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Interkulturelle Pädagogik und Sprachliche Bildung: Herausforderungen für die Lehrerbildung PDF

218 Pages·2012·2.155 MB·German
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Interkulturelle Pädagogik und Sprachliche Bildung Sara Fürstenau Interkulturelle Pädagogik und Sprachliche Bildung Herausforderungen für die Lehrerbildung Herausgeberin SaraFürstenau FB06,InstitutfürErziehungswissenschaft WestfälischeWilhelms-Universität Münster Münster Deutschland ISBN978-3-531-17937-7 ISBN978-3-531-18785-3(eBook) DOI10.1007/978-3-531-18785-3 DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNationalbi- bliografie;detailliertebibliografischeDatensindimInternetüberhttp://dnb.d-nb.deabruf- bar. SpringerVS ©VSVerlagfürSozialwissenschaften|SpringerFachmedienWiesbaden2012 DiesesWerkeinschließlichallerseinerTeileisturheberrechtlichgeschützt.JedeVerwertung, dienichtausdrücklichvomUrheberrechtsgesetzzugelassenist,bedarf dervorherigenZu- stimmungdesVerlags.DasgiltinsbesonderefürVervielfältigungen,Bearbeitungen,Über- setzungen,MikroverfilmungenunddieEinspeicherungundVerarbeitunginelektronischen Systemen. DieWiedergabevonGebrauchsnamen,Handelsnamen,Warenbezeichnungenusw.indiesem WerkberechtigtauchohnebesondereKennzeichnungnichtzuderAnnahme,dasssolche NamenimSinnederWarenzeichen-undMarkenschutz-Gesetzgebungalsfreizubetrachten wärenunddahervonjedermannbenutztwerdendürften. Einbandentwurf:KünkelLopkaGmbH,Heidelberg GedrucktaufsäurefreiemundchlorfreigebleichtemPapier. Springer VSisteineMarke von Springer DE. Springer DE istTeil der Fachverlagsgruppe SpringerScience+BusinessMedia www.springer-vs.de Inhaltsverzeichnis 1 GrundlagenundEinführung: InterkulturellePädagogikundSprachlicheBildung . . . . . . . 1 HerausforderungenfürdieLehrerbildung SaraFürstenau 2 LehrerhandelnimsozialenFeldSchule . . . . . . . . . . . . . 25 BeispielefürdenUmgangvonLehrkräftenmitGeschlechtund Ethnizität KatrinHuxel 3 LehrenfüreinebunteRepublik? . . . . . . . . . . . . . . . . 41 ZurBeschäftigungvon,LehrkräftenmitundohneZuwanderungsge- schichte‘imallgemeinbildendenSchulsysteminderBundesrepublik Deutschland KatrinSpäte 4 JugendlicheBildungsaufsteiger mittürkischemMigrationshintergrund . . . . . . . . . . . . 65 JavierCarnicer 5 InklusionalsHerausforderungfürdieEntwicklung vonUnterricht,SchuleundLehrerbildung . . . . . . . . . . . 83 MareikeStellbrink 6 HeterogeneLernentwicklungeninderGrundschule: ZurKonzeptiondesSchreibunterrichts . . . . . . . . . . . . 101 TimmChristensenundMechthildDehn VI Inhaltsverzeichnis 7 Von,Schülerisch‘zuBildungssprache . . . . . . . . . . . . . 123 ÜbergängezwischenMündlichkeitundSchriftlichkeitimKonzept derDurchgängigenSprachbildung ImkeLange 8 UnterrichtsinteraktioninsprachlichheterogenenKlassen . . . . 143 DroritLengyel 9 (Hoch-)SchulischerLernortSchreibwerkstatt . . . . . . . . . . 163 TutorielleSchreibbegleitungalsInstrumentderDaZ-Förderung HeikeRoll 10 InterkulturellePädagogikimPädagogikunterricht . . . . . . . 183 JörnSchützenmeister 11 DerLiMA-MasterstudiengangMehrsprachigkeitundBildung . . 201 EineinterdisziplinärePerspektiveaufMehrsprachigkeit MonikaSchulzundIngridGogolin VerzeichnisderAutorinnenundAutoren . . . . . . . . . . . . . . 219 1 Grundlagen und Einführung: Interkulturelle Pädagogik und Sprachliche Bildung HerausforderungenfürdieLehrerbildung SaraFürstenau 1.1 InterkulturellePädagogik InterkulturellePädagogikistdieFachrichtungderErziehungswissenschaft,diesich inDeutschlandimAnschlussandieAnwerbungvonArbeitskräftenausdemAus- landseitMittedes20.JahrhundertsaufFragenderErziehungundBildungineiner durchMigrationgeprägtenGesellschaftspezialisierthat.Inzwischenbestehtinder ErziehungswissenschaftauchüberdieInterkulturellePädagogikhinauseinKonsens darüber, dass Kinder und Jugendliche in einer Gesellschaftaufwachsen, die sich durcheinePluralitätderLebensformenundkulturellenDeutungsmusterauszeich- net, welche unter anderem durch Migrationen beeinflusst sind. Gesellschaftliche PluralitätgiltalsGrundbedingunginstitutionalisierterErziehungs-undBildungs- prozesseundsomitalszentralerGegenstandderErziehungswissenschaft.Gleich- zeitig sind in den letzten Jahren auch Fragen der Bildungsgerechtigkeit, speziell im Kontext von Migration, wieder in den Mittelpunkt erziehungswissenschaftli- cherDebatten gerückt. Das istunter anderem darauf zurückzuführen, dassgroß angelegte Leistungsvergleichsstudien das Problem belegen, dessen Überwindung seitJahrzehnteneinesderHauptanliegenderInterkulturellenPädagogikdarstellt: DieBenachteiligungvonKindernundJugendlichenauseingewandertenFamilien imdeutschenBildungssystem.DieInhaltederInterkulturellenPädagogiksindalso allesanderealseinSpezialthemaamRandederErziehungswissenschaft.Dement- sprechendwirdvielfachbetont,dasseinekonsequente Berücksichtigungmigrati- onsbedingterPluralitätnuralsQuerschnittsaufgabe pädagogischenDenkensund B SaraFürstenau FB06,InstitutfürErziehungswiss.,WestfälischeWilhelms-UniversitätMünster, Georgskommende33,48143Münster,Deutschland [email protected] S.Fürstenau(Hrsg.),InterkulturellePädagogikundSprachlicheBildung, 1 DOI10.1007/978-3-531-18785-3_1, ©VSVerlagfürSozialwissenschaften|SpringerFachmedienWiesbaden2012 2 S.Fürstenau Handelnsdenkbarist(vgl.GogolinundKrüger-Potratz2010,S.134;Karakaşoğlu 2009,S.178;Roth2010,S.92). Vor diesemHintergrund sind Vertreterinnen und Vertreterder Interkulturel- lenPädagogikeinerseitsdavonüberzeugt,dassihrebesonderePerspektivefürdie erziehungswissenschaftliche Lehrerbildung grundlegend ist. Andererseits ringen undhadernsie mitdemTitel,Interkulturelle Pädagogik‘ (vgl.Hamburger 2009), weilsiedie,Kulturalisierungsfalle‘bzw.einessentialistischesKulturkonzeptlängst überwunden und ein höchst differenziertes begriffliches Repertoire entwickelt haben, um die komplexen Zusammenhänge in einer durch Pluralität und Bil- dungsungleichheit geprägtenGesellschaftzuerfassen.Esgehört inzwischenzum SelbstverständnisderInterkulturellenPädagogik,KulturundEthnizitätals,sozia- le Unterscheidungskategorien‘, ,Heterogenitätsdimensionen‘ oder ,Differenzlinien‘ nebenanderen(v.a.sozioökonomischerStatus,Religion,Sprache,Geschlecht,se- xuelleOrientierung)zubetrachtenundjeweilszufragen,welcheUnterschiedein Abhängigkeit vom sozialenKontext relevantsind und innerhalb sozialer Hierar- chien bewertet werden. Der Blick richtet sich also auf die diskursive Erzeugung vonUnterschieden,diesichinderSchuleunterspezielleninstitutionellenBedin- gungenvollzieht undbeiderunterschiedlichesozialeUnterscheidungskategorien interagieren. MarianneKrüger-Potratzbetont,dassdieAnliegenderInterkulturellenPädago- giktrotzdernurkurzenGeschichtederFachdisziplinaushistorischerPerspektive einelangeVergangenheithaben(dies.2005).AmBeispielderSchulpolitikfürdie KinderautochthonerMinderheitenimdeutschenKaiserreich(1871–1918)undin der Weimarer Republik (1918–1933) analysiert Krüger-Potratz Kontinuitäten im homogenisierendenUmgangmitdenDifferenzlinienStaatsangehörigkeit,Ethnizi- tät,SpracheundKultur,diealsTraditioninheutigenStrategiendesUmgangsmit migrationsbedingterHeterogenitätfortwirken(ebd.,S.66ff.).Erstseitkurzemwird auchdiepostkolonialeTheoriebildungmitAnsätzenderInterkulturellenPädagogik verknüpft(vgl.BaqueroTorres2009;NiedrigundYdesen2011a),wasinsbesondere für dietheoretische Diskussionüber,Kultur‘ undHerrschaftsverhältnisseweiter- führendist.GrundlegendfürdieVerknüpfungpostkolonialerTheoriebildungund InterkulturellerPädagogikisteinhistorischesVerständnisderglobalenMigrations- bewegungenalspostkolonialesPhänomen(vgl.NiedrigundYdesen2011b,S.14). WieHeikeNiedrigundChristianYdesenbetonen,istdasKonzeptdesOtheringei- nesderwirkungsvollsten Analyseinstrumente derpostkolonialen Theoriebildung (vgl.ebd.,S.15).EsbieteteinePerspektivefürdieAnalysehegemonialerDiskurse, die Prozesse der Konstruktion von ,Wir‘ und ,Nicht-Wir‘ (,Andere‘)in den Mit- telpunktrückt:DiesediskursiveKonstruktionvon,Andersheit‘erfolgtinFormbi- närerOppositionen,dieineinhierarchischesVerhältniszueinandergesetztwerden. 1 GrundlagenundEinführung:InterkulturellePädagogikundSprachlicheBildung 3 IndiesemProzessderKontrastierungwirddasdominante(nicht-andere),Eigene‘ konturiertbzw.ersthervorbracht.SoimDiskursderAufklärung,imsogenannten ,pädagogischen‘18.Jahrhundert,indemeuropäischeIntellektuelleauseiner„Whi- teEuropeanmale“Perspektiveschreiben(ebd.):IndenphilosophischenDiskursen derAufklärer markiertbeispielsweise,Weiblichkeit‘ das(emotionale, irrationale) Andereder(männlichgedachten),Vernunft‘,unddie,PrimitivitätderWilden‘fun- giertalsFoliefürdieIdeedes(europäischen),Fortschritts‘(vgl.Weigel1987).Ein Bewusstseinüberdie Wirkungskraft hegemonialer Diskurse,die machtvolle Sys- teme der Unterscheidung schaffen, gehört zu einer reflektierten Interkulturellen Pädagogik,denn:„poweris,ofcourse,atthecentreofanyeducationalsituation;(...) ineducationalcontextswherehistoricallyingrainedmajority-minority-relationsare atstake,therelevanceandmeritofapostcolonialperspectiveofanalysisisevident.“ (NiedrigundYdesen2011b,S.15). Impulse für die Interkulturelle Pädagogik bietet auch die soziologische Un- gleichheitsforschung.SieuntersuchtmitdemAnsatzdersog.Intersektionalität,in welcherWeisedieverschiedenenDimensionenvon Ungleichheitinunterschied- lichen sozialen Kontexten benachteiligend oder privilegierend wirken, um eine differenziertePerspektiveaufProzessederDiskriminierungzuentwickeln(vgl.Lutz etal.2010,S.22).DiesePerspektivekanndieKonstruktionleistungsschwacheroder -starkerMigrantengruppeninderSchuleerhellen,wasschonaufdenerstenBlickan Stereotypenz.B.übermännliche Schüler türkischerHerkunftoderenglischspra- chige Töchter internationaler Diplomaten deutlich wird. Ausgehend von einem gesellschaftstheoretischenKulturbegriff,derdiealltäglichekulturellePraxissozia- lerGruppenerfasst,berücksichtigenreflektierteInterkulturellePädagoginnenund PädagogensoziokulturelleUnterschiedeebensowieUnterschiedeindensozialen LebensweltenvonMädchenundJungenusw.undbeschäftigensichmit„Verhält- nissenvonDifferenzundDominanz“(Kalpaka2006;vgl.auchAuernheimer2007, S.73ff.). Durch eine selbstkritische Verortung in einer ,reflektierten Interkulturellen Pädagogik‘ wird die „Überwindung nationalistischer oder kulturrassistischer Ideologien“ angezeigt und zu einer „Auseinandersetzung mit den Bedingungen, Formen und Folgen von ethnischen, kulturellen und religiösen Zuschreibungen undIdentifikationensowieihrergesellschaftspolitischen,sozialenundindividuel- lenBedeutung“aufgefordert(HormelundScherr2009,S.52).Gleichzeitigwerden alternative Konzepte wie ,Diversity-Pädagogik‘ (vgl. Hormel und Scherr 2009; Nieke2010;Roth 2010)oder,Migrationspädagogik‘ (Mecheril etal.2010)in die Diskussioneingebrachtundvorallemdahingehendbefragt,obsieimSinneeiner Anti-Diskriminierungsprogrammatik als Weiterentwicklung der Interkulturellen Pädagogiksinnvollsind.Schon1987charakterisiertManfredHohmanndieInter- 4 S.Fürstenau kulturelle Pädagogik nicht nur durch einen begegnungspädagogischen, sondern auch durch einen konfliktpädagogischen Ansatz, „der sich die Beseitigung von BarrierenzumZielsetzt“.InderKonfliktpädagogik geheesum„dieBekämpfung vonAusländerfeindlichkeit,DiskriminierungundRassismus,dieBeseitigungvon EthnozentrismusundVorurteilen,aberauchdieHerstellungvonChancengleich- heit (...)“ (ders. 2005/1987, S. 34). Die ernüchternde Bilanz der andauernden deutlichen Bildungsnachteile von Kindern und Jugendlichen aus eingewander- ten Familien im deutschen Schulsystem macht deutlich, dass die Interkulturelle Pädagogik alsKonfliktpädagogik, die „gesellschaftstheoretischverankert“ istund „dasFaktum gesellschaftlicherUngleichberechtigung“ untersucht (Gogolin 1998, S.140),mehrdennjeeineHerausforderungfürdieKonzeptioninstitutionalisierter Bildung inDeutschland darstellt.Gleichzeitigstelltsicherneutdie Frage,welche KonzeptedieInterkulturellePädagogikfüreineBeseitigungvonBarrierenunddie SchaffungvonmehrBildungsgerechtigkeitimKontextvonMigrationbereithält. JahrzehntelangsindRessourceninhohemUmfangundvielpersönlicherEinsatz von Lehrerinnen und Lehrerin zusätzliche Fördermaßnahmen für ,ausländische SchülerinnenundSchüler‘,später,SchülerinnenundSchülermitMigrationshinter- grund‘oder,mitDeutschalsZweitsprache‘investiertworden,ohnedieBildungser- folgedieserGruppenindeutschenSchulendemDurchschnittanzugleichen.Spezi- elleFördermaßnahmenfürbenachteiligteSchülergruppensindoffensichtlichkaum wirksam,wenndiesprachlichenundsoziokulturellenErfahrungenderKinderund JugendlichenindiesenGruppenimRegelunterrichtundindenRegelschulen–ins- besondere in denen, die zu höheren Bildungsabschlüssen führen – weiterhin als Abweichung von derNorm gelten. In der Interkulturellen Pädagogik besteht bei allenvorhandenenkonzeptuellenUnterschiedeninzwischeneinKonsensdarüber, dassdieFachrichtungKinderundJugendlicheausMigrantenfamiliennichtmehr alsZielgruppespeziellerpädagogischerHandlungsansätzeoderschulorganisatori- scherMaßnahmenkonstruierenmöchte.DieserVorsatzistalsHerausforderungfür dieSchulpädagogikunddieSchulentwicklungfolgenreich,insbesondereinVerbin- dungmitdemZiel,institutionelleDiskriminierungzuüberwinden.Institutionelle Diskriminierungbedeutet,„dasseinGroßteilderDiskriminierungeninformalen RechtenundorganisatorischenStrukturen,Programmen,RegelnundRoutinenin zentralensozialenInstitutioneneingebettetist“(Gomolla2012,S.43).Ursachenfür dieeingeschränktenAussichtenaufBildungserfolgvonKindernundJugendlichen aus Migrantenfamilien sind demnach vor allem in den Routinen und Organisa- tionsformen derSchulenunddenStrukturendesSchulsystemszusuchen.Dabei gerateninsbesondereMechanismenderSelektionalsGrundlagefürdieÜbergänge imgegliedertenSchulsystemindenBlick.QualitativeStudienderinterkulturellen BildungsforschungenthaltenHinweisedarauf,dassderAusschlussvonSchülerin-

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