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Historische Forschung und politische Kultur in Deutschland: die Debatte 1914-1980 über den Ausbruch des Ersten Weltkrieges PDF

323 Pages·1984·57.393 MB·German
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Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Herausgegeben von Helmut Berding, Jürgen Kocka, Hans-Ulrich Wehler Band 61 Wolfgang Jäger Historische Forschung und politische Kultur in Deutschland Göttingen • Vandenhoeck & Ruprecht • 1984 Historische Forschung und politische Kultur in Deutschland Die Debatte 1914-1980 über den Ausbruch des Ersten Weltkrieges von Wolfgang Jäger Göttingen • Vandenhoeck & Ruprecht • 1984 Für Ute CIP-Kurztitelaufiiahme der Deutschen Bibliothek Jäger, Wolfgang: Historische Forschung und politische Kultur in Deutschland: d. Debatte 1914-1980 über d. Ausbruch d Ersten Weltkrieges / von Wolfgang Jäger. -Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht. 1984. (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft; Bd. 61) ISBN 3-525-35720-6 NE:GT © Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1984. - Pnnted in Germany - Alle Rechte des Nachdrucks, der Vervielfältigung und der Übersetzung vorbehal ten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, das Werk oder Teile daraus auf photomechanischem (Photokopie. Mikrokopie) oder akustomechanischem Wege zu vervielfältigen. Gesetzt aus Bembo auf Linotron 202 System 3 (Linotype). Satz und Druck: Guide-Druck GmbH. Tübingen Bindearbeit: Hubert & Co.. Göttingen Inhalt Vorwort 7 Einleitung 9 I. Die Entstehung der Kriegsschuldfrage und die Anfänge der Schulddebatte 1914-1918/19 14 1. Kriegspropaganda und Friedcnsvertragsdiplomatie 14 2. DieKautsky-Kontroverse 34 II. Schuldforschung und Revisionspolitik 1919-1939 44 1. Unschuldsthesen, Revisionismus und nationale Traditionsbewahrung 44 a) Die Kampagne des Auswärtigen Amtes 46 b) Kriegsschuldfrage und Geschichtswissenschaft 68 2. Schuldthesen, Traditionskritik und demokratische Erneuerung 88 III. Die Auseinandersetzung mit dem traditionalen Geschichtsbild 1945-1960 106 1. Restauration und allmähliche Erneuerung der Weltkriegsforschung 106 2. Die Entstehung einer marxistisch-leninistischen Weltkriegsforschung 118 IV. Die Neuorientierung der Kriegsursachenforschung seit 1961 ... 132 1. Die Fischer-Kontroverse 132 2. Historische und systematische Sozial Wissenschaft 157 3. Imperialismuskritik und Systemkonkurrenz 178 Zusammenfassung 197 Abkürzungsverzeichnis 207 5 Anmerkungen 209 Quellen-und Literaturverzeichnis 274 Personenregister 319 6 Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Geschichtswissenschaften der Justus-Licbig-Universität Gießen im Sommersemester 1983 als Disser tation angenommen. Sie wurde für den Druck geringfügig überarbeitet. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Helmut Berding, der das Dissertationsprojekt betreut hat; er verfolgte die Entstehung der Arbeit mit großem Wohlwollen und förderte sie in jeder erdenklichen Weise. Herrn Prof. Dr. Hans-Jürgen Schröder, der neben Herrn Prof. Berding die Arbeit begutachtete, und Herrn Dr. Hans-Peter Ullmann danke ich für Anregun gen und Kritik; wertvolle Hilfe wurde mir auch zuteil von den Herren Professoren Volker R. Berghahn, Imanucl Geiss und James Joll sowie von Herrn Dr. Martin Kutz und Herrn Helmut Donat. Nicht unerwähnt bleiben dürfen die Mitarbeiter der Gießener Universitätsbibliothek, die die umfang reiche Literatur beschafften. Den Herausgebern der »Kritischen Studien« schließlich habe ich für die Aufnahme in diese Reihe und für wertvolle Uberarbeitungshinweisc zu danken. Die Anfertigung der Arbeit wurde durch ein Stipendium der Fnednch- Ebcrt-Stiftung wesentlich erleichtert, die auch mein Studium gefördert hat; hierfür möchte ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen. Gießen, im Juni 1983 Wolfgang Jäger 7 Einleitung Seit der »dritten großen Grundlagcndiskussion«1 Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre hat die Beschäftigung mit der Geschichte der Geschichtswissenschaft neue Bedeutung erlangt. Hatte man sich bis zu diesem Zeitpunkt weitgehend darauf konzentriert, den wissenschaftlichen Fortschritt großlinig oder im Einzelfall zu verfolgen, Traditionspflege zu betreiben oder an die Leistungen großer Historiker und ihre von der gegen wärtigen Geschichtsschreibung vernachlässigten Erkenntnisse zu erinnern2, begannen Historiker jetzt, die theoretisch-methodologischen Fundamente der herkömmlichen Historiographie sowie ihre politischen Perspektiven und gesellschaftlichen Orientierungen zu analysieren. Die Wissenschaftsge schichte wurde in die Erörterung der Grundlagen der Geschichtswissen schaft systematisch einbezogen3. Ihre Aufgabe sollte, wie Jörn Rüsen im Anschluß an die Arbeiten von Thomas S. Kuhn4 in programmatischer Absicht formulierte, zum einen dann bestehen, die bislang vor allem perso nengeschichtlich betriebene Wissenschaftshistorie der Geschichtswissen schaft strukturgeschichtlich zu vertiefen. Zum anderen erwartete er sich von ihr »Aufklärung über die grundlegenden Prinzipien fachwissenschaftlichcr Arbeit«5. Überblickt man die bisher erschienenen Studien zur Geschichte der Geschichtswissenschaft, läßt sich jedoch durchaus der etwas überspitz ten These von Ernst Schulin zustimmen, wonach Wissenschaftsgeschichte teils zum »Trainingsplatz für Angriffe gegen die traditionelle Geschichts wissenschaft«, teils zum »Ausgrabungsfeld zur Auffindung vergessener Vorläufer der modernen Richtungen« geraten ist6. So haben insbesondere ausländische und ostdeutsche Historiker7 in zahlreichen Untersuchungen über die Entwicklung der deutschen Historie »den antirevolutionären, re- staurativen Grundcharakter der bisherigen Geschichtswissenschaft« heraus gearbeitet und auf »ihre damit zusammenhängende einseitige Ausrichtung auf Staat und Politik« sowie »ihre vom Idealismus und seiner Verstehensleh- re abhängige Bevorzugung der geistigen Bewegungen« hingewiesen8. Die sen Traditionen wissenschaftlicher Geschichtsschreibung haben vornehm lichjüngere Historiker aus der Bundesrepublik Deutschland die nicht weni gen Außenseiter der »Zunft« gegenübergestellt9. Einige dieser Studien wur den von dem Interesse bestimmt, auf verschüttete Wissenschaftstraditionen aufmerksam zu machen, an die eine »Geschichtswissenschaft jenseits des Historismus«10 anknüpfen konnte11. Auch die vorliegende Arbeit, die das Verhältnis von Geschichtswissen- 9 schaft und Kriegsursachenforschung am Beispiel der Auseinandersetzung um den Ausbruch des Ersten Weltkrieges untersucht, versteht sich als ein Beitrag zur Geschichte der Geschichtswissenschaft. Indem sie ihr Augen merk vor allem auf die politischen Perspektiven und gesellschaftlichen Orientierungen richtet, unter denen Historiker die Ereignisse, Vorgänge und Handlungen, die zum Kriegsausbruch 1914 führten, analysiert und beurteilt haben, thematisiert sie einen wichtigen Teilaspekt der in Gang befindlichen Theoriediskussion. Sie soll die bislang oft abstrakt geführte Debatte über das gesellschaftliche und politische Beziehungsfcld, in dem geschichtswissenschaftliche Tätigkeit steht, ergänzen12. Darüber hinaus stellt diese Untersuchung jedoch einen Beitrag zur Geschichte des histo risch-politischen Denkens in Deutschland seit der Novemberrevolution 1918/19 dar. Sie geht dabei von der im folgenden zu konkretisierenden und zu überprüfenden Annahme aus, daß historische Aussagen nicht nur den jeweiligen Stand der Kenntnisse über die Vergangenheit und der methodo logischen Entwicklung der Geschichtswissenschaft repräsentieren, sondern auch Ausdruck der erkenntnisleitenden Interessen, des gesellschaftlichen Standorts sowie der politischen und moralischen Überzeugungen ihrer Ver fasser und Befürworter sind13. Außerdem können geschichtswissenschaftli che Aussagen als »politisches Argument« zur Rechtfertigung beziehungs weise Ablehnung bestimmter (tages-)politischer Ziclprojektionen und Ent scheidungen sowohl für einzelne Personen als auch für soziale Gruppen und politische Institutionen dienen14. Werke der Geschichtsschreibung sind da her wichtige Dokumente für das historisch-politische Bewußtsein und die politische Kultur einer Gesellschaft oder der in ihr lebenden politisch-sozia len Gruppen. Die Beschäftigung mit solchen Texten führt über die Betrach tung des wissenschaftlichen und politischen Sclbstvcrständnisses des Histo rikers hinaus zu den politisch-sozialen Verhältnissen selber, in denen sie entstanden sind, sowie zu den Wirkungen, die vom Geschichtsschreiber beabsichtigt oder durch seine Arbeit ausgelöst wurden: Wissenschaftsge schichte der Geschichtswissenschaft geht daher über in Zeitgeschichte15. Die historiographische Auseinandersetzung um den Ausbruch des Ersten Weltkrieges, die von Annclise Thimme mit Recht als eine nationale »Großkontroverse« bezeichnet worden ist16, bietet sich zur Analyse dieser Zusammenhänge von Geschichtswissenschaft und Politik in besonderer Weise an. Wenige Themen der neueren Geschichte sind von der Geschichts schreibung, namentlich in Deutschland, mit größerer Ausführlichkeit, ja Leidenschaftlichkeit behandelt worden wie die Frage nach den Ursachen und der Schuld an der Katastrophe von 1914. Zu der für den einzelnen Forscher kaum noch überschaubaren Fülle an Literatur kommt hinzu, daß die Quellen zur Geschichte der deutschen Außenpolitik und der internatio nalen Beziehungen in den Jahrzehnten vor 1914 so gut aufbereitet sind wie für keinen anderen Abschnitt der deutschen Geschichte17. Diese außeror dentliche Forschungsdichte ist wiederum darauf zurückzuführen, daß die K) geschichtswissenschaftlichc Diskussion über dieses einschneidende und wir kungsmächtige Ereignis von Anfang an sehr starken außerwissenschaftli chen Einflüssen politischer und ideologischer Art unterlag. Über weite Strecken hinweg wird daher die Geschichte der Kriegsursachenforschung von zum Teil sehr heftig ausgetragenen historisch-politischen Kontroversen bestimmt, die wesentliche Züge von »Richtungskämpfen« tragen18. Auch der Betrachter des gegenwärtigen Forschungsstandes sieht sich mit einer Vielfalt von einander widersprechenden und sich teilweise gegenseitig aus schließenden Interpretationsversuchen und Forschungsansätzen konfron tiert19. Überdies dient der Hinweis auf bestimmte für die Entstehung des Ersten Weltkrieges verantwortliche Strukturen und Verhältnisse Politikern wie Publizisten bis in die Gegenwart hinein als »politisches Argument« zur Legitimation oder Zurückweisung bestimmter politischer Konzeptionen, die ein friedliches Zusammenleben der Völker garantieren sollen20. Wenngleich in der Literatur die Notwendigkeit und Bedeutung einer solchen Untersuchung hervorgehoben wird21, beschränken sich die bisher erarbeiteten Studien im wesentlichen auf die Analyse einzelner Zeitabschnit te, bestimmter Kriegsschuldforscher oder besonderer Aspekte des Verhält nisses von Politik und Geschichtsschreibung22. Soweit die Geschichtswis senschaft die Entwicklung der Kriegsursachenforschung von ihren Anfän gen bis in die Gegenwart thematisiert, fehlt in der Regel eine systematische Beschäftigung mit den sozialen Interessen und politischen Anschauungen der einzelnen Wissenschaftler wie auch ihrer Wirkung auf Politik und Ge sellschaft in ihrer Zeit und Umgebung23. Ebenso ist bislang eine umfassende Analyse der marxistisch-leninistisch orientierten Wcltkricgsforschung un terblieben, die durch die Geschichtswissenschaft der DDR vertreten wird24. Eine Antwort auf die Frage, ob und inwieweit außerwissenschaftliche Inter essen den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt beeinflussen, wird man jedoch am ehesten geben können, wenn man die seit nunmehr sieben Jahr zehnten andauernde Debatte über die Ursachen des Ersten Weltkrieges im zeitlichen Längsschnitt untersucht. Nur so erscheint es überhaupt möglich, die Veränderungen des Geschichtsbildes und den Wandel des politischen Bewußtseins in Deutschland von 1914 bis zur Gegenwart genau zu bestim men und zu erklären25. Um der Arbeit eine angemessene, die wesentlichen Positionen und Ent wicklungstendenzen repräsentierende Quellengrundlage zu sichern, durfte jedoch nicht allein auf die Schriften der akademischen Historie zurückgegrif fen werden. So stammt etwa ein großer Teil der in der Zwischenkriegszeit veröffentlichten Untersuchungen und Quellenpublikationen aus der Feder von »Amateur«-Historikcrn26. Es war daher notwendig, den Rahmen einer herkömmlichen Wissenschaftsgeschichte zu verlassen und die Grenzen zwi schen Geschichtswissenschaft und politischer Publizistik teilweise aufzuhe ben. Desgleichen mußte die Matcrialbasis im Hinblick auf die bundesrepu blikanische Forschungsentwicklung durch solche Arbeiten erweitert wer- 11

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