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Karl V. und Tizian PDF

67 Pages·1960·2.997 MB·German
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ARBEITSGEMEINSCHAFT FüR FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN GEISTESWISSENSCHAFTEN 65. Sitzung am 15. Juli 1959 in Düsseldorf Tizian, Reiterbildnis Karls V.; Madrid, Prado ARBEITSGEMEINSCHAFT FüR FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN GEISTESWISSENSCHAFTEN HEFT 92 Herbert von Eintm Kar! V. und Tizian SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH Mit Genehmigung des Böhlau-Verlages, Köln entnommen aus: Kölner Colloquium 26. bis 29. Nov. 1958 Kar! V., der Kaiser und seine Zeit herausgegeben von Peter Rassow und Fritz Schalk ISBN 978-3-663-00701-2 ISBN 978-3-663-02614-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-02614-3 © 1960 Springer Facbmedien W1eSbaden Umpmoglich erscbieneo. bei W~ Vedtg, KöII11lDd Opladen 1960 Vorwort Der vorliegende Text ist zuerst in einer Ringvorlesung des Studium Uni versale der Bonner Universität anläßlich des 400. Todestages Kaiser Karls V. im Wintersemester 1958 vorgetragen worden. Er wurde in das Kölner Collo quium über Karl V. vom 26. bis 29. November 1958 übernommen und in dem von Peter Rassow und Fritz Schalk herausgegebenen Band »Karl V. Der Kaiser und seine Zeit", Köln 1960, erstmalig veröffentlicht. Ich danke den Herren Professoren Rassow und Schalk und dem Böhlau-Verlag für die freundliche Genehmigung, den Text hier noch einmal in leicht veränderter Form zu bringen. An den Vortrag in der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen am 15. Juli 1959 schloß sich eine lebhafte Diskussion, an der sich die Herren Protonotar Prof. Dr. Schreiber, Münster, Prof. Dr. Rassow, Köln, Prof. Dr. Scheuner, Bonn, Prof. Dr. Bandmann, Bonn und Frau Prof. Dr. Consten, Aachen, beteiligten. Borm, 18. Oktober 1960 Herbert v. Einem Kar! V. und Tizian Von H erbert von Einem, Bonn I. Der Begegnung zwischen Kaiser Karl V. und Tizian verdanken wir einige Werke, die zu den bedeutendsten Schöpfungen der an schöpferischen Zeug nissen überreichen Epoche der italienischen Kunst des 16. Jahrhunderts ge rechnet werden müssen. Aber nicht nur die Kunstgeschichte hat Grund, der Begegnung zwischen Kaiser und Maler dankbar zu sein. Tizians für den Kaiser geschaffene Gemälde sind zugleich monumentale geschichtliche Ur kunden von einzigartigem Wert. Auch der politische Historiker wird ihrer zum Verständnis der Persönlichkeit des Kaisers wie der Welt, die das Da sein des Kaisers verkörpert, nur schwer entraten können. 11. Nach Ausweis der Quellen scheint der Kaiser, nachdem er am 24. Februar 1530 in Bologna aus der Hand Papst Clemens' VII. die Kaiserkrone emp fangen hatte, in Mantua am Hofe des Herzogs Federigo Gonzaga auf Tizian aufmerksam geworden zu sein. Dort hat (wie wir einem Brief des Pietro Aretino entnehmen können 1) ein - heute verschollenes - Bildnis Federigos von Tizian starken Eindruck auf den Kaiser gemacht, und der Kaiser soll den Wunsch geäußert »oder dem Vorschlag beigestimmt haben", wie Carl Justi sagt, »dem Venezianer auch einmal zu sitzen" Aber erst im 2. Januar 1533 (während seines zweiten bologneser Aufenthaltes) ist es zu 1 An die Kaiserin. 18 Dezember 1537. Lettere sull'arte di Pietro Aretino. Commentate da Fidenz,io Pertile, I, MilaTIJo, 1957, Nr. LXVII, S. 109. 2 Carl Justi, Tizian und Alfons von Este. Miscellaneen aus drei Jahrhunderten spani schen Kunstlebens, II, Berlin 1908, S. 157. Vgl. ferner Crowe und Cavalcaselle, Tizian, Leben und Werke. Deutsche Ausgabe von Max Jordan, I, Leipzig, 1877, S. 292. 8 Herhert von Einem persönlicher Begegnung gekommen Damals ist das erste Bildnis des Kaisers 3. entstanden: in ganzer Figur, reich gekleidet, die Linke lose am Halsband der Dogge zu seiner Linken (Madrid, Prado) (Abb. 1). Bereits im Mai des selben Jahres ernannte der Kaiser den Maler zum Pfalzgrafen und Ritter vom Goldenen Sporen und schuf ihm eine Stellung, wie sie später erst Ru bens wieder innehaben sollte. »Titianus eques Caesaris" - so nannte sich Tizian seitdem. In dem kaiserlichen Ernennungsdiplom wird er als "huius saeculi Apelles" bezeichnet und gesagt, daß Karl dem Beispiel seines Vor gängers Alexanders des Großen folge, der sich allein von Apelles habe malen lassen auf diese Wendung mag Vasaris Bemerkung im "Leben Tizians" 4 - zurückgehen, »jenem unbesiegten Kaiser gefiel Tizians Mache in so hohem Grade, daß er von keinem anderen Maler sich wollte malen lassen, seit er ihn zuerst kennen gelernt hatte" 5. Tizians erstes Bildnis Karls V. ist freilich nur ein Vorspiel seiner späteren Schöpfungen für den Kaiser. Es ist, wie Gustav Glück nachgewiesen hatG, nichts als eine Kopie des 1532 datierten, also einige Monate vor Tizian im Auftrage von Karls Bruder, König Ferdinand von Ungarn, während des zweiten Aufenthalts Karls in Bologna gemalten Bildnisses des österreichi schen Hofmalers Jacob Seisenegger (Wien, Kunsthistorisches Museum). (Abb.2). Wie der merkwürdige Umstand zu erklären ist, daß Tizians erste Arbeit für den Kaiser nur eine Kopie ist, darüber schweigen die Quellen - aber wir haben ja auch sonst Beispiele, daß Tizian kopiert hat. Was hat Tizian freilich aus seiner Vorlage gemachtl Es ist durchaus nicht unmöglich, daß gerade diese Kopie dem Maler den Ehrennamen des kaiser lichen Apelles eingetragen hat Von Seisenegger stammt das Kompositions 7. schema: die Stand figur in reiner Vorderansicht in reicher, eleganter Kleidung 3 Vgl. Gustav Glück, Original und Kopie. Festsduift für JUliU5 v. Schlosser, Wien 1927, S. 240. - Ders., Bildnisse aus dem Hause Habsburg, 111, Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen Wien, N. F. XI, 1937, S. 168 - Danach ist Karl Brandi, Kaiser Karl V., 11, München 1941, S. 241 und 422 zu herich,tigen. 4 Mit faLschem Datum 1553 gedru<kt bei Carlo Ridolfi, Le maraviglie deI arte, 1648. Ausgabe von Detlev Freiherr v. Radeln, I, Berlin 1914, S. 181. - Richtig bei Fr. Beltrame, Cenni illustrativi sul monumento a Tiziano, Venezia 1852, S. 99. 5 Giorgio Vasari, Le vite de' piu eccellenti pittori, scultori ed architettori. Ausgabe von Gaetano Milanesi, VII, Firenze 1881, S. 449. - Deutsche übersetzung von Gottschewski Gronau, V, Straßburg, 1908, S. 173. S A. a. 0., S. 234 H. Danach ist Brandi, a. a. 0., 11, S. 422 zu beridltigen. - Vgl. ferner Gustav Glück, Bildnisse, a. a. 0., S. 168 und Kat. der Gemäldegalerie Wien, 2. Teil, Wien 1958, S. 124, Nr. 351. 7 So auch Glück, Original und Kopie, a. a. 0., S. 242. Karl V. und Tizian 9 (gelb, gold, weiß, silbergrau, dunkelbraun, tiefschwarz) vor grünem Vor hang und der Hund zur Seite. Das alles übernimmt Tizian - aber wenige Eingriffe genügen, um die Befangenheit, ja, Steifheit des Vorbildes wo nicht aufzuheben, so doch zu mildern. Der Hund wird gleich hinter den Vorder beinen vom Bildrand überschnitten und wie er sich zärtlich seinem Herrn anschmiegt, das scheint nun erst wirklich dem Leben abgelauscht worden zu sein. Wie anders liegt die Linke amHalsband! Vorhang und Fußboden sind vereinfacht, die Steinfliesen sind weggelassen worden. Am stärksten ist der Unterschied der farbigen Behandlung. Bei Seisenegger im Sinn nordischer Spätgotik (auch noch Holbeins) eine helle, starke, doch trocken-scharfe Far bigkeit, die jedem Detail sein Recht läßt. Für Tizian ist die Harmonie der Farben wichtiger als der stoffliche Reichtum. Khnlich ist auch der Unterschied im Ausdruck. Die charakteristischen Züge des Habsburgers, bei Seisenegger scharf ausgeprägt, die hochmütige Gespanntheit, der geöffnete Mund mit den starken Lippen, das vorgeschobene Kinn sind zwar nicht unterdrückt, aber ebenfalls gemildert worden. Der Blick ist freier, ohne an Hoheit zu verlieren, der Mund scheint wie zufällig geöffnet zu sein. Tizian hebt - das macht der Vergleich deutlich - das Bild des bescheidenen Deutschen zur Höhe großer Kunst. Aber dieses Werk läßt doch nur erst von fern ahnen, was wir später von Tizian als Bildnismaler des Kaisers zu erwarten haben. Noch kann von tiefeindringender Psychologie keine Rede sein. Auch die Sphäre des Symbolischen wird noch nicht berührt. Nur den vornehmen Herrn, den burgundischen Edelmann mit Goldenem Vlies, nicht einmal den Herrscher haben wir vor uns. Dem Bild kommt in Tizians Gesamtwerk eine Bedeutung zu, die ich wenig stens kurz streifen möchte. Es ist sein frühestes Bild eines Stehenden in gan zer Figur. Dieser Typus ist nicht (wie Vasari im Leben Tizians glauben machen möchte 8) in Italien. sondern im Norden beheimatet. Es gibt - wenn wir von den Uomini illustri Castagnos absehen, die in eine andere Tradition gehören -vor Tizian (worauf schon Jacob Burckhardt hingewiesen hat 9) nur ein einziges italienisches Bildnis eines Stehenden in ganzer Figur: Morettos Bildnis eines Unbekannten von 1526 (London, National Gallery 10) - auch es weist auf den Norden. Im Norden dagegen sind Bildnisse Stehender in 8 Vasari-Milanesi, VII, S. 445; "da questa (Bildnis des Don Diego ,di Mendozza von e 1541) comincio Tiziano quello che poi venuto in uso, eioe fare alcuni ritratti interi.'" • Das Porträt in der italienischen Malerei. Gesamtausgabe, Bd. 12. Beiträge zur Kunst geschichte von Italien, Berlin und Leipzig 1930, S. 248. 10 Georg Gombosi, Moret,to da Breseia, Basel 1943, S. 35, Tf. 29. 10 Herbert von Einem ganzer Figur seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts häufig. Ich begnüge mich, auf eines der frühesten, Cranachs schönes Bildnis Herzog Heinrichs des Frommen um 1514 (Dresden, Gemäldegaleriell), hinzuweisen. Die Ähn lichkeit im Typus mit Tizians Bildnis des Kaisers leuchtet sofort ein. Auch der Hund ist hier anzutreffen. Die Voraussetzungen dieses Typs sind noch gut erkennbar. Eine seiner Wurzeln scheint mir im Grabmal zu liegen (so daß hier also noch die Urfunktion des Bildnisses, das Gedächtnis über den Tod hinaus lebendig zu erhalten, durchschimmert). Die Stiftskirche zu Gern rode birgt ein Bildnis des 965 verstorbenen Markgrafen Gero aus dem An fang des 16. Jahrhunderts, das die Erinnerung an die Grabplatte vermut lich des 10. Jahrhunderts bewahrt12• Die Ähnlichkeit mit den reinen (vom Grabmal bereits gelösten) Bildnissen des 16. Jahrhunderts ist verblüffend. Auch bei Dürer (in seinem Entwurf der beiden Grabplatten für die Giess hütte Peter Vischers in Hechingen und Römhild) ist der Zusammenhang noch erkennbar Aus der gleichen Wurzel entwickelt sich - früher als das reine 13. Bildnis (also ebenfalls als Vorstufe) - das Verlöbnis- und Hochzeitsbild. In Jan van Eycks berühmten Doppelbildnis des Arnolfini von 1434 (London, National Gallery 14) ist dieser Ursprung in der feierlichen Statuarik der Ge stalten (auch im Motiv des Hundes) noch ahnbar. In den von diesem Bild nis abhängigen Godesberger Tafeln des sog. Meisters der Aachener Schrank türen die auf der Rückseite zwei Totengerippe zeigen, wird er hand 15, greiflich deutlich. Eine zweite Wurzel sind die Darstellungen stehender Hei liger auf Altarflügeln, die unmittelbar zu Stifterbildnissen in ganzer Figur führen - etwa den Stalburgbildnissen von 1504 in Frankfurt, Staedel (Flü- 11 Friedländer-Rosenberg, Lucas Cranach, Berlin 1932, Tf. 53. - Zu der Frage der Ab leitung der Standfigur vgl. ,auch Baldass, Jahrbuch der Kunsthi5torischen Sammlungen Wien, 1913, S. 314 ull!d Pantheon 1929', S. 402 f. (Hinweis auf ,die beiden 1525 datierten jetzt "augsburgisch" genannten Bildnisse im Kunsthistorischen Museum Wien, Kat. 1958, Nr. 21 und 22) und Glück, Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen Wien 1937, S. 168. 12 Vgl. hierzu zuletzt Hubert Schrade, Zur Frühgeschichte ,der mittelalterlichen Monu mentalplastik, Westfalen 1957, S. 44, Abb. 32-33. 13 Oxford, Christ Church Library, ca. 1510. Friedrich Winkler, Die Zeichnungen Albrecht Dürers, 11, Berlin 1937, Tf. 489. 14 Max. I. Friedländer, Die altniederländische Malerei, I, Berlin 1924, Tf. XXI. In Hans Kauffmanns Deutung dieses Bildes (Geistige Welt 1950), wird der Zusammenhang mit dem Grabmal nicht erwähnt. Freilich gibt es, worauf schon Panofsky (Burlington Magazine 1934) aufmerksam gemacht hat, auch eine Tradition des Ehebildnisses. Vgl. das von Williams, Two roman Reliefs in Renaissance Disguise, Journal of the Warburg Institute, IV, veröffentlichte römische Relief "fidei simulacrum", das von ,der Renaillsance mehrfach wiederholt worden ist. 15 Ernst Buchner, Das deutsche Bildnis der Spätgotik und der frühen Dürerzeit, Berlin 1953, S. 173 f., Abb. 46.

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