Bisher erschienen: Zur logischen Struktur psychologischer Theorien E. Stephan Band 33: VI, 173 Seiten. 1990. Denken und Fuhlen E. Roth (Hrsg.) Band 32: V, 171 Seiten. 1989 Psychische Beanspruchung durch Wartezeiten in der Mensch-Computer Intel H. Holling Band 31: IX, 174 Seiten. 1989 latent Trait-Modelle fur ordinale Beobachtungen G. Trutz Band 30: XI, 173 Seiten. 1989 Soziale Gehemmtheit und ihre Entwicklung J. Asendorpf Band 29: VI, 294 Seiten. 1989 Vorstellungen und Gedachtnis W,J. Perrig Band 28: V, 195 Seiten. 1988. Erlernte Hilflosigkeit, Handlungskontrolle und Leistung J. Stiensmeier-Pelster Band 27: X, 182 Seiten. 1988 Gedachtnis im Alter M. Knopf Band 26: X, 293 Seiten. 1987 Strukturalistische Theorienkonzeption und empirische Forschung in der Psyct R. Westermann Band 25: VI, 191 Seiten. 1987 Stimmung als Information N. Schwarz Band 24: IX, 141 Seiten. 1987 Kognitive Strukturen des Sprachverstehens A. D. Friederici Band 23: VII, 178 Seiten. 1987 Der Schrei des Neugeborenen: Struktur und Wirkung R. Bisping Band 22: VIII, 172 Seiten. 1986 Simple Modelle fur komplexe Diagnoseprobleme? W, Aufsattler Band 21: VII, 154 Seiten. 1986 Personenwahrnehmung H. W, Bierhoff Band 20: VIII, 548 Seiten. 1986 Lehr- und Forschungstexte Psychologie 34 Herausgegeben von D. Albert, K. Pawlik, K.-H. Stapf und W. Stroebe Martin Eimer In formationsverarbeitu ng und mentale Reprasentation Die Analyse menschlicher kognitiver Fahigkeiten am Beispiel der visuellen Wahrnehmung Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York London Paris Tokyo Hong Kong Autor des Bandes Martin Eimer UniversitAt Bielefeld FakultAt fOr Geschichtswissenschaft und Philosophie Abt. Philosophie Postfach 8640, 0-4800 Bielefeld 1 Herausgeber der Reihe Prof. Dr. D. Albert. UniversitAt Heidelberg Prof. Dr. K. Pawlik. Universitat Hamburg Prof. Dr. K.-H. Stapf. UniversitAt TObingen Prof. Dr. W. Stroebe. Ph.D. UniversitAt TObingen ISBN-13 :978-3-540-52449-6 e-ISBN-13 : 978-3-642-75622-1 001: 10.1007/978-3-642-75622-1 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschOtzt. Die dadurch begrOndeten Rechte, insbesondere die der Obersetzung ,des Nachdrucks ,des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverlilmung oder der Vervielfaltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugs weiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfaltigung dieses Werkes oder von Tellen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der Fassung vom 24.Juni 1985 zulassig. Sie ist grundsatzlich vergotungspflichtig. Zuwider handlungen unterliegen den Strafbestimmunge des Urheberechtsgesetzes. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1990 2116/3140-543210-Gedruckl auf saurefreiem Papier III Oanksagung Die vorliegende Untersuchung ist in den Jahren 1988 und 1989 an der Abteilung Philosophie der Universitiit Bielefeld entstanden. Ich habe dort viel yom kontinuier lichen Gedankenaustausch mit Kollegen und Kolleginnen profitiert, die wie ich an den Fragen aus dem Grenzbereich zwischen Psychologie und Philosophie interessiert sind. Ihnen allen sei gedankt. Wichtige Anregungen verdanke ich einer Reihe von Tagungen und Kongressen, die in den vergangenen Jahren im Bielefelder 'Zentrum fUr interdiszipliniire Forschung' (ZiF) zu Fragen aus der Philosophie des Geistes und der Theoretischen Psychologie stattgefunden haben. Mein Dank gilt vor all em Prof. Peter Bieri fUr sein Interesse an meiner Arbeit und seine konstruktiven Anregungen, Ratschliige und kritischen Anmerkungen wiihrend ihrer Entstehung. Bedanken mochte ich mich auch bei Prof. Wolfgang Prinz. Viele der offenen Fragen und Schwierigkeiten, die sich im Zuge der Beschiiftigung mit dem Thema 'Informationsverarbeitung und mentale Repriisentation' ergeben haben, sind im Gespriich mit Peter Lanz ihrer Kliirung ein wenig niiher gebracht worden. Ihm sei an dieser Stelle daher besonders gedankt. AuBerdem danke ich Frank Mielke fUr wichtige Hinweise urid Verbesserungsvorschliige zu friiheren Fassungen des zweiten Kapitels. Bielefeld, im Januar 1990 Martin Eimer v Inhaltsverzeichnis Einleitung .............................................................................................. 1 1.Kapitel Mentale Fiihigkeiten und Instantiierungserklarungen .................................... 8 1.1. Instantiierungserkliirungen ............................................................................. 9 1.2. Die Analyse kognitiver Kapazitiiten ............................................................... 16 1.3. Interpretativ analysierbare Kapazitiiten und das Computer - Modell ........................ 33 1.4. Symbolmanipulation im digitalen Computer und im kognitiven System ................... 44 1.S. Interpretative Analysen, repriisentationale Gehalte und Psychosemantik ................... S6 2. Kapitel Der Gehalt mentaler Reprisentationen .................................................... 69 2.1. Kausalitiit, Information und Repriisentation ...................................................... 73 2.2. Funktionen und repriisentationale Gehalte ........................................................ 79 2.3. Natiirliche repriisentationale Funktionen .......................................................... 86 2.4. Natiirliche repriisentationale Funktionen als Determinanten repriisentationaler Gehalte: Kritik und Konsequenzen ........................................ 102 3.Kapitel Informationsverarbeitung und Reprisentation im menscblichen visuellen System ........................................................ 109 3.1. Yom Grautonbild zum Perzeptum - Zu den Voraussetzungen einer Instantiierungserkliirung fUr eine komplexe kognitive Kapazitiit .................... 116 3.2. Yom Grautonbild zum 'primal sketch' .......................................................... 132 3.3. Yom 'primal sketch' zur Repriisentation riiurnlicher Eigenschaften distaler Objekte: Stereoskopische Raumwahrnebmung ....................................... ISO VI Schlu6bemerkung ..................................................................................... 166 Anmerkungen ....................................................................................... 170 Literaturverzeichnis ................................................................................ 187 Personenregister .................................................................................... 191 Sachregister ......................................................................................... 193 Quellenangaben ..................................................................................... 195 Einleitung 1 Einleitung Ich stehe am Rand einer StraBe, die ich iiberqueren m6chte und blicke auf die FuBgangerampel, die auf der anderen StraBenseite steht. Die Ampel ist rot. Ich stelle meine Tasche ab, warte einige Sekunden und schaue dann emeut auf die Ampel. Ich sehe, daB sie mittlerweile auf griin umgeschaltet hat, nehme meine Tasche und beginne, die StraBe zu iiberqueren. Welche Erklarung wiirde ein zufalliger Beobachter dieser kleinen Szene flir mein Verhalten am StraBenrand finden? Er wird mir zweifellos bestimmte Wahrnehmungs eindriicke, Wiinsche oder Meinungen zuschreiben, die seiner Ansicht nach flir das von ihm beobachtete Verhalten relevant sind: Ich m6chte die StraBe iiberqueren, sehe, daB die Ampel rot ist, gJaube, daB es gefahrlichlverboten ist, bei rot eine StraBe zu iiber queren, erkenne dann, daB die Ampel nunmehr griin zeigt und entscheide mich darauf hin, die StraBe zu iiberqueren. Fiir den zufalligen Beobachter ist es offenkundig, daB diese von ihm postulierten Wahmehmungen, Meinungen oder Wiinsche die Ursachen flir mein Verhalten sind. Ihre Zuschreibung ermoglicht es ibm gleichzeitig, mein Verhalten als plausibel, rational oder verstandlich erscheinen zu lassen: Wahrnehmungseindriicke, Meinungen oder Wiinsche sind flir den Alltagspsychologen sowohl Ursachen wie auch Griinde flir menschliches Verhalten. Indem der Beobachter auf diese Weise bestimmte kausale Antezedenzien meines Verhaltens postuliert, schreibt er mir eine Reihe spezifischer mentaler Fahigkeiten zu: Er glaubt, daB ich in der Lage bin, die jeweilige Farbe des Ampelsignals wahrzuneh men und eine spezifische Meinung dariiber auszubilden, welche Farbe dieses Signal hat. Er nimmt femer an, daB ich auf der Grundlage einer solchen Meinung situations angemessene Verhaltensentscheidungen zu treffen weiB (rot - > warten ; griin - > gehen). 1m Zuge alltagspsychologischer Verhaltenserklarungen werden verschiedene Typen mentaler Fahigkeiten zugeschrieben: (a) Urn Wahrnehmungsfahigkeiten geht es, wenn davon die Rede ist, daB durch die Konfrontation einer Person mit bestimmten externen Sachverhalten spezifische Wahrnehmungseindriicke oder - meinungen dieser Person hervorgerufen wer den: Ich blicke auf das rote Ampelsignal, nehme dessen rote Farbe wahr und gelange daraufhin zu der Uberzeugung, daB die Ampel rot zeigt. (b) Von Denkfahigkeiten ist die Rede, wenn es urn die Transformation von Mei nungen, Wiinschen und anderen von Alltagspsychologen zugeschriebenen inter nen Zustanden in andere Zustande dieser Art geht: Ich habe den Wunsch, die StraBe zu iiberqueren, glaube, daB das Ampelsignal rot ist, weiB, daB ein Uber queren der Strafie unter diesen Umstanden gefahrlich ist und gelange so zu der Uberzeugung, daB es besser ist, auf das griine Signal zu warten. 2 Einleitung (c) Fiihigkeiten der Verhaltenssteuerung werden zugeschrieben, wenn dargestellt wird, wie auf der Grundlage bestimmter Meinungen und Wiinsche spezifische Handlungsentscheidungen getroffen und in die Tat umgesetzt werden: Ich bin iiberzeugt, daB es besser ist, auf griin zu warten und entscheide mich deshalb darur, die StraBe momentan nicht zu iiberqueren. Erst wenn ich sehe, daJ3 die Ampel nunmehr griin zeigt, treffe ich eine andere Entscheidung und setze sie in die Tat urn, indem ich die StraBe iiberquere. Will der Alltagspsychologe menschliches Verhalten in bestimmten Kontexten erkUiren, so wird er seinen Mitmenschen im Zuge seiner Erkllirung in aller Regel einzelne mentale Flihigkeiten aus jeder dieser drei Kategorien zuschreiben. In der Psychologie wird im Zusammenhang mit den bier beschriebenen mentalen Flihigkeiten oft eine zuslitzliche Unterscheidung getroffen: Von kognitiven Flihigkeiten ist die Rede, wenn der Erwerb und die Veranderung bestimmter Meinungen einer Person oder die Entwicklung neuer Uberzeugungen aufgrund logischer SchluJ3folgerun gen (allgemein: Vorgange des Informationserwerbs und der Informationsverarbeitung) beschrieben werden. Konative Flihigkeiten stehen zur Debatte, wenn es urn die Unter suchung der Rolle von Motiven, Absichten, Wiinschen oder Trieben rur psychologische Prozesse, insbesondere rur die Verursachung von Verhalten geht. Wenn ein Alltagspsychologe seinen Zeitgenossen bestimmte mentale (kognitive oder konative) Flihigkeiten zuschreibt, so scheint er damit die Existenz bestimmter Zustande zu postulieren, die im Innem seiner Mitmenschen vorhanden sein sollen: Er geht davon aus, daB diese Personen bestimmte Wahmehmungseindriicke, Meinungen oder Wiinsche besitzen; die auf bestimmte Weise hervorgerufen werden, auf spezifische Art und Weise interagieren und deren Vorhandensein kausal bestimmte Verhaltenskonsequenzen nach sich ziehen kann.1 Wer einer Person einen bestimmten Wahmehmungseindruck oder spezifische Mei nungen und Wiinsche zuschreibt, sucht damit zu erfassen, wie sich bestimmte Sachver halte in der Welt dieser Person darstellen. Derartige Sachverhalte k6nnen vergangen, gegenwlirtig oder aber in der Zukunft lokalisiert sein: Ich sehe, daB die Ampel momen tan rot ist, erinnere mich, daB ich gestem vor eben dieser Ampel mehr als runf Minu ten lang warten muJ3te und hoffe, daB ich nicht zu split zu meiner in zehn Minuten anstehenden wichtigen Unterredung erscheinen werde. Es ist nicht die objektive Beschaffenheit solcher Sachverhalte, sondem die Art und Weise, in der sie einer Person erscheinen, die nach der Uberzeugung des Alltagspsychologen rur das Verhalten dieser Person kausal relevant ist: Wiirde ich die Ampel irrtiirnlicherweise rur griin halten, so wiirde ich die StraBe ohne Z6gem iiberqueren. Meinungen, Wiinsche, Wahmehmungseindriicke und die anderen von Alltagspsycho logen zugeschriebenen und rur das Zustandekommen menschlichen Verhaltens als kausal verantwortlich angesehenen inneren Zustande sollen als intentionale Zustande bezeichnet werden. Bine Verhaltenserkllirung, in der bestimmte mentale Flihigkeiten postuliert werden und auf die Existenz intentionaler Zustande Bezug genommen wird, ist eine intentionale Erkllirung. Einieitung 3 Intentionale ErkHirungen und die Postulierung intentionaler Zustiinde finden sich nicht nur in der Alltagspsychologie; auch die (kognitive) Psychologie geht heute von der Existenz intentionaler Zustiinde aus. Warum sind kognitive Psychologen daran interessiert, die den alltagspsychologischen Theorien zugrundeliegenden intentionalen Erklarungsmodelle in ihren Begriffsrahmen zu integrieren? Was spricht dafUr, dafi eine wissenschaftliche Psychologie die intentionalen Erklarungen des Common Sense emster zu nehmen hatte als etwa die wissenschaftliche Medizin die friihere 'alltagsmedizi nische' Lehre von den guten und den schlechten Korpersaften? Es gibt gute Griinde, anzunehmen, dafi die Bezugnahme auf systeminteme intentio nale Zustiinde fUr den kognitiven Psychologen unverzichtbar ist, wenn er einzelne mentale Fiihigkeiten des Menschen spezifizieren mochte. Die Suche nach solchen Fahigkeiten ist die Suche nach einer Regularitiit der Form 'Immer wenn die Ereignisse/ Zustiinde At. A2, ... vorhanden sind, folgt ihnen Ereignis/Zustand B nach': Immer dann, wenn eine Person mit Licht einer bestimmten Wellenliinge (einem Ton einer bestimmten Frequenz, einem Druck einer bestimmten Stiirke, etc.) konfrontiert wird, wird sie einen bestimmten Wahrnehmungseindruck B ausbilden. Immer dann, wenn eine Person eine bestimmte Meinung Al und einen bestimmten Wunsch A2 hat, wird sie eine Entscheidung fUr ein Verhalten B treffen und dieses Verhalten dann an den Tag legen.2 Mit der Formulierung einer solchen Regularitiit ('Immer dann, wenn At. A2, ... , Ai in Erscheinung getreten sind, folgt B nach') hat der kognitive Psychologe eine spezifische menschliche mentale Fiihigkeit identifiziert. Die Kenntnis eines solchen Zusammenhangs ermoglicht es ihm, (i) das Auftreten von B durch Verweis auf das Auftreten von At. A2, ... , Ai zu erklaren und (ii) aufgrund des Vorhandenseins bzw. der Abwesenheit der Ereignisse At. A2, ... , Ai das Erscheinen bzw. Nicht-Erschei nen von B zu prognostizieren.3 Wenn ein kognitiver Psychologe menschliches Verhalten prognostizieren oder erklaren mochte, wird er versuchen, seine Aussagen auf Annahmen iiber allgemeine Zusammenhange zwischen bestimmten Antezedens - und Konsequenz - Ereignissen zu stUtzen. Derartige Annahmen sind bislang nur unter Riickgriff auf das aus der Alltags psychologie vertraute intentionale Vokabular formuliert worden - der Versuch, menschliche mentale Fiihigkeiten ohne eine Bezugnahme auf intentionale Zustande zu spezifizieren, geht mit dem Verlust der hier relevanten Regularitiiten einher. Dies sei am Beispiel der psychologischen Erklarung meines eben beschriebenen Verhaltens am Strafienrand verdeutlicht (vgl. Pylyshyn, 1980; 1984, Kap. 1): Beim Versuch, im Zuge einer Erklarung meines Verhaltens vor der Ampel (V) ohne die Bezugnahme auf eine spezifische Wahmehmungsmeinung W (meine durch einen Wahmehmungsvorgang fixierte Uberzeugung, dafi das Ampelsignal rot ist) und andere intentionale Zustiinde auszukommen und stattdessen eine physikalische Beschreibung der objektiv gegebenen Situation S zu liefem, stellt sich heraus, dafi das Vorhandensein einer Situation S als solches weder notwendig noch hinreichend fUr das Zustandekommen von V ist: Eine Reihe physikalisch unterschiedlicher Situationen S2, S3, etc. (z.B. die Situation, in der mich ein Nachbar auf das Rot- 4 Einleitung Sein der Ampel aufmerksam macht) batten in mir die Meinung hervorrufen konnen, vor einer roten Ampel zu stehen und batten somit - unter ansonsten unveriinderten Bedingungen - ebenfalls zur Ausfiihrung von V gefiihrt. Dieselbe physikalisch beschriebene Situation S batte W und in der Folge V nicht hervorrufen konnen, wenn ich die Ampel nicht bemerkt oder nicht die Notwendigkeit eingesehen batte, dem Signal Folge zu leisten. 1m Gegensatz zu meiner Meinung W und anderen intentionalen Zustiinden kann die Beschreibung der objektiven Beschaffenheit von S also nicht als Bestandteil einer der VerhaltenserkUirung zugrundeliegenden Generali sierung angesehen werden. Beim Versuch, mein Verhalten nach dem Umschalten der Ampel auf griin nicht als ein durch bestimmte Motive geleitetes absichtsvolles Tun zu beschreiben, sondern eine nicht - intentionale Charakterisierung desselben zu entwickeln (zum Beispiel durch eine Beschreibung meiner Korperbewegungen oder der in meinem Bewe gungsapparat ablaufenden neurophysiologischen Prozesse), stellt sich heraus, daB dieses Verhalten auf mannigfache Weise realisierbar ist: Eine Vielzahl unterschied licher Korperbewegungen, eine noch gro6ere Anzahl physiologisch beschriebener Prozesse konnen als Instanz eines solchen Verhaltens angesehen werden. Allen diesen - nicht - intentional beschrieben vollkommen unterschiedlichen - Ereig nisabfolgen ist gemeinsam, dafi es sich bei ihnen um die Folge meines Wunsches, die Stra6e sicber zu iiberqueren, und der sich daraus ergebenden Entscheidung, die Stra6e erst in Gegenwart des griinen Ampelsignals zu betreten, handelt. Das in der Generaiisierung als Konsequenz auftretende Ereignis kann also nur unter Bezug nahnie auf intentionale Zusmnde (Wiinsche, Meinungen, Verhaltensentscheidungen, etc.) spezifiziert werden. Die fUr psychologische VerhaltenserkUirungen relevanten Regularitiiten der Form 'Immer dann, wenn Alo A2 ••• auftreten, folgt ihnen V nach' konnen also nur dann formuliert werden, wenn Alo A2, ••• als intentionale Zustiinde beschrieben worden sind. Eine Vielzahl nicht-intentional beschrieben vollkommen unterschiedlicher Vor giinge und Zustiinde mag dieser Regularitiit im Einzelfall zugrundeliegen; die sie ver bindende Gemeinsamkeit wird erst offenbar, wenn die Antezedenzien des Verhaltens intentional spezifiziert werden: Samtliche physikalisch beschriebenen externen Sachver halte, bei deren Anwesenheit ich Verhalten V ausgefiihrt batte, sind dadurch ausge zeichnet, dafi sie in mir eine Meinung W hervorgerufen haben; den diversen Korper bewegungen und Vorgiingen in meinem motorischen Apparat ist gemeinsam, dafi sie die Realisierung meiner Handlungsabsicht 'sichere Sta6eniiberquerung' darstellen. Ohne die Zuschreibung intentionaler Zusmnde ware auch die Vorbersage mensch lichen Verhaltens kaum jemals moglich (vgl. Dennett, 1981b, S.6Sf.): Es ist sowohl einfacher wie auch in aller Regel verlii.6licher, einer Person zwecks Prognose ihres kUnftigen Tuns bestimmte in einem gegebenen Kontext plausible intentionale Zusmnde zuzuschreiben oder sie einfach nach ihren Absichten und ihrer Einscbatzung der momentanen Situation zu fragen, um dann auf der Grundlage bestimmter psychologi scher 'Regularitiiten menschlichen Verhaltens' iiber ihr weiteres Tun zu spekulieren, als