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Judith: Ein mitteldeutsches Gedicht aus dem 13. Jahrhundert PDF

100 Pages·1924·7.664 MB·German
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J u d i th Ein mitteldeutsches Gedicht aus dem 13. Jahrhundert Aus der Stuttgarter Hs. zum ersten Male herausgegeben von Rudolf Palgen Mit einer Tafel Halle (Saale) Verlag von Max Niemeyer 1924 Altdeutsche Textbibliothek Nr. 18 Einleitung. Die poetische Bearbeitung des Buches Judith, die ich hiermit eum erstenmal dem Druck über gebe, entstand nach der Aussage des Verfassers V. 2767 ff. im Jahre 1221 nach dein Kreuzestod Christi, also im Jahre 1254 unsrer Zeitrechnung (doch vgl. Helm, Beitr. 43,163). Die Uebersetmng ist stellenweise ziemlich frei tmd nicht ganz vollständig; sie wird durchbrochen und abgeschlossen durch Anführung von Bibelstellen, alle- gorische Auslegungen tmd Ermahnungen zu einem Leben weitabgewandter Gottesminne. Das Gedicht zerfällt in zwei Teile·, der Einschnitt, wahrscheinlich durch eine Arbeitspause verursacht, befindet sich V. 678. Beide Teile, die wahrscheinlich getrennt dem Adressaten übersandt wurden, schließen mit allegorisch-mystischen Ausführungen. Der geistliche Verfasser stammte aus Thüringen. Seine Kunst ist im ganzen gering. Nur zuweilen verleiht die treuherzige Naivität seiner Ermahnungen den schwerfälligen Versen Wärme und Innigkeit. Auch die Originalität des Dichters ist sehr gering. Für die mystisch-allegorischen Teile hat er zweifellos eine Postille benutzt. Man mag Hugo a St. Caro tmd den natürlich viel späteren Nikolaus von Lyra einsehen. Ich habe darauf verzichtet, beide in den Anmerkungen auszuschreiben, weil sie leicht zugänglich sind tmd ich a« IY Einleitung. nicht einer literarhistorischen Untersuchung vorgreifen wollte, der es vielleicht gelingt, die direkten Quellen aufzuzeigen. Die Natur dieser Quellen könnte vielleicht eu einer näheren Bestimmung des Dichters führen. Ueber die Judith hat eingehend gehandelt Max Hering, in seiner Hallenser Dissertation von 1907. Die Arbeit hat mir große Dienste geleistet und ich verweise ein für allemal auf sie. Doch sind mir besonders in dem sprachlichen Teil eine Beihe von Mißverständnissen und Ungenauigleeiten aufgestoßen. Die Behauptung, daß das Gedicht im Deutschordensland und für den Deutschorden verfaßt wurde, halte ich für eine doch nur ganz schwach begründete Vermutung. Die literarhistorische Untersuchung ist m. E. völlig neu zu machen und zwar von den Quellen her. Das Gedicht ist nur in einer einzigen Hs. uber- liefert, Η. Β. XIII. poet. germ. 11 der Landesbibliothek in Stuttgart, die vorher der Deutschordensballei Mergent- heim, gehörte. Es ist ein Prachtkodex gediegenster Art, der wohl um 1400 entstanden ist; Bl. lr — 26rc enthält den Daniel, 27ra — 37ra Esdras wnd Neemyas, 37ra—45m Judith, 45ve—51vc Esther, 52ra—96rc die Makkabäer und 97ra—172va die Apokalypse Heinrichs von Hesler. Eine genaue Beschreibung der Hs. gibt die Ausgabe der Makkabäer von K. Helm (Lit. Verein Stuttgart, Pubi. 233). Unser Gedicht füllt im 2. der 4 Teile der Hs. die 2. Lage (vgl. die Einleitung zu Hubners Ausgabe des Daniel, Deutsche Texte des Mittelalters Bd. XIX). Die Hs. ist in 3 Kolumnen geschrieben und zeigt das übliche Liniensystem. Der beschriebene Baum umfaßt 37—38,5 χ 26,8—27,5 cm. Jede Kolumne ist 8—8,5 cm breit und enthält 54 Zeilen. Einleitung. V Die Schrift ist außerordentlich Mar und schön. Wenn die Initiale nicht mit dem Kolumnenanfang zusammenfiel, hat der Schreiber einen teilweise mit einem Profil geschmückten Zierbuchstaben angewandt. Ich habe auch diese Federinitialen im Apparat vermerkt. Vorliegende Ausgabe ist ein Textabdruck nach den gewiß auch für die hier in Betracht kommenden Uebungszwecke besonders vorteilhaften Prinzipien der Deutschen-Texte des Mittelalters. Ich bin nur insofern unbedeutend abgewichen, als ich ein paar hochgestellte Buchstaben kursiv in den Text gesetzt habe, wenn das Hochstellen nur störend gewirkt hätte und daran, daß der Buchstabe in den Text gehört, kein Zweifel bestehen konnte. Im Apparat wird ein solcher Fall stets ver- merkt; ich schreibe vride, V. 395 und im Apparat vride. Kleines Spatium deutet an, daß zwei Wörter falsch getrennt oder verbunden waren. Durch Kursivschrift kenntliche Textänderungen oder (im Apparat) Vorschläge zu solchen befinden sich: V. 6. 136. 148. 213. 268. 315. 320. 395. 506. 540. 581. 658. 727. 879. 1053. 1111. 1131. 1144. 1237. 1273. 1281. 1344. 1455. 1641. 1872. 1974. 1979. 1999. 2121. 2210. 2597. 2712. 2752. 2785. vñ habe ich stets aufgelöst, wie es mir der natür- liche Rhythmus des Vierhebungsverses zu gebieten schien, meist als und. Der Schreiber bevorzugt unde auch wo es nicht hinpaßt. Dadurch ist leider eine gewisse Ungleichmäßigkeit entstanden, der nur nach ein- gehender metrischer Untersuchung abgeholfen werden kann. An sonstigen Abkürzungen, die sich nicht wesentlich von dem in den andren Teilen der Hs. üblichen System unterscheiden, enthält der Text folgende: ΥΙ Einleitung. 1. η-Strich. Er wird sowohl im In- als im Auslaut gebraucht. Es dürfte schwer sein, daraus Schlüsse auf den Sprachgebrauch des Schreibers zu ziehen. Beispiele: genadë 34, wunnëclich 60, hât 128, νδ 211, vreudë 248, rittende 285, woldë 367, Mächem 483, gewinen 1102, gilt 1827, gedëke 2387. Einmal steht er für en : nam 2189. 2. τα-Strich. Er steht meistens über ν vor m. Bei- spiele: tvme 40, vmefweif 324, Darvme 993 und sehr häufig; nä 2048, ftïme 2093, vmvtic 587. 3. r-Haken. In allen Stellungen für er: h'ze 71, v'nvmen 75, leid' 83, vnd'tan 155, Holof'nes 254, h'ren 266 u. ö., d' 301 und sehr häufig, gew're 386, and's 450, m'e 575, w'den 1645; einmal für en : d' 640, für r : vnier'e 1316. 4. Hochgestelltes a, meistens zu einem DoppelhaJcen w entstellt, für ra in fpach 55. 240. 253 u. ö., fpachen 377, baeh 2537; für ua in qamen 184. 217. 224 u. ö„ qam 228. 275, irqamen 424. 5. Hochgestelltes u für ur : duch 452. 456. 529 u. ö. 6. ρ für per in pfonen 19, νβΓρ 1774. 7. ρ für pro : giogo 623, gepphetiret 903, pphecien 927. 8. irl'm 479. 517. 851 u. ö. 9. y für -rum in alai/, tu an 57. 10. ih' m für Jhesum 2295. 2306; ihü für Jhesu 2798; xpm für Cristum 2306 und xpc für Cristas 2771. Unter den Korrekturen ist die Hand desjenigen hervorzuheben, der den Anfang der eigentlichen Erzäh- lung, F, 127—158, durchgesehen hat. Die Schrift ist eckig und dünn, die Tinte tief schwarz. Die Ver- besserungen sind durchgehends flüchtig und unbrauch- bar. — Eine Sonderimg der übergeschriebenen Buch- staben, die zum Teil vom Schreiber selbst stammen, Emieitimg. VII schien mir nicht angängig. Die Interpunktion, die Hübner in der Einleitung zum Daniel sorgfältig analysiert hat, ist möglichst vollständig im Apparat vermerkt, ebenso alle irgendwie bedeutenden Rasuren und die Verweisungen nachgetragener Wörter und Silben. Die wenigen Anmerkungen dienen dem unmittelbaren Verständnis des Textes und sollen im Verein mit der Interpunktion die Auffassung des Herausgebers klar hervorgehen lassen. Ich habe mir hei meiner Arbeit die ernste Warnung und Bitte des braven Judithdichters vor Augen gehalten: Man mac verkeren in kurtzer zit Da manie sin dar nider lit, Da von so bit ich sere Daz man ez icht verkere! Hoffentlich kann mir der Nachprüfende bestätigen, daß meine Ausgabe eine zuverlässige Grundlage und eine brauchbare Vorarbeit geworden ist. Zum Schluß danke ich Herrn Geheimrat Roethe, der mich auf die dankbare Aufgabe hingewiesen hat, sowie der Landesbibliothek in Stuttgart für gütige Ueberlassung der Hs. Ferner danke ich herzlichst Herrn Prof. S timmin g und Herrn Dr. Klapper, die sich um das Photo- graphiera der Hs. mit so schönem Erfolg bemüht haben. Ich danke auch bestens Herrn Prof. Baesecke, dessen wertvolle Ratschläge dem Text wnd den An- merkungen zugute gekommen sind. Den Esdras, das letzte noch nicht veröffentlichte Gedicht der Hs., gedenke ich bald nachfolgen zu lassen. Breslau, Ostern 1924. Rudolf Palgen» J u d i th

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