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Ideengeschichte als Provokation: Schriften zum politischen Denken PDF

410 Pages·2019·4.777 MB·German
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Walter Reese-Schäfer Ideengeschichte als Provokation Schriften zum politischen Denken Ideengeschichte als Provokation Walter Reese-Schäfer Ideengeschichte als Provokation Schriften zum politischen Denken Walter Reese-Schäfer Göttingen, Deutschland ISBN 978-3-476-04839-4 ISBN 978-3-476-04840-0 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-476-04840-0 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. J.B. Metzler © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Einbandgestaltung: Finken & Bumiller, Stuttgart (Foto: Walter Reese-Schäfer) J.B. Metzler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung: Ideengeschichte als Provokation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Teil I Ideengeschichte und Ideenpolitik 2 Zum gegenwärtigen Stand der politischen Ideengeschichte in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3 Dialogstruktur und moderne Demokratie in drei Dialogen Platons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4 Fünf Modelle interkultureller Lektüre am Beispiel Platons . . . . . . . . 39 5 Die Ideenpolitik der preußischen Reformer Stein und Hardenberg . . . 51 6 Von Voltaire und Goethe lernen: Die Tragödie ‚Mahomet‘ . . . . . . . . . 65 7 Tocquevilles Kunst des Schreibens – Journalismus und Salonkultur im Vergleich mit Heinrich Heine in Paris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 8 Die Antisklavereibewegung von 1787 als frühe international wirksame NGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Teil II Ideengeschichtliche Blicke auf ökonomische Theorien 9 Marx und die Furcht vor der Anarchie des Marktes. . . . . . . . . . . . . . . 97 10 Keynes und der Versailler Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 11 Vitalismus und Wirtschaftsdynamik. Die wachstumspolitische Korporatismuskritik von Edmund Phelps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 12 Wirtschaftspolitische Folgerungen aus dem Werk William Baumols . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 13 Ludwig von Mises und die Gesellschaftskritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 14 Douglass North und das Problem der Shared Mental Models – Kognition und Ideologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 V VI Inhaltsverzeichnis 15 Albert O. Hirschman und der Primat des Ökonomischen in der Wirtschaftsethik. Lehren aus der „Rhetorik der Reaktion“ . . . . . . . . 171 16 Hans Jonas’ ‚Prinzip Verantwortung‘ – Kritik des Müßiggangs als Topos utopiekritischen Denkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 17 Michel Foucaults Interpretation des Ordoliberalismus in seinen Vorlesungen zur Gouvernementalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Teil III Intellektuellendiskurse im Übergang zur Postmoderne 18 Sartre und das Verschwinden der traditionellen Intellektuellenrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 19 Erfolg durch Gruppenorganisation: Die New York Intellectuals . . . . . 229 20 Jean-François Lyotard. Die Konstruktion der Postmoderne . . . . . . . . 243 21 Adorno – Lehrer Lyotards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 22 Zum Vergleich des Unbehagens an der Moderne und an der Postmoderne. Zygmunt Bauman und das kommunitarische Denken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Teil IV Systeme und Verträge 23 Niklas Luhmann: Soziale Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 24 Parteien als politische Organisationen in Luhmanns Theorie des politischen Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 25 Die Wiederbelebung des Vertragsarguments in der politischen Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Teil V Elemente politischer Theologie 26 Wo sich politische Theologie heute verborgen hält – Ein sozialwissenschaftlicher Blick auf messianische Auffassungen von Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 27 Religionskommunitarisches Denken als Glaubensakt. Zur soziologischen Instrumentalisierung von Religion . . . . . . . . . . . . 345 28 Alasdair MacIntyres kontextualistische Sozialtheorie der Moralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 29 Charles Taylors Ontologie der Moralität und des modernen Selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Inhaltsverzeichnis VII Teil VI Formen des Umgangs mit Paradoxalitäten 30 Denken ohne Gedächtnis. Überlegungen zur Überwindung des Memorierens durch technische Speichermedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 31 Was folgt aus einem ‚sich selbst bestreitenden Text‘? Notizen zur Ästhetik des Widerstands von Peter Weiss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 32 Die Tücke der Ironie und die Ehrlichkeit des Zynismus. Zur Dekonstruktion eines Vorurteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 Textnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 Einleitung: Ideengeschichte als 1 Provokation Alle politische Ideengeschichte ist nur interessant als Vorgeschichte ihrer gegen- wärtigen Erscheinungsform. Sie hat es vor allem insofern mit Ideen der Vergan- genheit zu tun, als diese noch gegenwärtig wirksam und lebendig sind oder sein können. Ideengeschichte muss etwas ganz anderes sein als ein bloßer Vorrat von Meinungen. Ein rein archivalischer Zugriff wäre nichts weiter als sterile Gelehr- samkeit, die nur darin bestünde, „eine Menge unnützer Sachen zu wissen, d. h. solcher, die sonst keinen Gehalt und kein Interesse in ihnen selbst haben als dies, die Kenntnis derselben zu haben“ (Hegel 1970b, S. 29). Man könnte zwar zur Rechtfertigung dieser archivalischen Position anführen, dass sie uns immerhin intellektuell anregen, gelegentlich auf gute Gedanken bringen kann, vielleicht auch eine Offenheit herstellen mag für die Ansichten anderer. Das wirkliche Inte- resse an der Ideengeschichte jenseits der Anhäufung eines Meinungsvorrats liegt aber in deren grundsätzlichem Gegenwartsbezug. Genauer gesagt, im vergegen- wärtigenden Blick auf zentrale Momente und Elemente der politischen Ideenent- wicklung, wodurch immer auch ein kritisch differenziertes Licht auf gegen- wärtige Gedanken und Strukturen fällt. Auch wenn wir längst wesentlich zurückhaltender darin geworden sind, die politische Geschichte selbst als „Fort- schritt im Bewusstsein der Freiheit“ anzusehen (Hegel 1970a, S. 32), so ist es durchaus möglich, Fortschritte im Denken und in der Gedankenentwicklung er- kennen und anerkennen zu können. Das hat sogar einer der schärfsten Gegner von Hegels allzu optimistischer Geschichtsphilosophie, nämlich Karl Popper, zuge- standen, aber natürlich auf weniger ambitionierte Weise, nämlich als Prozess von Versuch und Irrtum interpretiert (Popper 1997). Es kommt darauf an, dass sich die politische Ideengeschichte befreit von dogmengeschichtlichen Funktionen und Erstarrungen. Nicht das Aufzählen und Vergleichen irgendwelcher Lehren, ir- gendwelcher Vertrags- oder Legitimitätstheorien ist das Interessante, sondern die lebendige Ideenentwicklung selbst, die Funken zu schlagen vermag auch aus The- orien der Vergangenheit. Ideen sind Unruhefaktoren und entwickeln sich dyna- misch. Sie haben ein zeitliches Dasein, das zugleich weitertreibend auf die politi- schen und gesellschaftlichen Entwicklungen in der Zeit und auf diese wirkt. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 1 W. Reese-Schäfer, Ideengeschichte als Provokation, https://doi.org/10.1007/978-3-476-04840-0_1 2 1 Einleitung: Ideengeschichte als Provokation Ideengeschichte, so verstanden, ist nicht mehr Archiv oder Arsenal oder sogar nur ein „unordentlicher Haufen von Meinungen“ (Hegel 1970b, S. 49), sondern aktive Trägerin des olympischen Ideenfeuers. Archivalik dagegen ist eher etwas für den intellektuellen Mittelstand. Ideen haben Konsequenzen (vgl. Weaver 1984). Darin liegt die allererste Provo- kation der politischen Ideengeschichte. Denn die bis heute nachwirkende Ideologie- kritik des 19. Jahrhunderts hatte behauptet, die Ideen hätten keine eigene Ge- schichte, keine selbstständige Existenz, keine Entwicklung, sondern seien nur Ausdruck der tatsächlichen Lebensverhältnisse: „Die Moral, Religion, Metaphysik und sonstige Ideologie und die ihnen entsprechenden Bewusstseinsformen behalten hiermit nicht länger den Schein der Selbstständigkeit. Sie haben keine Geschichte, sie haben keine Entwicklung, sondern die ihre materielle Produktion und ihren ma- teriellen Verkehr entwickelnden Menschen ändern mit dieser ihrer Wirklichkeit auch ihr Denken und die Produkte ihres Denkens. Nicht das Bewusstsein bestimmt das Leben, sondern das Leben bestimmt das Bewusstsein“ (Marx 1975, S. 26 f.). Ein solcher methodologischer Ansatz kann gerade wegen seiner aufklärerischen Funktion interessante Einblicke liefern, steht aber zugleich ständig in der Gefahr des Reduktionismus, der auf einem ebenso vorschnellen wie falschen Schluss be- ruht: Sobald der reale Hintergrund, das materielle Motiv erkannt sei, falle auch schon der Geltungsanspruch einer politischen Idee in sich zusammen. Die abweh- rende Befriedigung, kritisch durchschaut zu haben, warum jemand eine bestimmte – sagen wir menschenrechtliche oder emanzipatorische – Idee vertritt, entwertet diese Idee in Wirklichkeit keineswegs. In diesem Band habe ich ein hierfür interessantes Beispiel behandelt: Goethes Behauptung in einem seiner von Johann Peter Ecker- mann aufgezeichneten Gespräche, die englische Bekämpfung des internationalen Sklavenhandels sei nur Ausdruck kommerzieller Interessen, ist ein besonders pro- minenter Fall einer solchen scheinkritischen Überlegenheitshaltung und sagt mehr über sein damals schon recht weltentrücktes Lebensgefühl als Olympier, weniger dagegen über den langwierigen, zähen, aber am Ende doch erfolgreichen Kampf gegen den transatlantischen Sklavenhandel (Eckermann 1976, S. 371 f.; vgl. in die- sem Band „Die Antisklavereibewegung von 1787 als frühe international wirksame NGO“). Die Anforderung, eine solche Emanzipationsbewegung jederzeit auch ideologiekritisch zu analysieren, hat allerdings eine besondere Literatur hervorge- bracht, die allein ökonomische Ursachen für die Überwindung der Sklaverei akzep- tiert, menschenrechtliche Einflussfaktoren dagegen bestreitet. Politische Ideenge- schichte muss hier genauer hinschauen, wenn sie sich nicht selbst zur bloßen Reflexologie reduzieren will. Die politische Ideengeschichte ist also eine Herausforderung für die ideologie- kritische Bewusstseinsform, kann ihrerseits jedoch jederzeit durchaus auf ideolo- giekritische Methoden zurückgreifen und so in ein Verhältnis permanenter Selbst- reflexion treten. Karl Marx, der die Ideologiekritik gerne polemisch nutzte, war undogmatisch genug festzuhalten: „allein auch die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift“ (Marx 1969, S. 385). Und das war wohl der Fall, als eine breite britische Bewegung den ökonomisch lukrativen Sklavenhandel mit zunehmender Empörung in Öffentlichkeitskampagnen der Zivilgesellschaft wie 1 Einleitung: Ideengeschichte als Provokation 3 im Parlament bekämpfte und schließlich sogar den Einsatz der britischen Flotte im Rahmen internationaler Verträge dagegen durchsetzte. Ideen sind Leitgedanken, die regulative Funktionen haben können. Oft sind sie aber auch verführerisch ideologisch, indem sie die wahren Ziele verschleiern oder beschönigen. Wenn man als die Ideen, die die Welt erobert haben, gerade Frieden, Demokratie und freie Märkte nennt, also genau drei Elemente und dann noch in dieser Kombination und Reihenfolge, ist diese Absicht unverkennbar (Mandel- baum 2002). Keineswegs müssen die Leitideen immer Positivwerte tragen. Ein auffallender und durchgängiger Zug bei Marx ist gerade die Furcht vor der Anar- chie des Marktes, also eine angstbesetzte Negativität. Bei Autoren wie Zygmunt Bauman, aber auch Charles Taylor und Alasdair MacIntyre ist es das Unbehagen an Moderne und Postmoderne, bei den New York Intellectuals ist es die alle ver- bindende Feindschaft gegen den Stalinismus. Solche negativen idées directrices sind als Leitideen des Konflikts und der Konfrontation mindestens ebenso wirk- mächtig wie die Positivideen. Die Rede von der Ideengeschichte als Provokation greift auf eine Anregung des Literaturwissenschaftlers Hans Robert Jauß zurück: Literaturgeschichte als Provo- kation (Jauß 1970). Die Differenzen zwischen dem Ästhetischen und dem Politi- schen erlauben zwar keine direkte Übertragung der Methodologie. Es gibt aber ge- nügend Überschneidungen, wie z. B. die Tatsache, dass es ähnlich wie in der Literatur auch in der politischen Ideengeschichte keinen sanktionierten Kanon gibt, sondern permanent sich wandelnde Gruppen von als vorbildlich geltenden Texten, aber auch als besonders abstoßend und verwerflich angesehenen Antitexten. Eine entfernte Verwandtschaft zur Kritik von Jauß an der früheren Literaturwissenschaft liegt auch in der Beobachtung, dass die durch akribische philologisch-p ositivistische Forschung vorangetriebene Auflösung eines als klassisch empfundenen ideenge- schichtlichen Textes, wie z. B. John Lockes Zweiter Abhandlung über die Regie- rung, in die verschiedensten Einflüsse und aus der pamphletistischen Literatur der Zeit rekonstruierbaren gedanklichen Vorstufen, den Ideengehalt des Textes eher verdeckt als erklärt. Die Quellenforschung kann dann, wie es die Cambridge School der politischen Ideengeschichte vorgeführt hat, in eine ganz ähnliche Falle laufen wie die positivistische Literaturgeschichtsschreibung schon des 19. Jahrhunderts und „zu einem hypertrophen Ausmaß anwachsen“ (Jauß 1970, S. 153). Die Voll- zähligkeit der Textquellen verliert sich im gemütlich gelehrsamen Sammeln. Das führt in den Bereich der Nichtdarstellbarkeit, weil auf dieser Basis keine Theoreti- sierung mehr zustande kommt (Nitschke 2011). Politische Ideengeschichte ist damit auch eine Provokation gegenüber dem rei- nen Historismus, weil sie immer einen aktualisierenden Zugriff impliziert. Sie ope- riert von einem Gegenwartsstandpunkt aus und kann schon aus perspektivischen Gründen immer nur eine Wiederaufführung vergangener Ereignisse in der Darstel- lung der Gegenwart sein. Das hat vor allem R. G. Collingwood mit seiner Formel vom „re-enactment of the past in the historian’s mind“ herausgearbeitet (Colling- wood 1994, S. 326). Solche Wiederaufführungen können sicherlich auch mehr oder weniger museal ausfallen. Gegenwartsrelevant aber werden sie erst durch neuere kritische Perspektiven oder durch neue Vorbildrollen. So hat, um hierfür ein

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