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Ich jagte Hannibal Lecter : die Geschichte des Agenten, der 20 Jahre lang Serientäter zur Strecke brachte PDF

349 Pages·1993·5.62 MB·German
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Robert K. Ressler brachte in den USA die berüchtigtsten Mas- senmörder der letzten beiden Jahrzehnte zur Strecke – unter anderem auch »Dr. Hannibal Lecter«, den Thomas Harris für seinen Roman »Das Schweigen der Lämmer« nach einem rea- len Vorbild schuf. Zusammen mit dem Autor Tom Shachtman schildert Ressler hier, wie er mit seiner speziell entwickelten Methode des Persönlichkeitsdiagramms bis dato unbekannte Serienkiller aufspürte – darunter John Wayne Gacy, Charles Manson, Ted Bundy und andere. Seine Verhöre und Befragun- gen geben einen erschreckenden Einblick in die gestörte Psy- che dieser Mörder, die im Töten Befriedigung und Erleichte- rung erfahren. ROBERT K. KESSLER & TOM SHACHTMAN ICH JAGTE HANNIBAL LECTER Die Geschichte des Agenten, der 20 Jahre lang Seri- enmörder zur Strecke brachte Aus dem Englischen von Peter Pfaffinger Deutsche Erstausgabe N on-profit ebook by tg Dezember 2004 Kein Verkauf! WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN HEYNE ALLGEMEINE REIHE Nr. 01/8564 4. Auflage Redaktion: Dr. Uta Vogel Copyright © 1992 by Robert K. Ressler and Tom Shachtman Copyright © der deutschen Ausgabe 1993 by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München Printed in Germany 1997 Umschlaggestaltung: Atelier Ingrid Schütz, München Satz: (1653) IBV Satz- und Datentechnik GmbH, Berlin Druck und Bindung: Elsnerdruck, Berlin ISBN 3-453-06432-1 Für meinen engen Freund und Schwager, der in seinem drei- unddreißigjährigen Polizeidienst auf den Straßen von Chicago viele Ungeheuer bekämpft hat. Streifenpolizist Frank P. Graszer, Polizeibehörde Chicago, Dienstmarkennummer 4614, gedient vom 13. Juli 1953 bis zum 11. Mai 1986, geboren am 3. Oktober 1928, gestorben am 24. Dezember 1990 Robert K. Ressler Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehen, daß er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt auch der Abgrund in dich hinein. Friedrich Nietzsche Jenseits von Gut und Böse Aphorismus 146 Inhalt 1 Der Vampir von Sacramento............................................8 2 »Wer mit Ungeheuern kämpft …«.................................34 3 Interviews mit Mördern..................................................71 4 Gewalt in der Kindheit..................................................106 5 Der Tod eines jungen Zeitungsausträgers.....................133 6 Methodisch und planlos vorgehende Verbrecher.........161 7 Was + Warum = Wer....................................................188 8 Täuschungsstrategien....................................................219 9 Werden sie wieder morden?..........................................242 10 Computer und Datenvernetzung.................................261 11 Neue Wege in der Verbrechensbekämpfung..............278 12 Perspektiven für die Zukunft......................................309 Danksagung.......................................................................331 1 Der Vampir von Sacramento Russ Vorpagel war eine Legende beim FBI. Der knapp zwei Meter große und hundertzwanzig Kilo schwere gelernte Jurist und Experte für Sexualverbrechen und Bombenentschärfung war von der Mordkommission von Milwaukee zur FBI- Außenstelle in Sacramento gestoßen. Dort wurde er Koordina- tor der BSU (Behavioral Sciences Unit – Abteilung für Verhal- tensforschung) und führte bei lokalen Polizeibehörden der ge- samten Westküste Schulungen zum Thema Sexualverbrechen durch. Seine Kompetenz war unbestritten. Am Abend des 23. Januar 1978, einem Montag, erreichte Russ der Anruf eines kleinen Reviers nördlich von Sacramento. Eine zweiundzwanzigjährige Frau war auf bestialische Weise ermordet worden. Ihr Mann, der Wäschereifahrer David Wal- lin, vierundzwanzig, war gegen sechs Uhr von der Arbeit in sein kleines Mietshaus zurückgekehrt und hatte im Badezim- mer die Leiche seiner im dritten Monat schwangeren Frau Ter- ry mit zerfetztem Unterleib aufgefunden. Schreiend rannte er zu einem Nachbarn, der sofort die Polizei alarmierte. Beim Eintreffen der Beamten stand Wallin noch so sehr unter Schock, daß er kein Wort hervorbrachte. Der erste Polizist, der die Verstümmelte zu Gesicht bekam, wurde, wie er später be- richtete, noch Monate danach von Alpträumen verfolgt. Nachdem sie sich ein erstes Bild gemacht hatten, wandten sich die Beamten an Russ um Hilfe. Und der rief mich bei der FBI-Akademie von Quantico an. Obwohl mich seine Darstel- lung zutiefst erschütterte, war ich brennend an diesem Fall in- teressiert, sah ich doch darin eine Chance, den Mörder anhand eines psychologischen Täterprofils praktisch auf frischer Tat zu überführen. Normalerweise waren die Spuren längst verwischt, 8 wenn die BSU in Kenntnis gesetzt wurde. In Sacramento dage- gen waren sie noch frisch. In den Zeitungen stand am nächsten Tag zu lesen, Terry habe gerade den Müll vor das Haus tragen wollen, als sie offenbar im Wohnzimmer überfallen wurde. Spuren eines Kampfes zo- gen sich von der Vordertür bis zum Schlafzimmer hin. Unter anderem hatten die Ermittler zwei Patronenhülsen gefunden. Der Mörder hatte der Frau sämtliche Kleider vom Leib geris- sen und ihr den Unterleib aufgeschlitzt. Ein Motiv für diese Tat konnten die Polizisten nicht erkennen. Raubmord schlossen sie aus, denn nichts war entwendet worden. Tatsächlich war alles noch viel schlimmer, doch, so erklärte mir Russ, wollte man eine Panik in der Bevölkerung vermeiden und verschwieg deshalb die Einzelheiten. Viele halten die Poli- zisten fälschlicherweise für abgebrühte und herzlose Men- schen, die möglichst viel Dreck vor der Öffentlichkeit ausbrei- ten, um sich dem Steuerzahler gegenüber in ein rechtes Licht zu rücken. In diesem Fall konnte man das wirklich nicht be- haupten. Es gab noch einen anderen Grund für die Zurückhaltung von Informationen: Bestimmte Tatsachen, die nur dem Mörder be- kannt waren, sollten nicht an die große Glocke gehängt wer- den, denn bei Verhören von Verdächtigen erwiesen sie sich später möglicherweise als wertvoll. Verschwiegen wurde der Öffentlichkeit folgendes: Von der Brust bis zum Nabel klaffte eine riesige Messerwunde, aus der Teile der Eingeweide hervorquollen. Einige innere Organe wa- ren ganz herausgeschnitten worden. Manche Körperbestandtei- le fehlten. Die linke Brust wies mehrere Stichwunden auf, in denen der Mörder mit dem Messer herumgewühlt hatte. In den Mund hatte er seinem Opfer Tierkot gestopft. Allem Anschein nach hatte er Blut in einem Joghurtbecher aufgefangen und getrunken. Die Polizisten, die selbst zutiefst verstört waren, standen vor 9 einem Rätsel. Bei Russ Vorpagel schrillten darüber hinaus sämtliche Alarmglocken. Aufgrund seines Wissens über derar- tige Sexualmorde stand für ihn bereits fest – wie für mich übri- gens auch – daß der Mörder von Terry Wallin wieder zuschla- gen würde, wenn wir nicht rasch handelten. Die extreme Grau- samkeit seines Vorgehens ließ kaum einen anderen Schluß zu. Ein solcher Täter beschränkt sich nie auf einen Mord. Wir mußten mit einer ganzen Serie rechnen. Ich hatte ab Montag der folgenden Woche wieder eine Schulung an der Westküste durchzuführen, doch wir verabredeten uns für den Freitag da- vor. Ich sollte Russ (auf Kosten der Steuerzahler versteht sich) bei den Ermittlungen helfen. Zum erstenmal bot sich mir die Gelegenheit, am Ort des Verbrechens selbst ein Täterprofil zu erstellen, eine Aufgabe, auf die ich gespannt war. Russ und ich waren freilich so vom erneuten Zuschlagen des Mörders über- zeugt, daß wir in den Tagen bis Freitag hin- und herfaxten und ich ihm ein vorläufiges Profil lieferte. Die Erstellung von Ver- brecherprofilen war damals eine relativ junge Wissenschaft (oder Kunst), eine Methode, von kleinsten am Tatort vorgefun- denen Details, dem Opfer selbst und anderen Indizien die Be- schreibung eines unbekannten Verbrechers abzuleiten. Hier nun im Original das Profil des mutmaßlichen Schläch- ters, wie ich es damals teilweise in nicht unbedingt gramma- tisch korrekten Stichpunkten skizzierte: Männlich; weiß: zwischen 25 und 27 Jahren alt; schlank, wenn nicht unterernährt. Lebt in verwahrloster Behausung; Beweis- mittel werden in seiner Wohnung zu finden sein. War wegen psychischer Erkrankung in Behandlung; hatte höchstwahr- scheinlich Probleme mit Drogen. Einzelgänger, der weder mit Frauen noch mit Männern enge Beziehungen eingeht; ver- bringt seine Zeit größtenteils allein in seiner Behausung. Ar- beitslos. Bezieht möglicherweise Behindertenrente in der einen oder anderen Form. Wenn er nicht allein lebt, dann bei seinen 10

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