LWL-Landesjugendamt Westfalen 2 1 0 2 1. L Ausgabe 1.2012 L E U ISSN 1614-3027 T Jugendhilfe K komplett -A üb5e.r aArubfleaitgeete DHILFE aktuell N E G Neu! U J Durch die Veröffentlichung des Ein sicheres Netz für Kinder: Bundeskinderschutzgesetzes ändert LWL-Erziehungshilfeeinrichtungen sich an vielen Stellen auch das SGB stellen ausgewählte Angebote und Projekte vor VIII, Achtes Buch Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe). Das LWL-Landesjugendamt Westfa- len legt die Gesetzessammlung zur Kinder- und Jugendhilfe daher wieder neu auf. Das handliche „Alltagswerkzeug“ für alle in der Kinder- und Jugendhilfe Tätigen erscheint im praktischen DIN A5-Format und enthält die relevanten Gesetzestexte und Verordnungen. Inhalt • Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) in neuester Fassung • Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) • Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) • Ausführungsgesetze NRW (AG-KJHG, KJFöG) N E • Kinder- und Jugendförderplan NRW 2011-2015 AL F • KiBiz: Gesetz, Durchführungsverordnung, Personalvereinbarung, T S E Umsetzungsempfehlungen W • Richtlinien des LWL über die Förderung von Kindern mit Behinderung T M in Kindertageseinrichtungen A D N E G Das Heft erscheint Mitte April 2012. Sie können es bereits jetzt im U J Shop des LWL-Landesjugendamtes für 6€ pro Exemplar vorbestellen: S E D N A > www.lwl-landesjugendamt-shop.de L - L W L www.lwl-landesjugendamt.de LWL-Landesjugendamt Westfalen 2 1 0 2 1. L Ausgabe 1.2012 L E U ISSN 1614-3027 T Jugendhilfe K komplett -A üb5e.r aArubfleaitgeete DHILFE aktuell N E G Neu! U J Durch die Veröffentlichung des Ein sicheres Netz für Kinder: Bundeskinderschutzgesetzes ändert LWL-Erziehungshilfeeinrichtungen sich an vielen Stellen auch das SGB stellen ausgewählte Angebote und Projekte vor VIII, Achtes Buch Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe). Das LWL-Landesjugendamt Westfa- len legt die Gesetzessammlung zur Kinder- und Jugendhilfe daher wieder neu auf. Das handliche „Alltagswerkzeug“ für alle in der Kinder- und Jugendhilfe Tätigen erscheint im praktischen DIN A5-Format und enthält die relevanten Gesetzestexte und Verordnungen. Inhalt • Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) in neuester Fassung • Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) • Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) • Ausführungsgesetze NRW (AG-KJHG, KJFöG) N E • Kinder- und Jugendförderplan NRW 2011-2015 AL F • KiBiz: Gesetz, Durchführungsverordnung, Personalvereinbarung, T S E Umsetzungsempfehlungen W • Richtlinien des LWL über die Förderung von Kindern mit Behinderung T M in Kindertageseinrichtungen A D N E G Das Heft erscheint Mitte April 2012. Sie können es bereits jetzt im U J Shop des LWL-Landesjugendamtes für 6€ pro Exemplar vorbestellen: S E D N A > www.lwl-landesjugendamt-shop.de L - L W L www.lwl-landesjugendamt.de 3 Inhalt | Vorwort Vorwort In Ihren Händen halten Sie eine beson- dere Ausgabe der Fachzeitschrift des LWL-Landesjugendamtes Westfalen. Nicht nur Aufbau und Layout sind generalüberholt worden, sondern es ist auch sichergestellt, dass das Heft regelmäßig quartalsweise erscheinen kann. Der Name Jugendhilfe-aktuell ist somit jetzt Programm. Wir haben uns dazu entschieden unsere Fachzeitschrift ab so- fort in Farbe herauszugeben. Da das Konzept des Heftes nun verschlankt ist und die Ausgaben weniger Seiten haben, ist dies kostenneutral, bei einer zugleich deutlich ansprechenderen Optik. Im Mittelpunkt dieser Ausgabe steht die Präsentation von Ange- boten und Projekten der LWL-Jugendhilfeeinrichtungen. Dabei haben wir kein Werbeheft für unsere Einrichtungen konzipiert, sondern möchten Ihnen darstellen, wie sich die Angebote der Erzieherischen Hilfen heute ausdifferenziert haben und welche aktuellen Entwicklungen es in unseren LWL-Erziehungshilfeein- richtungen gibt. Im hinteren Teil des Heftes werden weiterhin Neuigkeiten aus der Kinder- und Jugendhilfe für Sie zusammengestellt, jetzt jedoch deutlich komprimierter. Ich hoffe, dass Ihnen die Beiträge und Form dieses Heftes gefal- len. Über Ihre Rückmeldungen zu dieser Ausgabe an jugendhilfe- [email protected] würde ich mich sehr freuen. Hans Meyer Landesrat 4 Jugendhilfe-aktuell 1.2012 Inhaltsverzeichnis Schwerpunkt Im Interview „Kinder und Jugendliche waren völlig schutzlos“ Demokratie üben - Das Kinder- und Jugendparla- - Interview mit Hans Meyer ment im LWL-Heiki Hamm Seite 6 Seite 8 Wenn die Familienehre zur Gewalt wird - Schutz- konzept RABEA für Migrantinnen Seite 28 „Hingucker“ - videogestützte Diagnostik in der Jugendhilfe Seite 40 5 Inhalt Aktuelles Aus dem LWL-Landesjugendamt 54 Aus den Jugendämtern 56 Aus der BAG Landesjugendämter 58 Kindertagesbetreuung 60 Kinder- und Jugendförderung 64 Im Spannungsfeld von Kontrolle und Unterstüt- Erzieherische Hilfen 65 zung - Mütter/Väter-Kind-Einrichtung in Lotte Seite 16 Kinderschutz 66 Gesundheit 68 Geschlechterdifferenzierte Jugendhilfe 70 Medien 71 Stationäre Jugendhilfeeinrichtungen 72 Amtspfleg- und Vormundschaften 74 Gemeinsam im Quartier - Stadtteilressourcen in LWL-Berufskolleg Fachschulen Hamm 76 Wulfen-Barkenberg Seite 33 Kooperation Jugend- und Suchthilfe 78 Rechtliches 80 LWL-Jugendhilfe Fortbildungen 83 Impressum 84 „So arbeiten wir...“ Handbuch der Wohngruppe Bülse Seite 48 6 Jugendhilfe-aktuell 1.2012 „Kinder und Jugendliche waren völlig schutzlos“ Landesrat Hans Meyer ist Jugend- und Schuldezernent beim Land- schaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Er war Mitglied des Runden Tisches „Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren“ in Berlin. Am Runden Tisch hat er diese Zeit mit Fachleuten, verantwortlichen Institutionen und Betroffenen aufgearbeitet. Jugendhilfe-aktuell: Herr Meyer, einer breiten Jugendhilfe-aktuell: Was passiert konkret? Öffentlichkeit sind gewalttätige und demüti- gende Zustände in vielen Heimen bis weit hin- Meyer: Zum 01.01.2012 wurden regionale Anlauf- ein in die 1960er Jahre hinein vor allem durch und Beratungsstellen eingerichtet, die individu- das Buch „Schläge im Namen des Herrn“ des elle Beratung und Unterstützung anbieten sowie Journalisten Peter Wensierski bekannt gewor- Anträge auf Geldleistungen entgegennehmen und den. Was war das Ergebnis Ihrer Aufarbeitung bearbeiten. Dies alles beruht auf den Empfehlun- am Runden Tisch? gen des „Runden Tisches“ an Bund, Länder und Kirchen. Mich freut besonders, dass sich auch die Meyer: Die im Abschlussbericht des „Runden beiden Landschaftsverbände in NRW ihrer Verant- Tisches“ getroffenen Feststellungen und Wertun- wortung stellen. gen sowie die sich daraus ergebenden Lösungsvor- schläge wurden mittlerweile bestätigt, aufgegriffen Jugendhilfe-aktuell: Wie sieht das Engage- und weitgehend umgesetzt. So haben Bund, Län- ment der Landschaftsverbände aus? der und Kirchen das den ehemaligen Heimkindern zugefügte Unrecht anerkannt und einen Fonds Meyer: Beide Verbände haben ihre Beteiligung am über 120 Mio. Euro für Folgeschäden der Heimer- „System Heimerziehung“, sei es in Form eige- ziehung sowie Rentenersatzansprüche eingerich- ner Einrichtungen, im Rahmen der Heimaufsicht tet. Erste gesetzliche Änderungen zum Schutz von oder der Fürsorgeerziehung, wissenschaftlich Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen, unter aufarbeiten lassen. Die Ergebnisse wurden der anderem Beschwerde- und Beteiligungsrechte, Öffentlichkeit vorgestellt, das Unrecht anerkannt wurden in das Bundeskinderschutzgesetz aufge- und ehemalige Heimkinder um Entschuldigung nommen. gebeten. Stellvertretend für das Versagen der kommunalen Ebene (Landesjugendämter, Jugend- 7 Interview mit Landesrat Hans Meyer ämter) beteiligen sie sich mit jeweils 1,5 Mio. Euro So gibt es heute vor allem keine großen, voll- an dem bundesweiten Entschädigungsfonds und ständig geschlossenen Heimsysteme mehr. Deren betreiben bezogen auf das jeweilige Verbandsge- Intransparenz und der dort häufig auch anzutref- biet die Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige fende falsch verstandene „Korpsgeist“ der Be- Heimkinder. schäftigten haben Kinder und Jugendliche oftmals völlig schutzlos gemacht. Jugendhilfe-aktuell: Warum gibt es trotzdem Proteste der ehemaligen Heimkinder? Jugendhilfe-aktuell: Liegt das an den verän- derten Strukturen? Meyer: Kritik gibt es vor allem an den finanziellen Leistungen die nach Auffassung vieler ehemaliger Auch. Ganz überwiegend haben wir heute kleine Heimkinder dem erlittenen Unrecht nicht gerecht bzw. dezentral organisierte Einrichtungen, d. h. werden. Wohnungen und Einfamilienhäuser, in denen 7 bis 10 Kinder in familienähnlichen Settings fachlich Ich kann dies nachvollziehen, möchte aber darauf qualifiziert und mit pädagogisch angemessenen hinweisen, dass keine Geldzahlung - egal in wel- Personalschlüsseln betreut werden. Die Kinder und cher Höhe - das erlebte und erlittene Leid ausglei- Jugendlichen nehmen im Gegensatz zu früher an chen, geschweige denn wieder gut machen kann. den schulischen, sportlichen und kulturellen Akti- vitäten des Sozialraumes teil. Sie sind also - anders Bei allem Verständnis für die geäußerte Kritik bin als früher - Teil und Mitglied der Gesellschaft. Sie ich nach wie vor der Auffassung, dass der „Run- werden wahrgenommen und haben somit selbst de Tisch Heimerziehung“ mit seiner intensiven die Möglichkeit, sich nach außen zu öffnen. Darü- Befassung und seinen Lösungsvorschlägen einen ber hinaus haben sich viele Einrichtungen auf den unverzichtbaren Beitrag zur Aufarbeitung die- Weg gemacht, die Partizipation von Kindern und ses unrühmlichen Kapitels in der Geschichte der Jugendlichen in den Einrichtungen sicherzustellen, Bundesrepublik Deutschland und zur Versöhnung sei es durch Heimbeiräte, Heimparlamente oder geleistet hat. Einführung von Beschwerdemanagementsystemen. Damit dies so bleibt ist es jetzt allerdings wichtig, Jugendhilfe-aktuell: Die „Heimaufsicht“ liegt dass die Umsetzung der Vorschläge möglichst noch immer bei den Landesjugendämtern. zügig, einfühlsam und ohne große bürokratische Wie hat diese sich weiter entwickelt? Hürden erfolgt. Die Rolle der Heimaufsicht hat sich deutlich ver- Jugendhilfe-aktuell: Die Heimlandschaft hat ändert, nämlich weg von rein formalen Fragen sich in den letzten Jahrzehnten deutlich ge- wie Finanzierung und baulicher Gestaltung, hin zu wandelt. Welche „Sicherungen“ gegen Will- präventiven, konzeptionellen pädagogischen Fra- kür und Gewalt gibt es heute in stationären gestellungen, deren Beantwortung und Einhaltung Einrichtungen? Voraussetzung für eine Betriebserlaubnis sind. Dies alles sind wichtige Faktoren und „Sicherungen“, Meyer: Zunächst einmal gilt: Individuelles Fehlver- um Willkür und Gewalt gegen Kinder und Jugend- halten in Einrichtungen wird man nie ganz aus- liche in stationären Einrichtungen - soweit möglich schließen können. - auszuschließen. Allerdings, ein „Unrechtssystem“ wie in den 50er bis 70er Jahren halte ich auf Grund der umfassen- den fachlichen und personellen Veränderungen im Bereich der stationären Erziehungshilfe für nicht mehr denkbar. 8 Jugendhilfe-aktuell 1.2012 Demokratie üben Das Kinder- und Jugendparlament im LWL-Heilpädagogischen Kinderheim Hamm Es ist heiß an diesem Frühlingsnachmittag im Getränken und Süßigkeiten und der gemeinsame Mai 2011, die Sonne lockt ins Grüne; ein idealer Imbiss zum Abschluss, die seit einem Jahr zum Badetag, doch die 25 Kinder und Jugendlichen Gelingen des Parlaments beitragen. Es ist vielmehr zwischen 9 und 20 Jahren haben Besseres zu tun: die Erfahrung der Echtheit dieses Mitbestimmungs- Sie sind „Abgeordnete“ im Kinder- und Jugend- modells: Was hier diskutiert wird, hat Konsequen- parlament, das hier im LWL-Heilpädagogischen zen für den Alltag in den Gruppen. An diesem Kinderheim („Heiki“) in Hamm zum vierten Mal zentralen Ort können zweimal im Jahr die unter- tagt. Wer hierher kommt, hat einen Auftrag: als schiedlichen Erlebnisse aus dem Wohnalltag, die Gruppensprecher/Gruppensprecherin die Anlie- nicht selten divergierenden Regeln, Erziehungsstile gen von Kindern und Jugendlichen aus allen 21 und kleinen Alltagsquerelen öffentlich gemacht dezentralen Wohngruppen, sieben Sozial- und werden. Damit sich Dinge ändern - oft scheinbar Familienpädagogischen Zentren und einer Offenen „kleine“ Dinge wie eine individuellere Mittagspau- Ganztagsgrundschule einzubringen. Diesen Auf- senregel oder das Halten von Haustieren. Damit trag nehmen alle hier ernst. Strukturen und Regeln klar, allgemein gültig - und Es sind weniger die leckeren Gummibärchen und auch veränderbar sind. Schokoriegel, die liebevoll gedeckten Tische mit Gruppensprecherinnen und -sprecher bringen sich ein. 9 Demokratie üben Hineinwachsen Irritationen Jennifer und Georg leiten heute die Sitzung. Sie Die scheinbar „kleinen“ Anliegen zeigen, dass sind seit der ersten Sitzung vor knapp einem Jahr die Kinder und Jugendlichen im Alltag vor allem dabei. Zu ihren Aufgaben heute gehört es nicht beschäftigt, ob Regeln und Lebensbedingungen nur zu Beginn (für die Neuen) zu erklären, was in den Gruppen gerecht, allgemein gültig und Mitbestimmung ist und mit dem Protokoll der nachvollziehbar sind - und dass sie beteiligt sein vergangenen Sitzung an die Beschlüsse zu erin- wollen. Aber in der offenen Atmosphäre einer nern. Sie moderieren auch die Themenvorstellung, Parlamentssitzung können sie auch massivere Stö- die Priorisierung für die jeweilige Sitzung und die rungen, Ärger und Frust loswerden: Hier werden Diskussion im Plenum. Nur zu Anfang wurden die sie ermutigt, ihr formales Recht auf (individuelle) Ratssitzungen von den erwachsenen Profis des Beschwerde tatsächlich wahrzunehmen. Beschwer- Heiki moderiert, die sich nach und nach aus dieser demanagement ist eben mehr als nur ein Zettel an Rolle zurückzogen. Jetzt sind sie vor allem zur der Pinnwand mit Namen und Telefonnummern Unterstützung da, fahren die Kinder und Jugend- der dafür zuständigen Pädagoginnen und Päd- lichen von den zum Teil weit entfernten Wohn- agogen. Es funktioniert nur, wenn glaubwürdig gruppen zur Sitzung nach Hamm, bereiten die erfahrbar wird, dass kleine und größere Anliegen Pinnwände und Unterlagen vor und sorgen für das ernst genommen werden. „Catering“. All das hat nicht immer nur Begeisterung bei den pädagogischen Profis ausgelöst: Wollen jetzt Nach wenigen Minuten Punktvergabe sind die drei die Kinder bestimmen, wie viel Taschengeld sie Top-Themen dieser vierten Sitzung klar: Eine Bro- bekommen, ob sie noch nachts mit ihren Han- schüre zu den Kinderrechten im Heiki soll entste- dys telefonieren können? Wird hier willkürlichen hen, das Thema Haustier(verbot) in den Gruppen Beschwerden Tür und Tor geöffnet? Die meisten muss dringend zentral geklärt werden, ebenso Ängste sind völlig unbegründet, denn gerade das die Regeln zur Nutzung von Handys. In kleineren Kinder- und Jugendparlament hat gezeigt, wie Gruppen werden die Themen anschließend disku- verantwortungsvoll und durchaus selbstkritisch die tiert, Vorschläge zur Lösung erarbeitet und dann „Abgeordneten“ mit ihren Themen umgehen: Da im Plenum als Beschlussvorlagen vorgestellt. wird in einer Gruppendiskussion der jugendliche Wer die Kinder und Jugendlichen (als Außenste- Handydauernutzer vom Zehnjährigen durchaus hende) hier erlebt, muss das eine oder andere kritisch gefragt, ob es denn nicht gut sei, wenn Klischee gerade rücken: Da entpuppt sich das er das Handy abgeben müsse, damit er auch mal anfangs coole, scheinbar desinteressierte Girlie schlafe. Oder es dreht sich beim Thema Haustiere als engagierte Ideengeberin für die Broschüre die Debatte auch darum, dass z.B. Schlangen ja zum Thema Kinderrechte; da wird der jugendliche nun nichts in der Wohnung verloren haben und Moderator einer Arbeitsgruppe vom genervten manche Kinder auch ihren Pflegepflichten nicht Elfjährigen an seine Moderatorenpflichten erinnert. nachkommen. Die Autorinnen Das Schwerpunktthema dieses Heftes wurde von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der LWL- Jugendhilfeeinrichtungen gestaltet. Insbesondere Daniela Herber („Demokratie einüben“) und Anell Havekorst („Im Spannungsfeld von Kontrolle und Unterstützung“) Die beiden freien Autorin- nen Cornelia Benninghoven und Katrin Sanders haben Texte und Materialien zusammengeführt, Interviews geführt alles journalistisch aufbereitet. 10 Jugendhilfe-aktuell 1.2012 Beteiligung will gelernt sein Umsetzung braucht eine Einrichtung den festen Willen, Beteiligung wirklich lebendig werden zu Um eklatante Missstände geht es selten. Das war lassen und muss Ideen für passende Strukturen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anfangs entwickeln. Und sie braucht Katalysatoren von verwunderlich, weil der vermeintliche Skandal außen: gesellschaftliche Debatten und politischer einer unwürdigen Unterbringung Ende der 1970er Wille, die Lage von Heimkindern öffentlich zu Jahre im Heiki zur Wiederauflage der Debatte um machen und Veränderungen tatsächlich herbeizu- Beteiligung und die dafür notwendigen Regeln führen. Aktuell wirkte als ein solcher Katalysator führte: Ein stark traumatisiertes Mädchen hatte die Aufarbeitung der Zustände in Einrichtungen damals lange in einer Wohngruppe gewohnt und der Fürsorgeerziehung in den 1950er/60er Jahren war anschließend in eine Pflegefamilie übermit- durch den Runden Tisch in Berlin. Die erschüttern- telt worden. Dort erzählte sie der Pflegemutter, den Zeugnisse ehemaliger Heimzöglinge machten sie habe in der Wohngruppe auf einer Matratze öffentlich, unter welch unwürdigen Lebensumstän- in einer Garage schlafen müssen, in der es Ratten den Kinder und Jugendliche lebten: meist ohne gab. Natürlich wurde dies dem Jugendamt und der Schutz und Beschwerdemöglichkeit, abgeschottet Heimaufsicht gemeldet und der Einrichtungslei- von der Öffentlichkeit in geschlossenen Systemen ter Dr. Kurt Frey versuchte der Geschichte auf die und vielfach Gewalttätigkeiten und Missbrauch Spur zu kommen. Auch wenn sich der „Skandal“ durch Pädagogen ausgesetzt. als Mythos entpuppte - er war Anlass für einen Qualitätsdialog, der alle Jahre wiederholt werden Gut geplante Neuauflage sollte. Und er gab einen erneuten Impuls für das Nachdenken über die Installation von wirkungsvol- Das neue Modell der Ratssitzung entstand, um len Beteiligungsformen - damit die Jugendlichen angesichts der dezentralen Strukturen des Heiki zu Wort kommen, ehrlich kritisieren können und ein zentrales Gremium zu schaffen, in dem Kinder Veränderungen einfordern. und Jugendliche Gehör finden - eine Art Kinder- Seit 2010 wird nun mit dem so genannten „Rat“ und Jugendkonferenz. Sprecher und Sprecherin- im Heiki die Neuauflage eines Beteiligungsgremi- nen werden in den Gruppen gewählt und in den ums versucht, das 1979 gescheitert war. Damals Rat entsandt. Und weil eine solches Gremium waren nicht nur die Vorbehalte der Mitarbeite- ohne die Akzeptanz der Mitarbeiterinnen und rinnen und Mitarbeiter viel größer als heute - es Mitarbeiter kaum Aussicht auf Erfolg hat - wie fehlten auch Möglichkeiten Mitbestimmung im das Vorläuferbeispiel gezeigt hatte - wurde in der Gruppenalltag umzusetzen: Die damalige Struktur Vorbereitungsphase zur ersten Konferenz „Partizi- der LWL-Heime mit Zentraleinkauf und zentraler pation“ auf den verschiedenen Hierarchieebenen Verwaltung verhinderte dies. Heute können in den diskutiert. Wohngruppen des Heiki individuellere Lösungen Um zu erfassen, wie die Beteiligung im LWL- gefunden werden - und so Vorstellungen der Kin- Heilpädagogischen Kinderheim gelebt wurde, der und Jugendlichen zum Beispiel bei der Essens- diskutierten die Mitarbeitenden folgende Fragen: planung oder auch beim Einrichten von Internetzu- Woran erkennen Kinder und Jugendliche in den gängen berücksichtigt werden. Wohngruppen aber auch in Gruppen des Sozial Zusätzlich hat die größere gesellschaftliche Sensibi- Betreuten Wohnens (SBW) und der ambulanten lität für das, was hinter Heimmauern passierte und Systeme, dass sie beteiligt werden? Wie wird Be- passiert, die Renaissance der Mitbestimmung im teiligung in den Gruppen diskutiert? Was ist Kin- Heiki befördert. So wurde zwar bereits 1991 nach dern und Jugendlichen an der Beteiligung wichtig? dem 8. Kinder- und Jugendbericht und Inkraft- Wohin wenden sich Kinder und Jugendliche, wenn treten des SGB VIII Beteiligung in Einrichtungen sie sich außerhalb der Wohngruppe beschweren festgeschrieben - und auch als Qualitätsmerkmal wollen? des Heiki definiert. Doch für eine erfolgreiche
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