Interaktive Lehre des Ingenieursstudiums Sabrina Romina Sorko · Wolfram Irsa Hrsg. Interaktive Lehre des Ingenieursstudiums Technische Inhalte handlungsorientiert unterrichten Hrsg. Sabrina Romina Sorko Wolfram Irsa FH JOANNEUM FH JOANNEUM Graz Hitzendorf Österreich Österreich ISBN 978-3-662-56223-9 ISBN 978-3-662-56224-6 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-56224-6 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detail- lierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Vieweg © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Ver- arbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Feh- ler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany Vorwort Warum wird in der Technik immer noch versucht Verantwortung aus Fachbüchern zu lernen? Und: Was hat dieses Buch damit zu tun? Diese Fragen sollen zum Reflektieren anregen und Inspiration für die eigene technische Lehre bieten. Auf den nächsten Zeilen beschreiben die Herausgeber, ihre Motivation für das vorliegende Lehr- und Übungsbuch und erzählen, wie das intensive Befassen mit der Thematik die eigene Lehre positiv beein- flusst hat. Technischer Unterricht ist nach wie vor sehr traditionell gestaltet: Das komplexe Fach- wissen steht zumeist im Vordergrund und muss mit den vorhandenen zeitlichen und räum- lichen Ressourcen vermittelt werden. Klassischer Frontalvortrag anhand von Fachliteratur prägt das tägliche Bild der Lehre. Nun leben wir jedoch in einer Zeit, in der sich der Anspruch an die künftigen Ingenieure massiv verändert. Diese sind und werden nicht nur mehr rein Techniker sein, sondern weitere Kompetenzen benötigen. Das Stichwort dazu heißt Digitalisierung. Ein Schwerpunkt dahingehend liegt aus unserer Erfahrung auf der Kommunikations- kompetenz und der Teamfähigkeit. Dazu kommen die Anforderungen des vernetzten Denkens und des verantwortungsvollen Lösens komplexer technischer Problemstel- lungen, welche durch die reine Vermittlung von technischem Fachwissen nicht erreicht werden können. Wird von den späteren Technikern aktives, bedachtes Handeln erwartet, so muss dies auch in der Aus- und Weiterbildung trainiert werden. Solche Fähigkeiten können allein aus Büchern heraus nicht gelernt werden. Es ist also ein Bedarf da, um den Unterricht mit neuen didaktischen Methoden zu vermitteln und damit die Ingenieure auf ihre späteren Aufgaben im Berufsleben adäquat vorzubereiten. Das vorliegende Lehr- und Übungsbuch versucht den oftmals abstrakt wirkenden Begriff der Kompetenzorientierung greifbar zu machen und anschaulich auf die techni- sche Lehre umzulegen. Die Autoren haben sich auf das „Experiment Methodenvielfalt“ eingelassen. Ausgehend von einer Kompetenzorieniterungsinitiative im Jahr 2012 am Institut Industrial Manage- ment der FH JOANNEUM wurde sukzessive eine Kompetenzroadmap für die technische Lehre aufgebaut. So verschwanden Schritt für Schritt reine Frontalvortragseinheiten und machten Platz für neue innovative Methoden. Ein Schlüsselerlebnis war der Einsatz der V VI Vorwort Methode „Gruppenpuzzle“ in der Lehrveranstaltung Produktionstechnik. Bereits nach dem ersten Einsatz war eine deutliche Motivationssteigerung bei den Studierenden festzu- stellen. In den vergangenen Jahren wurde der Einsatz der Methode dann weiter verfeinert bis die Lernenden in der Lage waren, komplexe technische Aufgabenstellungen kompakt zu erklären und mit anderen Fachbereichen zu vernetzen. Der Sukkus daraus aus Sicht der Lehrperson: „Es ist eine Umstellung, die zwar anfangs zeitintensiv waren, aber einen weit höheren Outcome bei den Lernenden erzielt hat. Es konnten technische Themen auf- gelockert und mit weiteren Schlüsselbereichen angereichert werden. Das hat auch dazu geführt, dass immer mehr Frauen ihre Stärken in dem traditionell männlich dominierten Technikfeld einbringen können.“ Die Herausgeber leisten nicht nur einen Beitrag dazu, den Spagat zwischen traditionel- lem Lernen und dynamischen neuen Anforderungen im technischen Bereich zu schließen, sondern nehmen auch ihre gesellschaftliche Verantwortung war, ein stark männlich domi- niertes Themenfeld weiter für Frauen zu öffnen. Mit diesen Gedanken wünschen wir Ihnen viel Neugierde, Mut und Engagement für ihre Lehre und hoffen, dass Ihnen das Buch dabei hilft, Ihre Lehre ein Stück innovativer zu gestalten. Sabrina Romina Sorko und Wolfram Irsa Geleitwort Lehre Hochschulen ist forschungsgeleitet; mit der Nase im Wind der neuen, wissenschaft- lichen Entwicklung. Der Fokus liegt auf dem Fach im Allgemeinen und den fachlichen Erkenntnissen im Speziellen, die aufgrund der Forschungs- und/oder Praxiserfahrung der Experten in den Lehrveranstaltungen vermittelt werden. Kaum eine Lehrperson im tech- nischen Bereich an Hochschulen startet ihre Karriere als Lehrender oder Lehrbeauftragte mit didaktischer oder gar fachdidaktischer Ausbildung. Viele Hochschulen versuchen des- wegen, dieses Manko mit Didaktik-Weiterbildungsmaßnahmen auszugleichen. Warum? Weil die Studierenden die angebotenen Feedback-Instrumente nutzen, um eines deutlich zu machen: „Wir wollen gute Lehre!“ Nun ist es schwierig, „gute“ Lehre festzumachen. Immer wieder werden wesentliche Prinzipien genannt: Handlungsorientierung, Outcome-Orientierung, Methodenmix, Aktu- alität der Fachinhalte, Authentizität der Lehrenden, Lehr-/Lernzielorientierung, Kommu- nikation auf Augenhöhe, Vorhandensein und Einhalten von Vereinbarungen (Syllabi), Fairness – Experten finden zu dieser unvollständigen Liste wichtige Ergänzungen. Aus Sicht eines Wirtschaftsingenieur-Instituts mit Technik- und Wirtschaftsinhalten gibt es tendenziell über Jahrzehnte unterschiedliches Feedback der Studierenden zu diesen „Erfolgsfaktoren für gute Lehre“. Wenngleich es aus Sicht der Studierenden in beiden Bereichen herausragende und überdurchschnittliche Lehre gibt – hier scheint die Persön- lichkeit der Lehrperson ein wesentlicher Einflussfaktor zu sein –, sind es immer wieder technische Lehrveranstaltungen, bei denen Potenziale zur „besseren Vermittlung“ rück- gemeldet werden. Auch hier sind die Begründungen und Hypothesen Legion: schwierige Inhalte, überforderte Studierende, tendenziell höhere Notendurchschnitte, Fokus auf die Fachlichkeit – you name it. Tatsache bleibt, dass sich international die Wirtschaftspäda- gogik als eigene Wissenschaftsdisziplin etabliert hat, wohingegen sich Technikpädagogik oder Technikdidaktik erst mit Lehrstühlen in Deutschland und der Schweiz formiert. Sicherlich nicht absprechen kann man technischen Lehrpersonen, dass sie Ihre Sache nicht lieben – im Gegenteil. Damit ist gemäß dem deutschen Kulturphilosophen Max Brod ein wichtiger Grundstein gelegt: „Lernen kann man stets nur von jenem, der seine Sache liebt, nicht von dem, der sie ablehnt.“ Vielleicht liegt es doch an einem (konstruktivisti- schem) Konzept und seiner Umsetzung mit (vielen) Methoden und Instrumenten? Schon VII VIII Geleitwort Albert Einstein betonte, er unterrichte seine Schüler nie: „… ich versuche nur, Bedingun- gen zu schaffen, unter denen sie lernen können.“ Am Institut Industrial Management waren diese und ähnliche Überlegungen der Aus- gangspunkt für eine strategische Initiative „Technik lieben lernen“: neue Infrastruktur (Laboratorien, technische Lehrsätze etc.), Ausbildungsinitiativen, neue Auswahlkriterien für (technische) Lehrbeauftragte (siehe Kriterien oben), Beratung durch pädagogische Hochschulen, wiederkehrende Projekte zur Detektion von Problempunkten und Generie- rung von Lösungen, neue Literatur sowie zusätzliche Lehreinheiten in besonders schwie- rig wahrgenommenen Fächern (z.B. Mathematik) waren die bisherigen Schritte. Das vor- liegende Buch ist ein wesentlicher weiterer Schritt in dieser Strategie. Es externalisiert und dokumentiert Erkenntnisse aus der Forschung und Erfahrungen aus der Praxis, und ermöglicht mit vielen Impulsen, Knowhow und Instrumenten motivierten technischen Experten die selbständige Qualitätsarbeit an der eigenen Lehre. Mein besonderer Dank gilt Frau Dr. Sabrina Romina Sorko und Herrn DI Wolfram Irsa, die mit der Initiative zu dem vorliegenden Buch „Interaktive Lehre des Ingenieurstudiums – technische Inhalte handlungsorientiert unterrichten“ mit großem Einsatz als Herausgeber und Autoren einen wichtigen Beitrag in der Weiterentwicklung der Technikdidaktik liefern. Die mit dem Buch verbundenen Einsichten und Instrumente werden auch unserem Insti- tut helfen, die technischen Lehrveranstaltungen – und damit die angebotenen Studien – für unsere Studierenden zu optimieren. Prof. Dr. Martin Tschandl Leiter des Wirtschaftsingenieur-Instituts Industrial Management, FH JOANNEUM Kapfenberg Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ....................................................... 1 Sabrina Romina Sorko 1.1 Technik-Didaktik als Voraussetzung nachhaltiger technischer Lehre ..... 1 Literatur ......................................................... 3 Teil I Grundlagen der Technik-Didaktik 2 Kompetenzen im Zeitalter der Digitalisierung ......................... 7 Sabrina Romina Sorko und Birgit Rabel 2.1 Input-Output-Outcome ......................................... 7 2.2 Grundlagen der Kompetenzentwicklung im ingenieurswissenschaftlichen Bereich ............................. 9 2.2.1 Fachkompetenz ........................................ 9 2.2.2 Methodenkompetenz .................................... 10 2.2.3 Sozialkompetenz ....................................... 10 2.2.4 Persönliche Kompetenz .................................. 11 2.3 Digitale Kompetenz ........................................... 11 2.3.1 Digitale Fachkompetenz ................................. 12 2.3.2 Digitale Methodenkompetenz ............................. 13 2.3.3 Digitale soziale Kompetenz ............................... 13 2.3.4 Digitale persönliche Kompetenz ........................... 13 2.4 Sicherstellung des Kompetenzerwerbs ............................ 14 2.4.1 Lehr- und Lernmethoden ................................. 15 2.4.2 Förderung digitaler Kompetenzen am Beispiel „Grundlagen technischer Programmierung“ ............................. 17 Literatur ......................................................... 23 3 Handlungsorientierung im Zeitalter der Digitalisierung ................ 25 Wolfram Irsa 3.1 Definitionen ................................................. 25 IX X Inhaltsverzeichnis 3.2 Grundlagen der Handlungsorientierung im ingenieurswissenschaftlichen Bereich ..................................................... 28 3.2.1 Lernendenorientierung ................................... 30 3.2.2 Lernorientierung ....................................... 31 3.2.3 Inhaltsorientierung ...................................... 31 3.2.4 Prozessorientierung ..................................... 31 3.2.5 Produktorientierung ..................................... 32 3.3 Methoden für die Handlungsorientierung .......................... 32 3.3.1 Stationenlernen ........................................ 32 3.3.2 Freiunterricht .......................................... 33 3.3.3 Projektunterricht ....................................... 33 3.3.4 Lernen durch Lehren .................................... 34 3.3.5 Mehrdimensionales Lernen ............................... 34 3.4 Vor- und Nachteile von Handlungsorientierung ..................... 35 Literatur ......................................................... 37 4 Bedeutung von Lehr-/Lernzielen .................................... 39 Sabrina Romina Sorko 4.1 Planung des technischen Unterrichts .............................. 39 4.2 Gestaltung zielorientierten Unterrichts ............................ 40 4.2.1 Leitprinzipien für die Formulierung ingenieurswissenschaftlicher Lehr-/Lernziele ........................................ 40 4.2.2 Inhaltliche Ausgestaltung ................................. 41 4.2.3 Detaillierungsgrad ...................................... 42 4.3 Harmonisierung von Lehr-/Lernzielen ............................. 42 4.3.1 Lehrziele richtig kommunizieren ........................... 43 4.3.2 Lernziele richtig abholen ................................. 45 Literatur ......................................................... 46 Teil II Technischer Lehr- und Übungskatalog 5 Index zum Übungskatalog ......................................... 49 Sabrina Romina Sorko und Wolfram Irsa 5.1 Fachlicher Umfang ............................................ 49 5.2 Didaktische Hinweise ......................................... 50 5.3 Verwendete Methoden ......................................... 51 6 Werkstoffeigenschaften ........................................... 53 Wolfgang Waldhauser und Eva Maria Neubauer 6.1 Grundlagen der Werkstoffkunde ................................. 53 6.1.1 Einteilung und strukturelle Betrachtung der Werkstoffe ......... 55 6.1.2 Technische Werkstoffeigenschaften ......................... 59 6.1.3 Werkstoffauswahl ....................................... 62