie schreiben: «Wenn aber ter Einsiedeln gelöst; es blieb jedoch weiterhin Eigenkloster, 10 ein anderes Schriftstück berichtet, dass Bischof Werner allein in welchem die habsburgischen Eigenkirchenherren die Be- der Stifter sei, das geschah deshalb, weil es klugen Leuten stellung der Klosterführung bestimmten. besser schien. Sie waren der Ansicht, dass er unter den drei beteiligten Personen [Ita, Radbot und Werner] die mäch- tigste gewesen sei und daher die Stiftung umso eindeutiger 1.2 Reform und gültiger, als wenn man sagen würde, Muri sei von einer Auf den ersten Murenser Abt Burkard (1065–1073) folgten Frau gegründet.»6 in der Leitung des Klosters die Administratoren Wenelo (bis Die ‚Acta Murensia’ und das ‚Testament von Bischof Wer- 1075)9 und Ulrich (1075–1081)10. Ulrichs ungenügende ner’ zeigen offensichtliche Unterschiede: In den ‚Acta’ ist Amtsführung, so schildern es die ‚Acta’, bildete den Anstoss Bischof Werner ein Bruder der Ita und somit ein Angehöri- zu einer neuen Entwicklung in der Geschichte des Klosters ger des lothringischen Herzogsgeschlechts – während er im Muri: die Reform durch St. Blasien. Die ‚Acta’ berichten, dass ‚Testament’ zum Geschlecht der Habsburger gehört, ja so- die St. Blasianer ihre frühere Gewohnheit (consuetudo), die gar der Erbauer der namengebenden Burg ist. Offen bleibt ihnen von Einsiedeln überkommen war, ablegten und dieje- auch die Frage, wie und wann der Ort Muri in den Besitz nige der Reformabtei Fruttuaria in Norditalien annahmen. der Habsburger gelangte. Beide Darstellungen stimmen aber Graf Werner war angetan von den Berichten aus St. Blasi- darin überein, dass das Kloster Muri als habsburgisches Ei- en, die des Lobes voll waren. Er verglich sie mit den Zustän- genkloster gegründet wurde. Das Kloster bildete zusammen den, wie er sie in Muri vor Augen hatte und überlegte, wie mit der Habsburg ein Zentrum der habsburgischen Grafen- er auch hier die neue Gewohnheit einführen könnte.11 Er sippe, welche, zunächst im Oberelsass und Klettgau fassbar, wandte sich an Abt Giselbert von St. Blasien und ersuchte ihren Einfluss und Besitz in das schweizerische Mittelland ihn um die Entsendung von Mönchen, welche die Murenser ausdehnte. Ähnliche Gründungen eines Hausklosters durch im Sinne der Reform anzuleiten vermöchten und zur stren- Grafenfamilien im Raum der heutigen Nordostschweiz las- geren Einhaltung der Benediktinerregel bewegen könnten. sen sich auch bei den Nellenburgern (Kloster Allerheiligen Als erste Massnahme aber liess Werner die Äbte Wilhelm von in Schaffhausen) und bei den Lenzburgern (Stift Beromüns- Hirsau und Siegfried von Allerheiligen in Schaffhausen als ter) beobachten. ‚Gutachter’ nach Muri kommen, prominente Vertreter der Nachdem er bei der Gründung eher zögerlich gewesen war, Reform. Die beiden Äbte empfahlen ihm «um seines See- übernahm Graf Radbot nach den ‚Acta’ in der Folge tatkräf- lenheils willen» die Freilassung des Klosters, das heisst den tig den Aufbau seines Klosters. Er erbat sich von Abt Em- Verzicht auf seine eigenkirchlichen Rechte, sowie eine strikte bricho von Einsiedeln eine Delegation von Mönchen für die Trennung des herrschaftlichen vom klösterlichen Bereich.12 Neugründung. So entstand am Ort unter der Leitung von Sie setzten auch eine ‚Carta libertatis’, eine Freilassungsur- Propst Reginbold (ca. 1032–1055)7 eine erste monastische kunde, für Muri auf. Dieses Schriftstück soll nach den An- Gemeinschaft als Propstei des Klosters Einsiedeln. Regin- gaben der ‚Acta’ in leicht abgeänderter Form noch erhalten bold liess Gebäude errichten, erwarb Paramente sowie Re- sein, ist heute aber verloren. 1082 entliess der habsburgische liquien und beschaffte Bücher oder liess solche schreiben. Klosterherr Graf Werner das Kloster in einem feierlichen Akt Auf Reginbold folgte Propst Burkard (1055–1065)8, in des- aus seiner Herrschaft und übergab es als Priorat an St. Bla- sen Amtszeit die Weihe der Klosterkirche am 11. Oktober sien – unter vollständigem Verzicht auf die Vogteirechte für 1064 vollzogen wurde. Nach dem Tod von Abt Hermann sich und seine Familie. von Einsiedeln fürchtete Graf Werner, der Sohn Radbots, Rupert13, einer der drei zur Durchführung der Reform von dass von Einsiedeln her unter einem neuen Abt vermehrt in St. Blasien nach Muri gesandten Mönche, wurde zum Prior Muri eingegriffen würde. Deshalb wurde auf sein Betreiben gewählt. Als Rupert nach St. Blasien zurückkehrte, entstand Burkard 1065 von den Murenser Mönchen zum ersten Abt ein Konflikt zwischen dem St. Blasianer Abt Giselbert und des Klosters gewählt. Knapp vierzig Jahre nach seiner Grün- dem Murenser Konvent: Nach Abt Giselberts Verständnis war dung hatte sich Muri damit aus der Abhängigkeit vom Klos- die Einsetzung der Klosterleitung allein sein Recht, da Muri

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