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Im Zeichen des Adlers PDF

127 Pages·2011·0.81 MB·German
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Im Zeichen des Adlers von Timothy Stahl Schon seine Taufe machte ihn zu einem Besonderen seiner Art: Der Mond verbarg sich im Schatten der Erde, als der Arapaho-Indianer vor Jahrhunderten durch den Trank aus dem Lilienkelch zum Vampir wurde. Durch die Verbundenheit mit seinem Totemtier gelang es Hidden Moon jedoch, den dunklen Trie- ben zu entsagen. So lebte er in Einklang mit der Na- tur – bis das Böse nach ihm griff … Seither ist er der gefährlichste aller Vampire. Und er steht erst am Anfang seines Weges in eine Zu- kunft, wie sie dunkler nicht sein könnte. Denn sein Herr ist der Leibhaftige! Was bisher geschah … Bei der Flucht aus den Gefilden der Hölle – eine Dimension, die einst durch den Fall des Engels Luzifer entstand – werden die Per- sönlichkeiten von Lilith Eden und ihrem ärgsten Feind Landru ge- löscht; sie wissen nicht einmal mehr, daß sie Vampire sind! Während Lilith in Australien nach Spuren ihrer Herkunft sucht, taucht Gabriel, eine Inkarnation Satans, bei Landru auf. Er schließt einen Pakt mit ihm und gibt ihm die Erinnerung zurück. Von der Werwölfin Nona erfährt Landru, daß der Dunkle Dom, die Heimstatt der Hüter, zerstört ist! Er muß in Erfahrung bringen, was dort geschah – schließlich war er selbst einer jener Hüter, die mit dem Lilienkelch das Geschlecht der Vampire verbreiteten. Zuvor aber kümmert er sich um Lilith; mit ihr hat er besondere Pläne. Der- weil erwacht im Dunklen Dom der letzte überlebende Kelchhüter: Anum, der damals auch der erste Hüter war. Landru offenbart Lilith, daß sein Gedächtnis zurückgekehrt ist. Er gibt vor, sich auch an ihre Identität zu erinnern: In Mittelamerika gäbe es eine Stadt, in der ihre gemeinsamen Kinder auf sie warteten. Diese Stadt – Mayab – ist mit Kelchmagie von der Umwelt abge- schirmt. In ihr leben Maya noch so wie vor einem halben Jahrtau- send. Doch etwas in Lilith wehrt sich gegen die von ihr verlangten Grausamkeiten, und so zieht sie sich gleichermaßen den Zorn Land- rus, den Unmut ihrer »Kinder« … und die Sympathien der Maya zu, für die sie zum Hoffnungsträger wird. Zu lange schon hat Landru sich mit seiner Erzfeindin befaßt; nun bricht er zum Ararat auf. Doch Anum hat den Dom bereits verlassen. Aus der EWIGEN CHRONIK, der Geschichtsschreibung des Bösen, erfuhr er von Landrus Machtgelüsten und Versagen. Nun will er das Schicksal seines Volkes in die eigenen Hände nehmen. Um die CHRONIK zu schützen, füllte Anum den Dom mit Säure und ließ einen Wächter zurück. Landru tappt in die Falle, erringt letztendlich aber das Buch. Er selbst kann die Schrift darin nicht lesen, weiß aber, daß Lilith diese Fähigkeit besitzt. In Mayab spitzt sich die Situation zu. Liliths Einsatz für die Bevöl- kerung ermutigt die Widerstandsbewegung der Tiefen, einen Schlag gegen die Tyrannen zu führen. Landrus Rückkehr beendet die Re- bellion, die nur vier der Tyrannen überleben, auf drastische Weise. Dann zwingt er Lilith unter Hypnose, ihm aus der EWIGEN CHRO- NIK vorzulesen. Doch seine Frage nach dem Wirken des Satans en- det im Fiasko: Plötzlich beginnt Lilith, von einer fremden Macht be- seelt, das Buch zu zerstören! Und das ist nicht alles! Der Weltenpfei- ler, der das Gewölbe über Mayab stützt, flackert – die Welt ist dem Untergang geweiht! Landru und Nona fliehen aus Mayab; Lilith bleibt mit der CHRO- NIK zurück. Nun kann sie zwar darin lesen und ihre Herkunft er- fahren, doch was nutzt es ihr im Angesicht des sicheren Todes? Da taucht Gabriel bei ihr auf – und bietet auch Lilith einen Pakt an. Sie hat keine Wahl, will sie überleben. So sichert sich die Inkarnation Satans auch ihre Loyalität … Vor zwölf Monden South Dakota, am oberen Missourilauf Makootemane hatte seinen Tod vorausgeahnt. Nun spürte er ihn ganz nahe – aber der alte Indianer unternahm nichts, um sich seiner zu erwehren. Nur die Hände hob er, matt und müde, doch die Be- wegung war kaum mehr als ein Reflex. Beeindrucken ließ sich das schwarzhaarige Weib davon nicht – und auch nicht aufhalten. Mit regloser Miene ergab sich Makootemane in sein Schicksal. Geradezu gleichgültig mußte er jedem anderen erscheinen. Tatsächlich aber nahm der Häuptling auf seine ganz eigene Weise Abschied von diesem Dasein … noch bevor Lilith Eden ihm jene Art des Todes bescherte, die selbst die Unsterblichkeit eines Vampirs be- endet. Das morsche Knirschen seiner brechenden Nackenwirbel war das letzte Geräusch, das Makootemane in seinem über dreihundertjähri- gen Leben vernahm. Im Grunde hörte er es nicht einmal mehr rich- tig – der Laut drang wie von fern zu ihm, und der Schmerz, der mit dem Genickbruch doch unweigerlich einhergehen mußte, blieb gänzlich aus; als erfahre ein ganz anderer diesen Tod, nicht aber der uralte Arapaho selbst. Makootemane sah, wie sein Fleisch mürbe wurde und sich von den Knochen löste, zu flockigem Staub zerfiel, wie alles Organische des Körpers und letztlich auch die Knochen zu Asche wurden – aber er spürte nichts von alledem. Was sterblich war an ihm, ging den Weg alles Irdischen, jetzt end- lich, nachdem es der Natur so lange Zeit widerstanden hatte. Binnen weniger Sekunden forderte sie ein, worum sie über Jahrhunderte be- trogen worden war. Das Unsterbliche in Makootemane indes, sein wahres und tiefes Wesen, blieb unberührt davon. Es löste sich aus dieser Welt und trieb davon, nach oben und zu allen Seiten hin zur gleichen Zeit. Das Dorf seines Stammes verschwand in der Tiefe sowie in der Fer- ne zugleich. Doch dem Alten war nicht weh darum. Er hatte um seinen Tod ge- wußt und Zeit gehabt, sich auf den endgültigen Abschied vorzube- reiten. Nichts, hatte er unternommen, um das Sterben abzuwenden. Nicht noch einmal hatte er die Pfade des Schicksals umleiten wollen – wie er es damals getan hatte, vor über dreihundert Jahren … … als Landru den Stamm der Arapaho aufgesucht hatte. Zunächst hatte der Hüter des Lilienkelchs damals Makootemane aus dem Kelch zu trinken gegeben, von seinem eigenen schwarzen Blut. Als der Häuptling daran gestorben und dann als Vampir wie- dererstanden war, hatte der Hüter des Unheiligtums zwölf Kinder des Stammes auserwählt und sie mit Makootemanes nunmehr eben- falls geschwärztem Blut getauft. Aber Makootemane, Oberhaupt dieser neugeschaffenen Sippe, hinterging den Hüter: Indem er seinem Adler heimlich vom Kelch- blut zu trinken gab, gelang es ihm, sich mit der reinen Seele des Tie- res zu verbinden und dadurch das Böse zu überwinden. Seine vam- pirischen Kinder folgten seinem Beispiel, und so lebten die Arapa- ho-Vampire fortan in einer Art Symbiose mit den Menschen, denen sie nur soviel Blut abverlangten, wie sie zum Überleben brauchten – und ohne mit ihrem Biß je zu töten.* So waren die Dinge also über drei Jahrhunderte in für Vampire ungewöhnlichen und ruhigen Bahnen verlaufen. Die Arapaho-Sippe hatte ihr geheimes Dasein geführt, unberührt von dem, was jenseits der Grenzen ihrer Jagdgründe vorging – – bis ein todbringender Keim Makootemane infiziert hatte: der Keim jener Seuche, zu deren Träger alle vampirischen Sippenober- häupter der Welt wurden. Ohne allerdings selbst daran zu sterben. *siehe VAMPIRA T06: »Der Atem Manitous« Doch sie übertrugen den Keim auf ihre Kinder, und die hatten je- nem Zorn Gottes nichts entgegenzusetzen, gingen elend daran zu- grunde. Makootemane jedoch war diesem Schicksal auf seine ganz eigene Weise begegnet, um seinen Stamm vor dem Niedergang zu bewah- ren. Auf spiritueller Ebene hatte er sich der Bedrohung gestellt. In der Gestalt seines Totemtieres, des Adlers, hatte er den Kampf ge- gen den Purpurdrachen, der die Traumgestalt der Seuche gewesen war, gewonnen – – und ihn mit dem Verlust seiner Kräfte bezahlt … So war er letztlich ein leichtes Opfer für Lilith Eden gewesen, die unter dem bösen Einfluß des Seuchenkeims über Makootemane her- gefallen war und ihn getötet hatte.* Nun, seinen Körper zumindest. Makootemanes Geist indes entkam dem Tod. Er floh aus dieser Wirklichkeit, als trügen magische Adlerschwingen ihn fort; er ritt auf dem Wind, und schließlich kam es ihm vor, als würde er selbst Teil des Windes – mehr noch: Teil all dessen, was die Natur und ihre Gewalten und Wunder ausmachte. Der Arapaho glaubte sich mit der Welt selbst verschmolzen, eins geworden – – und mußte doch schon im nächsten Moment erkennen, daß dem nicht so war. Ganz und gar nicht! Die Brise, die ihn bis eben noch sanft getragen hatte, gewann un- vermittelt an Kraft, wuchs sich zu einem Sturm aus, der mit unsicht- baren Klauen nach Makootemanes körperlosem Wesen schlug, dar- an zerrte und es zu zerreißen drohte. Im wörtlichen Sinne hin und hergerissen fühlte er sich. Trotzdem ihm Schmerz noch immer fremd war, schrie der Arapaho auf, freilich stumm – und doch wur- de der Sturmwind davon noch angefacht! Alles um seinen Geist her schien in irrem Brodeln und Wirbeln zu vergehen, und schließlich fühlte auch er selbst sich davon erfaßt, als *siehe VAMPIRA T12: »Totem des Bösen« schlürfe ihn eine gestaltlose Monstrosität in ihren Schlund. Makootemane hatte dem Sog nichts entgegenzusetzen außer der Macht seines Geistes. Er dachte an Widerstand, versuchte sich bild- lich vorzustellen, wie er gegen die fremden Kräfte ankämpfte. Und tatsächlich gewann er ein klein wenig an Boden. Für einen zeitlosen Moment ließ das Zerren und Ziehen von ihm ab, tobten die Gewal- ten nur um ihn herum, ohne ihn anzurühren. Und in diesem Moment entdeckte der Alte das Licht. Nicht auf die Art, in der ein Mensch sieht. Dieses Licht zu sehen, dazu bedurfte es keiner Augen. Makootemane erfaßte es, begriff und verstand es. Wußte schlicht, was es verhieß. Erlösung. Ruhe. Ewigen Frieden. Dieses Licht mußte sein Ziel sein. Denn jenseits davon, und auch das wußte er plötzlich mit untrüglicher Gewißheit, lag das Land sei- ner Ahnen, jenes Reich, in dem alle Geister sich wiederfanden, wenn der Tod sie vom Leib geschieden hatte. Die Legenden seines Volkes berichteten von diesem Land, und Makootemane hatte sie nie vergessen. Auch nach seinem ersten Tod, den er als Vampir überwunden hatte, waren diese Legenden in ei- nem Winkel seiner Erinnerung geblieben. Und er hatte in dreihun- dert Jahren die Hoffnung nicht verloren, irgendwann Einlaß zu fin- den in jenes Land, von dem es in den Geschichten der Weißen hieß, die Indianer würden es die Ewigen Jagdgründe nennen. Obwohl es so etwas wie Entfernung für Makootemane nicht mehr gab, nicht hier zumindest, lag das Licht doch unendlich weit weg. Dennoch würde ihm ein Gedanke genügen, es zu erreichen. Er stell- te sich vor, wie es sein mußte, darauf zuzutreiben. Gleißend hell war es schon jetzt, ungleich strahlender als die Son- ne am heißesten Tag, und vom reinsten Weiß, wie Makootemane es auf Erden nie gesehen hatte; und mit jedem Stück, um das er dem Licht näherkommen würde, mußte seine leuchtende Kraft noch zu- nehmen. Bis ihn schließlich eine Macht ergreifen und leiten würde, die ihn in das Licht hineintrug, auf daß er in das Land jenseits davon einging … Aber so geschah es nicht. Wohl fühlte Makootemane sich von einem Sog erfaßt, doch der brachte ihn dem Licht nicht näher, sondern ließ es weiter abrücken. Weil die fremde Kraft von anderswo nach ihm langte, kalt und bei- ßend, und seinen Geist zu sich hinabzerrte – – dorthin, wo das Gegenstück des Lichtes lauerte: etwas wie ko- chende Finsternis, sturmdurchwühlten Wolken in dunkelster Nacht gleich. Makootemane mühte sich, der Anziehungskraft des lichtlosen Schlundes zu entkommen. Er stellte sich vor, gegen den eisigen Strom zu schwimmen, der diesem Moloch zufloß. Alle Kraft seines Geistes verwandte er darauf. Und wirklich wurde seine Anstren- gung mit Erfolg belohnt – wenn auch nur mit geringem: Denn ob- wohl es ihm gelang, Abstand zu halten zu der brodelnden Finster- nis, kam er doch auch dem Licht nicht näher. Der Geist des Arapaho hing wie gebannt dazwischen. War gefan- gen zwischen … Himmel und Hölle? Der Gedanke schien ihm ebenso banal wie absurd. Und daß er nicht wirklich zutraf, erfuhr er im nächsten Moment. Tatsächlich nämlich gestaltete sich seine Situation um vieles mißlicher, vielfälti- ger in gewissem Sinne: Denn es gab nicht allein zwei Pole, zwischen denen er sich befand – sondern deren viele. Unzählige! Hatte er sich eben noch von wirbelndem Nichts umgeben ge- glaubt, vermochte Makootemane nun zu sehen, was sich darin ver- barg Welten! Aber – handelte es sich um wirkliche Welten? Die Eindrücke, die der Arapaho auffing, wechselten in so rascher Folge, daß er keinen lange genug festhalten konnte, um ihn auch im Detail zu verarbeiten. Bizarre Szenarien waren es in jedem Fall, viele absolut fremdartig, andere vage vertraut. Makootemane fühlte sich in ihrem Tanz gefangen, als sei er selbst Teil eines mysteriösen Ka- leidoskops, das unentwegt neue Bilder schuf. Eines aber registrierte sein Geist sehr wohl: Nichts von dem, was er empfing, schien ihm wirklich echt. Jeder einzelne Eindruck kam ihm auf schwer in Worte zu fassende Weise unfertig vor. Als handle es sich bei alldem nur um unausgegorene Ideen von Welten, viel- leicht um nie vollendete Pläne eines Gottes – oder von Göttern … Makootemane hatte das Gefühl, als sei zumindest dieser letzte Ge- danke nicht sein eigener; als habe er ihn nur aufgefangen inmitten des wirbelnden Wahnsinns rings um ihn her. Aber er kam ohnedies nicht dazu, ihn weiterzuverfolgen. Denn plötzlich – – griffen diese tosenden Kräfte wieder nach ihm, mit solcher Macht, daß die Kraft seines Geistes nicht länger genügte, um ihnen zu widerstehen. Das Licht, auf das Makootemane hatte zustreben wollen, ver- schwand im Wirbel der Welten. Wie hatte ich auch nur hoffen können, Einlaß zu finden ins Land meiner Ahnen? durchfuhr es ihn. Ich bin nicht wie sie – seit dreihundert Jahren nicht mehr! Auf Wesen meiner Art – ganz gleich, wie sie ihr Schicksal auch meisterten – kann einzig ewige Verdammnis warten! Er fühlte sich verloren zwischen den tobenden Eindrücken. Sie zerrieben seinen Geist, als wollten sie alle einen winzigen Teil davon erhaschen. Fast sehnte der Arapaho sich danach, daß der Sog aus je- nem finsteren Moloch wieder nach ihm greifen und ihn hinabzerren möge, damit er diesem Irrsinn entginge. Und beinahe wünschte Makootemane sich, Schmerz empfinden zu können – weil Schmerz den puren Wahnsinn, der auf ihn einstürm- te, vielleicht gelindert hätte; zumindest aber wäre er etwas wie ein Ventil gewesen, durch das der Alte seinen Geist hätte erleichtern können. So aber war er alldem auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Und

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