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Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1983 PDF

122 Pages·1982·0.725 MB·German
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Preview Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1983

Das dreizehnte Jahrbuch //7// HANS WOLLSCHLÄGER Das dreizehnte Jahrbuch Die ursprüngliche Planung dieses Bandes hatte vorgesehen, endlich einen der wichtigsten biographischen Texte Karl Mays allgemein zugänglich zu machen, nämlich die umfangreiche zweite Eingabe ›An die 4. Strafkammer des Kgl. Landgerichtes III in Berlin‹ von 1911. Sie war seine letzte größere Arbeit und enthält Material zur Geschichte seines Lebens wie seiner Zeit und Zeitgenossen, das in seinem Wert für die Forschung über den prozessualen Zweck von einst hinausreicht. Während der Vorbereitungen zu einer Jahrbuch-Wiedergabe erreichte uns nun die Nachricht, daß der Karl-May-Verlag eine größer angelegte, dreibändige Reprint-Edition von ›Karl Mays Prozeßschriften‹ herauszubringen gedenke, enthaltend nicht nur die KLG-Eingabe, sondern auch die beiden fragmentarischen Privatdrucke des ›Schundverlags‹ von 1905 und 1909 sowie das überhaupt noch nie gedruckte, aber oft schon zitierte Manuskript ›Frau Pollmer. Eine psychologische Studie‹, das in gewissem Sinne mit unter die prozeßbedingten Schriften Mays zu rechnen ist, aber noch weit stärker als die übrigen über seine Anlässe hinausgreift. Vor dieser, inzwischen erschienenen, Edition zurückzutreten, war ein leichter Entschluß, zumal sich das Problem einer gänzlich neuen Jahrbuch-Konzeption dadurch mit löste, daß der Karl-May-Verlag uns aushilfsweise eine Reihe von Gelegenheitsarbeiten Mays zur Verfügung stellte, deren Kenntnis bisher auf einen kleinen Forscherkreis beschränkt war. So bringt der vorliegende Band nun doch, wie ursprünglich beabsichtigt, überwiegend neue Texte von Karl May, und die sekundäre Interpretation tritt davor eine Weile in den Hintergrund: eine Abwechslung, die manchem Leser nicht unwillkommen sein wird. Wir haben sogar, nach einiger Überlegung, auch auf eine Kommentierung dieser Texte verzichtet, obwohl zu ihnen sicher viel zu sagen ist. Was zu ihnen zu sagen ist, wird in weiterer Zeit von selbst zusammenkommen, aus verschiedenen Richtungen und unter verschiedenen Gesichtspunkten. Ihr literarischer Wert ist fraglos gering, und Mays Gesamtwerk wird durch sie kaum bereichert. Wohl aber bereichern sie unsere Kenntnis seiner Seelenlage in der von Verwirrungen und Verzerrungen so schwer bedrängten späten Zeit, und als Selbstzeugnisse //8// dokumentieren sie manchen Charakterzug, der bisher allenfalls zu erraten gewesen wäre. Insgesamt geht von ihnen, so muß man freilich wohl sagen, ein eigenartiger Geruch aus, eine nicht durchaus behaglich zu atmende Atmosphäre, die dazu nötigt, die allgemeine Bezeichnung ›Eigenlobsschriften‹ nicht ungerecht zu finden. Aber selbst diese Atmosphäre, die man beim Jedermann ohne Bedenken als zu schwer erträglich fliehen würde, bewahrt hier - und nicht nur durch ihr Entrücktsein ins Historische - ein file:///F|/460%20Karl%20May/Jahrbuecher/1983/007.htm[06.10.2020 07:50:11] Das dreizehnte Jahrbuch wiederum eigenartiges Stück Anziehungskraft zugleich und ermöglicht, sie in jenes betrachtende Verweilen einzubeziehen, auf das sich Mays Werk und Person ein Recht erworben haben. ›Die Schundliteratur und der Früchtehunger‹ stellt eine jener Selbstrezensionen dar, die Karl May auch zu anderen Gelegenheiten riskiert hat (z.B. zu den ›Himmelsgedanken‹; der Text ist vom Karl-May- Verlag zur Veröffentlichung vorgesehen). Die anfängliche Befremdung darüber, daß ein Autor so hochgemut über sein eigenes Werk redet, läßt sich wohl leicht fallen lassen; natürlich weiß er darüber immer mehr zu sagen als seine Kritiker, und auch die bürgerlichen Anstandsregeln haben ja ihre Grenzen. Bedauerlicher ist, daß jenes ›Mehr‹, das May über sich zu sagen gehabt hätte, auch hier wieder in einer Metaphorik steckenbleibt, die nicht vom Fleck kommt und mit ihren nicht gerade glücklich gewählten Beispielen zuletzt aus der Wirklichkeit gerät. May blieb als Vermittler seiner selbst fast immer hilflos, bei aller Beredtheit, und Einsicht in diese Ohnmacht war es wohl auch, was ihn auf die Veröffentlichung dieses Versuchs, für sich zu werben, verzichten ließ. Entstanden ist der 13 MS-Seiten umfassende Text Ende 1907/Anfang 1908, und er spiegelt nicht zuletzt, wohl hörbar unter dem so gegenteiligen Ton, ein Stück von der Verzweiflung darüber, daß weder das Reichsgerichtsurteil im Münchmeyer-Prozeß noch der Vergleich mit den Fischerschen Erben die eigene »Schundliteratur« hatten aus der Welt schaffen können. Verzweiflung, in seinem Wesentlichen, ›Eigentlichen‹ nicht erkannt und verstanden zu werden, hat May ersichtlich auch zu den ›Aphorismen über Karl May‹ bewogen; sie waren als Leitfaden für wohlwollende Rezensenten bestimmt, doch ist nicht bekannt, wo und wie weit sie in der Presse Verwendung fanden. Ein weiteresmal spricht der Autor hier über sich in der dritten Person, doch unterscheidet sich die Distanz zu dieser dritten Person grundlegend und erheblich von der maskierten Anonymität der anderen vergleichbaren Texte. Fast scheint es, als werde hier neben der genügend komplizierten Abspaltung des Werk-Ichs Menschheitsfrage noch ein weiterer Riß abgebildet, eine weitere //9// ›Spaltung des menschlichen Innern‹, die auch das Autor-Ich ›Karl May‹ von dem trennt, der darüber berichtet. Denn auch dieses Autor-Ich, das mehr als zehnmal in den Vereinigten-Staaten war, bleibt ja der Realität durchaus fern, jener Person um die bürgerliche Existenz eines gewissen Karl May, die es vollständig auszuschalten gelte, wo man zur Ich-Vorstellung der ›Menschheitsfrage‹ gelangen wolle: es ist dieser ›Menschheitsfrage‹, die freilich in Amerika, wo es viel zu fragen gibt, mehr als zehnmal gewesen sein mag, immer noch näher als dem Schreibenden, der keinen Namen mehr hat. Was hier nur im Umriß angedeutet wird, mag vielleicht zur weiteren Untersuchung herausfordern; der Autor, der sich in dieser so gespaltenen Selbstbeschreibung Völker- und Menschheitspsycholog nennt, bleibt selber für die Kreativitäts-Psychologie ein außerordentliches Paradigma, wenn auch gewiß nicht der erste Fall in der Literatur aller Völker. Der Ton dieser Selbstbeschreibung, ein durchaus wuchtiger Brustton, überschreitet die Grenze zur Peinlichkeit immer wieder rüstig und ohne Mühe; dahinter aber erklingt, ein weiteresmal, auch die klagende Stimme eines, der in der von ihm geschaffenen Bilderwelt einsam zuhause und zugleich gefangen war, und wer sie zu hören versteht, wird durch sein Geschmacksurteil nicht behindert sein, diesen ersten Versuch Karl Mays, zu einem ordnenden System seines Denkens und Schreibens durchzudringen, begreifen und deuten zu lernen. Er ist, dieser Versuch, sicher in stärkstem Maße befremdlich; aber ausschließlich wahnhaft darf man ihn ebenso sicher nicht nennen, und wo die Ausdruckskraft der Beschreibung versagt, ist deren mögliche Wahrheit nicht unbedingt zu Ende. Geschrieben wurden die ›Aphorismen‹, laut Altersangabe auf Blatt 6, im Jahre 1909; das Manuskript umfaßt 20 lose Textblätter, von denen die Nummern 1, 2, 6 und 7 sowie das Titelblatt nur in Abschriften file:///F|/460%20Karl%20May/Jahrbuecher/1983/007.htm[06.10.2020 07:50:11] Das dreizehnte Jahrbuch Klaras erhalten sind. Von der Niederschrift ›Lebius, der »Ehrenmann«‹ gibt es verschiedene Fassungen (auch mit der Titelvariante ›Lebius als Ehrenmann‹); die hier abgedruckte ist wohl die letzte und jedenfalls umfangreichste. Anlaß war die Absicht des von Lebius verklagten ›Vorwärts‹-Redakteurs Carl Wermuth, Karl May und Klara May als Zeugen für die »ehrenabschneiderische Tätigkeit des Lebius« (Brief Wermuth an May vom 5.4.1908) einzusetzen, und May hat seine Darstellung wie auch den entsprechenden, hier im Anschluß wiedergegebenen Text für Klara ersichtlich als Zeugenaussage formuliert; als Entstehungszeit ist der April 1908 anzunehmen, kurz nach dem Erscheinen der Kahl- Broschüre (1.4.1908), mit der Lebius Mays Zeugenschaft zu entwerten versuchte. Zur Aussage vor Gericht kam es - dadurch oder aufgrund //10// anderer Umstände - nicht, und der abbrechende Schluß des Klara-Textes, der nach der Vermutung Roland Schmids ursprünglich noch weitergeführt werden sollte, scheint mir anzuzeigen, daß der Verwendungszweck gegenstandslos geworden war. - Durch das freundliche Entgegenkommen des Karl- May-Verlags ist es uns möglich, Mays Manuskript in diesem Jahrbuch auch als Faksimile wiederzugeben; der Text für Klara umfaßt 6 Seiten von der Hand Karl Mays. Nicht mit letzter Genauigkeit zu datieren ist der Text ›Zur Abwehr‹: er spricht vom mittlerweile sechsjährigen Münchmeyer-Prozeß und müßte, nimmt man dies wörtlich, also nach dem März 1908 entstanden sein; den inneren Zusammenhängen nach käme das gesamte anschließende Jahr in Betracht. Er stellt offenbar den Versuch dar, für die nach dem Reichsgerichtsurteil (9. 1. 1907) noch verbliebene letzte Prozeß-Phase, die Klage auf Rechnungslegung, mit einem Appell an die Öffentlichkeit zu treten, wie es ja auch die Helfer der Pauline Münchmeyer, in freilich anderem Sinne, längst getan hatten. Verwendung fand der Text, in dem May ein weiteresmal von sich in der dritten Person spricht, mit der Stimme seiner Anwälte, jedoch nicht, soweit wir wissen, - sei es daß May selber die Presse für einen moralischen Appell als ungeeignet erkannte, sei es daß die, mit mehr oder weniger Geschick und Konzentration rein sachbezogenen, Anwälte es vorzogen, bei ihrem eigenen Stil zu bleiben. Nicht ausgeschlossen ist, daß eine Ablehnung des hier eingeschlagenen Weges durch die Anwälte mit dazu beitrug, daß May seinem langjährigen, längst skeptisch beurteilten Freund Bernstein, der für den ›Abwehr‹-Text als Mitunterzeichner vorgesehen war, das Mandat entzog; an seine Stelle berief er 1909 den Dresdener Anwalt Netcke, und zwar mit der bezeichnenden Bedingung, daß kein Schriftsatz mehr zu Gericht gehen dürfe, den er, May, nicht zuvor genau durchgesehen und gebilligt habe; in der Praxis schrieb Karl May von da an, wie auch früher schon häufig, seine Schriftsätze fast sämtlich selbst. - Das Manuskript umfaßt 16 Seiten und trägt keine Unterschrift; möglicherweise sollte es ebenfalls, trotz der rundenden Schlußgeste, ursprünglich noch weitergeführt werden. Selbstzeugnisse verschiedenster Art -; daß in ihnen allen, zwischen ihren Zeilen, aber die eine, selbe Stimme spricht und um Teilnahme bittet für ein zunehmend von der Teilnahme verlassenes Schicksal, ist wohl unschwer überall zu hören - auch wenn man, um zu dem wahren klagenden Ton zu gelangen, immer wieder durch den bloß kläglichen hindurchhorchen muß. Das gilt auch für den von Ulrich Schmid vorgestellten Briefwechsel Mays mit dem bayerischen Königshaus, namentlich der Prinzessin Wiltrud. Die Hoffnung auf Protektion, besonders //11// file:///F|/460%20Karl%20May/Jahrbuecher/1983/007.htm[06.10.2020 07:50:11] Das dreizehnte Jahrbuch groß nach dem Mißerfolg - oder besser Nicht-Erfolgmit dem ersten eigentlichen Werk, dem Drama ›Babel und Bibel‹, hat Karl May hier zu einem devoten Enthusiasmus veranlaßt, den wir Heutigen, infolge des Schwindens der Herrscherhäuser allen Umgangs mit hohen Personen entwöhnt, nur unter erschwerten Umständen nachempfinden können. - Die Briefe liegen im Wittelsbacher Familien-Archiv, und wir danken für die uns freundlich erteilte Erlaubnis zum Abdruck. Gegen wieviel banale Nüchternheit Mays ›Eigentliches‹ sich durchzusetzen hatte, spiegelt der jetzt aufgefundene Briefwechsel Joseph Kürschners mit dem Verleger Hermann Zieger über das ›China‹Werk, in dem Mays ›Et in terra pax‹ erschien. Er vermittelt nicht nur die noch fehlenden Klarheiten über die Entstehungsgeschichte des Friedens-Buchs, sondern gibt nebenbei auch das immer betrachtenswerte Seltstporträt eines Büchermachers und -händlers, der sich würdig in die Reihe Münchmeyer-Spemann- Fehsenfeld einreiht; - den letztgenannten bezeichnete May um diese Zeit aufgrund seines idealistischen Eifers gern als Hamster. - Ein Verlegerporträt bildet vielleicht auch den Realitätshintergrund der verschlüsselten Symbolerzählung ›Abdahn Effendi‹, nämlich das Adalbert Fischers, dessen Tod (7. 4. 1907) - ebenso vielleicht - den Anstoß zu der vielschichtigen Novelle gab. Dieter Sudhoff hat sich der Deutung der symbolischen und allegorischen Schichten mit großer Genauigkeit angenommen, und es steht zu hoffen, daß seine Arbeit eine lebhafte weitere Beschäftigung mit diesem bisher immer vernachlässigten Spätwerk Karl Mays einleitet. Die Arbeit der Karl-May-Gesellschaft ist sehr umfangreich geworden: das zeigt Erich Heinemanns traditioneller Rückblick. Aber wenn es zuweilen schon schwerfällt, über alle in den letzten vierzehn Jahren erschienenen Untersuchungen die Übersicht zu behalten, so muß man dem ebenfalls schon traditionell gewordenen Literaturbericht von Helmut Schmiedt doppelt dankbar sein, daß er die außerhalb der Gesellschaft mit May befaßten Publikationen überblickbar festhält und, durch seine stets zuverlässigen Charakterisierungen und Urteile, nicht selten die Mühe erspart, sie selber noch eigens zur Kenntnis zu nehmen. Denn es gibt viel Überflüssiges unter der Sonne; man muß mit seiner Lesezeit haushalten. Durchaus haushälterisch wird man etwa auf die neue Begegnung mit Klaus Jeziorkowski reagieren, dem es schon vor einigen Jahren gelungen war, in Karl May »ein Stück Vorgeschichte der deutschen Katastrophe« zu sehen, und der diesen Gedankengang inzwischen bis an die »Rampe von Auschwitz« weitergeführt hat. Dem Auffälligen solcher Einfälle wird man ein gewisses, wenn //12// auch kurz gehaltenes Staunen nicht versagen wollen; für das letzte Wort muß man sie aber darum noch nicht halten. Ähnlich ergeht es gelegentlich Richard Wagner, dessen - freilich aberwitziger - Aufsatz über ›Das Judentum in der Musik‹ unmittelbar, wenn ich die jüngste Interpretation recht verstehe, zur Einrichtung der KZs geführt hat und dessen ›Parsifal‹ eine nur mühsam als Kunstwerk getarnte Aufforderung darstellt, zu dieser Einrichtung zurückzukehren. Bei May ist es der Gnostizismus der Sitara-Parabel, durch den dieser Weg gewiesen wird: - wahrhaftig, es ist um ihn doch immer wieder Neues möglich. Man wird wohl am gerechtesten verfahren, wenn man auch solche wissenschaftlich daherkommenden Erkenntnisse mit zu den anerkannt findigen Verdrängungsprozeduren der Nachkriegsdeutschen legt, und sein Kopfschntteln ganz allgemein auf den Anblick richten, wie diese bei der Betrachtung ihrer Geschichte den Vertretern ihrer Geistesgeschichte nachträglich eine Mitwirkung zugestehen, die sie ihnen zu Lebzeiten in der Regel nicht gewähren. Wir danken allen Mitarbeitern - und in diesem Jahr besonders dem Karl-May-Verlag, Bamberg, für seine Unterstützung und die Gestattung des Abdrucks von bislang unveröffentlichten May-Texten aus file:///F|/460%20Karl%20May/Jahrbuecher/1983/007.htm[06.10.2020 07:50:11] Das dreizehnte Jahrbuch seinem Archiv. Inhaltsverzeichnis Alle Jahrbücher Titelseite KMG file:///F|/460%20Karl%20May/Jahrbuecher/1983/007.htm[06.10.2020 07:50:11] Lebius, der »Ehrenmann« (Faksimile) //13// //14// //15// //16// //17// //18// //19// //20// //21// //22// file:///F|/460%20Karl%20May/Jahrbuecher/1983/013.htm[06.10.2020 07:50:12] Lebius, der »Ehrenmann« (Faksimile) //23// //24// //25// //26// //27// //28// //29// //30// //31// file:///F|/460%20Karl%20May/Jahrbuecher/1983/013.htm[06.10.2020 07:50:12] Lebius, der »Ehrenmann« (Faksimile) //32// Inhaltsverzeichnis Alle Jahrbücher Titelseite KMG file:///F|/460%20Karl%20May/Jahrbuecher/1983/013.htm[06.10.2020 07:50:12] Lebius, der »Ehrenmann[«] //33// KARL MAY Lebius, der »Ehrenmann[«].* Es war im Jahre 1902, als ich in Südeuropa reiste. Unter den Postsachen, die mir wöchentlich aus der Heimath nachgesandt wurden, befand sich die Zuschrift eines gewissen Rudolph Lebius, welcher sich als eifriger Leser meiner Werke geberdete, mich seiner großen Bewunderung versicherte und den Wunsch äußerte, mich in Radebeul besuchen zu dürfen. Die Zuschrift strotzte und triefte förmlich von Hochachtung. lch sagte mir sofort: »Der Mann will Geld haben, und zwar sehr viel Geld!« und antwortete dem entsprechend kühl zögernd. Ich hatte richtig geurtheilt, nur allzu richtig! Am 7ten April 1904 schrieb mir derselbe Mann nach Radebeul; unter Beilegung meiner damaligen Antwort: »Sehr geehrter Herr! Schon vor 11/2 Jahren versuchte ich, mich Ihnen zu nähern, wovon die inliegende Karte ein Beweis ist. Inzwischen habe ich hier eine neue Zeitung herausgegeben, die g r o ß e n A n k l a n g f i n d e t . Können Sie mir nicht etwas für mein Blatt schreiben? Vieileicht etwas Biographisches, die Art, nach der Sie arbeiten, oder über derartige Einzelheiten, für die sich die deutsche May-Gemeinde interessirt. Ich würde Sie auch gern interviewen. M i t v o r z ü g l i c h e r V e r e h r u n g . Rudolph Lebius, Verleger und Herausgeber.« Ich erkundigte mich nach dem Manne, der nach meiner Mitarbeiterschaft begehrte, obgleich er wissen mußte, daß dieser Wunsch ein gradezu kindisch lächerlicher war. Entweder war dieser Lebius naiv und unerfahren oder schlaukalt berechnend und gefährlich, im ersteren Falle nutzlos für mich, im letzteren Falle aber mir zuwider. Was ich erfuhr, klang nicht gut. Ich wurde gewarnt. Das Blatt, welches er gegründet hatte, hieß »die Sachsenstimme« und schien sich zu einem Revolverblatt allerniedrigsten Ranges entwickeln zu wollen. Die Warnung war sehr ernst. Ich hätte sie sicher befolgt und die Person nicht zu mir gelassen, wenn nicht der Militairschriftsteller Max Dittrich, der in meinem Hause * DAinemsee ruknudn gd idee fro Ilngteenrdneent- ARerbdeaiktetino nM: adyas s iwcher ddeans teetxc-tgSeytmrebuo wl irecd aeurgse dgeembe ng.e dVreurcskctherne iBbuuncghe sni cwhu nrdicehnt ndiacrhstt eklloernri gliieeßrt,. wVuornde d dear fRüre d"aektcti.o"gne secinhgrieefbüegnte. Satz- und Anführungszeichen stehen in eckiger Klammer. Im Original einmal Unterstrichenes wird durch Sperrung hervorgehoben, mehrmals Unterstrichenes durch erweiterte Sperrung. //34// verkehrte, mir gerathen hätte, es doch zu thun. Er war der Ansicht, daß ein gefährlicher Mensch grad durch die Zurückweisung doppelt gefährlich werde. So wurde also beschlossen, Lebius kommen zu lassen, aber Max Dittrich solle von Anfang bis zum Ende gegenwärtig sein, um nöthigenfalls an ihm einen Schatz und Zeugen zu haben. Lebius erhielt also die Erlaubniß, zu kommen, und schrieb mir hierauf am 28ten April: »Vielen Dank für Ihr liebenswürdiges Schreiben. Ihrer freundlichen Einladung leiste ich natürlich gern Folge. Falls Sie mir nicht eine andere Zeit angeben, komme ich Montag den 2ten Mai 3 Uhr zu Ihnen (Abfahrt 3h 31). M i t g r o ß e r H o c h a c h t u n g u n d V e r e h r u n g . Rudolf Lebius« Er kam, Max Dittrich aber auch. Dittrich kam noch eher als Lebius und ging am Abende mit ihm fort, hat also Alles gehört, was zwischen mir und Lebius gesprochen worden ist. Es geht aus dem bisher Gesagten hervor, daß ich mich äußerst vorsichtig benahm. Ich zog mich sogar öfters in meine obere Etage zurück, um den zudringlichen Fragen des Lebius auszuweichen. Es war ja gar nicht schwer, den Mann und seine Absichten zu durchschauen. Erstens war seine ganze »Hochachtung« und »Bewunderung« für mich und meine Werke weiter nichts als künstliche Mache. Er kannte von allen 36 Bänden nur den einen Namen Winnetou und konnte keine einzige meiner Fragen nach dem Inhalte beantworten. Er hatte also keines meiner Bücher gelesen. Er kam nicht als Leser, sondern in ganz anderer Absicht zu mir. Er konnte auch nicht als Kritiker gekommen sein, denn hierzu war er zu unwissend, und die Sachsenstimme hat während der ganzen Zeit ihres Bestehens auch nicht eine einzige wirkliche, fachmännische Kritik gebracht. Es stellte sich vielmehr fast schneller als schnell heraus, daß er nur gekommen war, um mir des Geldes wegen den Revolver auf die Brust zu setzen. Zweitens war sein Benehmen theils widerlich lauernd und aushorchend, theils voller Eigenlob und Eigendünkel, theils gradezu ordinär in seiner Ausdrucksweise, wenn er von Denen sprach, denen er seine Existenz zu verdanken hatte. Das stieß ab! Er strich seine » g r o ß e n , a u ß e r o r d e n t l i c h e n E r f o l g e « als P a r t e i m a n n , als J o u r n a l i s t , als B u c h h ä n d l e r und V e r l e g e r in den sattesten Farben heraus. Er sagte, er sei auf allen diesen Gebieten ein »g a n z e r K e r l .« Er hob hervor, daß er ganz »b e s o n d e r s g r o ß e E r f a h r u n g e n« besitze, welche meinerseits das größte Vertrauen verdienten. Gradezu fürchterlich wirkte es, als er, der sich rühmte, aus der christlichen Kirche getreten und völlig ohne Glauben zu sein, in Einem fort mit seiner » B e l i e b t h e i t b e i d e n J u d e n « prahlte und von seinen » j ü d i s c h e n « Gönnern und von dem » J u d e n « Herzfeld sprach, der »g a n z a l l e i n m i t s e i n e n A n n o n c e n d i e g a n z e n D r u c k k o s t e n m e i n e s B l a t t e s d e c k t !« Für diese seine Wohlthäter hatte er nur den Ausdruck »Ju- //35// den«! Das mußte mich unbedingt verhindern, auch nur einen einzigen Pfennig für diesen undankbaren, Menschen zu riskiren. Er bat uns Beide, Dittrich und mich, Mitarbeiter der »Sachsenstimme« zu werden. Dittrich sagte zu. Ich aber lehnte selbstverständlich ab, wenn auch nicht in beleidigender Weise, denn er war doch immerhin mein Gast, sondern ich sagte, wenn ich ihm einmal etwas schreiben würde, so sei es nicht gegen Honorar, sondern umsonst. Das war höflich, aber dennoch positive Abweisung. Als Lebius mich nach dem Abendessen verließ, um mit Max Dittrich heimzukehren, hatte er von mir über meine Verhältnisse fast nichts erfahren, und nur dem Munde Dittrichs waren einige Bemerkungen entschlüpft, die dann später auf eine Art und Weise verdreht und ausgebeutet wurden, die gradezu unglaublich ist. Desto mehr aber hatte er selbst gesprochen, und zwar Dinge, die der starke Wein, den er wie Wasser trank, aus seinem Innern heraufzubefördern schien. Er war, als er ging, betrunken, und so kam es, daß er Gedanken, Ansichten und Lebensregeln offenbarte, die er bisher, wenigstens in so unvorsichtiger Weise, wohl noch keinem Menschen mitgetheilt hatte. Sein Geschäftsgrundsatz » W e r a m m e i s t e n z a h l t , d e r h a t u n s « wurde nicht nur einmal, sondern dreimal mit ganz besonderer Betonung ausgesprochen. Er sah mich dabei in jener Weise an, welche deutlicher spricht, als Worte reden können. Wenn der Herausgeber eines Revolverblattes in dieser Weise spricht, so weiß man wohl, was die Glocke geschlagen hat. Das heißt dann umgekehrt: » W e r a b e r k e i n G e l d g i e b t , d e r h a t u n s n i c h t , s o n d e r n d e m g e n a d e G o t t ! « Hierzu kam die Unbedenklichkeit, mit der er nicht nur sein religiöses, sondern auch sein politisches und soziales Bekenntniß an den Mann brachte. Offenbar glaubte er, uns durch die absolute Wurstigkeit, deren er sich in allen diesen Dingen rühmte, außerordentlich zu imponiren. Die Religion war für ihn weiter nichts als eine Idealisirung des gewöhnlichen, sozialen Heerdenverhältnisses, nämlich Hirt und Heerde, Leithammel und Schafe. Es sei Aufgabe eines jeden bedeutenden Menschen, der sich nicht mehr als Schaf betrachte, Leithammel irgend einer Heerde zu werden, gleichviel welcher. Gehe es bei der einen Sorte von Schafen nicht, so gehe es bei der andern; man brauche nur zu wechseln, allerdings stets mit der jeweilig nöthigen Ueberzeugung, denn das begeistere die Schafe! Er nannte das » p f i f f i g s e i n «, und sagte, daß er dieser seiner außerordentlichen » V i e l s e i t i g k e i t u n d P f i f f i g k e i t [ [«] alle seine bisherigen g r o ß e n E r f o l g e zu verdanken habe. Den Schafheerden, die man fahren wolle, imponire man ganz besonders dadurch, d a ß m a n d i e O b r i g k e i t , d i e B e a m t e n u n d ü b e r h a u p t a l l e A n g e s t e l l t e n i n d e n S a c k b e k o m m e . Das sei sehr leicht. J e d e r v o n a l l e n d i e s e n L e u- //36// t e n h a b e W e r g a m R o c k e n . Man braucht nur aufzupassen. Man forscht heimlich nach, was jeder Einzelne für verborgene Sünden und Fehler zu verstecken hat. Dadurch bekommt man ihn in die Hand. Man bringt es in das Blatt, aber so, daß es keine directe Drohung ist, und doch von ihm und allen Lesern verstanden wird. Dann hat man ihn fest; dann muß er, wie man will. Auf diese Weise komme man in den Ruf eines » t ü c h t i g e n K e r l s «; man werde gefürchtet; man regiere, und man könne hierdurch Alles erreichen, was man wolle. » A b e r n u r w e r G e l d h a t , k a n n d a s e r r e i c h e n , u n d n u r w e r G e l d h a t , k a n n s i c h e i n e n e i g e n e n W i l l e n u n d e i n e e i g e n e M e i n u n g g e s t a t t e n . L e i d e r h a b e n w i r J o u r n a l i s t e n u n d R e d a c t e u r e m e i s t k e i n e s . D a r u m s i n d w i r g e z w u n g e n , g e g e n u n s e r e U e b e r z e u g u n g z u h a n d e l n u n d z u s c h r e i b e n u n d n u r D e n e n z u d i e n e n , v o n d e n e n w i r G e l d b e k o m m e n . D a r u m w i e d e r h o l e i c h : W e r a m m e i s t e n z a h l t , d e r h a t u n s ! « Dieser Cynismus empörte mich dermaßen, daß ich von meinem Platze aufsprang und in mein Arbeitszimmer ging, um mich zu beruhigen und diese Reden genau zu notiren. Max Dittrich aber sagte ihm ganz offen in das Gesicht: »So etwas ist mir fremd; so etwas kenne ich nicht. Ich habe es immer f ü r e i n e S c h a n d e g e h a l t e n , nach Geld zu zielen und dabei meine Ueberzeugung zu verschachern. Wenn Ihr jüngern Journalisten von dieser Sorte seid, da bin ich froh, daß ich mich noch unters alte, gute Eisen rechnen darf!« Man kann sich denken, daß ich aufathmete, als dieser Sucher nach einer gläubigen »Lämmerheerde«, deren »Leithammel« er werden könne, mein Haus verlassen hatte. Ich nahm mir vor, mit diesem Manne nie wieder zu sprechen. Für mich war er abgethan, und zwar für immer, wie ich glaubte. Leider aber täuschte ich mich da. Schon gleich am nächsten Tage schrieb er mir folgenden Brief: »Indem ich Ihnen herzlich für den freundlichen Empfang und die erwiesene Gastfreundschaft danke, bitte ich Sie, wenn Sie die Kunstausstellung besuchen oder sonst einmal nach Dresden kommen, bei uns zu Mittag zu essen oder den Kaffee einnehmen zu wollen. In einem Punkte muß ich unser jetziges Abkommen widerrufen. Ihre u n e n t g e l t l i c h e Mitarbeit kann ich nicht annehmen. Wir zahlen 10 Pfennige für die Zeile, was wohl derselbe Preis sein wird, den Sie auch von andern Blättern erhalten haben. Was Sie mir gestern erzählt haben, habe ich heute noch einmal überdacht. Es will mir scheinen, als ob trotz des kolossalen Absatzes Ihrer Werke der Umsatz noch erheblich gesteigert werden könnte. Meine B u c h h ä n d l e r - u n d V e r l e g e r e r f a h r u n g e n haben mich gelehrt, daß der Werth einer richtig geleiteten Propaganda und discreten Reclame gar nicht überschätzt werden kann. Meine Frau und ich empfehlen //37// sich Ihrer werthen Frau Gemahlin und Ihnen i n V e r e h r u n g u n d D a n k b a r k e i t ergebenst Rudolf Lebius.« Als ich diese Zeilen las, sah ich, daß der Revolver, der mir auf die Brust gesetzt werden sollte, schon geladen wurde. Es versteht sich ganz von selbst, d a ß i c h n i c h t a n t w o r t e t e . Aber das nützte nichts. Max Dittrich schrieb damals eine Brochure über mich und meine Werke. Er war so unvorsichtig, das Manuskript Lebius zu zeigen. Dieser kam sofort nach Radebeul, um mich zu bitten, mich bei Dittrich dafür zu verwenden, daß dieser ihm das Werk in Verlag gebe. Er wurde von meiner Frau empfangen. Ich ließ ihm sagen, ich habe keine Zeit. Er war aber nicht fortzubringen, und so ging ich auf Bitten meiner Frau in das Empfangszimmer hinab, um ihn kurz abzufertigen. Ich sagte, daß ich es ablehnen müsse, ihn Max Dittrich als Verleger zu empfehlen; die Sache gehe mich gar nichts an, denn Dittrich sei der Verfasser, nicht aber ich. Er begehrte, die Photographie von mir zu sehen, welche Dittrich für seine Brochure zu haben wünschte; sie wurde ihm von meiner Frau gezeigt. Als er sah, wie unnahbar und abweisend ich mich verhielt, versuchte er, sich dadurch bei mir einzuschmeicheln, daß er mir die Namen derjenigen national-sozialen Herren nannte, die feindlich über mich sprachen. Er verrieth mir sogar wörtlich genau, was sie über mich geäußert hatten. Besonders versuchte er, mich gegen den hochverdienten und rühmlichst bekannten Arzt Dr. Hänel aufzubringen, den er als hervorragendes Parteimitglied und als einen Mitarbeiter seines Blattes bezeichnete. Dieses sein Blatt, die »Sachsenstimme«, war das Organ der national-sozialen Partei, von welcher Lebius in sehr umfassender Weise unterstützt wurde. Er hatte ihr viel, wenn nicht Alles zu verdanken. Und nun dieser Verrath, dieser Vertrauensbruch, dieses Doppelspiel, nur um mich für sich zu gewinnen! Ich überlasse es Andern, das richtige Wort hierfür zu suchen, war aber so empört hierüber, daß ich ihn schleunigst zur Thür hinauscomplimentirte. Als er fort war, bemerkten wir, daß die Photographie fehlte. Er hatte sie ohne unser Wissen eingesteckt, wahrscheinlich um sie Max Dittrich als Legitimation zu präsentiren, daß ich wünsche, er möge die Brochure verlegen. Ich theilte Dittrich augenblicklich den Sachferhalt mit, forderte ihn auf, sich die Photographie herausgeben zu lassen, und erklärte ihm, daß ich nie mehr mit ihm verkehren würde, falls er diesem Lebius die Brochure überlasse. Das ist denn auch unterblieben. Aber man bemerke, wie eilig dieser Mann es hatte! Sein Besuch hatte höchstens zehn Minuten gedauert; dann war er hinausgegangen worden! Aber das hatte seine Ehre nicht im Geringsten angegriffen. Schon am nächsten Tage, am 12ten Juli 1904, schrieb er mir: »Ich möchte s e h r g e r n die Dittrichsche Brochure verlegen und wür- //38// de mir auch d i e g r ö ß t e M ü h e g e b e n , s i e z u v e r t r e i b e n . Durch den Rücktritt von der »Sachsenstimme« - offiziell scheide ich erst am 1ten October d. J. aus - bin ich aber etwas kapitalschwach geworden. W ü r d e n S i e m i r v i e l l e i c h t e i n a u f d r e i J a h r e l a u f e n d e s 5 % i g e s D a r l e h e n g e w ä h r e n ? lch zahle Ihnen die Schuld vielleicht schon in einem Jahre zurück. Als Dank dafür würde ich die Brochüre so lanziren, d a ß a l l e W e l t v o n d e m B u c h e s p r i c h t . Ich habe ja auf diesem Gebiete besonders große Erfahrung. Meine Zeitung kommt zu Stande, und zwar auf ganz solider Basis. Nun heißt es, arbeiten und zeigen, d a ß m a n e i n g a n z e r K e r l i s t u.s.w. Ihr Ihnen ergebener Rudolf Lebius.« Herr Lebius nannte hier zwar noch keine Summe, aber der Lauf des Revolvers war schon ganz deutlich und direct auf mich gerichtet. I c h a n t w o r t e t e i h m s c h o n w i e d e r n i c h t . Ich war der Ansicht, daß Jemand, der auch nur eine Spur von Ehre besitzt, auf ein solches Schweigen ganz unmöglich weiter gehen könne. Aber am 8ten August schrieb er trotzdem wieder: »Die »Sachsenstimme« ist am 4ten d. zu vortheilhaften Bedingungen an mich allein übergegangen. Ich kann jetzt schalten und walten, wie ich will. Um mich von dem Drucker etwas unabhängig zu machen, w ü r d e i c h g e r n e i n i g e t a u s e n d M a r k (3 - 6) a u f e i n h a l b e s J a h r a l s e i n D a r l e h n a u f n e h m e n . Ein Risico ist ausgeschlossen. H i n t e r m i r s t e h e n d i e j ü d i s c h e n I n s e r e n t e n f i r m e n , d i e m i c h , w i e d i e l e t z t e S a i s o n b e w i e s e n h a t , i n w e i t g e h e n d e m M a ß e u n t e r s t ü t z e n . Das Weihnachtsgeschäft bringt wieder alles ein. W ü r d e n S i e m i r d a s D a r l e h n g e w ä h r e n ? Z u G e g e n l e i s t u n g e n b i n i c h g e r n b e r e i t. D i e g r o ß e Z a h l v o n a k a d e m i s c h g e b i l d e t e n M i t a r b e i t e r n e r h e b t m e i n B l a t t ü b e r d i e M e h r z a h l d e r s ä c h s i s c h e n Z e i t u n g e n . Wir könnten außerdem d i e Artikel, auf die S i e Werth legen, an 300 oder mehr deutsche und österreichische Zeitungen versenden und den betreffenden Artikel b l a u a n s t r e i c h e n . So etwas wirkt unfehlbar. In Dresden lasse ich mein Blatt allen Wirthschaften (1760) zugehen etc. etc. etc. etc. etc. M i t v o r z ü g l i c h e r H o c h a c h t u n g Rudolf Lebius« Also, die Summe war jetzt genannt! Zwar nur drei bis sechs tausend; aber es verstand sich ganz von selbst, daß dies nur erst der Anfang war. Es sollte ja nur dazu dienen, sich »etwas« unabhängig vom Drucker zu machen. Zur »vollen« Unabhängigkeit war später noch viel mehr erforderlich. Ich erfuhr, daß Lebius schon den Offenbarungseid geleistet hatte, daß er also nichts, gar nichts besaß, daß er den Drucker nicht bezahle, daß er überhaupt Schulden habe, daß er sogar auch Honorare //39// schuldig bleibe! Und das nannte er »ein Risico ist ausgeschlossen« und »daß man ein ganzer Kerl ist«!Die günstige Darstellung seiner Lage, die Behauptung von der »Großen Zahl seiner akademisch gebildeten Mitarbeiter« und von den 1760 Dresdener Wirthschaften u.s.w. gehört unbedingt vor den Staatsanwalt! Hier an dieser Stelle mache ich nur auf das aufmerksam, was er alles für mich thun wolle, falls er Geld von mir erhielt! I c h a n t w o r t e t e a b e r m a l s n i c h t ! Da schrieb er am 15ten August an Max Dittrich: »Werther Herr Dittrich! Ich gebe Ihnen für die Vermittelung e i n Prozent. M e h r a l s 1 0 , 0 0 0 M a r k b r a u c h e i c h n i c h t . Ich würde aber auch mit weniger fürlieb nehmen. Das Honorar sende ich am 20ten, wie verabredet. Könnten Sie nicht Dr. May bearbeiten, daß er mir Geld giebt? Freundlichen Gruß. R. Lebius« Dann am 27ten August: »Werther Herr Dittrich! Meine Frau kommt am 1. Septbr. zu Herrn Dr. Klenke, einen kleinen Betrag kassiren. Bei dieser Gelegenheit giebt sie Ihnen Ihr Honorar. Sie haben meine schriftliche Zusage, daß ich Ihnen 1 Prozent von dem Gelde gebe, welches Sie mir von H. V. oder Dr. M (May) vermitteln. Sie erhalten das Geld sofort etc. etc. etc. Freundlichen Gruß. Lebius.« Also, kaum hatte er 3 b i s 6 t a u s e n d verlangt, so waren es nur eine Woche später schon z e h n t a u s e n d ! Wenn er hinzufügte, daß er auch mit weniger fürlieb nehmen würde, so hieß dies doch nur, daß er überhaupt m i t A l l e m fürlieb nehmen müsse, was er bekommen könne. Dabei stand er sich so, daß er Max Dittrich nicht einmal die winzige Summe von 37 Mark 45 Pfennige Honorar zahlen konnte, sondern sich noch am 29ten October einen Spiegel pfänden lassen mußte, um Sicherstellung zugeben! Als Lebius weder die 10,000 Mark n o c h a u c h w i e d e r e i n e A n t w o r t von mir bekam und Dittrich vielmehr allen Ernstes sein Honorar nun endlich forderte, schrieb er diesem am 3ten September in rabiatem Tone: »Geehrter Herr Dittrich! Ich habe Herrn Dr. med. Klenke ersucht, Ihnen M. 40- zu meinen Lasten gutzuschreiben. Ihr Verhalten mir gegenüber finde ich höchst sonderbar, um nicht zu sagen, beleidigend. Achtungsvoll R. Lebius.« Also Geld hatte er nicht, aber Andere sollten für ihn bezahlen, die sich aber sehr hüteten, dies zu thun! Und dabei dieser Ton! Man beschrieb mir seine Verhältnisse als außerordentlich derangirt. Was ich da hörte, ließ mich vermuthen, daß der längst erwartete Revolverschuß nun wohl ganz sicher krachen werde. Und er krachte allerdings! Schon am 7ten September kam eine Postkarte bei mir an, die in der Nähe der Lebiusschen Wohnung aufgegeben war. Sie lautete: //40// »Werther Herr! Ein gewisser Herr Lebius, Redacteur der Sachsenstimme, erzählte einem Herrn, daß er einen Artikel gegen Sie schreibt. Ich habe es im Local gerade gehört. Es warnt Sie ein Freund vor dem Manne. B. « Nach Gutachten Sachverständiger ist diese Karte von Lebius geschrieben. Nicht nur die Handschrift, sondern auch noch Anderes spricht dafür. So z.B. die Anrede »Werther Herr« (Siehe zweimal »Werther Herr Dittrich [«]) und ebenso der Ausdruck »ein gewisser » H e r r « Lebius « Jeder Andere hätte sich wohl mit dem Namen Lebius begnügt; er selbst aber setzte »Herr« davor, um selbst in solcher Angelegenheit noch respectirt zu werden. Die Hauptsache aber ist nicht diese Karte, mit welcher nur der Hahn des Revolvers gespannt wurde. Der eigentliche Schuß fiel, d a i c h a u c h n u n n o c h n i c h t s v o n m i r h ö r e n l i e ß , am 11ten September, an welchem Tage in No 33 der Sachsenstimme ein gegen mich gerichteter Schand- und Schmähartikel unter der dreifachen Ueberschrift erschien: »Mehr Licht über Karl May. 160,000 Mark Schriftstellereinkommen. Ein berühmter Dresdener Kolportageschriftsteller.[«] Schon der dreifache Titel enthält eine dreifache Unwahrheit: Lebius wirft kein Licht, sondern nur Schmutz und Schmant über mich. Ich bin überhaupt nicht Kolportageschriftsteller. Und ich habe niemals ein Einkommen von 160,000 Mark gehabt. Er behauptet, ich selbst habe ihm das gesagt. D a s i s t a b e r n i c h t w a h r . Er will mit dieser Summe nur zum Neide stacheln! D e r g a n z e A r t i k e l s t r o t z t ü b e r h a u p t v o n a b s i c h t l i c h e n V e r d r e h u n g e n u n d d i r e c t e n U n w a h r h e i t e n . Er behauptet, er kenne mich genau; er habe öfters mit mir gesprochen, getrunken, gegessen. D a s i s t j a g a r n i c h t w a h r ! Er behauptet, meine Frau habe ihm Recht gegeben, aber nicht mir. D a s i s t g a r n i c h t w a h r ! Er behauptet, meine Frau habe gesagt, Chateaubriand sei nicht in Amerika gewesen. D a s i s t g a r n i c h t w a h r ! Er war ja dort, in den Urwäldern der lndianer! Lebius behauptet, ich lasse mir zwei Marmorbüsten für 50 60,000 Mark machen. D a s i s t g a r n i c h t w a h r ! Die eine wurde mir von meinem Freunde, Professor Sascha Schneider geschenkt, und die andere kostete bei Professor Selmar Werner nur 1300 Mark! Er nennt mich, um mich zu blamiren, kurzsichtig. A u c h d a s b i n i c h n i c h t ! Er behauptet, mein Verleger Fehsenfeld habe mit einem kleinen Papiergeschäft Bankerott gemacht. U m d i e s e U n w a h r h e i t t r e f f e n d z u b e z e i c h n e n , m a n g e l t m i r d a s p a s s e n d e W o r t ! Noch viel weniger aber weiß ich es deutlich genug zu characterisiren, daß er, um sich an Max Dittrich zu rächen, diesem öffentlich ein »schweres Rückenmarkleiden« vorwirft. Ich brau //41// che wohl nicht zu fragen, wie das eigentlich zu nennen ist! Dieser Artikel ist ca. 2 0 0 Z e i l e n lang, enthält aber trotzdem ca. 7 0 U n s a u b e r k e i t e n , ist also jedenfalls ein Meisterstack journalistischer Revolverei. Trotzdem wollte der Tiger die Maus noch gar nicht etwa verschlingen, sondern ihr vorerst nur zeigen, was er könne, wenn er wolle! Herr Lebins sprach trotz aller seiner Unwahrheiten jetzt noch von »Hochachtung« und »Bewunderung« für mich. Er wollte für uns beide die Thar noch offen lassen, für mich, ihm Geld zu geben, für sich, um es sich zu holen und dann mein Freund und weiterer Vampyr zu sein. Darum verspritzt er in den nächsten Nummern der »Sachsenstimme« nur einzelne, kleine Tropfen Giftes gegen mich. Als er aber sieht, daß ich mein sauer und ehrlich verdientes Geld trotz alledemfesthalte, läßt er in No 44 wieder einen größeren Artikel gegen mich los, der in 5 1 Z e i I e n 1 0 h e r v o r r a g e n d e U n w a h r h e i t e n e n t h ä l t . Der Artikel in No 33 enthielt in ca. 70 Unsauberkeiten volle 40 d i r e c t e U n w a h r h e i t e n . Dieses Maß, n ä m l i c h e i n e v o l l e U n w a h r h e i t a u f j e 5 Z e i I e n , die andern falschen Noten gar nicht mitgerechnet, ist geblieben, so lange und so oft Lebius gegen mich geschrieben hat! Diese Lügenhaftigkeit characterisirt sich am besten dadurch, daß er mich z. B. in No 44 als ein » g e b r e ch l i c h e s M ä n n l e i n « beschreibt, während ich doch 1 Meter 70 messe und 1 Meter 5 Brustumfang habe! Als er endlich eingesehen hat, daß es absolut kein Geld giebt, übersteigt das Maß der Unwahrheiten alles Dagewesene. Es kommt vor, daß 8 Zeilen 4 ächtblütige Unwahrheiten enthalten. Die Angriffe wachsen in das Riesige. Am Weihnachts-Heiligenabende macht er mir die Freude, mich in großen, rothen Plakatlettern in den Dresdener Schaufenstern auszuhängen. Als die traurige Rolle, die er in Dresden spielte, zu Ende ging, ließ er mich noch durch den Zeichner carikiren. Und während er dann verschwunden war und man vergeblich nach ihm suchte, um ihn wegen 2-3 Mark auspfänden zu lassen, verkaufte er seine Unwahrheiten an österreichische Blätter, um mich aus sichern Hinterhalt auch dort noch zu erdrosseln! Ich habe die hervorragendsten seiner Verleumdungen zur Strafanzeige gebracht und also fünf Jahre Zeit, sie zu verfolgen. Das soll nun nächstens geschehen. Ich habe auch staatsanwaltliche Anzeige erstattet, doch wurde aus Gründen, die nicht hierher gehören und aber inzwischen hinfällig geworden sind, die öffentliche Anklage bisher noch nicht erhoben. Es handelte sich da besonders um die Postkarte vom 7. Septbr. 1904, deren Urheberschaft Lebius ableugnet. Inzwischen ist auch da eine Wendung eingetreten, die von großer Wichtigkeit erscheint. //42// Ich war im September vorigen Jahres mit meiner Frau in Berlin. Wir erfahren zufällig, daß Lebius in der Nähe wohne und ein neues Blatt herausgebe. Wir wollten das Blatt kaufen, konnten es aber nicht bekommen. Es war »der Bund«. Ich hatte triftigen Grund, eine Frage über Max Dittrich an Lebius selbst zu richten. Ich liebe nicht Hinterlist, sondern Offenheit. Ich ging direct an ihn selbst; ich ließ ihm telephoniren. Er bestellte mich und meine Frau nach Café Bauer. Wir kamen. Er war mit seiner Frau und ihrer Schwester da, um Zeuginnen zu haben. Als er hörte, daß wir sein Blatt hatten kaufen wollen, begehrte er zornig auf und verweigerte die Auskunft über Max Dittrich. Er fragte, was ich mit seinem Blatte wolle. D a s w a r d a s b ö s e G e w i s s e n ! Er wußte, daß es, sobald ich sprechen wollte, m i t s e i n e r j e t z i g e n P o s i t i o n v o r ü b e r s e i ! Das brachte ihn in Angst. Er begann, zu drohen. Er sagte, daß es in Berlin wohl 20 Revolverblätter von dem Genre der »Dresdener Rundschau« gebe. Ich solle mich ja hüten, etwas gegen ihn zu sagen oder zu thun, sonst hole er seine alten Angriffe von Neuem hervor und lasse sie von diesen Blättern drucken; dann sei es mit mir für immer aus! Ich antwortete nicht und ging ohne alle Aufregung fort. Meiner Frau aber versprach er, ihr zu schreiben, wie er zu jenen unmenschlichen Angriffen gegen mich gekommen sei. Er hat natürlich vorgezogen, dieses Versprechen nicht zu halten. Dafür aber bekam meine Frau von der seinigen am 27. Octbr 07 folgenden Brief: »Berlin 26. 10. 07. Halleschestr. 20. Geehrte Frau May. Als Sie mir vor einem Monat im Café Bauer, wohin Sie uns eingeladen hatten, das Wort abnahmen, im Falle drohenden Ausbruches des alten Streites mich an Sie zu wenden, damit wir Frauen neues Unheil abwenden, wußte ich nicht, was Sie im Auge hatten. Jetzt weiß ich es. Ihr Mann soll als Zeuge auftreten in einer Klage meines Mannes gegen den »Vorwärts.« Er ist von dem Vorwärtsredacteur als Zeuge vorgeschlagen worden. Weder Sie noch ich haben ein Interesse daran, daß der alte Spektakel wieder losgeht. Da ich am Montag meine Eltern in Dresden besuche, wäre es mir lieb, wenn ich Sie bei dieser Gelegenheit in einer Dresdener Conditorei sprechen könnte. Mein Mann liegt seit zwei Monaten an einer Venenentzündung zu Bett. Eigentlich sollte auch er die Reise zu meinen Eltern mitmachen. Hochachtend Frau Marle Lebius. « Hierzu ist zu sagen: Nicht meine Frau hat Lebius, sondern Lebius hat meine Frau nach Café Bauer bestellt; ich wollte zu ihm nach Nicolasee, wo er wohnte, fahren; er lehnte das aber ab. Es war im September, als er mit seiner Frau und ihrer Schwester von Nicolasee nach Berlin, Café Bauer, kam. Und einen Monat späterr, im October, behauptet seine Frau, //43// daß er schon seit zwei Monaten an einer Venenentzündung zu Bette liege. Also auch hier sofort gleich wieder die o f f e n b a r s t e U n w a h r h e i t und directe Umkehrung der Thatsachen! Das scheint bei diesen Leuten habituell zu sein! Meine Frau gab folgende Antwort: »Geehrte Frau Lebius! Was ich Ihnen versprochen habe, halte ich auch. Sie sind aber im Irrthum, wenn Sie glauben, daß ich wegen Ihrer Klagesache mit Ihnen sprechen wollte. Ich hatte davon keine Ahnung. Erst durch einen hier eingegangenen Brief des Redacteurs vom »Vorwärts« erfuhr ich davon. Sie können vom Inhalte des Briefes Kenntniß nehmen, wenn Sie hier sind. Heut kann ich Ihnen auch offen sagen, was mich zu jenem Zusammentreffen veranlaßte. In erster Linie war es wegen Dittrich, in zweiter aber lag mir daran, in der Sache Fischer reinen Wein eingeschenkt zu erhalten. Was ich da wissen wollte, hat sich in der Zwischenzeit so ziemlich erledigt. Frau Fischer hat 14 Tage vor ihrem Tode eine Erklärung durch ihre Bevollmächtigten abgeben lassen, die alles weitere Forschen in dieser Sache erledigen. Wie furchtbar hat die Hand Gottes im Lager unserer bitterster Feinde gewüthet! Fischer und auch dessen Frau sind eines sehr schweren Todes gestorben. Es thut mir leid, obgleich diese Menschen schlimmer als Bestien an uns gehandelt haben. Durch diese Leute kam ja zu viel Leid über uns. Sie wissen ja am besten, wie auch Ihr Gatte als Werkzeug der Münchmeyer-Fischer gehandelt hat. Ich mache Ihnen keinen Vorwurf, bin Ihnen auch nicht böse. Weshalb also wollen wir uns an einen dritten Ort treffen? Kommen Sie ruhig zu mir. Ich werde jederzeit für Sie da sein, wenn Sie mir eine passende Zeit zuvor bestimmen.« Hierauf kam am nächsten Tag die Antwort: »Berlin 26. 10. 07. 20 Hallestr. Geehrte Frau May. Ich werde Dienstag Nachmittags 1/2 4 Uhr in der Bahnhofswirthschaft Radebeul Sie erwarten. Warum sollen wir nicht versuchen, ob eine Einigung und Verständigung möglich ist! Hochachtend Frau Marle Lebius.« Als ich das las, fragte ich mich: Wozu eine Einigung oder Verständigung in einer Eides und Zeugensache? Ich habe die Wahrheit zu sagen, weiter nichts. D i e P a r t e i , w e l c h e m i r d a z u m u t h e t , m i c h v o r h e r m i t i h r z u e i n i g e n r e s p . z u v e r s t ä n d i g e n , kann doch unmöglich auf gesetzlichem, auf rechtlichem Fuße stehen! Sie hat kein gutes Gewissen! Und warum die Zusammenkunft wieder in einer Kneipe, nicht in meiner Wohnung, wie es sich doch schickt? Ich wollte meine Frau partout nicht gehen lassen; aber sie meinte, die Sache könne wichtig sein, und so stimmte ich endlich zu. Die Zusammenkunft fand zu der angegebenen Zeit am angegebenen Orte statt. Es handelte sich, wie sich sofort herausstellte, um e i n e Z e u g e n b e e i n f l u s s u n g m i t t e l s t s t a r k e r B e d r o h u n g . //44// Frau Lebius sagte, ihr Mann sei sehr krank und könne sich gar nicht bewegen. Daß sie ihn in diesem Zustande liegen ließ, um durch meine Frau auf mich einzuwirken, zeugt von der Größe der vorhandenen Furcht und Angst. Er hatte sie scharf instruirt, ihr sogar Mancherlei aufgeschrieben, was sie meiner Frau vorzulesen hatte, aber n i c h t a u s d e n H ä n d e n g a b . Es war etwas aus den Akten, aus der Anklageschrift. Es bezog sich auf die Postkarte, deren Urheberschaft von Lebius abgeleugnet, von den Sachverständigen aber behauptet wird. Frau Lebius war von ihrem Manne offenbar angewiesen, meiner Frau den Wortlaut dessen, was und wie ich auszusagen hatte, zu übermitteln und, falls dies nicht von Erfolg sei, ihr zu drohen. Ich solle als Zeuge aussagen, daß ich zwar früher Lebius für den Verfasser der Karte gehalten habe, inzwischen aber zu der Ueberzeugung gekommen sei, daß diese meine Ansicht auf Irrthum beruhe. Meine Frau wies das sofort und energisch von sich. Sie sagte: »Das ist ja gar nicht wahr! Wir können doch nicht lügen! Wir sind genau noch ebenso fest wie früher überzeugt, daß die Karte von Ihrem Manne stammt. Das werden wir sagen, etwas Anderes nicht[.]« Da gerieth Frau Lebius in Angst und Aufregung. Sie stieß die Drohung aus, daß ihr Mann, wenn wir in dieser Weise aussagten, ganz unbedingt gezwungen sei, die alten Angriffe gegen mich zu erneuern, und was dann daraus folge, das wüßten wir genau! Frau Lebius hatte ihre Schwester mit, aus berechnender Vorsicht, jedenfalls. Sie war so wüthend über den Bescheid, den sie von meiner Frau erhielt, daß sie von dieser ihrer Schwester gewarnt werden mußte, sich in so auffälliger Weise aufzuregen. Nun, da der verzweifelte Schritt mißlungen war, kam man zu der Einsicht, was Lebius für ein Wagniß unternommen hatte und was von ihm auf das Spiel gesetzt worden war, als er seine Frau von Berlin nach Radebeul sandte, um von mir eine ihm günstige Zeugenaussage z u e r z w i n g e n ! Zu gleicher Zeit mit dem Beleidigungsprozeß Lebius-»Vorwärts« in Berlin geht ein Beleidigungsprozeß Lebius-»Arbeiterzeitung« in Dresden. Ich bin auch für den letzteren als Zeuge angegeben. Genau eine Woche vor dem betreffenden Termin in Dresden erschien im Verlage von Hermann Walther in Berlin unter dem Titel* »Karl May, ein Verderber der deutschen Jugend von F. W. Kahl - - - Basel« * Der Streitfall um die von Lebius verfaßte und unter dem Namen F. W. Kahl veröffentlichte Broschüre ›Karl May ein Verderber der deutschen Jugend‹ wurde von Hainer Plaul ausführlich dokumentiert im Jb-KMG 1974, S. 195-236. Für interessierte Forscher ließ Plaul damals auch einen (inzwischen vergriffenen) Reprint der ›Kahl-Broschüre‹ herstellen. (Anm. d. Redaktion) //45// ein zwanzigseitiges Machwerk, welches mit einem notorischen Aufsatze von Lebius beginnt und derart von spezifisch Lebius'schen Verdrehungen und Unwahrheiten strotzt, daß eben nur Herr Lebius der Verfasser sein kann, F. W. Kahl in Basel aber ein Pseudonym oder Strohmann ist, den man in die Schweiz versetzt hat, um mir die Strafverfolgung zu erschweren. Sollte es sich herausstellen, daß ich richtig vermuthe, daß also Lebius der Verfasser resp. der intellectuelle Urheber dieses scheußlichen Pamphletes ist, so hat er eben begonnen, d i e D r o h u n g s e i n e r F r a u g e g e n m e i n e F r a u w a h r z u m a c h e n , » d i e a l t e n A n g r i f f e g e g e n m i c h z u e r n e u e r n , u n d w a s d a n n d a r a u s f o l g t , d a s w i s s e n w i r g e n a u ! « Er vergleicht mich mit Manolescu*. Das ist so unmenschlich niederträchtig, so höllisch und so teuflisch, daß ich keine Worte mehr finde. Ich schweige! Karl May. * Georges Manolescu (1871-1908), Gentleman-Gauner und notorischer Juwelendieb, wurde bekannt durch seine erstmals 1905 erschienenen ›Memoiren; mit den Titeln ›Ein Fürst der Diebe‹ und ›Gescheitert‹ (später auch u. d. T. ›Der Meisterdieb‹) beide Bände sind im Archiv der Karl-May-Gesellschafl vorhanden. Ausführliche Informationen zu Manolescu finden sich bei Werner G. Schmidtke ›Georges Manolescu - ein Gauner als Held‹. Edition Corsar, Braunschweig 1982. (Anm. d. Redaktion) //46// Z e u g e n a u s s a g e f ü r K l a r a M a y (Im Manuskript ohne Überschrift) file:///F|/460%20Karl%20May/Jahrbuecher/1983/033.htm[06.10.2020 07:50:12]

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