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Interkulturelle Erziehung und Pädagogik: Subjektivierung und Macht in den Ordnungen des nationalen Diskurses PDF

439 Pages·2009·1.47 MB·German
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Safiye Yıldız Interkulturelle Erziehung und Pädagogik VS RESEARCH Safiye Yıldız Interkulturelle Erziehung und Pädagogik Subjektivierung und Macht in den Ordnungen des nationalen Diskurses Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Astrid Albrecht-Heide VS RESEARCH Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Dissertation Technische Universität Berlin,2008 D83 Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Hans-Böckler-Stiftung. 1.Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH,Wiesbaden 2009 Lektorat:Christina M.Brian /Dr.Tatjana Rollnik-Manke VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werkeinschließlichallerseiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohneZustimmungdes Verlags unzulässig und strafbar.Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,Übersetzungen,Mikroverfilmungen und die Einspei- cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen,Handelsnamen,Warenbezeichnungen usw.in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung:KünkelLopka Medienentwicklung,Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-16396-3 Geleitwort Safiye Y(cid:2)ld(cid:2)z hat eine in mehrfacher Hinsicht bemerkenswerte Studie vorgelegt: Die Arbeit ist explizit in die aktuelle gesellschaftspolitische und gesellschafts- theoretische Debatte eingebettet, und sie bewegt sich analytisch außerordentlich fundiert in den für das Thema zentralen Aspekten. In kenntnisreicher Auseinan- dersetzung mit dem nationalen Diskurs, der Ausländerpädagogik, dem Multikul- turalismusdiskurs und dem interkulturellen Erziehungsdiskurs arbeitet die Auto- rin den wissenspraktischen Zusammenhang von Diskurs, Macht und Subjekt heraus. Der Rekurs auf wesentliche Elemente von Foucaults Diskurstheorie und deren Varianten, vor allem denjenigen von Vertretern des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung, erweist sich in diesem Rahmen als außeror- dentlich erkenntnisproduktiv. Sie rückt die Macht- und Subjektivierungsaspekte in den Mittelpunkt und gelangt hier zu sehr differenzierten und gelegentlich in der „Diskurslandschaft“ verbreiteten Vereinfachungen souverän vermeidende Grundlagen für den interkulturellen Diskurs. Die Beleuchtung der Verstricktheit der interkulturellen Erziehungsvorstellungen mit historischen Wissensordnungen gelingt ihr durch die kritisch fundierte Re- konstruktion der ,Nation als Diskursrahmen‘. Hier geht sie der Doppeltheit von Homogenisierungs- und Heterogenisierungsstrategien auf der Ebene von Wis- sensfeldern nach, und zwar den ideologischen, sprachlichen, kulturellen und erzieherischen Komponenten. Für ihren thematischen Zusammenhang (Zusam- menleben von Menschen „verschiedener nationaler Herkünfte“) rückt sie das wichtige Zusammenspiel von Homogenisierungs- und Heterogenisierungspra- xen, durch das es möglich wird, innerhalb des homogenisierten Nationalstaates zugleich horizontale und vertikale Differenzlinien zu produzieren und zu ver- knüpfen, in den Blick. Der Rückgriff auf die „doppelte Spiegelstruktur“ der nationalen Ideologie von Althusser fügt diesen Ausführungen eine wichtige Differenzierungsebene hinzu. Sinnvollerweise analysiert sie auch die Bedeutung der Schule als Institution und Diskursort des Nationalstaates sowie die Produk- tion von biologisch und kulturalistisch rassifizierten „Anderen“. Die „Ausländerpädagogik“ gerät in diesem Rahmen als die diskursive und insti- tutionell verfestigte Fortsetzung der Herstellung kulturell „Andersartiger“ in den 5 Blick. Mit der in diesem pädagogischen Wissen vertretenen Defizithypothese, lenkt sie die Aufmerksamkeit u.a. auf die begriffliche Ausgrenzungsgeschichte der Migrantenkinder, wobei Migrantenkinder in dieser Logik zu Mängelwesen gemacht werden und damit eine Disqualifizierung der Äußerungen der so Mar- kierten einhergeht. Safiye Y(cid:2)ld(cid:2)z analysiert den Multikulturalismusdiskurs, mit dem eine Wende in dem Migrationsdiskurs markiert wird, um dessen kritische Potentiale aufzuspüren. Hierbei setzt sie sich mit den dafür wesentlichen Debattenelemen- ten auseinander, die wie etwa Kultur, kulturelle Vielfalt, Hybridität und kulturelle Differenzen, mehr und mehr als Hauptkomponenten von Gesell- schaftsanalysen und Identitätsdiskursen auftauchen. Auch wenn der Autorin erkennbar bewusst ist, dass kulturelle Pluralitätsdiskurse durchaus kritische Potentiale aufweisen, zeigt sie anhand einer Reihe von keineswegs unwichtigen, die Debatte mitbestimmenden Beispielen, dass in ihnen die gesellschaftlichen Wissen-Macht-Formationen unzureichend thematisiert werden. Interessant und wesentlich bei der Analyse des Multikulturalismusdiskurses ist der Verweis darauf, dass in dieser der Vielfalt geltenden Debatte eine Semantik vorherrscht, die ethnisch national konnotiert ist. Gerade durch die Auswahl der unter- schiedlich kontextualisierten Diskursvarianten zeigt sie, dass das „einheimische Wir“ immanent den Bezugspunkt bildet und als dessen Kontrastpunkt die Mi- grant/innen als sogenannte Fremde fungieren und somit die imaginäre Vorstellung eines „homogenen Wir“ und dessen Dominanz auf Dauer gehalten wird. Entsprechend kann sie analytische Defizite in dem verschiedentlich vertre- tenen Pluralitätsparadigma im Hinblick auf das verkürzte Politikverständnis und auf die Gefahr, dass Herrschaft und Politik enthistorisiert und entsubjektiviert in Erscheinung treten und die systemimmanente Bedingtheit von Ausgrenzungen dethematisiert werden, herausarbeiten. Von diesem Mainstream-Multikulturalismusdiskurs unterscheidet sie entspre- chend gegenhegemoniale Positionen – sowohl in der gesellschaftspolitischen Debatte als auch in wissenschaftlichen Auseinandersetzungen. Nach dieser Vorbereitung und Grundlegung wendet sich die Autorin der Analy- se interkultureller Erziehung und Pädagogik anhand ausgewählter Diskursfrag- mente zu. Besonders überzeugend ist, dass sie mit der Mehrheit der Texte sol- che gewählt hat, die durchaus (selbst)kritische Positionen in der interkulturellen Pädagogik vertreten. Ihre sehr genaue Analyse ergibt, dass kritische Positionen Widersprüche aufweisen, die insbesondere auch der Vernachlässigung histori- scher Spuren geschuldet sind. Indem sie das historisch eingelagerte „Vorwis- 6 sen“ mitbedenkt und die jeweiligen Unterscheidungslinien anhand der Katego- rien Kultur und kulturelle Differenzen daraufhin befragt, ob sie dekonstruktive Qualität aufweisen oder z. T. das rekonstruieren, was sie (vordergründig) dekonstruieren, gewinnt sie Einsichten, die über den engeren Bereich ihrer Arbeit hinausführen. So kommt sie zu dem Befund, dass „das ausländische Kind“ in seiner Subjektivität und als denkend-tätig im Kern ausgelassen wird. Durch ihre filigrane Feinarbeit zeigt sie, dass in „interkultureller Erziehung und Pädagogik“ vielmehr eine Einheitserzählung unter der Kategorie von ,kultureller Vielfalt’ fortgesetzt wird, und zwar in der Weise, dass kulturelle Vielfalt und binäre Logiken zugleich reproduziert werden. Hier ist insbesondere der Verweis auf die damit verbundenen (neuen) Heterogenisierungs- und Homogenisie- rungspraxen zentral, die u.a. darauf zurückzuführen sind, dass mit Kultur als einer Substanzkategorie operiert wird. Wie in den kategorialen Konstruktionsprozessen und im Rahmen der binären Ordnung Ausschließungsmomente aus „dem Eigenen“ wirksam werden und Migrantenkinder als die kulturell Anderen einem Prozess des Fremdgemacht- werdens („Othering“ im Sinne Spivaks) unterworfen werden, ist als Kern dieser Arbeit herausgearbeitet worden. Mit dieser Analyse kommt sie zu dem beachtli- chen Befund, dass interkulturelle Erziehungsdiskurse durch die binären Denk- strukturen und Identitätskonstruktionen zur Steigerung der Macht über Mig- rantInnen beitragen und zwar im doppelten Sinne; einerseits dadurch, dass MigrantInnen durch ihre Konstruktionen als hybride Subjekte zur neoliberalen Verwertung diskursiv hergestellt werden, andererseits durch die gleichzeitige Förderung der Bewahrung der national-kulturellen Identität. Die Autorin bündelt schließlich vor dem Hintergrund ihrer Forschungsergebnis- se und der Befunde ihrer Diskursanalyse das in diesen Diskursen herrschende zentrale epistemisch-diskursive Verfahren der Normalisierung, Naturalisierung und des Ausschlusses. Sie lenkt damit die Aufmerksamkeit auf das Forschungs- feld und die herausgearbeiteten diskursiven Ordnungen noch einmal aus einer wichtigen Metaperspektive und gelangt so zu über die Erziehungswissenschaft deutlich hinausreichenden Ergebnissen. Damit deckt Safiye Y(cid:2)ld(cid:2)z eine wichtige Lücke in der Migrations- und Integrationsforschung. Prof. Dr. Astrid Albrecht-Heide 7 Vorwort Heutzutage wird von einer „radikalen“ Wende der Gesellschaftsordnung gesprochen. Mit der Argumentation der zunehmenden Differenzierung der Gesellschaft und der Vielfalt der Lebensweisen und -stile zu neuen Zeitdiagno- sen erhoben, verschieben sich die Akzente in den Sozialwissenschaften sowie den Erziehungs- und Bildungstheorien. Zu beobachten ist, dass diese Verschie- bungen mit Einbußen und Entwertungen der für ein gleichberechtigtes Leben relevanten Inhalte einhergehen. Die Frage nach Gleichberechtigung wird auf das Kulturelle verschoben und Multikulturalität und interkulturelle Erziehung gelten geradezu als diskursive Orte der Verteidigung der kulturellen Identitäten. Insbe- sondere werden in erziehungswissenschaftlichen Postulaten Korrekturen an den „Identitäten“ der Kinder mit der Korrektur der Gesellschaft verknüpft. Doch die Frage, wem tatsächlich diese Diskurse zentriert um Kultur und Identität genützt haben und nützen, ist gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden tiefen strukturellen Ungleichheiten besonders relevant. Im Hinblick darauf hinterfragt diese Studie zentral die Funktion und Wirkungen der interkulturellen Erziehung und Pädagogik. Dabei tritt deren Beitrag zur Erzeugung von sozialen und politi- schen Ungleichheiten durch die ihnen inhärente historisch und aktuell etablierte Unterscheidungs- und Heterogenisierungspraxis zu Tage. Mit dieser kritischen Studie soll die Aufmerksamkeit auf die strukturellen Probleme gelenkt und die Perspektive gestärkt werden jenseits von Kultur und Identität über gesellschaft- liche Probleme nachzudenken, zu forschen und Lösungsansätze anzuvisieren. In diesem Sinne möchte ich an dieser Stelle meinen persönlichen Dank an die- jenigen Menschen aussprechen, die mir in der Forschungsphase durch verschie- dene Formen von Unterstützung Beistand geleistet haben. An erster Stelle gilt mein besonderer Dank Prof. Dr. Astrid Albrecht-Heide für ihre interessierte und anregende wissenschaftliche Begleitung, die besonders bereichernd war. Prof. Dr. Hajo Funke und Dr. Mechthild Hetzel danke ich für ihre bedeutungs- vollen Rückmeldungen. 9 Mein besonderer Dank gilt auch Joachim Maiworm für seine Korrekturarbeiten und für die Endredaktion. Bedanken möchte ich mich insbesondere auch bei der Hans-Böckler-Stiftung, die mich mit einem Promotionsstipendium materiell und ideell unterstützt und die zudem die Veröffentlichung dieses Buches finanziell gefördert hat. Bei den Teilnehmer/innen der Schreibwerkstatt-AG der Hans-Böckler-Stiftung bedanke ich mich für ihre wertvollen Anregungen. Mein Dank gilt auch Kerstin Mackensen, Katrin Lange und Zeynep Gündüz für ihre herzliche Hilfsbereitschaft. Ein ganz besonderer Dank gilt meiner Mutter und meinen Geschwistern, die mir während des Forschungsprozesses immer die Nächsten waren. Meiner Mutter, Güllü Y(cid:2)ld(cid:2)z, meinem früh verstorbenen Vater, Hasan H. Y(cid:2)ld(cid:2)z und meinen Nichten und Neffen widme ich dieses Buch. Safiye Y(cid:2)ld(cid:2)z 10 Inhalt 1 Einleitung...................................................................................17 2 Diskurs........................................................................................31 2.1 Die unlösbare Einheit von Diskurs und Macht.......................................35 2.2 Dispositive im Diskurs...........................................................................46 2.3 Subjektpositionierungen im Diskurs – eine Machtfrage........................48 2.3.1 Geteilte Subjektivierung...................................................................55 2.3.2 Das Subjekt ist widerständig, lebt und handelt.................................62 3 Nation als Diskursrahmen........................................................69 3.1 Die Heterogenisierungsstrategie zur Teilung der Gesellschaft in kleinere Einheiten..........................................................70 3.2 Die Homogenisierungsstrategie zur Herstellung einer fiktiven homogenen Gemeinschaft.........................................................75 3.3 Nation: Ein folgenreiches ideologisches Medium..................................77 3.3.1 Sprache als Element.........................................................................84 3.3.2 Kultur als Element............................................................................89 3.3.3 Schule als Diskursort des Nationalstaates........................................93 11

Description:
Mit einem genealogischen und diskursanalytischen Zugang zu interkulturellem Erziehungswissen arbeitet Safiye Yildiz die historische und aktuelle Verflechtung der interkulturellen Erziehungsvorstellungen mit dem nationalen Diskurs, der Ausländerpädagogik und dem Multikulturalismusdiskurs heraus. Da
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