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Jüdische Orte in Berlin PDF

134 Pages·2005·96.05 MB·German
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Jüdische Orte in Berlin lnicolail Ein Wegweiser zu den jüdischen Orten in Berlin: Lesebuch, Stadtführer und Nachschlagewerk in einem, lässt dieses mit 400 aktuellen Fotografien illustrierte Buch jüdische Vergangenheit und Gegenwart in Berlin lebendig werden. In etwa 30 Rundgängen und 400 Ortsbeschreibungen wird die Geschichte derer erzählt, die nicht mehr da sind, und das aufgesucht, was heute jüdisches Leben verkörpert. Vierzehn Essays von Heinz Knobloch begleiten diese Stadterkundungen. Mit Stadtplan zum Herausnehmen IIBN 3-89479-165-9 € 19,90 jllfü~)~IIIJ~IJlllml 1 www.nicolai-verlag.de 1 Ulrich Eckhardt Andreas Nachama Jüdische Orte in Berlin Mit Feuilletons von Heinz Knobloch und Fotografien von Elke Nord jnicolai! Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Bayerisches Viertel ............ 165 Rund um die neue Synagoge 11 Friedenau - Steglitz 175 Große Hamburger Straße - Grunewald ................... 184 Rosenchaler Straße . . . . . . . . . . . . 20 Dahlem - Zehlendorf - Das Scheunenviertel 31 Wannsee 197 Rund um die Charite 38 Wescend - Heerstraße - Eichkamp ................... 205 Marienkirche - Dom - Spandauer Straße . . . . . . . . . . . . . 45 Siegmunds Hof - Levetzowstraße ............... 213 Prenzlauer Berg: Schönhauser Allee - Rykescraße . . . . . . . . . . . . . 58 In den Zelten - Ale Moabic - Plöczensee 218 Brunnenstraße - Zionskirche 66 Wedding 223 Friedrichshain . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Pankow 227 Pariser Platz - Hausvogceiplacz 73 Weißensee Südlich der Leipziger Straße 93 Hohenschönhausen - ©2005 by Nicolaische Verlagsbuchhandlung, GmbH, Berlin Lichtenberg .................. 236 Kreuzberg- Neukölln - 1. Auflage 2005 Tempelhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Spandau ..................... 242 Lektorat: Cornelia Kruse, Berlin Layout: Jonas Maron, Berlin Schöneberg 122 Trepcow - Adlershof - Karte: Kartographie Huber, München Köpenick .................... 244 Redaktionelle Mitarbeit: Frauke Petersen, Berlin Fasanenstraße - Wittenbergplatz 139 Umschlaggestaltung: Doren + Köster Jüdisches Leben und Coverfoto: Michael Haddenhorst Kurfürstendamm . . . . . . . . . . . . . 149 jüdische Kultur in Berlin 248 Druck und Bindung: Clausen & Bosse, Leck Alle Rechte vorbehalten Kancscraße - Hardenbergstraße .. 156 Straßenregister 252 ISBN 3-89479-165-9 Occo-Suhr-Alle - Lieczensee .... 161 Personenregister 257 Vorwort Die hier in 29 Kapiteln dargestellten Monumentale Denkmäler können Gänge durch die jüdische Berliner und werden das Vergessen und Ver Geschichte führen deutlich vor Au drängen nicht beenden. Unter ihrem gen, wie stark die Stadt von jüdischen Druck und ihrer Wucht werden Le Traditionen geprägt war - und in ben und Leiden der vielen Einzelnen welchem Maße diese fruchtbare Ver nur schwer erkennbar sein. Die vielen bindung zertrümmert worden ist. In kleinen Geschichten und Begeben nur zwölf Jahren ging zugrunde, was heiten, die am jeweiligen authenti innerhalb von zwei Jahrhunderten als schen Ort - oder Un-Ort - nach eine europäische Hoffnung entstan Chronistenpflicht erzählt werden, den war. Wer die verschlungenen schaffen mehr Bewusstsein und Ge Wege zu den weit verzweigten Schau dächtnis als jedes Denkmal oder plätzen jüdischen Lebens wirklich Mahnmal. Folglich gilt es, viele Denk oder gedanklich nachvollzieht, kommt orte zu schaffen statt großer Denkmä zu der beunruhigenden Einsicht, dass ler, die die Erinnerung neutralisieren. das Zerstörungswerk des national Nach dem Krieg wurde die ab 1933 sozialistischen Herrschaftsapparates betriebene Löschung jüdischer Spu weit über die Zeit des Regimes hin ren weitergeführt. Keiner erwartete auswirkt, dass der Umgang mit dem die Wiedergründung jüdischer Ge Geschehenen lange Zeit von Ver meinden in Deutschland - auch un harmlosung und Beschönigung ge ter Juden selbst war die dauerhafte kennzeichnet war, dass die Zerstö Wiedererrichtung jüdischer Gemein rung jüdischer Gemeinden und jüdi den und die erneute Gründung jüdi schen Lebens öffentlich als endgültig scher Institutionen umstritten. Heinz betrachtet wurde, dass erhalten ge Galinski war einer der wenigen hoff bliebene jüdische Orte dem planeri nungsvollen Pioniere nach der Shoa, schen Neubeginn weichen mussten, der an den Aufbau nach dem Unter dass dieser Neubeginn von Verdrän gang glaubte, um wieder jüdisches gung begleitet war und dass das Ge Leben in Berlin zu ermöglichen. Be fühl einer Verantwortung sich erst schädigte Synagogen sind noch nach langsam und mühsam durch die Eu dem Krieg in der Wiederaufbauphase phorie des Wiederaufbaus durch der fünfziger Jahre scheinbar gedan kämpfen musste. So entstanden die kenlos abgerissen worden, die Til Un-Orte jüdischen Lebens, die sich gung jüdischer Namen aus Straßen nur noch schwer entziffern lassen schildern wurde nicht rückgängig und der regelmäßig erneuerten Erklä gemacht. Jüdische Namen auf Haus rung bedürfen. wänden wurden bei Hausrenovierun- 7 gen übermalt oder überputzt, Ge Zuzug vor allem aus Osteuropa zu denktafeln fehlen an wichtigen Orten, verzeichnen ist. (Zum Vergleich: In wurden beseitigt oder gestohlen. Paris beträgt die Zahl der jüdischen Rückübertragungen enteigneter oder Einwohner heute 400 000.) Vor 1933, »arisierter« Grundstücke und Gebäu es klang bereits an, lebte ein Drittel de nach dem Einigungsvertrag wer der deutschen Juden in Berlin -bis zu den nur zögerlich vollzogen. 175 ooo Menschen. 1946 waren es In zahlreichen Facetten berichtet 5000, die aus Lagern und Verstecken das vorliegende Buch vom Drama der zurückkehrten. Bis 1989 lebten 6000 Emanzipation und Assimilation. Um Personen jüdischen Glaubens im in der allzeit von latentem Antisemi Westen, 200 im Osten der Stadt. tismus durchsetzten aufstrebenden Nun sind es schon mehr als 15000 in bürgerlichen Konkurrenzgesellschaft der vereinigten Stadt. Es wird vom bestehen und reüssieren zu können, Umgang mit der jüdischen Kultur, mussten jüdische Intellektuelle, Wis ihrem Erbe, vom historischen Ge senschaftler und Unternehmer be dächtnis und von den Menschen sonders ambitioniert und fortschritt selbst abhängen, ob Berlin sich wie lich sein. Deshalb waren ihnen und der zu einem Zentrum jüdischen Le ihren Familien Bildung und Lebens bens in Europa entwickelt. stil besonders wichtig. Berlins Sprung Die erste Auflage der Jüdischen ins 20. Jahrhundert wurde auf diese Orte erschien 1996 anlässlich einer Weise durch die jüdischen Bürger er gleichnamigen Ausstellung der Jüdi heblich beschleunigt. schen Kulturtage in der Neuen Syna Den höchsten Anteil an der Ge goge, dem Centrum Judaicum. Die samtbevölkerung Berlins erreichten vorliegende revidierte Neuauflage die jüdischen Einwohner in der Zeit in handlicherem Format enthält eini zwischen 1905 und 19z5, nämlich ge Ergänzungen und Korrekturen. etwa 4 Prozent. 1905 betrug ihre Zahl Gleichwohl ist uns bewusst, dass die 130 ooo, 1925 etwa 173 ooo, 1933 lag Auswahl der jüdischen Orte und Na sie bei 160 ooo. Sie sank auf 75 ooo im men noch immer unvollständig ist Jahre 1939, das entspricht 1,7 Prozent und wegen der schwierigen Quellen der Gesamtbevölkerung, auf 33 ooo lage fehlerhafte Angaben möglich im Jahre 1942 und auf 17 ooo im Jah sind. Deshalb sind die Herausgeber re 1943. Die Zahl der »illegal« im Un dankbar für kritische Hinweise der tergrund lebenden Menschen wird Leser über den Verlag. auf 5000 bis 7000 geschätzt, die der Überlebenden am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 auf 1400. Heure ist Berlin keine Stadt mehr, die eine durch ihre jüdische Herkunft geprägte Bevölkerungsgruppe mit maßgeblichem Einfluss auf das Kul tur- und Wirtschaftsleben hätte, und · das, obwohl seit der historischen Zä sur der Jahre 1989/90 ein steigender 8 Rund um die neue Synagoge 0 Oranienburger Straße 30 allen offen, auch wenn es rund um Neue Synagoge - die Uhr geschützt werden muss. Im Centrum Judaicum Keller des rechten Turms sind eine kleine Synagoge und ein rituelles Bad »Tuet auf die Pforten, dass einziehe (Mikwe) wieder eingerichtet worden. das gerechte Volk, das bewahret die Die Neue Synagoge wurde nach Treue.« (Jesaja 26,2) Entwürfen von Eduard Knoblauch und Friedrich August Stüler im mau rischen Stil von 1859 bis 1866 gebaut und am 5. September 1866 einge weiht. Mit über 3000 Sitzplätzen war sie das größte jüdische Gotteshaus in Berlin und ganz Deutschland und galt zudem als das prächtigste. Dank des Eingreifens von Revier Oberleutnant Wilhelm Krützfeld (1880-1953), dem Vorsteher des Poli zei-Abschnitts 16, blieben die Schäden 50 Jahre nach der Befreiung vom na in der Pogromnacht vom 9. auf den tionalsozialistischen Terror, der alle 10. November 1938 verhältnismäßig jüdischen Gemeinden Europas auslö gering, so dass von April 1939 bis zum schen wollte, geschah am 7. Mai 1995 das lange Zeit Unvorstellbare: Im Mittelpunkt einer wieder wachsen den jüdischen Gemeinde Berlins wurde die Neue Synagoge als Heim statt für das Centrum Judaicum zum zweiten Mal eingeweiht. Die 50 Me ter hohe goldene Kuppel, weithin sichtbar wieder die Silhouette der Stadt prägend, ist erneut Wahrzei chen jüdischer Traditionen in Berlin. Im rekonstruierten Vorderhaus mit Rotunde, Vestibül, Repräsentanten saal, Ausstellungsräumen und Vor tragssaal wird künftig jüdisches Erbe und Leben vermittelt. Das Haus steht 11 RUND UM DIE NEUE SYNAGOGE RUND UM DIE NEUE SYNAGOGE 8 0 30. März 1940 wieder Gottesdienste in einem Konzert am 29. Januar 1930 Oranienburger Straße 28 Oranienburger Straße 18 stattfinden konnten. als Violinsolist. Im Unterschied zur Eine Gedenktafel an der Fassade ersten, der Alten Synagoge in der In dem von Gemeindebaumeister Jo Hart stoßen sich in der Oranienbur erinnert an die Zivilcourage eines Po Heidereutergasse, wurde der Gottes hann Hoeniger um die Jahrhundert ger Straße die geschichtlichen Ereig lizeiwachtmeisters, der unter Hinweis dienst in der Neuen Synagoge nach wende erbauten Verwaltungsgebäude nisse im Raum: Ausgehend von ei auf den Denkmalschutz die SA an liberalem Ritus abgehalten, unter befanden sich ursprünglich das Ge nem Studentenheim, in unmittelbarer weiterer Brandschatzung hinderte Verwendung einer Orgel und eines samtarchiv der deutschen Juden (spä Nachbarschaft zur Neuen Synagoge, und der Feuerwehr Zugang zur bren gemischten Chores. Die Reform des ter vom so genannten NS-Sippenamt begann am 10. Mai 1933 der Fackel nenden Synagoge verschaffte. Heinz Ritus war Teil des Integrationsprozes beschlagnahmt und missbraucht), die zug, der zur Bücherverbrennung auf Knobloch hat die Geschichte vom ses. Jüdische Traditionen sollten der Hauptverwaltung, die Hauptbiblio dem Opernplatz führte. Mut eines Einzelnen in seinem Buch Umgebungsgesellschaft und den ver thek und bis in die dreißiger Jahre die Der beherzte Reviervorsteher aufge änderten Lebensumständen der Ju Freie Jüdische Volkshochschule. In 0 zeichnet. Wilhelm Krützfeld erhielt den angepasst werden. diesem Haus begann 1945 der allmäh Krausnickstraße 1 1992 ein Ehrengrab auf dem Friedhof Hier amtierte bis 1938 Melwin liche Wiederaufbau der Jüdischen der Parochialgemeinde in Weißensee. Warschauer (1871-1955), einer derbe Gemeinde Berlin. Heinz Galinski Hier wurde am 12. August 1899 Al Ab 1940 wurde das Gotteshaus von kanntesten Rabbiner. Er war berühmt wurde am I. April 1949 ins Amt des fred Kantorowicz geboren. Er war der Wehrmacht als Lagerhaus miss für seine eindringlichen Reden; le Vorsitzenden berufen. Sein Schreib Redakteur bei der Vossischen Zeitung braucht. Ausgebrannt nach einem gendär ist seine Trauerrede auf Max tisch stand hier bis 1953 und dann, und Mitarbeiter der Weltbühne, emi Bombenangriff in der Nacht vom 22. Liebermann, die er, beobachtet von nach der Vereinigung Berlins, erneut grierte 1933, kehrte 1946 als Professor auf den 23. November 1943, wurde der Gestapo, auf dem Friedhof bis zu seinem Tod im Juli 1992. Seit der Humboldt-Universität in die die Hauptsynagoge im Jahre 1958 ge Schönhauser Allee hielt. Er flüchtete 1999 befindet sich an diesem Ort das DDR zurück und übersiedelte 1957 sprengt. Ab 1988 wurde mit dem 1939 nach London, wo er später seine Büro des Vorstandsvorsitzenden der in die Bundesrepublik. Wiederaufbau des zur Straße gelege Erinnerungen verfasste. Unter dem Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Zu nen Teils des Gebäudes begonnen. Titel Im jüdischen Leben erschienen dem sind die Verwaltung der Berliner 8 Zum 125. Jahrestag der Ersteinwei sie 1995, versehen mit einem Vorwort Jüdischen Gemeinde, die Jüdische Oranienburger Straße 31 hung, am 5. September 1991, war die von Heinz Knobloch, in Berlin. Volkshochschule und soziale Dienste Straßenfassade als eindrucksvoller Der bekannteste Komponist jüdi in dem Gebäude ansässig. Torso rekonstruiert, und über dem scher Synagogalmusik Louis (Laza • Portal war erneut der eingangs zitierte rus) Lewandowski (1823-1894) wirkte Spruch des Propheten Jesaja zu lesen. hier ab 1866. Er war der erste jüdische Oranienburger Straße 26 Der Vorderbau wurde am 7. Mai Meisterschüler, den die Preußische (Eingang Krausnickstraße) 1995 als Centrum Judaicum wieder Akademie der Künste aufnahm, spä eingeweiht. Im Hof wurde der Grund ter wurde er zum Professor ernannt. Der seit November 1989 geplante und riss der nicht wiederhergestellten Rund um die Neue Synagoge wa 1990 gegründete Jüdische Kulturver eigentlichen Synagoge als Boden ren mehr als 100 jüdische Institutio ein widmet sich der Hilfe für Einwan skulptur gestaltet. Ein Halbkreis aus nen der Wohlfahrtspflege, der Bil derer aus der ehemaligen Sowjetunion schwarzen Granitsteinen markiert die dung und Wissenschaft angesiedelt. und für Shoa-Überlebende sowie de einstige Apsis um den Thoraschrein Mir der durch Ausstellungen, Buch ren Nachkommen; er führt Veranstal als eindrucksvolles Mahnmal. publikationen und Veranstaltungen tungen über jüdische Kultur, Lebens Die Architektur ist stolzer Aus sehr erfolgeichen »Stiftung Neue Sy weise und Bildung durch. 1998 bezog druck des Selbstbewusstseins Berliner nagoge - Centrum Judaicum«, der er im Neubau des JCC Qewish Culru Juden, die hier nicht nur einen religi Jüdischen Galerie und der Jüdischen ral Center) neue Räume. Dort finden ösen, sondern auch einen kulturellen Volkshochschule ist hier erneut ein an jedem Freitag Feiern jüdischer Fes und geistigen Mittelpunkt fanden. Mittelpunkt jüdischen Lebens ent te statt, Kabbalat Schabbat im Som Albert Einstein beispielsweise spielte standen. mer um 19, im Winter um 18 Uhr. 12 13 RUND UM DIE NEUE SYNAGOGE RUND UM DIE NEUE SYNAGOGE Das jüdische Hospital begann 1853 nen Sitz. Es beherbergte Knaben und »Verein für Kultur und Wissenschaft jüdischer Gelehrsamkeit, war einer seine Arbeit in unmittelbarer Nach Mädchen. Später siedelte das Waisen des Judentums«. Nachdem der Ver der letzten Professoren. Er lehrte von barschaft zum alten jüdischen Fried haus in die Schönhauser Allee 162 such gescheitert war, auf diese Weise 1912 bis zum 19. Juli 1942 Religions hof Oranienburger Straße 6/8 und er über. Dort blieb es bis zu den Depor Zugang zur Universität zu gewinnen, geschichte, Judaistik und Pädagogik, hielt vier Jahrzehnte später einen 1896 tationen der Kinder und Betreuer im wurde eine eigene jüdische Hoch war ab 1933 Präsident der Reichsver von Moritz und Bertha Manheimer Jahre 1942. schule konzipiert. tretung (Reichsvereinigung) der deut gestifteten Neubau. Nach der Verle Gegründet am 5. Januar 1870 durch schen Juden. Um sich für die Jüdische gung des Hospitals zur Auguststraße 0 Moritz Lazarus und Salomon Neu Gemeinde und die Angehörigen der wurde das Gebäude durch die Jüdi Johannisstraße 16 mann, nahm die Hochschule für die Hochschule einsetzen zu können, sche Gemeinde genutzt, unter ande Wissenschaft des Judentums, deren schlug er noch während des Zweiten rem vom Jüdischen Museum, dessen In starkem Gegensatz zum orthodo Einrichtung einer großzügigen Spen Weltkriegs die Möglichkeit aus, das unersetzliche Schätze nach der Schlie xen Ritus (und noch radikaler als der de des Stadtrats Moritz Meyer zu ver Land zu verlassen. Als Präsident der ßung 1938 verloren gingen. Durch liberale Gottesdienst in der Neuen danken war, ihre für jeden zugängli Reichsvereinigung konnte er den Be Rückübertragungsbescheid wurde die Synagoge) fand der Gottesdienst in che Lehrtätigkeit am 6. Mai 1872 auf. trieb der Hochschule notdürftig bis Jüdische Gemeinde wieder Eigentü der 1854 eingeweihten Reform-Syna Eine Schenkung des Bankiers Nathan 1942 aufrecht erhalten - eine letzte merin der Grundstücke Oranienbur goge, dem so genannten »Tempel« Bernstein ermöglichte 1907 dann den Insel der Zuflucht und Würde für ein ger Straße 28, 29, 30 und 31 mit insge statt, in Anlehnung an den christli Kauf des Grundstücks und die Er Dutzend Studierender. samt 8000 Quadratmetern. In diesem chen Gottesdienst vorwiegend in richtung eines stattlichen neuen Ge Leo Baeck kam 1943 ins KZ There Zusammenhang notierte der Berliner deutscher Sprache. Es gab keine Tren bäudes durch Gemeindebaumeister sienstadt und emigrierte 1945 nach Landespressedienst am r. September nung von Männern und Frauen, und Johann Hoeniger. Die Institution London. Er war der einzige Überle 199r »Die Bearbeitung der Verfolg die für Männer obligatorische Kopf sollte nicht nur Rabbiner ausbilden, bende der Dozentenschafc. Sein Fazit tenansprüche ist mit die schwierigste bedeckung, das Anlegen von Gebets sondern auch jüdisches Wissen allge 194f »Für uns Juden aus Deutsch Materie. Die Grundstückshistorie ist schal und Gebetsriemen waren nicht mein vermitteln. Durch Stiftungen land ist eine Geschichtsepoche zu bis ins Jahr 1933 zurückzuverfolgen üblich. Zeit des Hauptgottesdienstes und Zuwendungen reicher jüdischer Ende gegangen.« Er starb 1956 in und damit bis in die Tiefen der deut war der Sonntagvormittag. Während Bürger erhielt die Hochschule ihre London. schen Geschichte hinein.« des Pogroms vom 9. November 1938 materielle Unabhängigkeit. Auf An Das Leo-Baeck-Institut in New wurde die Reform-Synagoge verwüs ordnung der preußischen Behörden York, Jerusalem und London erforscht 8 tet, später durch Bomben zerstört. musste sie sich bereits 1883 in »Lehr die Geschichte des deutschen Juden Oranienburger Straße 32 anstalt« umbenennen. Der ursprüng tums. Seit dem Jahr 2000 gibt es das (Hofdurchgang zur liche Name wurde 1920 wieder zuge Abraham-Geiger-Kolleg an der Uni Auguststraße) • Tucholskystraße 9 lassen, 1934 jedoch erneut verboten. versität Potsdam, das der Ausbildung (früher Artilleriestraße 14) Die 60 ooo Bände umfassende Biblio liberaler Rabbiner gewidmet ist. Liberale und Orthodoxe Juden lebten thek und eine hochkarätige Samm Dem nationalsozialistischen Wahn, in der Straße auf engstem Raum tole lung jüdischer Kultgeräte gingen zwi alle jüdischen Spuren zu tilgen, ent rant zusammen. Im Hofgebäude die schen 1933 und 1945 vollständig ging der jüdische Weisheit symboli ses Hauses befanden sich eine Schule verloren. Der mit nur wenigen ver sierende Löwenkopf über dem Portal. der orthodoxen jüdischen Gemeinde bliebenen Studierenden aufrecht er Adass Jisroel, der Talmud-Verein Che haltene Lehrbetrieb musste am G, wrath Schass und Ritualbäder. 19. Juli 1942 eingestellt werden. Zu Auguststraße 77 den berühmtesten Dozenten der Hochschule zählte Rabbi Abraham Das unter Aufsicht der Gemeinde G Oranienburger Straße 38 Geiger, und die in Auschwitz ermor Adass Jisroel stehende Geschäft Kolbo Bereits 1819 gründete eme Gruppe dete erste deutsche Rabbinerin Regina verkaufe koschere Lebensmittel sowie Das Baruch Auerbach'sche Waisen junger jüdischer Intellektueller um Jonas wurde hier ausgebildet. Rabbi Ritualien entsprechend der jüdischen haus hatte hier von 1853 bis 1897 sei- Eduard Gans und Leopold Zunz den ner Leo Baeck, herausragende Gestalt Tradition. 14 15 RUND UM DIE NEUE SYNAGOGE RUND UM DIE NEUE SYNAGOGE • Auguststraße 11-13 jüdischen Gemeinde, das 1914 in den te. Die Geschichte, die keine Gedenk gogen und rituellen Einrichtungen Wedding verlegt wurde. Das an der tafel erzählen kann, darf nie vergessen entfaltete Adass Jisroel ein eigenstän Straße gelegene Vordergebäude mit werden. diges Gemeindeleben. Erster Rabbi Tordurchfahrt und das ehemalige ner war Esriel Hildesheimer. Ge Krankenhaus wurden zwischen den meindezentrum und Synagoge mit Weltkriegen zu einem von zahlrei • Tucholskystraße 40 Quellbad, Bachurim-Schule, Rabbi chen gemeindlichen und privaten (früher Artilleriestraße 31) ner-Seminar und Talmud-Thora Einrichtungen genutzten Zentrum Schule befanden sich zunächst in der jüdischer Wohlfahrtspflege. Das Jü Gipsstraße und wurden 1904 an die dische Jahrbuch von 1928 verzeichne heurige Stelle verlegt. Mir dem An te unter anderem: Mädchenheim des wachsen der Gemeinde wurde neben jüdischen Frauenbundes, Tagesstätte zahlreichen Religionsschulen 1924 ein Im Seil der Neuen Sachlichkeit ent für Säuglinge, Kindergarten des zweites Gemeindezentrum in Sieg warf der Gemeindebaumeister Ne Wohlfahrtsamtes, die »Chewra Kad munds Hof II in Berlin-Tiergarten xander Beer 1927/28 die jüdische discha« (Jüdisch traditionelle Beerdi mit Synagoge, Realgymnasium und Mädchen-Volksschule, die 1930 ein gungsgesellschaft) für Groß-Berlin, Oberlyzeum eingerichtet. Ein eigenes geweiht und bezogen, am 30. Juni Kochschule der Gemeinde, Näh-und Krankenhaus wurde in der Elsässer-/ 1942 durch die nationalsozialistischen Arbeitsstube für Frauen und Mäd Linienstraße uncerhalcen. Adass Jisro Behörden jedoch geschlossen wurde. chen, jüdisches Kinderheim »Nia el wurde von der Gestapo im Dezem Jüdische Kinder durften fortan nicht wah«, Zahnklinik, orthopädischer ber 1939 aufgelöst und in die Reichs mehr unterrichtet werden. Turnsaal der Jüdischen Kinderhilfe, vereinigung der Juden in Deutschland Kindergarten der orthodoxen Ge zwangsweise eingegliedert. Die in der 8 meinde Adass Jisroel, Kleiderkammer Pogromnacht verwüstete Synagoge, Auguststraße 14-16 der jüdischen Gemeinde. In ihrem die als Ruine den Krieg überstand, Buch Ahawah - das vergessene Haus wurde erst im Jahre 1967 gesprengt. hat Regina Scheer eindrucksvoll die Adass Jisroel, die im Juni 1869 gegrün Ein Hausschatten an der Brandwand Not und den Schrecken, die Todes dete israelitische Synagogengemeinde, des angrenzenden Gebäudes gibt noch angst und Verzweiflung zu jener Zeit trat 1876 aus der Jüdischen Gemeinde eine Ninung von der Größe des Got geschildert, als diese sozialen Schurz aus und erhielt die offizielle Zulas teshauses. Über dem Durchgangspor räume für die Schwächsten der sung als Religionsgemeinschaft am tal zu der im Hinterhof gelegenen jüdischen Gemeinde vom nationalso 9. September 1885. Ihre Gründung ist Synagoge überlebte wie durch ein zialistischen Terror eingeholt und als Reaktion auf den Druck zu gesell Wunder der wohl einzige Berliner vernichtet wurden. »Und eines Tages schafclicher und religiöser Anpassung Davidstern den nationalsozialistischen standen da die Mütter mit den leeren in der Phase des gesellschafclichen Terror, obwohl die Auscilgung aller Kinderwagen, die Kinder waren weg Aufstiegs im 19. Jahrhundert zu ver jüdischen Symbole und Spuren ange geholt worden, zusammen mit den stehen. Doch nicht emanzipations ordnet worden war. Pflegeschwestern. Die Mütter haben feindliche Abkapselung war das Ziel Die Gemeinde Adass Jisroel hat stundenlang geheult und wollten der neuen Gemeinde, sondern die 1989 an diesem Ort ihre Tätigkeit wie nicht gehen.« Dies geschah im Febru Vereinigung von gesetzestreuem Le der aufgenommen. Seit dem Sommer ar 1943 im Zusammenhang mit der so ben mit der Offenheit für Kulcur und 1985 konnte der verwüstete Adass Eduard Knoblauch, der Architekt der genannten Fabrikaktion, der letzten Bildung der Umwelt. Jüdische Tradi Friedhof in Weißensee wieder herge Neuen Synagoge, baute von 1858 bis großen Razzia zur Deportation der in tionen sollten gewahrt werden, ohne richtet werden. Im März 1990 wurde 1860 in streng klassizistischem und Berlin verbliebenen Juden, die man dass man sich gesellschafclichen Ent eine kleine neue Synagoge eingeweiht. wohl proportioniertem Stil das im bis dahin zur Arbeit in kriegswichti wicklungen verschloss. Mit der Er Ns Treffpunkt der Gemeinde diene Hof gelegene neue Krankenhaus der gen Betrieben zwangsverpflichtet hat- öffnung von Religionsschulen, Syna- das Bech Cafe im Gemeindehaus. Im 16 17

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