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In-vitro-Fertilisation — ein umstrittenes Experiment: Fakten · Leiden · Diagnosen · Ethik PDF

113 Pages·1991·5.369 MB·German
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Christina Hölzle . Urban Wiesing In-vitro-Fertilisation - ein umstrittenes Experiment Fakten· Leiden· Diagnosen· Ethik Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York London Paris Tokyo Hong Kong Barcelona Dr. phil. Christina Hölzle Institut für Medizinische Psychologie Domagkstraße 3, 4400 Münster Dr. med. Urban Wiesing Institut für Theorie und Geschichte der Medizin Waldeyer Straße 27, 4400 Münster ISBN-13: 978-3-540-53183-8 e-ISBN-13: 978-3-642-76096-9 DOI: 10.1007/978-3-642-76096-9 CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Hölzle, Christina: In-vitro-Fertilisation - ein umstrittenes Experiment; Fakten. Leiden, Diagnosen, Ethik/Christina Hölzle; Urban Wiesing.-Berlin; Heidelberg; New York; Lon don; Paris; Tokyo ; Hong Kong ; Barcelona: Springer, 1991 NE: Wiesing, Urban: Dieses Werk ist urheberrechtlieh geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der VervieWiltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugs weiser Verwertung, vorbehalten. Eine VervieWiltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der je weils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlun gen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1991 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. 2119/3130-543210 - Gedruckt auf säurefreiem Papier Vorwort Wie vieles im Leben, so entstand auch dieses Buch aus einer Verknüpfung von Zufällen: Der Umstand, nur wenige Meter räumlich getrennt an einer Fakultät mit gleichen Intentionen über ähnliche Fragestellungen zu forschen, und der gemeinsame Wunsch, einen Diskussionsbeitrag zur In-vitro-Fertilisation leisten zu wollen, begründeten dieses »joint venture«. Frau Hölzle ist Herrn Prof. Dr. Frido Mann für die großzügige Bereitstellung der Arbeitsbedingungen am Institut für Medizinische Psychologie zu Dank verpflichtet. Herr Wiesing ist Herrn Prof. Dr. Richard Toellner und Frau Prof. Dr. Nelly Tsouyopoulos für die stets gewährte Unterstützung, die fruchtbaren Diskussionen und zahlreichen Anregungen zu Dank verpflichtet. Er dankt der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die großzügige Unterstützung des Projektes "Ethikbedingungen in der Gen- und Reproduktionstechnologie" am Institut für Theorie und Geschichte der Medizin der Universität Münster. Frau Sabine Meyer, Herr Wigbert Dorna, Herr Richard Nawezi, Herr Ralf Herpolsheimer und Herr Rainer Hage haben uns vielfältige technische Hilfe geleistet. Frau Christa Farwick und Herr Dr. Thomas Schnalke haben das Manuskript korrigiert. Ihnen allen sei herzlich gedankt. In diesem Buch ist als Sammelbegriff für beide Geschlechter häufig von Ärzten und Patienten die Rede, obwohl wir korrekterweise von Ärztinnnen und Ärzten, Patientinnen und Patienten sprechen müßten. Aus Gründen der Lesbarkeit haben wir auf die ausführliche Schreibweise verzichtet. Wir widmen dieses Buch Bärbel, Eva und Thomas. Münster, im August 1990 Christina Hölzle Urban Wiesing Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung. ........................................................................................................ 1 2 Die Fakten ........................................................................................................ 7 2.1 Die Erfolge ...................................................................................................... 8 2.1.1 Die Erfolge und ihre Bezugsgrößen ............................................................. 9 2.1.2 Die wissenschaftliche Absicherung der Erfolge ........................................ 12 2.1.3 Aufklärung der Patienten anband der Erfolge .......................................... 15 2.2 Risiken und unerwünschte Wirkungen der IVF ....................................... 16 2.2.1 Risiken der Hormonbehandlung. ................................................................ 18 2.2.2 Risiken der Ultraschalluntersuchung ......................................................... 19 2.2.3 Risiken der Follikelpunktion und des Embryo-Transfers ....................... 21 2.2.4 Risiken der Laborkultivierung ..................................................................... 22 2.2.5 Schwangerschaft, Geburt und die Gesundheit der IVF-Kinder ............. 23 3 Das Leiden ..................................................................................................... 27 3.1 Das Leiden an ungewollter Kinderlosigkeit .............................................. 27 3.2 Die psychischen Folgen der Sterilitätsbehandlung ................................... 32 3.2.1 Das Erleben der IVF-Behandlung. ............................................................. 34 3.3 Einwände aus psychosomatischer Sicht ..................................................... 40 3.3.1 Befunde bei schließlich erfülltem Kinderwunsch ..................................... 41 3.3.2 Sterilität als psychosomatischer Schutzmechanismus .............................. 42 4 Die Diagnosen ............................................................................................... 47 4.1 Die Funktion der Diagnose ......................................................................... 48 4.1.1 Die Struktur der Krankheitsbegriffe .......................................................... 49 4.1.2 Die Diagnosen in der Reproduktionsmedizin ........................................... 50 4.1.3 Analyse der Einzeldiagnosen. ...................................................................... 53 4.1.4 Kausalität und Diagnose .............................................................................. 53 4.1.5 Die therapeutischen Konsequenzen ........................................................... 55 4.2 Die idiopathische Sterilität .......................................................................... 56 4.2.1 Die begriffliche Konfusion ........................................................................... 57 VIII Inhaltsverzeichnis 4.2.2 Pathologisch oder physiologisch? ................................................................ 62 4.2.3 Krankheit oder Symptom? ........................................................................... 63 4.2.4 Zum Problem der Schutzreaktion .............................................................. 64 4.2.5 Das Wesen medizinischer Theorien ........................................................... 67 4.2.6 Therapeutische Haltungen bei unerklärlicher Sterilität .......................... 68 4.3 Die andrologische Indikation ...................................................................... 70 4.3.1 Männliche Subfertilität und StreB ............................................................... 72 4.3.2 Die Folgen der Unfruchtbarkeitsbehandlung bei Männern ....................7 3 4.3.3 Die Verbreitung der IVF bei andrologiseher Indikation ......................... 74 5 Die Ethik ........................................................................................................ 77 5.1 Die In-vitro-Fertilisation und der Hippokratische Eid ............................ 78 5.1.1 Die diagnostische IVF .................................................................................. 81 5.2 Die In-vitro-Fertilisation und die Deklaration von Helsinki ................... 83 5.2.1 Die Verbreitung der IVF ............................................................................. 85 5.2.2 Zum Problem der experimentellen Vorsicht ............................................ 87 6 Zusammenfassung ................................................................................ 91 7 Literatur. ........................................................................................................ 97 1 Einleitung Im Gegensatz zu vielen anderen medizinischen Entwicklungen scheint sich eine uneingeschränkte Akzeptanz bei der In-vitro-Fertilisation (IVF) nicht einstellen zu wollen. Eine menschliche Eizelle außerhalb des weiblichen Körpers zu befruchten, bleibt umstritten, obwohl sich die Methode weltweit verbreiten und im Repertoire der modernen Reproduktionsmedizin etablieren konnte und obwohl bis Ende 1988 schätzungsweise 12000 Kinder im Reagenzglas gezeugt worden sind (Coutts 1988, S. 1). Während viele Betreiber von einer Routine behandlung sprechen und die ethischen Probleme lediglich in Erscheinungen wie der Leihmutterschaft oder der Forschung an menschlichen Embryonen sehen, scheint diese Einschätzung die Gegner und Skeptiker keineswegs zufrie denzusteIlen. Die IVF wird in ihrer ethischen Dimension unvermindert leben dig und kontrovers diskutiert. Dabei mangelt es keineswegs an Verlautbarungen von staatlichen, kirchlichen und standesrechtlichen Organen. Zwischen 1979 und 1987 sind weltweit minde stens 84 Stellungnahmen von Kommissionen der verschiedensten Zu sammensetzungen zu zählen (Walters 1987, S. 4). Bis auf die der Feministinnen und die der katholischen Kirche erachten die wichtigsten unter ihnen die homologe In-vitro-Fertilisation als Therapie des unerfüllten Kinderwunsches bei bestimmten Indikationen prinzipiell für ethisch unbedenklich. Ernste Meinungsverschiedenheiten ergeben sich bei der Frage der Leihmutterschaft, der heterologen IVF (mit Spendersamen oder -eizelle), der IVF bei unver heirateten Paaren, bezüglich der Embryonenforschung und zu Fragen der Kommerzialisierung. Als Therapie bestimmter Formen der ungewollten Kinderlosigkeit wurde die IVF von den Kommissionen weltweit akzeptiert. Auch die Bundesärztekammer, deren Richtlinien zur In-vitro-Fertilisation im internationalen Vergleich sicher als eher restriktiv einzustufen sind, konstatiert: "Sie [die IVF] ist in geeigneten Fällen medizinisch und ethisch vertretbar, wenn bestimmte Zulassungs- und Durchführungsbedingungen eingehalten werden." (BÄK 1988, S. 16) Mit dieser Feststellung will sich die folgende Untersuchung eingehender befassen: Wir wollen genauer nachfragen, ob - wie vielfach behauptet - die In- 2 1 Einleitung vitro-Fertilisation als "therapeutisches Verfahren keine besonderen medizin ethischen Probleme aufwirft" (Bayertz 1987, S.285). Um es gleich zu sagen: Wir sehen bei der »normalen« IVF durchaus ethische Probleme, und zwar in einem Bereich der medizinischen Ethik, der sehr wohl normiert ist und keines wegs nur für die IVF gilt. Uns geht es um die ethischen Fragen der ärztlichen Tätigkeit schlechthin. Sie betreffen den Umgang mit dem Leiden, die Aufklä rung der Paare, die Inkaufnahme von unerwünschten Wirkungen und die Entscheidung zu einer Therapie oder einem klinischen Versuch aufg rund probabilistischer Risiko- und Erfolgsabschätzungen. Auf diesen Komplex von Fragen hat die Ärzteschaft vornehmlich mit zwei selbstgegebenen Codices geantwortet: für die therapeutische Ethik gilt nach wie vor die Tradition des Hippokratischen Eides, wie sie sich im Ärztegelöbnis der bundesdeutschen Berufsordnung manifestiert. Im Bereich der klinischen Expe rimente wurde die revidierte Deklaration von Helsinki aus dem Jahre 1964 durch Übernahme der Landesärztekammern zu Standesrecht erhoben. Wir wollen untersuchen, wie auf diese normativen Sätze bei der Einführung der IVF zurückgegriffen wurde und wollen die Praxis der IVF mit diesem Regelwerk für ärztliche Handlungen vergleichen. Gerade weil die hippokratische Ethik tradition und die überarbeitete Deklaration gleichermaßen für alle ärztliche Handlungen gelten, eröffnen sie eine fruchtbare Perspektive, unter der man die IVF betrachten sollte. Wir beabsichtigen damit auch zu fragen, wie sich eine neue, von spektakulären Begleiterscheinungen geprägte Technologie und der fundamentale ethische Bereich ärztlicher Tätigkeit wechselseitig beeinflussen. Methodisch haben wir versucht, weitestgehend auf akzeptierte und im wissen schaftlichen Kollektiv anerkannte Ergebnisse zurückzugreifen. Der größte Teil der herangezogenen Daten und Kommentare stammt aus den weltweit führen den Zeitschriften und Lehrbüchern. Es lag uns daran, unsere empirischen Informationen, so weit wie möglich, Quellen zu entnehmen, die nicht in einer offenen Gegnerschaft zur In-vitro-Fertilisation stehen. Wir waren der Meinung - und sehen sie rückblickend bestätigt -, daß die innerhalb der Medizin akzep tierten Ergebnisse genügend Anhaltspunkte liefern für eine ertragreiche Unter suchung unter den genannten Schwerpunkten. Neben den Absichten und den Methoden erscheint es uns geboten, auch die Voraussetzungen dieser Untersuchung darzulegen, vor allem, um Mißverständ nisse zu vermeiden. Wer sich mit medizinischer Ethik beschäftigt, ist gut bera ten, sich über die Aufgaben dieser Disziplin in bezug auf die ärztliche Tätigkeit Klarheit zu verschaffen. Nach Wolfgang Wieland, auf dessen medizintheore tische Ausführungen wir an mehreren Stellen zurückgreifen werden, hat sie zwei verschiedene Funktionen zu erfüllen. "Einmal muß sie sich um die Nor mierung der Ziele und Erfolge bemühen, die der Handelnde intendieren soll. Zum anderen ist sie jedoch gehalten, auch die Probleme auf der normativen Ebenen zu bewältigen, die sich für den Handelnden daraus ergeben, daß er die Erfüllung seiner Intentionen nicht garantieren kann." (Wieland 1986, S. 45) Der letzte Satz beinhaltet sowohl das Ausbleiben des gewünschten Erfolges als auch 1 Einleitung 3 das Eintreten unerwünschter Wirkungen, zumeist nicht ganz korrekt als Nebenwirkungen klassifiziert. Nach dieser Unterscheidung ist von uns ZU erklären, welche anzustrebenden Ziele wir im Bereich der Reproduktionsmedizin voraussetzen. Wir erachten eine ungewollte Kinderlosigkeit als einen behandelnswerten Zustand, wenn die Betroffenen eine solche Behandlung wünschen. Einer fatalistischen Haltung, die Kinderlosigkeit als "Gelegenheit für eine besondere Teilnahme am Kreuz des Herrn" (Kongregation 1987, S.27) betrachtet, ist als Ausdruck religiöser Überzeugung Respekt und Anerkennung zu zollen. Als Grundlage einer ärzt lichen Ethik in einer pluralistischen und säkularen Gesellschaft eignet sie sich unseres Erachtens nicht, angemessene Handlungen zu veranlassen. Außerdem gehen wir davon aus, daß man kaum stichhaltige Argumente fmden wird, die einen technologischen Eingriff in die menschliche Fortpflanzung kategorisch und überzeugend abzulehnen vermögen. Auch der vor allem von feministischer Seite vorgebrachte Einwand, Unfruchtbarkeit sei als gesellschaftliches Problem und nicht als Krankheit zu behandeln, liefert zwar einen wichtigen Beitrag, indem er hervorhebt, daß die Bewertung der ungewollten Kinderlosigkeit von sozialen Normen geprägt wird. Jedoch läßt sich das normative Problem »Soll man Unfruchtbarkeit behan deln?« nicht per defmitionem umgehen. Ob man nun das Phänomen Unfrucht barkeit als Krankheit bezeichnet oder nicht (wie es sich durchaus bei einigen Formen fragen läßt), es steht auch für die Gegnerinnen der IVF außer Zweifel, daß die Betroffenen unter der Kinderlosigkeit leiden und Hilfe brauchen. Unserer Meinung nach ist die Zeugung und Geburt eines Kindes - auch durch technologische Eingriffe ermöglicht - als eines von verschiedenen denkbaren Therapiezielen anzusehen. Die zweite Aufgabe ärztlicher Ethik betrifft die Frage, mit welcher Haltung, mit welchem Ethos ein Ziel angestrebt werden soll angesichts der prinzipiellen Ungewißheit, es auch zu erreichen. Dieser Aspekt wurde in der ethischen Diskussion um die IVF bislang eher spärlich berücksichtigt. Die Reproduk tionsmedizin befmdet sich in einem für die Medizin typischen Dilemma: Sie kann ihren angestrebten Erfolg zumeist nicht garantieren. Nur wenige Erkran kungen erlauben eine exakte Prognose des behandelten wie auch des unbehan delten Krankheitsverlaufes. Aus dieser genuin ärztlichen Situation ergibt sich für uns die Frage, wie bei der IVF auf dieses Dilemma reagiert wurde. Wenn man eine ungewollte Kinderlosigkeit als einen behandelnswerten Zustand erachtet, so kann und darf daraus keineswegs die Legitimation zu beliebigen Maßnahmen gezogen werden. Gerade die Situation der prinzipiellen Unsicher heit verlangt Umsicht und Reflexion, sie fordert eine adäquate Haltung des Arztes. "Damit ist der systematische Ort bezeichnet, der in der traditionellen Ethik den Tugenden zugewiesen ist. Sie sind allesamt normierte Haltungen und Einstellungen, die zu kultivieren jedem zum Handeln befähigten Individuum geboten ist." (Wieland 1986, S.48) Unsere Untersuchung verfolgt zwei Ziele: zum einen aufzuzeigen, welche Haltung bei der Entwicklung, Verbreitung und 4 1 Einleitung in der Praxis der IVF eingenommen wurde, und zum zweiten die Bedingungen für das Geschehene zu analysieren und darzustellen. Aus dieser Vorgabe ergibt sich die Struktur unseres Vorgehens: Zunächst ist zu klären, in welchem Umfang das angestrebte Ziel bei der IVF erreicht wird, welche unerwünschten Wirkungen in Kauf genommen werden und welche Haltung die Medizin bei der Verbreitung der IVF und beim Umgang mit dem Risiko eingenommen hat. Dabei wird es notwendig, das bisherige Zahlenmaterial ausführlich zu analysieren Im dritten Kapitel werden wir uns dem "Leiden" zuwenden. Ein Paar ersucht in der Regel um ärztliche Hilfe, weil es unter der Kinderlosigkeit leidet. Demgemäß ist das Leiden als das konstitutive Element für eine Arzt-Patient Beziehung im Falle des unerfüllten Kinderwunsches genauer zu untersuchen und zu verstehen. Im Anschluß stellt sich die Frage, inwiefern dem Leidenden sowohl mit den Maßnahmen als auch mit dem Ziel reproduktionsmedizinischer Bemühungen, mit einem Kind, geholfen ist. Das vierte Kapitel widmet sich der Frage, wie die theoretischen Strukturen der Medizin bei der Aufarbeitung des Problems »Unfruchtbarkeit« die Entscheidung für eine bestimmte Therapie präformieren. Zu diesem Zweck haben wir die Diagnosen und die Indikationen im Falle der IVF zu hinterfragen und ihre Konsequenzen für die Paare zu verdeutlichen. Das fünfte Kapitel untersucht, inwieweit die Praxis der IVF mit der revidier ten Deklaration und der hippokratischen Ethiktradition zu vereinbaren ist. Sofern wir einen Schwerpunkt unserer Ausführungen auf die Analyse der Bedingungen bisheriger IVF-Praxis legen, geschieht dies mit folgender Absicht: Wir gehen davon aus, daß die im Zusammenhang mit der humanen Reproduk tionstechnologie aufgeworfenen ethischen Fragen unlösbar bleiben, solange nicht die Bedingungen, unter denen sie aufgeworfen wurden, auch als die Bedingungen ihrer Beantwortung akzeptiert werden. Perspektiven für frucht bare und weiterführende Antworten lassen sich nur gewinnen, wenn diese Bedingungen selbst zum Gegenstand ethischen Abwägens und Urteilens gemacht werden. Wir sehen diese Bedingungen vornehmlich in drei Bereichen: in der Eigendynamik medizinischer Technologien, in den methodologischen Präferenzen der modemen Medizin und im zugrundeliegenden anthropo logischen Leitbild. Die Verbindung zwischen ihnen und dem ethischen Diskurs herzustellen, erachten wir als ein wichtiges Ziel. Am Beispiel der In-vitro-Ferti lisation beabsichtigen wir zu untersuchen, inwieweit die technologische Entwicklung und die Struktur der modemen Medizin die alltägliche ärztliche Tätigkeit in ihrer ethischen Dimension beeinflußt. Dabei verfolgen wir ein Ansinnen, das stets von denjenigen angesprochen wird, die sich eindringlich mit den theoretischen Fundamenten der Medizin beschäftigen. "Es zeigt sich, daß man das Problem einer Ethik in der Medizin nicht adäquat diskutieren kann, solange man die Verantwortung der Ärzte für die Theorien, Konzepte und Modelle der Medizin ignoriert." (v. Uexküll/Wesiak 1988, S. X) Nach unserer festen Überzeugung ist die In-vitro-Fertilisation als eine von vielen denkbaren Antworten auf das Problem des unerfüllten Kinderwunsches

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