© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Denisia 13 | 17.09.2004 I 403-410 1 Humane Kryptosporidiose in Europa A. JOACHIM Et A. DAUGSCHIES Abstract: Human cryptosporidiosis in Europe. — Species of the genus Cryptosporidium are ubiquitous protozoa which infect a wide range of warm and cold blooded hosts. Depending on the organ localisation the multiplication of the parasites cause various diseases. In humans cryptosporidiosis is associated with transient gastrointestinal illness which can become chronic and serious in immunocompromised patients. Larger outbreaks are usually water-associated. In the last few years, molecular epidemiological methods differentiated several species and genotypes with different host preferences. The view that immunocompetent patients can only be infected with the human and the bovine genotype had to be revised in recent studies. Moreover, immunocompromised hosts are susceptible to a range of species nor- mally found exclusively in animals hosts, and cryptosporidia have to be regarded as important zoonotic agents. In Eu- rope human cryptosporidiosis is rare with the exception of Southern Europe and Great Britain. However, cases of hu- man disease, especially outbreaks with several people involved, should always be thoroughly investigated for possible sources of infection. Key words: Crypwsporidium, epidemiology, Europe, water, zoonosis. Einführung der Aufnahme infektiöser Oozysten aus der Umgebung über kontaminierte Lebensmittel oder Wasser (s.u., Epi- Seit ihrer Erstbeschreibung ist die Gattung Crypwspo- demiologie). Die Sporozoiten werden aus der Oozyste ridium TYZZER 1907 (Stamm Alveolata, Unterstamm Api- freigesetzt und dringen in den Bürstensaum der Epithel- complexa, Klasse Conoidasea, Unterklasse Coccidia, Fa- zellen des Gastrointestinaltrakts ein. Dort kommt es zu milie Cryptosporidiidae) bei einer Vielzahl warm- und einer intrazellulären, ungeschlechtlichen Vermehrung, kaltblütiger Wirbeltiere nachgewiesen worden. Beim die mit der Bildung von Gamonten und, nach Ver- Menschen wurden verschieden Arten und Genotypen di- schmelzung der Mikro- und Makrogamonten zur Zygote, agnostiziert, deren Bedeutung unterschiedlich einzuschät- mit der Ausreifung der Oozyste endet. Die Sporulation zen ist. Aufgrund der geringen Größe aller Stadien dieser der Oozyste findet bereits im Darm statt (FAYER et al. Parasiten ist eine Differenzierung nach Arten oder Typen 1997). Dies bedingt einerseits die Ausscheidung bereits nur mit Hilfe molekularer Methoden möglich. Seit Ende infektiöser Oozysten, andererseits können dünnwandige der Neunziger Jahre stehen in zunehmendem Maß solche Oozysten im Darm ohne exogene Phase mit nachfolgen- Techniken zur Verfügung, die im Falle humaner Krypto- der Autoinfektion exzystieren, so dass in einem Indivi- sporidieninfektionen die Detektion und Differenzierung duum eine sehr starke Vermehrung stattfindet, was zur dieser Parasiten und die Suche nach ihrer Herkunft Ausscheidung riesiger Erregerzahlen führt (FAYER et al. enorm erleichtern. Die folgenden Kapitel sollen einen 1998a). Die Oozysten gelten als sehr langlebig und ge- Überblick über die humane Kryptosporidiose und deren langen aufgrund ihrer geringen Größe und Sedimenta- Verbreitung und Bedeutung in Europa geben.2 tionsgeschwindigkeit leicht aus Fäkalien in die Umwelt, wo sie von neuen empfänglichen Wirten aufgenommen werden können (s.u., Epidemiologie). Die Biologie und Taxonomie von Cryptosporidium Die Gattung Cryptosporidium beinhaltet eine Vielzahl von Arten, die warm- oder kaltblütige Wirte besiedeln. Wie alle Apicomplexa durchläuft auch Cryptospori- Im folgenden soll nur auf die Arten und Genotypen ein- dium einen komplexen Vermehrungszyklus mit einem gegangen werden, die als Infektionserreger bei Säugetie- primären Generationswechsel. Die Infektion beginnt mit ren bekannt sind (Tab. 1). C. muris wurde als erste Spe- 1 Dieses Kapitel ist Professor Horst Aspöck zum Anlass seines 65. Geburtstags gewidmet. 2 Professor Aspöck fragte mich im Zuge des Berufungsverfahrens „Veterinärmedizinische Parasitologie" an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, ob ich mir vorstellen könnte, auch einmal ein Buch zu schreiben. Ich erwiderte, es gebe ja bereits sehr viele gute Bücher über Parasitologie. Kurz nach meiner Berufung hielt ich sein neuestes Werk in Händen, „Amöben, Bandwürmer, Zecken". Dieses Buch stellt für mich eines der schönsten Werke zur Parasitenkunde dar. Leider konnten die Kryptosporidien darin nicht aufgenommen werden. Wir hoffen, dass unser Beitrag eine kleine Ergänzung dazu sein kann (A. Joachim). 403 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at zies im Magen einer Maus beschrieben; C. andersoni ist rhoe von 1-30 Tagen Dauer. Meist sind Kinder oder ältere bei Rindern zu finden, C. wrairi bei Meerschweinchen Menschen betroffen. Neben den Durchfallerscheinungen (XlAO et al. 2002). Die bekannteste und am besten unter- treten bei einem Großteil der Patienten Bauchschmerzen, suchte Art ist C. parvum. Alle vier Arten sind morpholo- Erbrechen und Gewichtsverlust auf (FARTHING 2000). gisch nur bedingt zu differenzieren (ARROWOOD 1997; Xl- Symptomlose Ausscheidung ist möglich (Lit. bei THOMP- AO et al. 2002). Ursprünglich wurde C. parvum als eine SON et al. 2000). Das Krankheitsbild verläuft meist mild Spezies mit einem sehr breiten Wirtsspektrum und als und eine palliative Therapie (Flüssigkeitsersatz) ist nur in einziger Erreger der humanen Kryptosporidiose postuliert Ausnahmefällen oder bei sehr jungen Patienten nötig. (FAYER et al. 1997). Genetische Analysen von C. parvum- Ein anderes Bild bietet sich bei der Infektion immun- Isolaten verschiedener Herkunft beschrieben diese Art je- geschwächter Patienten. In solchen Fällen entwickelt doch als paraphyletisch (MORGAN et al. 1999) und man sich häufiger eine chronische Diarrhöe, die medikamen- unterscheidet mittlerweile zwischen verschiedenen Arten tös kaum zu beeinflussen ist und zu erheblichen Flüssig- und Genotypen, dem humanen Genotyp (auch als eigene keitsverlusten, Abmagerung und sogar zum Tod führen Art, C. hominis, bezeichnet; MORGAN-RYAN et al. 2002), kann (FARTHING 2000). Die Parasiten besiedeln dabei ne- dem bovinen oder Tiergenotyp, der vor allem aus Rindern ben dem Dünndarm auch andere Organe wie Pankreas, isoliert wird (PENG et al. 1997) sowie C. felis und C. ca- Gallengänge und Leber, Magenschleimhaut und, bei m's, die bei Fehden bzw. Kaniden vorkommen (SARGENT aerogenen Infektionen, die Lunge. Betroffen sind vor al- etal. 1998; FAYER et al. 2001). lem AIDS-Patienten, aber auch Patienten mit angebore- Beim Menschen wurden neben C. hominis auch der nen Immunschwächen (Lit. bei FARTHING 2000). Eine Tiergenotyp von C. parvum und C. felis diagnostiziert Therapie kann mit verschiedenen Antibiotika durchge- (CACCIÖ et al. 2002). Darüber hinaus wurden beim Men- führt werden, eine Elimination des Erregers gestaltet sich, schen auch vereinzelt Infektionen mit C. baileyi, gele- vor allem bei aberranter Besiedelung, als äußerst schwie- rig (BLAGBURN &. SOAVE 1997). Allerdings haben die er- gentlich auch mit C. meleagridis, aviären Arten, und C. heblichen Fortschritte in der Behandlung der HIV-Infek- muris beschrieben (FAYER et al. 1997; MORGAN et al. tion dazu geführt, dass auch bei AIDS-Patienten eine kli- 2000; GUYOT etal. 2001). nische Kryptosporidiose seltener als zuvor auftritt. Klinik und Therapie der humanen Kryptosporidiose Diagnostische Methoden zur Detektion und Differenzierung Obwohl die Gattung Cryptosporidium bereits 1907 erstmalig beschrieben wurde, blieb ihre Bedeutung lange Der direkte Nachweis von Oozysten im Kot mit ver- unbemerkt, bis sie zu Beginn der achtziger Jahre als schiedenen Färbemethoden stellt die einfachste Möglich- Durchfallerreger sowohl bei Tieren als auch beim Men- keit des Nachweises dar und ist im Falle einer patenten schen, vor allem bei AIDS-Patienten, diagnostiziert wur- Infektion mit hoher Ausscheidungsrate ausreichend. Der de. Heute gilt C. parvum als einer der bedeutendsten Nachweis von Antigen mittels Fluoreszein-markierter wasserübertragenen Durchfallerreger weltweit (TziPORl Antikörper im Stuhl von Patienten ist im Vergleich dazu sensitiver und erlaubt auch die Detektion geringer Oozys- & WIDMER 2000). tenzahlen, wie sie zum Nachweis subklinischer Ausschei- Die Infektion mit Kryptosporidien führt bei empfäng- dung und zur Überwachung des Behandlungserfolgs not- lichen, immungesunden Patienten durch die Besiedelung wendig ist. Aufgrund der geringen Größe der Oozysten des Darmepithels und dem damit einher gehenden Verlust (ca. 5um) ist eine weiterführende morphologische Diffe- an Oberfläche und Bürstensaumenzymen zu einer vorüber- renzierung dieser Stadien nicht möglich. Der Nachweis gehenden Resorptionsstörung und sekretorischen Diar- mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ist vergleichs- weise aufwändig, erlaubt jedoch die Detektion in höch- Tab. 1: Anerkannte Arten der Gattung Cryptosporidium, die ster Sensitivität und Spezifität und bietet darüber hinaus Säugetiere infizieren (nach FAYER et al. 1997 und neuerer Literatur). die Möglichkeit der Genotypisierung, die zur Aufklärung Art Wirt Autor epidemiologischer Zusammenhänge notwendig ist. Der C. muris Mus musculus TYZZER 1910 serologische Nachweis ist möglich, allerdings ist, vor al- C. parvum Mus musculus TYZZER 1912 lem in Gegenden mit hohen Durchseuchungsraten, ein C. meleagridis Meleagris gallopavo SLAVIN 1955 hoher Antikörpertiter nicht mit einer Erkrankung in Ver- C. wrairi Cavia porcellus VETTERLING et al. 1971 bindung zu bringen (ARROWOOD 1997; PETRY 2000). C. felis Felis cat/s ISEKI 1979 C. baileyi Gallus gallus CURRENT et al. 1986 Die Genotypisierung von Kryptosporidien mensch- C. hominis Homo sapiens MORGAN-RYAN et al. 2002 licher und tierischer Herkunft hat fulminante Forschritte C. andersoni Bos taurus LINDSAY et al. 2000 bei der Aufklärung der Epidemiologie, vor allem der Ver- C. canis Canis lupus FAYER et al. 2001 breitung und Wirtsspezifität, erbracht (XlAO et al. 2002). 404 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Je nach Sensitivitätsgrad stehen verschiedene Genab- Kontakt zwischen Heimtieren und ihren Haltern ist mög- schnitte zur Verfügung, wie die ribosomale DNA, das licherweise mit einem Risiko der zoonotischen Übertra- Thrombospondin-Gen oder ein für ein Oozysten-Oberflä- gung von Kryptosporidien assoziiert. Darauf deuten Daten chenprotein kodierendes Gen (PETRY 2000). Auf der Ba- aus einer Fall-Kontroll-Studie an Hundebesitzern hin sis dieser Genabschnitte wurden auch die Verwand- (GLASER et al. 1998). Von zehn Erregerisolaten, die aus schaftsbeziehungen der Arten und Genotypen von Cryp- dem Stuhl von AIDS-Patienten gewonnen wurden, wur- tosporidium ermittelt (MORGAN et al. 1999). den drei aufgrund der 18 S rDNA der Art C. felis und ei- nes dem caninen Typ von C. parvum zugeordnet (PlENIA- Die Auffindung von Oozysten in Umweltproben nach ZEK et al. 1999). In einer anderen Studie ergab die Geno- Aufreinigung und Konzentration ist normalerweise Spezi- typisierung von 22 lsolaten humanen Ursprungs, dass allabors vorbehalten. Auch hier kann mittels Genotypi- sechs Isolate C. felis entsprachen; von den entsprechenden sierung die mögliche Herkunft der Parasiten geklärt wer- Personen gaben drei an, dass sie Katzenbesitzer waren den (FRICKER & CRABB 1998). (MORGAN et al. 2000). Da Kälber die Hauptquelle für die Ausscheidung von Oozysten des Tiergenotyps darstellen, Epidemiologie der Kryptosporidien kann es auch durch direkten Kontakt zu dieser Tiergruppe zu Infektionen kommen (CURRENT et al. 1983). Oozysten Für die Verbreitung der Parasiten sind mehrere Fakto- tierischer Herkunft (Nutztiere und Wildtiere) können zu ren ausschlaggebend: die Tenazität und Verbreitung der einem hohen Eintrag von Oozysten in Oberflächenwasser infektiösen Oozysten, die minimale Infektionsdosis und führen (GRACZYK et al. 1997), vor allem wenn viele emp- die Verfügbarkeit empfänglicher Wirte. fängliche Individuen (neugeborene Kälber) als Ausschei- der dienen (BODLEY-TlCKELL et al. 2002). Die Überlebensrate der Oozysten beträgt unter günsti- gen Bedingungen (Feuchtigkeit, Temperaturen < 20 °C) C. parvum zeichnet sich durch sein außerordentliches etwa 6 Monate, danach sinkt die Infektiosität rapide ab Vermehrungspotential aus. Die Ausscheidung erfolgt dosi- (FAYER et al. 1998b). Aufgrund der geringen Sedimenta- sunabhängig und kann beim Kalb bis zu 10" Oozysten/Tier tionsgeschwindigkeit verweilen Oozysten nach Eintritt in über die Dauer der Patenz betragen (FAYER et al. 1998a). Oberflächengewässer oder Abwasser lange im Wasserkör- 30 Oozysten sind bereits ausreichend, um einen gesunden per (SRETER & SZELL 1998). Kontaminiertes Trinkwasser Menschen zu infizieren (DUPONT et al. 1995). Diese Fak- stellt in vielen Fällen die Erregerquelle dar und kann zu toren erklären, weshalb eine so große Zahl von Menschen Massenausbrüchen riesigen Ausmaßes führen, wie 1993 in bei wasserassoziierten Ausbrüchen betroffen sein kann. Milwaukee, als sich durch eine fehlerhafte Verbindung von Abwasser- und Trinkwasserführung über 400.000 Unsere Kenntnisse über das Wirtsspektrum der Kryp- Menschen mit dem Erreger infizierten (MACKENZIE et al. tosporidien sind noch recht lückenhaft. Bei Reptilien und 1994). In Australien sind Ausbrüche durch kontaminier- Fischen werden Arten oder Isolate beschrieben, die wenig tes Badewasser öffentlicher Schwimmbäder bekannt wirtsspezifisch Angehörige der jeweiligen Klasse infizie- (PUECH et al. 2001). Die üblichen Wasserfilter, die ren, aber nach dem heutigen Stand nicht auf Säuger über- Schwebstoffe in Trinkwasserleitungen zurückhalten, ha- tragbar sind (FAYER et al. 1997; GRACZYK &. CRANFIELD ben häufig keine ausreichende Porengröße zur Filtration 1998). Von den aviären Arten wird C. baileyi nur aus- von Kryptosporidienoozysten (Hsu & YEH 2003), und die nahmsweise (s. FAYER et al. 1997), C. meleagridis dagegen in einigen Teilen der Erde durchgeführte chemische Was- regelmäßig auf Säuger übertragen (AKIYOSHI et al. 2003). serdesinfektion mit Chlor oder Ozon ist zur Inaktivierung In ähnlicher Weise infizieren einige Arten beim Säuger von Cryptosporidium ungeeignet (KORICH et al. 1990). Bei unter natürlichen Bedingungen nur eine Wirtsart, wie z. Trinkwasser-assoziierten Ausbrüchen ist daher das Abko- B. C. wrairi, die bisher nur aus Meerschweinchen isoliert chen des Trinkwassers unbedingt zu empfehlen (WlLLOCKS wurde (vgl. XlAO et al. 2002), und C. andersoni, eine Art, et al. 1998). Neben der Übertragung durch Trink- und die wohl ausschließlich beim Rind vorkommt (SRETER et Brauchwasser spielen auch kontaminierte Lebensmittel ei- al. 2000; ENEMARK et al. 2002). C. mum hingegen kann ne Rolle (LABERGE et al. 1996). In den USA kam es be- sowohl Mäuse als auch Rinder infizieren (UPTON & CUR- reits mehrfach zu Endemien durch Cider, einen leicht ver- RENT 1985), allerdings handelt es sich bei einigen der frü- gorenen Apfelsaft (s. FRICKER & CRABB 1998). Die Oo- heren Beschreibungen dieser Art beim Rind wahrschein- zysten gelangten wahrscheinlich durch mit Rinderkot ver- lich um C. andersoni. schmutztes Fallobst in den Saft. Die Kontamination von C. parvum (sensu latu) konnte aus etwa 80 Säugerar- Rohmilch und Rohmilchprodukten mit Oozysten macht ten isoliert werden (FAYER et al. 1997), wobei es sich nach diese Lebensmittel ebenfalls zu einer Infektionsquelle genetischen Analysen um mehrere, morphologisch iden- (FRETZ et al. 2003). Die fäkal-orale Übertragung von Oo- tische Arten handeln dürfte (MORGAN et al. 1999), die zysten spielt die größte Rolle bei der begrenzten Verbrei- inzwischen als eigene Spezies beschrieben sind, wie C. je- tung der Parasiten in Familien, Heimen und Kindertages- lis (v. a. bei Katzen, SARGENT et al. 1998; aber auch Rin- stätten (KEUSCH et al. 1995; GRIFFITHS 1998). Der enge dern, BORNAY-LLINARES et al. 1999; und Menschen, CAC- 405 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at CIÖ et al. 2002), C. cams aus Kaniden (FAYER et al. 2001) HASSL et al. (2001) fanden Oozysten in 10 % der und C. hominis des Menschen (MORGAN-RYAN et al. untersuchten Trinkwasserreservoire in Österreich (vor- 2002). Weitere Genotypen mit definierten Wirtsspektren nehmlich in den dichter besiedelten Gebieten im Norden sind noch nicht reklassifiziert (XlAO et al. 2002). und Osten); in Trinkwasserproben selbst konnten jedoch keine Parasiten nachgewiesen werden. Proben von Ober- Ursprünglich wurden Isolate aus humanen Patienten, flächenwasser in Deutschland, das Spülwasser aus Sand- mit Ausnahme von C. baileyi aus einem AIDS-Patienten, filteranlagen von Kläranlagen enthielt, waren dagegen zu alle der Art C. parvum zugeordnet (s. FAYER et al. 1997). über 90 % mit Kryptosporidien kontaminiert (KARANIS et Durch die Typisierung vieler Humanisolate ist inzwischen al. 1996). Ein ähnlich hoher Anteil (7 von 9 Oberflä- bekannt, dass tatsächlich mehrere Arten und Genotypen chen wasserproben) war in Nordrhein-Westfalen positiv der Gactung Cryptosporidium für den Menschen infektiös (GORNIK & EXNER 1991). In der Schweiz (Kanton Basel- sind, insbesondere für immungeschwächte oder immun- Landschaft) wurden Oozysten in allen 37 Proben aus dem kranke Patienten. So wurde auch C. felis aus Menschen Einzugsgebiet der Lützel (Flußwasser, Rohwasser, Trink- isoliert (CACCIÖ et al. 2002). Der humane Genotyp von wasser) in einer Konzentration von 1-20/20 Liter gefun- C. parvum, der meist mit nicht-zoonotischen Infektionen den (SvOBODA et al. 1999). WARD et al. (2002) unter- des Menschen assoziiert ist, ist inzwischen zu C. hominis suchten verschiedene Oberflächenwasser in Süddeutsch- umbenannt worden (MORGAN-RYAN et al. 2002). Darü- land, der Schweiz und Osterreich und entdeckten die Pa- ber hinaus werden aber auch andere Genotypen von C. rasiten in einem Drittel der Proben. In immerhin der parvum beim Menschen diagnostiziert (vgl. THOMPSON et Hälfte der Fälle handelte es sich um Isolate, die potentiell al. 2000; XlAO et al. 2001). für den Menschen infektiös sind. Leider werden die Erreger nur in wenigen Einzelfäl- In einem Trinkwasserreservoir in der Tschechischen len, selbst bei Ausbrüchen der Kryptosporidiose, genoty- Republik konnte eine gesteigerte Oozystenkontamina- pisiert, so dass die epidemiologische Gewichtung einzel- tion in Folge von Überflutung festgestellt werden (DOLEJS ner Typen unklar ist. et al. 2000). Studien in sieben russischen Städten erga- ben, dass eine Trinkwasserkontamination dort nicht sel- Verbreitung der ten ist (EGOROV et al. 2002). In Transsylvanien wurde die Trinkwasserversorgung von 69 Patienten mit Durch- Kryptosporidiose in Europa fall untersucht und dabei eine Kontamination in 64 % In Ländern wie Australien und USA stellt die Kryp- festgestellt, deren Ausmaß mit der Schwere der Erkran- tosporidiose eine bedeutende wasserassoziierte Durchfal- kung in Verbindung stand (BAUER et al. 2002). lerkrankung dar (FRICKER &. CRABB 1998). In Europa wer- In Finnland wurden 1980-1992 24 wasserassoziierte den die Verbreitung und Bedeutung dieser Parasiten Ausbrüche von Kryptosporidiose mit 7.700 (in den meis- unterschiedlich eingeschätzt. ten Fällen durch kontaminiertes Grundwasser) infizierten Individuen erfaßt (LAHTI & HllSVlRTA 1995). 16 % nor- Nachweis in Wasser wegischer Wasserproben (aus rund einem Viertel der be- Auch in Europa werden Oozysten von Crypwspori- probten Rohwasserquellen) waren mit Kryptosporidien dium in Wasserproben verschiedener Herkunft nachge- kontaminiert; das Vorhandensein von Oozysten war eng wiesen. Dabei hängt die Nachweishäufigkeit des Parasi- mit dem Trübungsgrad des Wassers und in der Nähe wei- ten stark von der Art der untersuchten Proben, vom Ort denden Tieren assoziiert (ROBERTSON & GjERDE 2001). der Probenahme und von der Nachweismethode ab. In Oozysten sind auch in natürlichen Gewässern in den meisten Ländern sieht der Gesetzgeber vor, dass Griechenland nachweisbar. Im Gegensatz zu Flussläufen Trinkwasser frei von Pathogenen sein muß; eine regelmä- war das Wasser eines Sees verhältnismäßig stark kontami- ßige Kontrolle auf Kryptosporidien ist allerdings nicht niert (KARANIS et al. 2002). In Spanien fanden Go.MEZ vorgeschrieben. BAUTISTA et al. (2000) erhebliche Mengen infektiöser In Großbritannien wurden seit bereits Anfang der Oozysten des Rindergenotyps in Muscheln, die im Zu- neunziger Jahre im Zuge endemischer Kryptosporidien- flußbereich von Flüssen aus Beweidungsgebieten lagen. ausbrüche regelmäßige Kontrollen von Oberflächenwäs- sern auf Oozysten durchgeführt, obwohl die Effektivität Infektionen des Menschen dieser Kontrollen angezweifelt wird (FAIRLEY et al. 1999). Die Bedeutung von Kryptosporidieninfektionen in Bei wasserkorrelierten Ausbrüchen wurde sowohl der hu- Europa wird sehr unterschiedlich eingeschätzt. Vielfach mane als auch der Tiergenotyp regelmäßig festgestellt gilt Cryptosporuüum als Parasit bei Reisenden, der nur bei (MCLAUGHLIN et al. 2000; LOWERY et al. 2001; GLABER- AIDS-Patienten größere Bedeutung erlangt. Bei dieser MAN et al. 2002). Oozysten vom Humantyp konnten dort Risikogruppe ist die Mortalität durch kryptosporidienas- mittels nested-PCR sogar in Trinkwasserproben und sogar soziierte Diarrhöe aufgrund der fehlenden Immunabwehr Mineralwasser gefunden werden (NICHOLS et al. 2003). enorm gesteigert, und daher wird Enteropathogenen bei 406 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at diesen Patienten besondere Aufmerksamkeit gewidmet. (4,8 %; ESSERS et al. 2000) beschränken die Bedeutung In verschiedenen europäischen Studien waren Kryptospo- dieser Parasitose in diesen Ländern auf AIDS-Patienten ridien mit 6,6-40 % Prävalenz einer der häufigsten Durch- (ASPÖCK &. HASSL 1990). In der Schweiz wird ein hoher fallerreger bei AIDS-Patienten, und auch bei Patienten Anteil des bovinen Genotyps vermutet, so dass hier die mit Immunsuppressionstherapie (nach Transplantation) zoonotische Übertragung von besonderer Bedeutung zu ist der Parasit als Durchfallerreger häufiger (ASPÖCK &. sein scheint (FRETZ et al. 2003). HASSL 1990; Lit. bei GRIFFITHS 1998). Zum Teil höhere Prävalenzen werden aus Osteuropa In Großbritannien sind Kryptosporidienausbrüche berichtet. In Russland wurden mittels ELISA bei Patien- vergleichsweise häufig und werden der Behörde gemel- ten, die an Diarrhöe litten, in 6,9 % der Fälle C.-parvum- det. In Nordirland stieg die Anzahl der Fälle je 100.000 Antigen im Stuhl nachgewiesen (ECOROV et al. 2002). Einwohner von 3,57 im Jahr 1992 auf ein Maximum von Eine verhältnismäßig hohe Prävalenz von 12 % konnte 24,78 im Jahr 2000. Vor allem Kinder unter 4 Jahren wa- bei hospitalisierten Kindern in Rumänien nachgewiesen ren betroffen (ANONYMUS 2004a). In England und Wales werden (BRANNAN et al. 1996). In Polen waren von 692 liegen die Zahlen etwas niedriger (ANONYMUS 2004b). hospitalisierten Kindern 2,4 % mit Kryptosporidien infi- Britische Reisende, die ihren Urlaub auf Mallorca ver- ziert. Besonders betroffen waren Kleinkinder im Alter bracht hatten, erkrankten im Jahr 2003 an Kryptospori- von 2 Monaten bis 3 Jahren und solche, die aus dem länd- diose als Reiseinfektion (ANONYMUS 2003a). Während lichen Raum stammten (SlNSKl 1993). bei autochthonen Ausbrüchen der Tier- und der Human- genotyp von C. parvum beteiligt sein können, sind Rei- AIDS-Patienten in Italien waren zu einem hohen Pro- sende überwiegend mit dem humanen Typ infiziert zentsatz (21-33 %) mit den Parasiten befallen und litten auch an Kryptosporidien-assoziiertem Durchfall (BRANDO- (MCLAUGHLIN et al. 2000; LOWERY et al. 2001; GASSER et al. 2003). NIS1O et al. 1993, 1996). Als Durchfallerreger immunge- sunder Kinder spielt der Parasit aber wohl nur eine unter- In Deutschland besteht beim Nachweis von Krypto- geordnete Rolle (CAPRIOLI et al. 1996). Anstaltsinsassen sporidien beim Menschen (im Gegensatz zur Schweiz und waren zu einem hohen Prozentsatz von Parasiten befallen zu Österreich) Meldepflicht. In den Jahren 2001-2003 (meist in Zusammenhang mit Verhaltensstörungen wie wurden zwischen 817 und 1480 Fälle jährlich - mit sin- Geophagie etc.), in 9,2 % der Patienten wurden auch kender Tendenz - gemeldet (ANONYMUS 2003b, c). Die Kryptosporidien gefunden (GlAOOMETTl et al. 1997). Bedeutung der Kryptosporidien als Durchfallerreger gilt Ähnlich wie in Deutschland läßt eine hohe Seroprävalenz in Deutschland als gering; Untersuchungen an Kindern (62 % der Blutspender in einer norditalienischen Stadt) in (KERN et al. 1987; KRAUSE et al. 1995) und Erwachsenen Korrelation mit dem Alter jedoch auf eine erhebliche Ex- mit Durchfall (STEEB et al. 1987; SCHUSTER et al. 1991) position der Bevölkerung schließen (FROST et al. 2000). ergaben Prävalenzen von 1,1-1,8 %. Entsprechend selten Bei der Genotypisierung französischer Isolate von immun- sind gehäufte Vorkommen. 2001 ereignete sich in Baden- kompetenten und immunkranken Patienten waren neben Württemberg ein Ausbruch in einer Gruppe von Bundes- dem humanen und dem Tiergenotyp von C. parvum auch wehrsoldaten, der wahrscheinlich durch kontaminiertes andere Arten anzutreffen (GUYOT et al. 2001). Trinkwasser während einer Übung verursacht war (BROCKMANN 2002). Erheblich höhere Prävalenzen erge- Ausblick ben sich bei der serologischen Untersuchung. Obwohl bei einer Studie von PETRY (1998) nur 2 % von Patienten mit Die Kryptosporidien sind weltweit bei Tieren und Diarrhöe positiv auf Cryptosporidium-Antigen reagierten, Menschen zu finden. Ihre Bedeutung als Krankheitserre- war dies doch in einer größeren Population ohne Krank- ger beim Menschen beschränkt sich in Mitteleuropa heitsverdacht bei über 15 % der untersuchten Personen meist auf Infektionen bei Patienten mit AIDS oder ande- der Fall. Damit besteht grundsätzlich eine individuell ren Immunerkrankungen. Ansonsten bewirkt dieser Para- recht hohe Wahrscheinlichkeit für einen Erregerkontakt, sit nur eine temporäre intestinale Infektion, die in den aus dem ein potentielles Erkrankungsrisiko abgeleitet meisten Fällen unerkannt und ohne weitere Folgen werden kann. Als Durchfallerreger scheint Cryptospori- bleibt. Ausbrüche, bei denen eine größere Anzahl von dium, ebenso wie Cyclospora, ein regelmäßiges Mitbringsel Betroffenen an Kryptosporidiose erkrankt, sind in unse- aus Entwicklungsländern zu sein (JELINEK et al. 1997). ren Breiten selten. Eine andere Situation findet sich in Auch in Osterreich und in der Schweiz ist die Kryp- Gegenden mit wärmerem Klima und in Großbritannien, tosporidiose vergleichsweise selten. Niedrige Prävalenzen wo durch die intensive Weidehaltung von Rindern ein von Kryptosporidien bei Kindern in Westösterreich mit starker Eintrag von Oozysten in Oberflächenwässer statt- (1,4 %) und ohne (0,4 %) Durchfall (LEDERERetal. 1996) findet, die bereits in der Vergangenheit zu kleineren und und bei schweizerischen Patienten mit Enteritis (0,2 %, größeren Ausbrüchen geführt haben. Es bleibt abzuwar- davon meist Reisende; BAUMGARTNER et al. 2000) und ten, ob die vermehrte Weidehaltung von Kälbern (z. B. Kindern, die aufgrund von Durchfall eingewiesen wurden durch zunehmende Mutterkuhhaltung) zu einem erhöh- 407 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at ten Infektionsrisiko für den Menschen mit dem Tiergeno- tosporidium oocysts in drinking water and its association to typ von C. parwim führt. Eine gründlichere und genauere the development of diarrhoeal disease in the Transsylvania region of Romania. — 9th Annual Sigma Xi Student Re- Überwachung der Verbreitung der Kryptosporidien und search Conference, University of Iowa (www.cns.uni.edu/ der Kryptosporidiose wird jedoch hierzu nötig sein. SX/abstracts2002.html). BAUMGARTNER A., MARDER H.P., MUNZINGER J. & H.H. SIEGRIST (2000): Zusammenfassung Frequency of Cryptosporidium spp. as cause of human gas- trointestinal disease in Switzerland and possible sources of Arten der Gattung Crypiosporidium sind weltweit verbreitete infection. — Schweiz. Med. Wochenschr. 130: 1252-1258. Protozoen und infizieren eine Vielzahl von warm- und kaltblüti- BLAGBURN B.L. & R. SOAVE (1997): Prophylaxis and Chemotheray: gen Wirten. Je nach Organlokalisation verursacht die Vermeh- Human and Animal. — In: FAYER R. (Hrsg.), Cryptosporidium rung der Parasiten verschiedene Krankheitserscheinungen. Beim and Cryptosporidiosis. CRC Press, Boca Raton, Florida: Menschen ist die Kryptosporidiose durch vorübergehende gas- 111-128. trointestinale Störungen gekennzeichnet, die bei Patienten mit BODIEY-TICKELL A.T., KITCHEN S.E. & A.P. STURDEE (2002): Occurrence einer Immunschwäche auch chronisch und sehr schwerwiegend of Cryptosporidium in agricultural surface waters during an verlaufen können. Größere Ausbrüche sind meist wasserassozi- annual farming cycle in lowland UK. — Water Res. 36: 1880-1886. iert. Mit Hilfe molekularepidemiologischer Methoden wurden in den letzten Jahren mehrere Arten und Genotypen differen- BORNAY-LUNARES F.J.; DA SILVA A.J.; MOURA I.N., MYJAK P., PIETKIEWICZ ziert, die unterschiedliche Wirte bevorzugen. Die bis vor kurzen H., KRUMINIS LOZOWSKA W., GRACZYK T.K. & N.J. PIENIAZEK (1999): Identification of Cryptosporidium felis in a cow by morpho- gehegte Ansicht, dass immunkompetente Patienten nur vom logic and molecular methods. — Appl Environ Microbiol. 65: humanen und vom Rindertyp von C. parvutn befallen werden, 1455-1458. mußte in jüngeren Studien revidiert werden. Immunkranke Pa- BRANDONISIO O., MAGGI P., PANARO M.A., BRAMANTE L.A., Di COSTE A. tienten sind darüber hinaus auch für Arten empfänglich, die & G. ANGARANO (1993): Prevalence of cryptosporidiosis in normalerweise nur aus Tieren isoliert werden. Den Kryptospori- HIV-infected patients with diarrhoeal illness. — Eur. J. Epi- dien kommt daher auch eine erhebliche Bedeutung als Zoono- demiol. 9: 190-194. seerreger weltweit zu. In Europa ist, mit Ausnahme südlicher BRANDONISIO 0., MAGGI P., PANARO M.A., Lisi S., ANDRIOLA A., ACQUA- Länder und Großbritannien, die Kryptosporidiose des Menschen FREDDA A. & G. ANGARANO (1999): Intestinal protozoa in HIV- eher selten. Dennoch sollten Erkrankungsfälle, insbesondere infected patients in Apulia, South Italy. — Epidemiol Infect. Ausbrüche mit mehreren Beteiligten, immer sorgfältig auf mög- 123: 457-462. liche Infektionsquellen untersucht werden. BRANNAN D.K., GREENFIELD R.A., OWEN W.L., WELCH D.F. & T.L. KUHLS (1996): Protozoal colonization of the intestinal tract in insti- Literatur tutionalized Romanian children. — Clin. Infect. Dis. 22: 456-461. AKIYOSHI D.E., DILO J., PEARSON C, CHAPMAN S., TUMWINE J. & S. Tzi- BROCKMANN S. (2002): Cryptosporidium parvum. 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