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Intelligenzprufungen an Menschenaffen PDF

207 Pages·1921·11.724 MB·German
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:J!:il-<~:I C. ~ .1'1. Tafel I. )Jueva 5 Tage vor dem Tode INTELLIGENZPROFUNGEN AN MENSCHENAFFEN VON WOLFGANG KOHLER ZWEITE, DURCHGESEHENE AUFLAGE DER "INTELLIGENZPROFUNGEN AN ANTHROPOIDEN I" AUS DEN ABHANDLUNGEN DER PREUSS. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN JAHRGANG 1917, PHYSIKAL.·MATHEM. KLASSE, NR.l MIT 7 TAFELN UND 19 SKIZZEN VERLAG VON JULIUS SPRINGER IN BERLIN 1921 ISBN-13:978-3-642-47216-9 e-ISBN-13:978-3-642-47574-0 DOl: 10.1007/978-3-642-47574-0 ALLE RECHTE. INSBESONDERE DAS DER "OBERSETZUNG IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN. COPYRIGHT 1921 BY JULIUS SPRINGER IN BERLIN. Softcover reprint of the hardcover 2nd edition 1921 v 0 R W 0 R T. Dieses Buch ist ein in allem Wesentlichen unveranderter Neu~ druck der Schrift "Intelligenzpriifungen an Anthropoiden I", we1che I9I7 als dritte Veroffentlichung der Anthropoidenstation auf "rene riffa in den Abhandlungen der Preu13ischen Akademie der Wissen schaften erschien und seit einiger Zeit vergriffen ist. :Mehrere Fach genossen haben inzwischen kritisch oder erklarend zu dem Inhalt Ste11ung genommen. Auf solche Au13erungen kann ich erst in dem zweiten noch nicht abgeschlossenen Tell der Schrift eingehen. Braunlage, im September I92I. Wolfgang Kohler. INHAL TSVERZEICHNIS !'leite Einleitung . . . . . 1 1. Umwege . . . . . 8 2. \Verkzeuggebrauch 17 3. Werkzeuggebrauch. Fortsetzung: Umgang mit Dingen 48 4. Werkzeugherstellung ......... 71 5. Werkzeugherstellung. Fortsetzung; Bauen 96 6. Umwege iiber selbstandige Zwischenziele 124 7. "Zufall" und "Nachahmung'C 133 8. Umgang mit Formen 163 SchluJ3 . . . . . . . . . . . 191 E I N LEI TUN G. I. Zweierlei Interessen fiihren Zu InteUigenzpriifungen an Menschen affen. Wir wissen, daB es sich um Wesen hande1t, welche dem Menschen in mancher Hinsicht niiher stehen als sogar den iibrigen Affenarten; insbesondere hat sich gezeigt, daB die Chemie ihres Korpers - soweit sie sich in den Eigenschaften des Blutes doku mentiert - und der Aufbau ihres hochstens Organs, des GroB hims, der Chemie des Menschenkorpers und dem menschlichen Ge himaufbau verwandter sind als der chemischen Natur niederer Affen und deren Gehimentwicklung. Diese1ben Wesen zeigen der Beobachtung eine solche Fiille menschlicher Ziige im sozu sagen alltaglichen Verhalten, daB die Frage sich von selbst ergibt, ob diese Tiere auch in irgendeinem Grade verstandig und ein sichtig zu handeln vermogen, wenn ,die Umstande intelligentes Ver halten erfordem. Diese Frage driickt das erste, man kann sagen naive Interesse an etwaigen InteUigenzleistungen der Tiere aus; der Verwandtschaftsgrad von Anthropoide und Mensch sol1 auf einem Gebiete festgeste11t werden, das uns besonders wichtig erscheint, auf dem wir aber den Anthropoiden noch wenig kennen. Das zweite Zie1 ist theoretischer Art. Angenommen, der Anthro poide zeige unter Umstanden intelligentes Verhalten von der Art des am Menschen bekannten, so ist doch von vornherein kein Zweifel, daB er in dieser Hinsicht weit hinter dem Menschen zuriickbleibt, in relativ einfachen Lagen also Schwierigkeiten findet und Fehler begeht; gerade dadurch aber kann er unter einfachsten Verhaltnissen die N atur von Intelligenzleistungen deutlich hervortreten lassen, wahrend wenigstens der erwachsene Mensch, als Objekt der Selbst beobachtung, einfache und deshalb an sich zur Untersuchung ge eignete Leistungen kaum je ne u vo11zieht, und als Subjekt kom pliziertere nur schwer hinreichend zu beobachten vermag. So kann man hoffen, in den etwaigen Inte1ligenzleistungen von Anthropoiden Vorgange wieder plastisch zu sehen, die fiir uns zu ge1aufig geworden sind, als daB wir noch unmittelbar ihre urspriingliche Form er kennen konnten, die aber wegen ihrer Einfachheit als der natiirliche Ausgangspunkt theoretischen Verstehens erscheinen. Da in den folgenden Untersuchungen zunachst aller Nachdruck auf der ersten Frage liegt, so kann das Bedenken geauBert werden, Kohler, IntelligenzprlifWlgen. I 2 EINI.EITUNG. die erste Frage setze im Grunde eine bestimmte Losung der Aufgaben voraus, von den en die zweite handelt: Ob einsichtiges Verhalten unter Anthropoiden vorkomme, konne nur gefragt werden, nachdem sich theoretisch die Notwendigkeit herausgestellt habe, zu unterscheiden zwischen Intelligenzleistungen und Leistungen anderer Art; da insbe sondere die Assoziationspyschologie den Anspruch erhebe, alle hier in Betracht kommenden Leistungen, bis zu den hochsten und selbst beim Menschen, in der Hauptsache aus einem einzigen Prinzip ableiten zu konnen, so sei durch die Fragestellung I schon eine theoretische Stellung eingenommen, und zwar gegen die Assoziationspsychologie. Das ist ein MiBverstandnis. Es gibt wohl keinen Assoziations psychologen, der nicht selbst der unbefangenen Beobachtung nach zwischen noch uneinsichtigem Verhalten auf der einen, intelligentem auf der anderen Seite als einem gewissen G(gensatz unterschiede. Was ist denn Assoziationspsychologie anders als die Theorie, daB auf die Erscheinungen vom allgemein bekannten, einfachen Assozia tionscharakter auch Vorgange zuriickzufUhren sind, welche bei naiver Beobachtung zunachst nicht den Eindruck machen, als seien sie mit jenen Erscheinungen gleichartig, vor allem die sogenannten Intelli genzleistungen? Kurz, solche Unterschiede sind gerade der Ausgangs punkt einer strengen Assoziationspsychologie, eben sie sollen ja theo retisch ausgeglichen werden, sind also dem Assoziationspsychologen sehr wohl bekannt, und so finden wir z. B. bei einem radikalen Ver treter der Richtung (Thorndike) als Resultat von Versuchen an Hunden und Katzen den Satz: Nichts an ihrem Verhalten erschien jemals einsichtig. Wer seine Ergebnisse so formuliert, dem muB an de res Verhalten schon als einsichtig erschienen sein, der kennt jenen Gegensatz in der Beobachtung, etwa vom Menschen her, wenn schon er ihn in der Theorie nachher zuriicktreten laBt. Soll demnach untersucht werden, ob die Anthropoiden intelligentes Verhalten zeigen, so kann diese Fragestellung von theoretischen An nahmen, zumal solchen fUr oder gegen die Assoziationstheorie, zu nachst ganz unabhangig gehalten werden. Richtig ist, daB damit die Frage in einer gewissen Unscharfe gestellt wird: Nicht, ob die Anthropoiden bestimmt Definiertes aufweisen, soll untersucht werden, sondern ob ihr Verhaltenbis zu einem recht ungefahr aus der Er fahrung bekannten Typus aufsteigt, der uns als "einsichtig" im Gegensatz zu sonstigem Verhalten, besonders von Tieren, vorschwebt. Wir verfahren aber hiermit nur der Natur der Sache gemaB, denn klare Definitionen gehoren nicht an den Beginn von Erfahrungs wissenschaften; erst in deren Fortschreiten kann der Erfolg durch Aufstellung von Definitionen gekennzeichnet werden. PRINZIP DER VERSUCHE. 3 1m iibrigen ist der Typus menschlichen und (vielleicht) tierischen Verhaltens, auf den sich die erste Frage richtet, auch ohne Theorie nicht so ganz unbestimmt. Die Erfahrung zeigt, daB wir von ein sichtigem Verhalten dann noch nicht zu sprechen geneigt sind, wenn Mensch oder Tier ein Ziel auf direktem, ihrer Organisation nach gar nicht fraglichem Wege erreichen; wohl aber pflegt der Eindruck von Einsicht zu entstehen, wenn die Umstande einen solchen, uns selbst verstandlich erscheinenden Weg versperren, dagegen indirekte Ver fahren moglich lassen, und nun Mensch oder Tier diesen der Situation entsprechenden "Umweg" einsch1agen. In stillschweigender Dber einstimmung hiermit haben deshalb fast alle diejenigen, welche bis her die Frage nach intelligentem Verhalten bei Tieren zu beant worten suchten, diese in ebensolchen Situationen zum Gegenstand ihrer Beobachtungen gemacht. Da unterhalb der Entwick1ungsstufe der Anthropoiden das Ergebnis im allgemeinen negativ war, so ist gerade aus solchen Versuchen die gegenwartig sehr verbreitete An schauung erwachsen, daB einsichtiges Verhalten bei Tieren kaum vorkomme; entsprechende Versuche an Anthropoiden selbst sind nur in geringer Zahl gemacht worden und haben eine rechte Entscheidilng noch nicht gebracht. - Alle im folgenden zunachst mitgeteilten Versuche sind von der gleichen Art: Der Versuchsleiter stellt eine Situation her, in welcher der direkte Weg zum Ziel nicht gangbar ist, die aber einen indirekten Weg offenlaBt. Das Tier kommt in diese Situatipp, die (der Moglichkeit nach) vollig iiberschaubar ist, und kann nun zeigen, bis zu welchem Verhaltenstypus seine Anlagen reichen, insbesondere ob es die Aufgabe auf dem moglichen Umweg lost. 2. Die Vetsuche sind bis auf wenige Vergleichsfalle, in denen Menschen, ein Hund und Hiihner beobachtet wurden, vorerst nur an Schimpansen angestellt. Sieben der Tiere bildeten den alten Stamm der Anthropoidenstation, welche die PreuI3ische Akademie der Wissenschaften von 1912 bis 1920 auf Teneriffa unterhielt. Von diesen sieben bekam das 1i1teste, ein erwachsenes Weibchen, den N amen Tschego, wei! wir es um mehrerer Eigentiimlichkeiten willen, vielleicht zu Unrecht, fiir ein Exemplar der Tschego-Abart hielten. (Wir sind weit davon entfernt, eine klare Systematik der ver schiedenen Schimpansen-Varietaten zu besitzen). Das 1i1teste der kleineren Tiere, Namens Grande, weicht ebenfalls in mehrfacher Hin sicht stark von seinen Kameraden abo Da die Abweichung den allgemeinen Charakter mehr als das hier gepriifte Verhalten in In telligenzversuchen betrifft, so ist eine n3.here Kennzeichnung des Unterschiedes an dieser Stelle nicht erforderlich. Die iibrigen fiinf, I· 4 EINI,EITUNG. zwei Mannchen (Sultan und Konsul), drei Weibchen (Tercera, Rana, Chica) entsprechen dem gewohnlichen Schimpansentypus. Zu den erwiihnten sieben Tieren kamen etwas spater noch zwei andere, die beide zu wertvollen Beobachtungen AnlaB gaben, aber leider beide bald eingingen. Ich beschreibe kurz ihre Wesensart, urn einen Eindruck davon zu geben, wie vollstandig verschiedene "Per sonlichkeiten" unter Schimpansen vorkommen. Nueva, eine Affin, ungefiihr in derselben Altersstufe wie die andern kleinen Tiere (4 bis 7 Jahre zur Zeit der meisten Versuche), unter schied sich korperlich von diesen durch ihr merkwiirdig breites, un schones Gesicht und eine (offenbar pathologische) Diirftigkeit der Korperbehaarung iiber schlechter Haut. Ihre HaBlichkeit wurde jedoch reichlich ausgeglichen durch ein Wesen so freundlicher Milde, naiven Zutrauens und stiller Klarheit, wie wir es sonst an Schim pansen nicht gesl!hen haben. Wenigstens die ganz kindliche An hanglichkeit fanden wir einigermaBen iihnlich bei anderen Tieren, wenn sie krank waren, und vielleicht geht manches von den Vor ziigen Nuevas iiberhaupt darauf zuriick, daB sie von vornherein unter dem EinfluB einer langsam verlaufenden Erkrankung stand; der Schimpanse kann im allgemeinen eine kleine Dampfung ver tragen. Besonders wohltatig wirkte die feine Art des Tieres, !nit den einfachsten Mitteln stundenlang zufrieden zu spielen; denn leider neigen die andern !nit der Zeit ein wenig zur Faulheit, wenn ihnen kein besonderer AnlaB zur Tatigkeit geboten wird und sie nicht gerade einander priigeln oder gegenseitige Korperpflege treiben. Die Wirkung fortwahrenden Beisammenseins vieler kraftiger Kinder liegt auch hier nicht in der Richtung einer besonnenen, wenn auch spielenden Beschaftigungsweise; Nueva war seit vielen Monaten allein gehalten worden. - 'Obrigens darf maJ;l nicht etwa vermuten, die erfreulichen Eigenschaften dieses Tieres seien wohl auf friihere erzieherische Einwirkung zuriickzufiihren. Leider scheint es nicht moglich, aus einem von N atur fahrigen und wiisten Schimpansen durch Erziehung ein liebenswiirdiges Wesen zu machen; vor allem aber war Nueva durchaus nicht erzogen im Sinn der Kinderstube; sie zeigte im Gegenteil, daB sie gar nicht gewohnt war, korrigiert zu werden. RegelmaBig fraB sie ihren Kot und war erst erstaunt, dann aufs hochste em port, als wir gegen diese Gewohnheit vorgingen. Am zweiten Tage ihres Stationsaufenthaltes bedrohte sie der Warter bei gleichem AnlaB mit einem Stockchen, aber sie verstand gar nicht, sondern wollte !nit dem Stock spielen. Nahm man ihr Futter fort, das sie !nit der groBten Unbefangenheit irgendwo ergriffen hatte ltnd das ihr nicht zukam, so biB sie in ihrem Zorn momentan und VltRSUCHS'tIltRlt. 5 noch ohne jede Hemmung gegeniiber dem Menschen - kurz, das Tier zeigte sich vollkommen naiv und war unzweifelhaft weniger "erzogen" als die Tiere der Station. Das Mannchen Koko, auf nur etwa drei Jahre eingeschatzt, war ein Schimpanse, wie man ihn nicht selten sieht: iiber dem stets prallen Bauch ein hiibsches Gesicht mit ordentlichem Scheitel, mit spitzem Kinn und vordringenden Augen, das fortwiihrend unzufrieden zu fordern schien und dadurch dem kleinen Burschen etwas von selbstverstandlicher Frechheit verlieh. In der Tat verlief ein groBer Teil seines Daseins in einer Art chronischer Emporung; entweder well es nicht genug zu essen gab, oder weil es Kinder wagten, in seine Nahe zu kommen, oder wei1 jemand, der eben bei ihm gewesen war, sich erlaubte, wieder fortzugehen, oder endlich weil er heute nicht mehr wuBte, wie er sich gestern im gleichen Versuch geholfen hatte; er klagte nicht, er war entriistet. Gewohnlich auBerte sich diese Stimmung in heftigem Trommeln beider Fauste auf dem Boden sowie in aufgeregtem Hopsen auf der Stelle, in Fallen starker Wut in schnell voriibergehenden Glottiskrampfen, die wir auch bei den meisten andern Schimpansen in Wutanfa11en, selten in auBerster Freude beobachtet haben; vor solchen Anfiillen und in geringerer Erregung stieB er fortwiihrend ein kurzes. (5 aus, und zwar in dem unordentlichen, aber charakteristischen Rhythmus, den langsam feuernde Schiitzenlinien zu erzeugen pflegen. In dem unwirschen Fordern und der hellen Emporung, wenn seine Anspriiche nicht sofort befriedigt wurden, ahnelte Koko einem andern Egoisten par exce11ence, namlich Sultan. Zum Gliick - und vielleicht ist das kein Zufall - war Koko zugleich auch so begabt wie Sultan. Das sind nur zwei Schimpansen: Fiir den, der Nueva und Koko lebend gesehen hat, ist kein Zweifel, daB die beiden in ihrer Art an nahernd ebenso stark voneinander abwichen wie zwei menschliche Kinder grundverschiedenen Charakters, und als allgemeine Maxime kann man aufste11en, daB niemals Beobachtungen an nur einem Schimpansen als maBgebend fiir die Tierform iiberhaupt angesehen werden diirfen. Die weiterhin mitgeteilten Versuche zeigen, daB auf intellektuellem Gebiet die Verschiedenheit der einzelnen Individuen nicht minder groB ist. Fast alle Beobachtungen stammen aus dem ersten Halbjahr 1914.1) Sie wurden spater haufig nachgepriift, aber nur einige ergiinzende Versuche und Wiederholungen (aus dem Friihjahr 1916) sind in den 1) Sie sind also gewonnen, bevor wir die Schimpansen zu optischen Untersuchungen heranzogen. (Vgl. diese in den Abh. d. Kgl. Preua. Akad. d. Wiss., J ahrg. 1915, phys. math. Kl. Nr. 3.)

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