Japan. Europa. USA. Wilfried von Bredow / Thomas Jäger (Hrsg.) Japan. Europa. USA. Weltpolitische Konstellationen der 90er Jahre Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1994 ISBN 978-3-8100-1114-5 ISBN 978-3-663-10426-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-10426-1 © 1994 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Leske + Budrich, Opladen 1994 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und stratbar. Das gilt insbesondere für Vervielfaltigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: text-in-form. Harald Baerenreiter, Hanau Inhaltsverzeichnis Einleitung ........................................................................................................ 7 I. Europäische Japan-Politik Thilo Graf Brockdorff Deutschland und Japan: Partner und Konkurrenten ...................................... 13 Lutz Kleinert Die deutsch-japanischen Wirtschaftsbeziehungen ........................................ 35 Hans-Georg Ehrhart Die Japan-Politik Frankreichs ....................................................................... 61 Thomas Noetzel Großbritannien und Japan ............................................................................. 83 11. Japan und die weltpolitisch wichtigen Regionen Ernst-Otto Czempiel Die Beziehungen zwischen Japan und den Vereinigten Staaten von Nordamerika ........................................................ 105 Matthias Bauermeister Die Japanpolitik der EG vor dem Hintergrund asymetrischer Wirtschafts beziehungen ....................................................... 121 Joachim Glaubitz Japan und sein russischer Nachbar .............................................................. 141 111. Japan in internationalen Organisationen Markus Tidten Japans Gipfeldiplomatie - ein mühsamer Weg zu internationaler Anerkennung .................................................................. 161 Frank Bauer Japans Verhältnis zu den Vereinten Nationen ............................................. 18 3 5 IV. Japan und die internationale Politik Ortrud Kerde!Erich Pauer Japanische Außenpolitik: Im Fernen Osten nichts Neues ........................... 211 Wilfried von BredowlThomas Jäger Das Ende des Ost-West-Konflikts und die Zukunft der tri lateralen Kooperation ......................................................................... 229 Autorenverzeichnis ...................................................................................... 247 6 Einleitung Zum Ende des 20. Jahrhunderts hin werden die internationalen Beziehungen mehr und mehr von Entwicklungen geprägt, die in immer engeren Aktions netzen zwischen politisch unterschiedlichen Gesellschaften ihre Dynamik entfalten und die als Globalisierung gekennzeichnet werden. Immer weniger Handlungen bleiben in ihren Folgen auf einzelne Gesellschaften und den Kreis der sie auslösenden Akteure beschränkt. Immer stärker werden die Entwicklungschancen der Gesellschaften vom internationalen Umfeld ge prägt. Während sich die Handlungen auf den Feldern Politik, Ökonomie, Ökologie und Kultur immer dichter vernetzen und die zwischengesellschaft lichen Beziehungen eine verletztliche Komplexität erreichen, bleiben die po litischen Steuerungsmöglichkeiten der Regierungen relativ grob. Es hat sogar den Anschein, als wollten die Staaten die globalen Entwicklungen national, höchstens aber makro-regional zu steuern versuchen. Das aber kann nicht er folgreich gelingen. Globale Interdependenz und, komplementär dazu, Fragmentierung kenn zeichnen den Stand der internationalen Beziehungen. Ihre Analyse und die ihrer Entwicklungsoptionen kann sich nicht nur auf einen dieser beiden be herrschenden Trends konzentrieren. Die zwischen Interdependenz und Fragmentierung entstehenden politi schen Verwerfungen wirken noch nachhaltiger, seit sich der Ost-West-Kon flikt aufgelöst hat und die Welt in viele kaum miteinander verbundene Kon fliktregionen zu zerfallen scheint. Politische Rollen konstituieren sich neu und sind noch nicht festgelegt. Von einer übersichtlichen Neuen WeIt-Ord nung kann keine Rede sein. Verteilungs-Chancen von Ressourcen und Ver antwortlichkeit stehen zur Disposition. Die Koordinaten von gestern sind überholt und steigern höchstens die Desorientierung. Ein taugliches Bild der Welt von heute und morgen existiert nicht. In dieser Phase der weltpolitischen Transformationl werden alle Gesell schaften ihre Interessen und Identitäten neu bestimmen müssen. Dies ist ei nerseits ein Prozeß der Selbstvergewisserung, der Problematisierung kollek tiver Identität und der Konkurrenz gesellschaftlicher Interessen. Andererseits aber kann dieser Prozeß nicht verstanden werden, wenn der Blick auf die je weils einzelne Gesellschaft fixiert bleibt. Denn über die nationalen Interessen Hierzu umfassend Ernst-OUo Czempiel: Weltpolitik im Umbruch. Das internationale System nach dem Ende des Ost-West-Konflikts. München 1993, 2.Aufl. 7 wird nicht allein innerhalb der jeweiligen Gesellschaft, sondern in Auseinan dersetzung mit der internationalen Umwelt entschieden.2 Strukturbestimmend für jede neue Welt-Ordnung werden die Beziehungen zwischen den drei weltpolitischen Zentren Japan, USA und Europa sein. Eu ropa selbst hat seine politische Gestalt nicht gefunden, von einer gemeinsa men Außen- und Sicherheitspolitik ist der integrierte Teil des Kontinents noch weit entfernt.3 Deutschland, Frankreich und Großbritannien sind die po litisch bestimmenden Akteure. Ihre Japan-Politik, die zugrunde liegenden In teressen und die für die Ausgestaltung der neuen Welt-Ordnung offensichtli chen Defizite, werden im ersten Teil analysiert. Daran schließen sich Beiträge zu den Beziehungsfiguren zwischen Japan einerseits und den USA, Rußland und der EG andererseits an. Der Bedeutung der politischen und sozioökonomischen Makro-Regionalisierung und des in terregionalen Austauschs entsprechend, kann in diesen Dreiecks-Beziehun gen, und wie es aussieht: nur in ihnen, ein neues und langfristig stabiles (d.h. Wandlungsprozesse steuerndes) Strukturmuster für die internationalen Be ziehungen entstehen. Allerdings werden schon die binnen- regionalen Bezie hungen von tiefreichenden Interessenkollisionen geprägt, mehr noch die zwi schen den Makro-Regionen. Solche Konflikte politisch zu managen und ihre Krisen unterhalb des Ni veaus zu halten, das auf die Beziehungsgefüge zerstörerisch wirkt, wird eine enorme Anstrengung bedeuten, die ohne Rekurs auf neue Institutionen in der internationalen Politik kaum geleistet werden kann. Die Rollen Japans im Sy stem der Vereinten Nationen und in dem Internationalen Regime der Welt wirtschaftsgipfel werden in Teil drei detailliert beschrieben. Daran schließen sich zwei unterschiedliche Beurteilungen der Stellung Ja pans in der internationalen Politik und der Zukunft der tri lateralen Koopera tion an. Die Differenz der Wertung liegt im Verhältnis von nationalen zu globalen Interessen begründet. Wie sehr wird Japan eigene Interessen zu rückstellen, um zur Stabilität und Entwicklung gemeinsamer Verfahren und Regeln beizutragen? Diese Frage stellt sich auch den anderen weltpolitisch bedeutsamen Akteuren. In der produktiven Mischung aus nationalen und kol lektiven Interessen wird die Zukunft einer entwicklungsfähigen internationa len Ordnung liegen. Über dieses Mischverhältnis aber wird in den nächsten Jahren erbittert gestritten werden. Dem Ausgang dieses Streits wird die Ge stalt der neuen Welt-Ordnung entsprechen. 2 Wilfried von Bredowffhomas Jäger: Neue deutsche Außenpolitik. Nationale Interessen im internationa len System. Opladen 1993. 3 Werner Link: Kooperative Machtbalance und europäische Föderation als außenpolitische Orientierung, in: Wolfgang Heydrich u.a. (Hrsg.): Sicherheitspolitik Deutschlands: Neue Konstellationen, Risiken, In strumente, Baden-Baden 1992, S.601-611. 8 Dabei werden nicht zuletzt das gegenseitige Wissen4 der beteiligten Ge sellschaften voneinander und ihre Empathie in die Interessenlagen anderer Akteure mit darüber entscheiden, ob diese Konflikte als Konkurrenz mit friedlichen Mitteln ausgetragen oder in den Bereich organisierter Gewalt es kalieren werden. Ob erneut wie schon einmal in diesem Jahrhundert eine Welt weitgehend gegeneinander abgeriegelter Blöcke entsteht - oder ob die Chancen genutzt werden können, die sich allen Akteuren aus der Zusammen arbeit ergeben. Marburg, November 1993 Wilfried von Bredow Thomas Jäger 4 Wir haben an anderer Stelle schon beklagt, daß die Disziplin der Internationalen Beziehungen in Deutschland zu schwach ausgestattet ist, um den weltpolitischen Aufgaben des Landes zuarbeiten zu können. So mangelt es auch an Wissen über die internationalen Rollen Japans. Vor kurzem erschien Hanns W. Maull (Hrsg.): Japan und Europa: Getrennte Welten?, Frankfurt/New York 1993. 9 I. Europäische Japan-Politk