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Innovative Regulierung: Chancen für Telekommunikation und Medien in Deutschland PDF

135 Pages·2002·11.78 MB·German
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Martin Sonnenschein/Arne Bornsen/Tilo Ferrari/Arne Dettki/ Axel Freyberg Innovative Regulierung Martin Sonnenschein/Arne B6rnsen/Tilo Ferrari/ Arne Dettki / Axel Freyberg Innovative Regulierung Chancen fOr Telekommunikation und Medien in Deutschland Mit einem Beitrag der Bertelsmann Stiftung GABLER Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber <http://dnb.ddb.de> abrufbar. ISBN-13: 978-3-322-82456-1 e-ISBN-13: 978-3-322-82455-4 001: 10.1007/978-3-322-82455-4 1. Auflage Januar 2003 Aile Rechte vorbehalten © Betriebswlrtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 2003 Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 2003 Lektorat: Ulrike M. Vetter Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen der Fachverlagsgruppe BertelsmannSpringer. www.gabler.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fUr Vervielfaltigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Nina Faber de.sign, Wiesbaden Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Vorwort Die Medienszene ist in Aufruhr. Die Voraussagen viel gelobter Institute fiber die mogli chen Erfolge der "New Economy" waren gewaltig fibertrieben. E-Business hat weiterhin eine Chance; aber es geht nicht so schnell und es kommt nicht so viel zusammen. Gleichzeitig stecken wir in der tiefsten Krise der Printmedien seit 1945. Der Springer Verlag und der SUddeutsche Verlag haben Ende 2001 angekUndigt, 10 Prozent ihrer Belegschaft einzusparen. Die FA Z hat ihre "Berliner Seiten" eingestellt und denkt eben so fiber rigide Kosteneinsparungen nach wie die Neue ZUrcher Zeitung. Die Frankfurter Rundschau sieht sich dazu gezwungen, die finanzielle Hilfe der Frankfurter Sparkasse und der Dresdner Bank in Anspruch zu nehmen. Auch dort sind betriebsbedingte Kfindi gungen unvermeidbar. AIle Zeitungen haben deutliche Einbruche bei den Rubrikenmark ten (Stellenanzeigen, Immobilien, Automobilmarkt). Die Verlage versuchten, den struk turellen Teil dieser Verluste durch ein Rubrikenportal (Versum) aufzufangen; also diejenigen Kunden, die Stellen, Immobilien oder Automobile per Internet suchten, wei terhin an sich zu binden. Dieses Rubrikenportal wird jetzt liquidiert. Man konnte noch zwanzig weitere solcher Nachrichten aneinander reihen. Die Telekommunikation ist von dieser Entwicklung nicht ausgespart. Der offentlich vielfach diskutierte Prozess der Ablosung des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom AG zeigte die Angste der Shareholder, dass die Internationalisierung misslin gen und der Schuldenberg allzu gefahrlich werden konnte. Zwar hat es das Unternehmen durch geschicktes Product-Bundling geschafft, seine Vormachtstellung und seinen Vor sprung beim Festnetz zu halten. Ein Marktanteil von mehr als 90 Prozent bei DSL Anschlfissen zeigt die Situation schlaglichtartig. Der alte Monopolist hat, wie es in die sem Buch an einer Stelle heiBt, eine "Lemkurve" absolviert. Andererseits ist das den Ordnungspolitikern natfirlich ein Dorn im Auge. Beim GSM-Mobilfunkmarkt sieht es dagegen ganz anders aus. In diesem diversifizierten Markt verfiigt kein Wettbewerber fiber einen Marktanteil fiber 25 Prozent. Die Ordnungspolitiker (vor allem auch die Ord nungspolitiker in der Europiiischen Union) wfirden am liebsten aIle Hebel in Bewegung setzen, urn beim Festnetz eine iihnliche Situation zu erzeugen wie beim GSM Mobilfunk. Schon dieses Beispiel zeigt, dass eine breite (und fUr breitere Kreise verstiindliche) Dis kussion fiber die Regulierung der Telekommunikation und die Wirkungen dieser Regu lierung fUr die Marktchancen der Unternehmen dringlich ist. Denn die offentliche Debat te ist wirr. War es denn nun gut, in GroBbritannien und Deutschland die UMTS Lizenzen zu verauktionieren, was zu gewaltigen Kosten in den Telekommunikationsun ternehmen tUhrte? In Deutschland und im Vereinigten Konigreich wurden mehr als 600 Euro pro Einwohner fUr eine UMTS-Lizenz ausgegeben. FUr die Staatskassen war das gut; fUr die Telekommunikationsunternehmen weniger. Falsch war in jedem Fall die Tatsache, dass die Regulierung nicht EU-weit harmonisiert wurde. Was man zu diesem Thema in der Offentlichkeit Mrt, ist aber Mchst widerspruchlich. 5 Ahnliches gilt fUr den Verkauf des Kabelnetzes der Deutschen Telekom. Klar und ein deutig ist die Tatsache, dass die Entscheidung des Bundeskartellamtes, den Verkauf dieses Kabelnetzes an ein amerikanisches Untemehmen zu unterbinden, ein gewaltiges Loch in die Kasse der Deutschen Telekom AG riss. Aber war diese Entscheidung ord nungspolitisch geboten? Und warum? Auch dariiber wird eine eher populistische denn sachgerechte Diskussion gefiihrt. Angesichts der konjunkturellen Gesamtsituation und der besonders krisenhaften Situation in der Medienindustrie ist es sicher hoch problema tisch, wenn die sachlichen Grundlagen fUr eine seriose Diskussion fehlen. Das vorliegende Buch liefert einige Grundlagen fUr solch eine seriose Diskussion. So macht es klar, warum eine Reform des TKG in Deutschland zwingend ist; zum Beispiel wegen der neuen Rahmenrichtlinie der Europaischen Union. Die Entwicklung des Wett bewerbs wird in exakten Zahlen dargestellt. 1m Anschluss daran wird eine Neugestaltung des Ordnungsrahmens durch den Gesetzgeber und die RegulierungsbehOrden diskutiert. Dabei werden auf Grund systematischer Gesprache mit allen Marktteilnehmem und den staatlichen Instanzen sehr exakte Vo rschlage entwickelt. Kann man einen Wettbewerb im Ortsnetz dadurch erreichen, dass man die Teilnehmeranschlussleitung (TAL) regiona lisiert, also ihre Kosten neu berechnet? SolI man die Lizenzvergabepraxis EU-weit har monisieren und optimieren? Wie ware es moglich, die Kabelmiirkte zu liberalisieren? Und gar: Gibt es eine Chance, die Regulierungsinstanzen in der Bundesrepublik Deutschland, die immer noch zwischen Bund und Landem zerfallen sind, zu reformieren und die beim Bund ressortierende RegulierungsbehOrde mit den Landesmedienanstalten zusammenzulegen? Das Buch, kein Zweifel, ist Fachkommunikation. Es verlangt eine gewisse Vorinforma tion. Wer es allerdings liest, kann plotzlich wie mit einer Taschenlampe in aIle mogli chen Ritzen hineinleuchten, die ihm bisher unzuganglich waren. Die Medienkrise ver langt eine besser aufgekliirte Offentlichkeit fUr die Spezialprobleme der Telekommunikationspolitik, die sich durch die Konvergenzprozesse immer mehr zur "Medienpolitik" weiterentwickelt. Bisher verstehen diese Probleme einige Dutzend Leute. Wenn das Buch die richtige Verbreitung findet, konnten einige Tausend Leute diese Probleme verstehen. Das ware ein gewaltiger Schritt fUr eine rationalere Medien und Telekommunikationspolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Denn derzeit hat man den Eindruck, dass auf den Entscheidungsebenen der Regierungen selbst kaum jemand versteht, was wirklich vor sich geht. Die Entscheidungen werden auf mittlerer Ebene getroffen, haben aber explosive Folgen fUr einzelne Miirkte, gelegentlich auch fUr einzelne Untemehmen. Vielleicht konnte man sich spektakuliire Personalpolitik (wie im Fall Ron Sommer) und hilfloses Achselzucken (wie bei der Entscheidung des Kartell amts zum Kabelverkauf der Telekom) sparen, wenn sich mehr Kenntnis der Ortlichkeit verbreitete. Dazu tragt das vorliegende Buch bei. Peter Glotz 6 Inhaltsverzeichnis Vorwort .............................................................................................. 5 1. Standort Deutschland: Auf Konvergenz vorbereiten ............... 9 1.1 Die Teilmiirkte Telekommunikation und Medien .................................. 14 1.2 Aktuelle Lage auf den Telekommunikations-und Medienmiirkten ....... 17 1.3 Regulierung der Telekommunikations-und Medienmarkte ................... 31 1.4 Deutschlands Chance: Die Kommunikationsgesellschaft ..................... .35 2. Regulierungsagenda: Marktchancen eroffnen ....................... .40 2.1 Nachhaltiger Wettbewerb im Festnetz .................................................. .45 2.2 EU-weite Harmonisierung und Optimierung der Lizenzvergabepraxis im Mobilfunk ......................................................................................... 55 2.3 Weit reichende Liberalisierung der Kabelmarkte ................................... 61 2.4 Optimierung der Regulierungsinstitution ............................................... 72 3. Corporate Agenda: Standort Deutschland dynamisch gestalten ....................................................................................... 75 3.1 Konsolidierung im Telekommunikationsmarkt. ..................................... 75 3.2 Vom Preis-zum Differenzierungswettbewerb im Ortsnetz ................... 83 3.3 Intelligente Wege zur Medienkommunikation im Kabel ....................... 88 3.4 Mehr Mobilfunkwettbewerb auf altemativen Frequenzen ..................... 98 3.5 Multimediale Ausrichtung der Medienuntemehrnen ........................... 10 5 3.6 Portalgestaltung durch Anbieter von Online-Diensten ......................... lll 7 Dr. Thomas Hart (Bertelsmann Stiftung) 4. Public Agenda: Durch "richtige" Regulierung Chancen fUr die Gesellschaft eroffnen .......................................................... 116 4.1 ZugehOrigkeit und Teilhabe ................................................................. 122 4.2 Fiihigkeit zur Partizipation an gesellschaftlicher Meinungs-und Willensbildung ..................................................................................... 125 4.3 Verfiigbarkeit vielfaltiger und hochwertiger Inhalte ............................ 127 Ausblick .......................................................................................... 131 Danksagung ................................................................................... 135 Die Autoren .................................................................................... 137 8 1. Standort Deutschland: Auf Konvergenz vorbereiten Nichts ist bestandiger als der Wandel. Dieser Befund gilt in besonderem Mar..e fOr die elektronischen Medien. Grundlage fOr ihre Verbreitung ist die Technik. Sie ist in raschem Umbruch und standigem Wandel begrif fen. Ausloser hierfOr ist die Digitalisierung. Albrecht Hesse 2000 Anpfiff. Am 31.05.2002 stehen sich die Uinderteams von Frankreich und Senegal zum Eroffnungsspiel der FuBballweltmeisterschaft 2002 im sfidkoreanischen Seoul gegen fiber. Mit dem Kampf um den goldenen WM-Pokal beginnt auch der sichtbare Kampf urn die Gunst der Zuschauer, nachdem dieser schon Monate vor dem Anpfiff zwischen Kirch und den anderen Anbietern ausgetragen wurde. Nicht nur die Werbewirtschaft hatte zu diesem Zeitpunkt Hingst Millionenbetrage inves tiert, um ihre Werbebotschaften dem deutschen FuBballvolk zu prasentieren. Auch Netz betreiber, Rundfunkanstalten, private TV -Sender und Mobilfunkunternehmen haben versucht, sich mit dem Kauf von Ubertragungsrechten eine Scheibe vom'lukrativen Geschiift um das runde Leder abzuschneiden. Doch damit nicht genug. Wirklich neu und ungewohnt an der FuBballweltmeisterschaft 2002 war nicht nur der Einzug der deutschen Mannschaft ins Endspiel, sondern auch die multimediale Verwertung der Inhalte, also der Spiele in allen Details und unter allen Aspekten. Fiel beispielsweise ein Tor fUr die deutsche Mannschaft, so klingelten Millio nen deutscher Mobiltelefone und per SMS wurde die neueste Entwicklung gesendet. Die meisten Mobilfimknetzbetreiber, wie T-Mobile, Internet-Portale wie Yahoo oder Lycos, und Online-Dienste wie AOL, boten zur Weltmeisterschaft kostenptlichtige SMS-Dienste fUr die Sofortbenachrichtigung bei Anderung des Spielstands an. Interes sierten FuBballfans, die das aktuelle Spiel nicht im Fernsehen oder im Radio verfolgen konnten, bot sich das Internet an. Hier riefen sich viele - auch am Arbeitsplatz - regel maBig die neuesten Informationen zum Spielstand abo Entsprechend verzeichnete der Deutsche FuBball Bund (DFB) im Monat Juni 2002 einen Anstieg der Seitenaufrufe von 10,62 Millionen auf fiber 50 Millionen. Beim Spiel "Deutschland gegen Kamerun" wur den Z. B. allein fiber Kicker-Online 4,8 Mio. Zugriffe registriert und damit etwa viermal so viel Zugriffe wie in einem normalen (FuBball-)Monat verzeichnet. Die Begeisterung der Deutschen fUr FuBball und fUr die Nutzung neuer (Medien-) Technologien ist also nach wie vor groB - ein Umstand, der Deutschland in der Vergangenheit die im interna tionalen Vergleich hOchsten Akzeptanzzahlen bei Internet-, Mobil- und Multimedia Nutzung beschert hat. Mit dem Spiel auf dem griinen Rasen verstarkte sich das Spiel der Marktwirtschaft in der Telekommunikation und den Medien. Dieses Spiel wurde nicht nur durch das Angebot innovativer Informationsdienste bestimmt, Z. B. des Live-Tickers im Internet, sondern 9 auch durch das Angebot alternativer Kommunikationsnetze, z. B. des Mobilfunks. Die Erfolge von Live-Ticker und Spielstand-SMS sind gute Beispiele fUr das Zusammen wachsen von Inhalten und Diensten sowie fUr die mehrwertige Nutzung der zu Grunde liegenden Kommunikationsnetze. Sie belegen, dass es Anbietern durchaus gelingen kann, mit innovativen Leistungen auch "unschlagbare" Medien, wie TV und Horfunk, herauszufordern. Die WM 2002 war einer der ersten Hohepunkte der Entwicklung hin zur ubergreifenden Nutzung und Distribution von Medien-Inhalten tiber Fest-, Mobil- und Kabe1netze, die allgemein als Konvergenz bezeichnet wird. Die multimediale Auswertung der Weltmeis terschaft ist damber hinaus ein ge1ungenes Beispiel fUr das freie Spiel der marktwirt schaftlichen Krafte: Ein innovatives und nachfragegerechtes Angebot entscheidet tiber die Gunst der Verbraucher. Die Trendforscher diskutieren das Thema Konvergenz schon seit einigen Jahren und die Verbraucher warten seitdem darauf, endlich zu bekommen, was die Hersteller von Mul timedia-Endgeraten, Medienunternehmen und andere Marktteilnehmer voller Uberzeu gung als die konvergierende Multimedia-Welt von morgen anpreisen. Ais Beispiel wer den gerne die ersten Bildtelefone genannt, fUr die bis heute niemand bereit war, Geld auszugeben, die uns die Hersteller jedoch als erstes Produkt einer neuen Kommunikati onsara vorstellten. Hier und in anderen Fallen sind die auf diese Weise hoch geschraub ten Erwartungen der Konsumenten und der Investoren gerade in jtingster Zeit immer wieder enttauscht worden. Welcher Aktionar erinnert sich nicht an den dramatischen Kurseinbruch der Met@box-Aktien: Das Papier fiel von uber 30 Euro im September 2001 auf ein Kursniveau von unter einem Euro neun Monate spater. Versprochen wurde hier die Multimedia-Revolution im Wohnzimmer mit interaktivem Fernsehen und schnellem Internet-Surfen mit eigens dafUr geschaffenen Settop-Boxen. Geliefert wutde aber nur zogerlich und nicht in den urspriinglich prognostizierten Stiickzahlen. Die Re volution fand bislang nicht statt. Met@box und Bildtelefone sind Beispiele fUr konver gente Produkte, von denen man sich in Deutschland auf Grund der Werbung viel ver sprochen hat, die aber nicht die notwendige Marktnachfrage erzeugen konnten. Ais Abkehr des doch durchaus te1ekommunikations- und medienaffinen Deutschland yom globalen Trend zur Konvergenz sind diese Entwicklungen sicherlich nicht zu wer ten. Aber die Situation wirft viele Fragen auf: Woran liegt es, dass in Deutschland kein interaktives Fernsehen verfiigbar ist, wahrend sich in GroBbritannien die Pay-per-View Angebote zunehmender Beliebtheit erfreuen? Warum ist schnelles Internet-Surfen zum monatlichen Pauschalpreis in diesem Land nur tiber DSL und nicht auch mit einem ana logen Wahlanschluss wie in den USA moglich? Warum haben es Mobilfunkbetreiber, Inhalte-Anbieter und Geratehersteller in Europa nicht geschafft, den mobilen textbasier ten W AP-Dienst erfolgreich auf den Markt zu bringen - ganz im Gegensatz zu Japan, wo die Einfiihrung des vergleichbaren mobilen Multimediadienstes i-mode zur beispiel losen Erfolgsgeschichte wurde? Die Liste der Leistungsdefizite und gescheiterten Kon vergenzprojekte am Standort Deutschland lieBe sich miihelos fortsetzen. 10 Doch es gibt auch immer wieder Uberraschungserfolge. Dazu gehOrt vor aIlem die Verbreitung des Mobilfunks in Deutschland: Die ursprunglichen Business-Plane der Anbieter sahen vor, dass 20 bis 25 Prozent der Bevolkerung bis 2002 ein Mobiltelefon nutzen wiirden. Heute sind es schon 54 Mio. Mobilfunk-Nutzer, also weit mehr als 50 Prozent der deutschen Bevolkerung. Auch die intensive Nutzung der SMS-Dienste war nicht vorhersehbar. Schliel3lich ist das Internet per se eine "konvergente Uberraschung". W er entscheidet nun tiber Erfolg oder Misserfolg eines Konvergenzdienstes? Das Lehr buch hat dafiir eine klare Antwort: Der Markt entscheidet, also Angebot und Nachfrage. Doch ganz so einfach sieht die Praxis nicht aus. Die Unternehmen der Telekommunika tions-und Medienindustrie agieren in Deutschland in einem engen Korsett sektorspezifi scher Auflagen der Ordnungspolitik, die auf Bundesebene von der RegulierungsbehOrde (RegTP) und auf Landerebene von den Landesmedienanstalten (LMA) operativ umge setzt werden. Das Beispiel Wireless Local Loop (WLL) illustriert, dass teilweise konsequent am Markt vorbeireguliert wurde: 1m Herbst 1998 hat die RegTP erste Lizenzen, im Herbst 1999 weitere fUr den Betrieb von drahtlosen (wireless) Funkverbindungen erteilt, die Privat kunden sowie Klein- und Mittelstandsunternehmen eine Alternative zum 6estehenden festnetzbasierten Daten-und Sprachanschluss der Deutschen Telekom ermoglichen soIl ten. Tatsachlich aber haben u. a. die Lizenzauflagen der RegulierungsbehOrde zu einer signi fikanten Verteuerung der zum Infrastrukturautbau notwendigen Hardware gefiihrt, so dass die WLL-Anbieter nicht in der Lage waren, konkurrenzfahige Angebote zum Fest netzangebot der Deutschen Telekom zu entwickeln. Inzwischen haben sich fast aIle WLL-Anbieter wieder aus dem Markt zurUckgezogen - und so bleibt die Deutsche Tel~­ kom das einzige Unternehmen, das heute flachendeckend einen infrastrukturbasierten Netzanschluss zwischen Teilnehmerhaushalt und dem nachsten Netzknoten (local loop), der so genannten OrtsvermittlungssteIle, anbieten kann. Auf dem Spielfeld der Telekommunikations- und Medienmarkte entscheiden also nicht nur die Anbieter und die Verbraucher tiber Erfolg und Misserfolg, sondern auch der Regulierer. Ihm obliegt als ausf'iihrendem Organ eine Art "Schiedsrichterfunktion" tiber die Einhaltung der sektorspezifischen Regulierungsgesetze und -verordnungen. FUr den Konvergenzmarkt gibt es aIlerdings noch keine sektorubergreifende Regulierung und damit auch keine Spielregeln. Da die Telekommunikations-und Medienmarkte nun aber in standiger Bewegung hin zu einem konvergenten Kommunikationsmarkt sind, treffen die "Mannschaften" der beiden Markte in wechselnden Teams im "Konvergenzmatch" zusammen und spielen gegeneinander. Aber jede Mannschaft befolgt ihre eigenen Re geln. Damit ist das Chaos programmiert und selbst der unerfahrenste Gelegenheitsful3- baIler erkennt, dass dies zu Ineffizienzen fiihrt, tiber die sich aIle Beteiligten zu Recht argern. Letztlich ruckt damit das Ziel, einen sportlichen Wettbewerb mit klaren Regeln auszutragen, in weite Feme. 11

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