Anke Gerding Informationswert des Anhangs zur Jahresrechnung Komplexitätsreduktion und Steigerung des Nutzens finanzieller Informationen Informationswert des Anhangs zur Jahresrechnung Anke Gerding Informationswert des Anhangs zur Jahresrechnung Komplexitätsreduktion und Steigerung des Nutzens finanzieller Informationen Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Thomas Berndt Anke Gerding Rorschach, Schweiz Dissertation der Universität St. Gallen, 2016 Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissen- schaften sowie internationale Beziehungen (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den darin angesprochenen Anschau- ungen Stellung zu nehmen. ISBN 978-3-658-15554-4 ISBN 978-3-658-15555-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-15555-1 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden 2016 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Gabler ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Geleitwort Der Anhang ist in praktisch allen nationalen und internationalen Rechnungsle- gungssystemen (IFRS, US-GAAP, HGB, OR, Swiss GAAP FER…) integraler und verpflichtender Bestandteil der Jahresrechnung. Während Bilanz und Erfolgsrechnung seit jeher im handelsrechtlichen Einzelabschluss eine Aus- schüttungsbemessungsfunktion erfüllen, kommt dem Anhang eine reine Infor- mationsfunktion zu. So unumstritten der (gesetzliche) Auftrag des Anhangs ist, so problematisch erscheint in mancher Hinsicht sein praktischer Nutzen: Der Umfang des Anhangs und sein bezüglich zahlreicher Angaben großer Detail- reichtum überfordern selbst manchen professionellen Investor – viele andere Anspruchsgruppen ohnehin. Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil sich viele der im Anhang gegebenen Informationen nicht umstandslos in beliebte quantitative, einfach auswertbare Kennzahlen überführen lassen. Und nicht selten wird der Anhang auch aus Unternehmenssicht lediglich als notwendiges aber lästiges „Übel“ mit (scheinbar) nur begrenztem Informationsnutzen angesehen. Der unzweifelhaft von den Gesetzgebern und Regulatoren dem Anhang zugedachte Informationswert konfligiert insofern aufgrund seiner Komplexität mit seinem auf der Vermittelbarkeit der Informationen basierenden Kommunikationswert. Es ist daher eine ebenso spannende wie lohnenswerte Aufgabe, wenn sich Frau Gerding in ihrer Arbeit dem Thema der Nutzengenerierung und Komplexitätsre- duktion des Anhangs widmet. Hier besteht tatsächlich noch ein erheblicher Forschungsbedarf. Dies gilt erst recht, wenn man das Thema nicht einseitig aus Sicht der Investoren, sondern auch aus Sicht anderer relevanter Gruppen wie der Ersteller und der Wirtschaftsprüfer betrachtet. Da Frau Gerding neben einer theoretischen Diskussion auch eine empirische Analyse als forschungsmethodi- schen Ansatz gewählt hat, erbringt die Arbeit für alle Interessierten einen äußerst hohen Neuigkeitsgehalt. Immerhin ist es ihr gelungen, ein überaus interessantes Sample aus 116 Analysten und 150 Investoren zusammenzutragen, was zu über 48‘000 auswertbaren Datenpunkten führt. Erfreulicherweise endet ihre Arbeit – wie leider so viele – aber nicht mit den bloßen empirischen Ergeb- nissen. Vielmehr schließen sich umfangreiche „Implikationen für die Ausgestal- tung des Anhangs“ an. Dabei sind die Ausführungen ausgesprochen differen- ziert, unterteilt nach Implikationen für die Regulierung, die Informationsadres- saten und die rechnungslegenden Unternehmen. Wie immer im normativen Bereich mag man über einzelne Konsequenzen diskutieren. Das gelingt aber eben auch nur deshalb, weil Frau Gerding hier überhaupt in transparenter Weise – und durchaus wohlfundiert – Stellung bezieht. Arbeiten, die Einfluss auf VI Geleitwort die Regulierung nehmen wollen, bedürfen genau dieser Vorgehensweise: theore- tische Fundierung, empirische Analyse, normative Stellungnahme. Letztlich zeigt sich in dieser bilanztheoretischen Arbeit zugleich eine von der Rechtstheo- rie geprägte de lege ferenda-Argumentation: Frau Gerding fordert hier nicht einfach ein Mehr an Anhangsinformationen, sondern macht auch konkrete Vorschläge zur Komplexitätsreduktion. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass ver- schiedenste Teile des Anhangs ohne Einbußen am Informationswert reduziert bzw. eliminiert werden könnten, wohingegen durch Ausweitung des Anhangs in anderen Bereichen für die Adressaten der Rechnungslegung ein Informations- mehrwert generiert werden könnte. Die vorliegende Arbeit ist eine im besten Sinne als theoretisch fundierte praxis- relevante Forschung zu verstehen. Empirische Analyse ist hier nicht bloßer Selbstzweck sondern Mittel zum Zweck der Fundierung von Handlungsempfeh- lungen. Jeder an der regulatorischen Debatte um die Ausgestaltung der Rech- nungslegung Interessierte wird diese Arbeit mit Gewinn lesen und zahlreiche Argumente und Anregungen zur Komplexitätsreduktion erhalten. Der Arbeit ist daher eine denkbar große Verbreitung zu wünschen. Prof. Dr. rer.pol. Thomas Berndt Vorwort Insbesondere den Menschen, die mich während meiner Promotion unterstützt und ermuntert haben, ist die Fertigstellung dieser Arbeit zuzuschreiben. Daher möchte ich mich an dieser Stelle bei all denjenigen aufrichtig und herzlich bedanken, die mir in den letzten Jahren auf die eine oder andere Weise zur Seite standen. Meine tiefste Wertschätzung gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Thomas Berndt. Seine hervorragenden Denkanstöße und besonnenen Ratschläge halfen mir stets, das Forschungsprojekt kritisch zu hinterfragen, aber auch weiter voranzutreiben. Sein Vertrauen und die Freiheiten, die er mir unter Anderem in beruflicher Hinsicht zugestand, sind keineswegs selbstverständlich. Ihn als Doktorvater zu haben, war und ist mir eine grosse Freude. Ebenso bedanke ich mich bei PD Dr. Markus Will für die Übernahme des Korreferats und das Einbringen des kom- munikationstheoretischen Blickwinkels. Mein Dank gebührt außerdem denjenigen, die mir privat und beruflich den Weg geebnet haben. Besonders genannt seien Dr. Roman Frick und Dr. Alexander Bönner für den Rückhalt seit meinem ersten Tag an der Universität. Für die langjährigen Freundschaften verbunden mit fachlichen Diskussionen, ausdau- erndem Korrekturlesen, aber auch der notwendigen geistigen Zerstreuung bedanke ich mich herzlich bei Carola Hartmann, Susanne De Angelis, Sina Muz, Alice Benndorf, Anne Luyken, Lisa-Mari Maibaum, Laura Stolz, Margari- ta Kim und Olivia Gomez. Beruflich haben Simon Dejung und Thomas Bihrer mir in vieler Hinsicht die notwendigen Rahmenbedingungen für das Gelingen meines Vorhabens geschaffen – vielen Dank hierfür. Der größte Dank gilt abschließend meinen Eltern Maria und Rolf Gerding sowie der ganzen Familie. Sie haben mich in meiner Ausbildung uneingeschränkt unterstützt und gefördert und mich stets ermutigt eigene Wege zu gehen. Mei- nen Eltern ist daher diese Arbeit gewidmet. Anke Gerding Kurzzusammenfassung Der Anhang zur Jahresrechnung ist ein viel diskutiertes Instrument der Unter- nehmenskommunikation. Die regulatorischen Anforderungen führen bei der Anwendung der IFRS oder US GAAP zur Erstellung eines umfangreichen Berichtswerks. Unternehmensseitig müssen hierzu personelle, finanzielle und organisatorische Ressourcen bereitgestellt werden. Der ökonomische Nutzen der Informationsoffenlegung im Anhang ist in Praxis und Literatur allerdings 8ghgumstritten. Daher ist es von Interesse, unter welchen Umständen der Anhang für die Rechnungslegungsadressaten einen Informationswert schafft und wie sich die inhärente Komplexität reduzieren lässt. Diese Fragestellung ist aus Sicht von Investoren und Finanzanalysten als primäre Anspruchsgruppen zu beantworten, weshalb eine umfassende Umfrage durchgeführt wird. Die empirische Auswertung zeigt, dass der Anhang zur Jahresrechnung einen Informationswert hat und als Informationsgrundlage für Investitionsentschei- dungen dient. Implikationen zur Erhöhung des Informationswerts ergeben sich für Standardsetzer, Ersteller und Rechnungslegungsadressaten. Gewisse Infor- mationsbereiche bedürfen einer erweiterten Offenlegung. Hierunter fallen Informationen zu Wertschöpfung und Ertragskraft, zum Aufbau des Unterneh- mens und zu spezifischen Unternehmensrisiken. Auf der anderen Seite stehen Informationsbereiche, deren Eliminierung Raum für Komplexitätsreduktionen bieten würde, wie die Zusammenfassung der angewendeten Rechnungslegungs- standards oder die Erläuterungen zu Pensionsverbindlichkeiten. Diese Änderun- gen bedürfen einer Umsetzung in den Rechnungslegungsstandards. Hierfür bietet sich die Erstellung eines einzelnen, umfassenden Standards zum Anhang zur Jahresrechnung an. Die Ersteller des Anhangs können durch die Wahl des Rechnungslegungsstandards und eine stärkere Fokussierung auf informa- tionsunabhängige Faktoren, wie die Verständlichkeit, Verlässlichkeit und Verfügbarkeit den Informationswert zusätzlich steigern. Rechnungslegungsad- ressaten sollten sich durch die Nutzung mehrerer Kommunikationskanäle und elektronischer Möglichkeiten umfassend informieren. So kann der Informati- onswert des Anhangs durch das Zusammenwirken der relevanten Parteien gesteigert werden, was mit positiven ökonomischen Auswirkungen einhergeht. X Abstract Abstract The notes to the financial statements are a much discussed communication instrument. The regulatory requirements of IFRS or US GAAP lead to extensive reportings. Companies invest significant personnel, financial and organisational resources in the preparation of the notes to the financial statements. Neverthe- less, the economic value of the disclosure in the notes is questioned in practice and literature. Therefore it is of interest which information attributes create value for stakeholders and how inherent complexity of the notes can be reduced. In order to answer this question from the perspective of investors and financial analysts as primary stakeholder a comprehensive survey is conducted. The empirical analysis of the results clearly shows that the notes to the financial statements provide informational value and are used in investment decision making. Implications are drawn for standard setters, preparers and users of the notes. Certain areas of information require additional disclosures. These com- prise information on a company’s value chain and profitability, the organiza- tional structure and specific business risks. The inherent complexity can be reduced through an elimination of redundant areas of information, such as the summary of accounting standards or details on pension liabilities. These changes require an implementation in the accounting standards. The results suggest that the preferred set-up would be one comprehensive standard for the notes to the financial statements. Preparers can improve the information value of the notes with their choice of accounting standards and a stronger focus on non- informational factors such as the understandability, reliability and availability of the disclosures. Users should retain information from multiple channels of corporate communication and also consider technological options. Thus, the information value of the notes to the financial statements can be increased through the cooperation of the relevant parties and is linked to positive econom- ic effects. Inhaltsübersicht Geleitwort .......................................................................................................... V Vorwort ........................................................................................................... VII Kurzzusammenfassung ................................................................................... IX Abstract .............................................................................................................. X Inhaltsübersicht ............................................................................................... XI Inhaltsverzeichnis......................................................................................... XIII Abbildungsverzeichnis .................................................................................. XIX Tabellenverzeichnis ....................................................................................... XXI Abkürzungsverzeichnis ........................................................................... XXVII 1. Einleitung ................................................................................................... 1 1.1. Ausgangslage ....................................................................................... 1 1.2. Zielsetzung ........................................................................................... 2 1.3. Relevanz des Themas ........................................................................... 6 1.4. Aufbau der Arbeit ................................................................................ 7 2. Theoretischer Bezugsrahmen ................................................................. 11 2.1. Anhang zur Jahresrechnung ............................................................... 11 2.2. Anspruchsgruppen ............................................................................. 18 2.3. Ersteller .............................................................................................. 35 2.4. Wirtschaftsprüfung ............................................................................. 44 2.5. Eingliederung in die Unternehmenskommunikation .......................... 49 2.6. Inhalt .................................................................................................. 57 2.7. Regulatorische Grundlagen ................................................................ 91 2.8. Technologische Entwicklungen ....................................................... 105 2.9. Zwischenfazit Kapitel 2 ................................................................... 107 3. Informationswert des Anhangs ............................................................ 109 3.1. Dimensionen des Informationswerts ................................................ 109 3.2. Diskussion in der aktuellen Literatur ............................................... 111 3.3. Messbarkeit ...................................................................................... 126 3.4. Zwischenfazit Kapitel 3 ................................................................... 128