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Islam und Bildung: Auf dem Weg zur Selbstverständlichkeit PDF

266 Pages·2018·4.902 MB·German
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Heiner Barz Klaus Spenlen Hrsg. Islam und Bildung Auf dem Weg zur Selbstverständlichkeit Islam und Bildung Heiner Barz · Klaus Spenlen (Hrsg.) Islam und Bildung Auf dem Weg zur Selbstverständlichkeit Herausgeber Heiner Barz Klaus Spenlen Düsseldorf, Deutschland Düsseldorf, Deutschland ISBN 978-3-658-15014-3 ISBN 978-3-658-15015-0 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-15015-0 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2018 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Lektorat: Stefanie Laux Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Cem Özdemir Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Heiner Barz und Klaus Spenlen Gelebter Islam – Deutungskonkurrenzen und alltägliche Glaubenspraxis . . . . 5 Heiner Barz Muslim Girls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Sineb El Masrar Islamischer Religionsunterricht . Status Quo und Perspektiven . . . . . . . . . . . . . 35 Klaus Spenlen Die Bildungsinitiativen der Gülen-Bewegung in Deutschland . Sozialwissenschaftliche Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Thomas Geier und Magnus Frank Interreligiöser Dialog in der Kritik . Zugleich: Auseinandersetzung mit den EZW-Texten 238 zur Gülen-Bewegung (Hizmet) . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Uwe Gerrens Zur Kritik des Fundamentalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Peter Tepe V VI Inhalt Islamistischer Pop? Schlaglichter auf einen deutschen Skandalisierungsdiskurs im Gangstarap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Marc Dietrich und Martin Seeliger Vom Klassenzimmer in den Heiligen Krieg . Warum Jugendliche islamistische Fundamentalisten werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Lamya Kaddor Muslime in Düsseldorf – starke und verlässliche Kooperationspartner im Netzwerk für Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Dirk Sauerborn Religiöse Konflikte in multikulturellen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Klaus Spenlen Debatte über Beschneidungen – Triumph des Vulgärrationalismus . . . . . . . . 193 Navid Kermani Beschneidung in Deutschland . Eine Zwischenbilanz aus ärztlicher Sicht . . . . 199 Matthias Franz Ist der Islam mit europäischen Werten und Lebensweisen vereinbar? . . . . . . 219 Klaus Spenlen Islam und Bildung . Bemerkungen zu einem ambivalenten Verhältnis . . . . . . 241 Heiner Barz Über die Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Vorwort Cem Özdemir Als ich zur Grundschule ging, gab es in meiner ersten Klasse einen weiteren Schü- ler nicht-deutscher Herkunft . Heute hingegen hat fast jeder dritte Schulanfänger in Deutschland eine Einwanderungsgeschichte . Viele von ihnen, nicht selten mit deutschem Pass, haben einen muslimisch geprägten Hintergrund . Das sagt uns zwar noch nichts darüber, welche Rolle der Islam im Leben dieser Kinder und ihrer Familien tatsächlich spielt . Doch wenn man unvoreingenommen in die Klassenzimmer der Republik schaut, dann erscheint die hitzig diskutierte Frage, ob der Islam nun zu Deutschland gehört oder nicht, lebensfern . Genau das ist der vorliegende Band nicht . Denn die Herausgeber und Autoren packen Fragen an, auf die wir in der gesellschaftspolitischen Debatte über die Integration des Islam in Deutschland Antworten brauchen . Ich verstehe Integration als eine Aufgabe, die von allen eine Bereitschaft zur Veränderung verlangt . Wenn Menschen verschiedener Herkunft, Religion und Kultur in einer offenen Gesellschaft zusammenleben, sind Konflikte und Irritatio- nen eher die Regel als die Ausnahme . Entscheidend ist für mich, dass wir zivilisiert damit umgehen, uns dabei stets auf einem gemeinsamen Fundament bewegen und dies auch von allen einfordern, gleich ob hier geboren oder eingewandert . Mit einem Blick in unser Grundgesetz werden natürlich nicht alle moralischen Fragen gleichsam automatisch beantwortet . Doch ist es die Grundlage unseres Zusammenlebens in Freiheit . Es reicht aber nicht aus, bloß auf das Grundgesetz zu verweisen . Denn seine Akzeptanz lebt von Voraussetzungen, die wir als Gesellschaft aktiv schaffen müssen . Genau dabei spielt Bildung eine herausragende Rolle . Die Schule ist ein Ort, wo die Vielfalt an sozialen Herkünften, Weltanschauungen und Glaubensrichtungen der bei uns lebenden Menschen zusammenkommt . Das stellt die Lehrerinnen und Lehrer vor pädagogische Herausforderungen . Deshalb sollten wir den Mut haben, gerade Kitas und Schulen in Stadtteilen mit vielen benachteiligten Menschen be- VII VIII Cem Özdemir sonders gut auszustatten . Nur so schaffen wir es, dass alle Kinder eine faire Chance bekommen, etwas aus ihren Talenten machen zu können – und das ist nicht nur ein moralisches Gebot, sondern auch im Interesse einer Gesellschaft, die ihren Wohlstand bewahren möchte . Hinzu kommt, dass viele derjenigen muslimischen Jugendlichen, die zu re- ligiös-extremen Positionen neigen, geprägt sind von einer „Folklore religiösen Halbwissens“ . Diese Erkenntnis verdanken wir der muslimischen Religionspä- dagogin Lamya Kaddor, eine der Autorinnen dieses Bandes . Doch das Wissen über die islamische Religion und ein demokratisches Islamverständnis können bedeutende Bausteine für die Prävention gegenüber einem religiösen Extremismus sein . Es ist daher wichtig, dass auch muslimische Schüler sich mit ihrer Religion in einem bekenntnisorientierten Schulfach auseinandersetzen können . Es geht darum, dass sie sich die Lerninhalte in einem freien Diskurs aneignen und kritisch hinterfragen können . Unser Grundgesetz bietet Religionsgemeinschaften an, hierfür in ein Koope- rationsverhältnis einzutreten . Bevor mit einer solchen umfassenden und dauer- haften Zusammenarbeit begonnen werden kann, stellt unsere Verfassung gewisse Anforderungen, da etwa mit Blick auf die Ausbildung und die Anstellung von Religionslehrern mithilfe des Staates eine umfassende Infrastruktur aufgebaut werden muss . Allerdings erfüllen die vier großen muslimischen Verbände aus meiner Sicht derzeit nicht die Voraussetzungen an eine Religionsgemeinschaft, um ein solches Kooperationsverhältnis zu begründen . Dabei geht es beispielsweise um die fehlende Bekenntnisförmigkeit der Verbände, aber auch um die Schwierig- keit der Verbände und der Moscheegemeinden, klar darzulegen, wer tatsächlich von ihnen als Mitglieder vertreten wird . Hinzu kommt, dass mitunter auch ein Islamverständnis vermittelt wird, dass der Integration in unsere demokratische Gemeinschaft entgegensteht . Daher halte ich auf dem Weg zur Herausbildung muslimischer Religionsge- meinschaften pragmatische Zwischenlösungen für wichtig, wie sie heute schon in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg umgesetzt werden . Dort wurde ein Beirat installiert, der dem Staat als Ansprechpartner bei der Organisation des gewünschten islamischen Religionsunterrichts dient . In diesen Beiräten finden neben den islamischen Verbänden auch unabhängige Muslime Gehör, die immerhin die Mehrheit der Muslime in Deutschland darstellen . Doch Bildung und Erziehung zur Demokratie ist nicht nur Aufgabe der Schulen . Wer verhindern will, dass junge Menschen sich von unserer Gesellschaft abwenden oder diese gar ablehnen, der muss sie stark machen und aktiv für die Werte und die Chancen unserer offenen und demokratischen Gesellschaft begeistern . Heran- wachsende mit familiären Einwanderungsgeschichten sollten erleben, dass sie mit Vorwort IX ihrer Biographie und ihrer Identität dazugehören . Der Wunsch nach Anerkennung, Wertschätzung und Zugehörigkeit ist nicht nur gerechtfertigt – in ihm steckt auch eine große Chance . Wer sinnvolle Bildungs- und Präventionsarbeit leisten will, muss hier ansetzen . Dazu gehört für mich auch, dass wir die emotional empfun- dene Verbundenheit fördern und unmissverständlich klarmachen, dass Muslime dazugehören . Das beinhaltet auch, dass muslimisch geprägte Kultur, Geschichte und Identität eine gleichberechtigte Rolle spielt etwa bei Freizeitangeboten und der Jugendsozialarbeit . Relevant ist schließlich auch der Aufbau einer muslimischen Wohlfahrtspflege und Seelsorge . Aber auch hier gilt: Das alles funktioniert nur beidseits . So stehen meiner Mei- nung nach auch die islamischen Verbände und Moscheegemeinden in der Pflicht, sich selbst zu prüfen . Sind unsere Gemeinden und die Imame wirklich imstande, muslimische Jugendliche adäquat anzusprechen, an die Lebenswelt der Jugendlichen anzuknüpfen und die Zugehörigkeit zu unserer Gesellschaft zu fördern? Sind sie auch in der Lage, Radikalisierungstendenzen frühzeitig zu erkennen? Diese Fragen zu stellen ist nicht anmaßend . Genau hinzuschauen und auf etwaige Probleme oder Hindernisse für eine gedeihliche Zusammenarbeit hinzuweisen, ist nicht ausgren- zend . Zumindest solange nicht, wie der Kompass stimmt . Das Ziel ist Integration und Gleichstellung . Den Weg weist uns das Grundgesetz . Meine Erwartungen an die islamischen Verbände sind dabei nicht größer oder kleiner als meine Erwartungen an andere Glaubensgemeinschaften . Warum sollte es hier unterschiedliche Maßstäbe geben? Von allen religiösen Gemeinschaften, die in Kooperation mit dem Staat sind oder stehen wollen, darf verlangt werden, dass sie die positive und negative Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung von Frauen und Männern sowie demokratische Willensbildungsprozesse anerkennen und achten . Muslimische Gemeinschaften in Deutschland sollten gleichberechtigte Dialogpartnerinnen bei der Erörterung gesellschaftlicher Fragen werden, ähnlich wie es heute die christlichen Kirchen oder der Zentralrat der Juden sind . Es wäre aus meiner Sicht ein Gewinn, wenn in zentralen gesellschaftlichen Debatten, bei ökologischen und sozialen Fragen künftig immer auch gleichberechtigt und glaubwürdig die Stimme muslimischer Religionsgemeinschaften gehört würden . IX Einleitung Heiner Barz und Klaus Spenlen Wahrscheinlich ist in den letzten Jahren über keine Religion so viel gesprochen und gestritten worden, wie über den Islam . Neben Stichworten wie islamistischer Terror, Salafismus und Scharia, Frauenrolle und Kopftuch, Beschneidung und Kinderehe, ist es auch immer wieder die Frage, ob dem Islam eine Art struktureller Vernachlässigung oder sogar Feindschaft gegenüber Bildung und Wissenschaft inhärent sei . Der vorliegende Band greift diese Themen auf . Er ging aus einer von den Herausgebern konzipierten Vortragsreihe an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hervor, die in Zusammenarbeit mit dem Haus der Universität in der Stadt, der Evangelischen Stadtakademie Düsseldorf sowie dem Institut für Interna- tionale Kommunikation (IIK e .V ., Düsseldorf und Berlin) realisiert wurde . Ergänzt wurden die unter dem Reihentitel „Herausforderung Islam – Sozialwissenschaftliche Perspektiven“ gehaltenen und verschriftlichten Vorträge für diese Publikation um einige weitere wichtige Facetten der aktuellen Debatte, für die wir ausgewiesene Islamkenner gewinnen konnten . Man kann zwar mit guten Gründen behaupten, der Islam sei eine Weltreligion wie die anderen großen Religionen, Christentum, Judentum, Buddhismus, Hin- duismus, auch . Allerdings stellt sich die gegenwärtige gesellschaftliche Situation doch in Bezug auf den Islam gerade in den westeuropäischen Gesellschaften als eine besondere dar . Es gibt zum Beispiel die Behauptung, demokratiefeindliche, gewalttätige Islamisten offenbarten den wahren Charakter des Islam; Europa müsse sich aus dem Würgegriff einer gewaltaffinen Religion befreien und den Islam „ein- dämmen“ . Auf der anderen Seite betonen viele Muslime, dass das, was Islamisten predigen und praktizieren, nichts mit „dem Islam“ zu tun hätte; die mit gewalttä- tigen Koran-Zitaten gerechtfertigten Untaten einiger Splittergruppen würden das Bild einer im Ganzen friedlichen Religion verzerren und den Islam missbrauchen . Wie aber ist die schweigende Mehrheit der Muslime einzuschätzen? Dass sie ihren 1 © Springer Fachmedien Wiesbaden 2018 H. Barz und K. Spenlen (Hrsg.), Islam und Bildung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-15015-0_1

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