HANS BERNSDORFF HIRTEN IN DER NICHT-BUKOLISCHEN DICHTUNG DES HELLENISMUS PALINGENESIA MONOGRAPHIEN UND TEXTE ZUR KLASSISCHEN ALTERTUMSWISSENSCHAFT BEGRONDET VON RUDOLF STARK NACH OTTO LENDLE UND PETER STEINMETZ HERAUSGEGEBEN VON SEVERIN KOSTER BAND LXXII O FRANZ STEINER VERLAG STUTTGART 2001 HANS BERNSDORFF HIRTEN IN DER NICHT-BUKOLISCHEN DICHTUNG DES HELLENISMUS O FRANZ STEINER VERLAG STUTTGART 2001 Abbildung des Phönix: Mosaik aus Antiochia am Orontes, jetzt im Louvre. Fondation Eugene Piot, Monuments et Mémoires, publ. par |’ Académie des Inscriptions et Belles-Lettres, 36, 1938, 100. Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Bernsdorff, Hans: Hirten in der nicht-bukolischen Dichtung des Hellenismus / Hans Bernsdorff. -- Stuttgart : Steiner, 2001 (Palingenesia ; Bd. 72) Zugl. Teildr. von: Göttingen, Univ., Habil.-Schr., 1996/97 u.d.T.: Bernsdorff, Hans: Die Darstellung von Hirten in der nicht-bukolischen Dichtung des Hellenismus ISBN 3-515-07822-3 =, ISO 9706 ISSN 0552-9638 Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. © 2001 by Franz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH, Sitz Stuttgart. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Druck: Druckerei Proff, Eurasburg. Printed in Germany ΕΞ ΕΞ 7 0. Einleitung ...........eeessensessssessssnsensnsonssennennnennnnsansnenenonnsnnnnsnnssnssnssnnnenn 9 1. Menander und die übrige Neue Komödie ................2...22222000000000000000 19 1.1. Epochenzugehörigkeit der Neuen Komödie........................ 19 1.2. Methodische Vorbemerkung ..............z22re00n200r0nenonnonenonenenenenen 20 1.3. Hirten in der Neuen Komödie.......................u02002000000000000ennnn0n 21 1.4. Vergleich mit Vorgängern ............sssrenssnsoneoneonsenennensennonsnnennnnen 25 1.5. Exkurs: Die Darstellung des Ländlichen bei Aristophanes und in der Neuen Komödie ........................ 28 1.6. Zusammenfassung ................2er00s020r0onsnnennnnnnenssenonensnenensnennsnnnene 43 2. Apollonios von Rhodos, Argonautika ................ues0ns0essnsseesnenneenennen 45 2.1. Einleitung ..............esoneessssessnenosssonnnensnennnennnnnnnnnnnsnnnssnsonnnanennnsnne 45 2.2. Homer als Vorläufer in der Gattung ...............nuneseseseseeenen 50 2.3. ApOllOmios ρον, 66 ΚΗ 91 3.1. Einleitung ...........uensnsesnessennonenennnnnenonnoennnnnnnnnenennnsnnnennennnnnne 91 3.2. Datierung Ὁ ορορορορορροροροοοοιοἐὁοιοιοροιοΕοέΕοιοις 104 3.3. Bukolisches Idyll und pastorales Epigramm -- Vergleich gattungsbedingter Merkmale .................nne 127 3.4. Zentrale Motive der Bukolik und ihre Behandlung im Epigramm. ..................rssnenn 139 3.5. Schluß: Theokrits Bukolik und die pastorale Epigrammatik des Hellenismus ................. 179 4. Andere Dichter .....................2240200040200B020000n000nnnennnnnsnnennnnnennnnsnenonsnensnene 181 4.1. Kallimachos ....................2222020020000nnnssonsnesnnenennnnnenesonannnnnnnnnennnn 181 4.2. Arat.....nesnssnssnsnessnssnnsnnunnenssnnsonsnnensnonennnnnsnnsnnsnnsnensnnnsnonsnnsnnnnnne 183 4.3. Herodas ................200220004400n0nnnnnennesnnsneensnsunsnonsnnennnnsnensnnnonssnnnnn 185 4.4. Nikander .................-22020400000020s0snnnsonsnesnnnonanannnnnnonsnnnsnnsnnennonene 187 5. Schluß .........cueessnesenssosenssnssnennnsnennnsnnsnnnnnnnnnnonsnssensnsnonsunsnsssnanennossensnnnse 191 Literatur- und Abkürzungsverzeichnis ..............0.0000200000s0000nsonnonnnnnnannanne 193 ΓΝ 205 VORWORT Dieses Buch ist die überarbeitete Fassung des ersten Teils meiner Habilita- tionsschrift, die im Wintersemester 1996/97 von der Philosophischen Fa- kultät der Georg-August-Universität Göttingen angenommen wurde. Der zweite Teil, ein Kommentar zum „Fragmentum Bucolicum Vindobonense“, ist bereits 1999 separat erschienen. Die Gutachter im Habilitationsverfahren waren Carl Joachim Classen, Klaus Nickau, Ulrich Schindel, Wilfried Barner und Marianne Bergmann. Ihnen allen verdanke ich wichtige Hinweise. Einen großen Teil der Arbeit habe ich als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes 1992/93 während eines zweisemestrigen Aufenthalts in Cambridge/England geschrieben. Der anregenden Atmo- sphäre Cambridges, besonders aber der Hilfsbereitschaft Richard Hunters, mit dem ich die meisten Kapitel intensiv besprechen konnte, verdankt diese Arbeit viel. Die Organisatoren des „Workshops on Hellenistic Poetry“, der vom 31. August bis zum 2. September 2000 in Groningen stattfand, gaben mir Ge- legenheit, die wichtigsten Ideen des Epigrammkapitels vor einem Kreis von Fachleuten zur Diskussion zu stellen und kurz vor der Drucklegung noch einige Korrekturen und Präzisierungen vorzunehmen. Während der Drucklegung wurde mir die ihrerseits im Druck befindli- che Arbeit Laura Rossis über die theokriteischen Epigramme bekannt, in deren Druckvorlage mir die Autorin freundlicherweise Einblick gewährte. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit diesem Buch konnte ich hier allerdings nicht mehr leisten. Bei der Endredaktion waren mir Johanna Nickel, Christoph Schüne- mann und (wieder einmal mit unübertrefflichem Scharfblick) Silvio Bene- tello behilflich. Für die Aufnahme der Arbeit in die „Palingenesia“ danke ich Severin Koster, dessen Durchsicht des Manuskripts noch zu einigen Verbesserungs- vorschlägen führte. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützte die Drucklegung mit einem großzügigen ZuschuB. Mein letzter und größter Dank gebührt aber auch an dieser Stelle wieder Carl Joachim Classen für seine Förderung in allen Phasen der Arbeit an diesem Buch. Göttingen, im September 2000 0. EINLEITUNG Hirten bilden das wesentliche Personal der Bukolik, einer Gattung, als deren Begründer und wichtigster Vertreter seit der Antike der hellenistische Dichter Theokrit gilt. Das bedeutet aber nicht, daß erst Theokrit diesen Stand für die dichterische Darstellung überhaupt erschlossen hätte -- Schil- derungen von Hirten begegnen vielmehr seit der Ilias, was angesichts der Bedeutung der Viehwirtschaft für die antike Lebenswirklichkeit nicht über- rascht. Die Behandlung der Hirtenwelt durch frühere Dichter, besonders Ho- mer, ist natürlich nicht ohne Einfluß auf Theokrit geblieben, und die For- schung hat dieser Wurzel der theokriteischen Bukolik bereits einige Beach- tung geschenkt! . Die vorliegende Untersuchung will dem bislang weitgehend? vernach- lässigten Umstand Rechnung tragen, daß im Hellenismus, also grob ge- sprochen der Epoche Theokrits, die Hirtenwelt weiterhin ein Thema vieler poetischer Gattungen blieb, daß also der Hellenismus auch außerhalb der Bukolik dichterische Darstellungen des Gegenstandes kennt. Eine Untersu- chung dieses Bereichs verspricht Aufschluß darüber, inwieweit die Darstel- lungsweise der Hirtenwelt in der Bukolik mit der anderer hellenistischer Dichter übereinstimmt. Bevor ich dieses Ziel im folgenden noch genauer beschreibe, seien zunächst einige erläuterungsbedürftige Termini der The- menstellung genauer umrissen. I vıschers (1906) Dissertation ist eine Sammlung von Material aus antiken Dich- tern (vornehmlich, aber nicht ausschließlich, den Bukolikern) und Fachschriftstellern, mit dem Ziel einer möglichst detaillierten und differenzierten Erfassung des Hirtenall- tags, wie er in der antiken Literatur beschrieben wird. Die Darstellung von Hirten in der vorhellenistischen Dichtung aus literaturgeschichtlicher Perspektive (mit Hinblick auf die Bukolik) findet erst bei ronpe (1923) Berücksichtigung. Aus letzter Zeit vgl. vor allem GuTZWILLER (1991). Näheres zu dieser Arbeit sowie über Arbeiten speziell zu pastoralen Elementen bei Homer vgl. unten Abschn. 2.2.0. (S. 50-2). 2 KEGEL-BRINKGREVE (1990), 64-6 und STANZEL (1995), 50-64 gehen jetzt auf einige hellenistische Behandlungen des Hirtenthemas außerhalb der Bukolik ein, besonders in Kallimachos’ Astakides-Epigramm und Herodas’ achtem Mimiambos, vgl. dazu unten Abschn. 3.4.1. (5. 148-51) und 4.3. (185-7). 10 0. Einleitung (a) ‚Hirtenwelt‘, ‚pastoral‘ Ich betrachte solche Texte als einschlägig, in denen Hirten vorkommen? . Nicht systematisch erfaßt wurden Texte, die zwar die nähere Lebenswelt von Hirten betreffen, in denen sich aber keine Hirtengestalt findet (z. B. die Schilderung eines Raubtierüberfalls auf eine Herde). Auch Götter können als Hirten in Erscheinung treten. Das gilt besonders für Pan, zu dessen Zuständigkeitsbereich die Hirtenwelt gehört. In anderer Funktion, z. B. als Jagdgott, oder wenn die Verbindung mit der Hirtenwelt nicht deutlich wird (wie im Prolog zu Menanders Dyskolos), gilt die Gestalt Pans nicht als einschlägig. Als zugehöriges Adjektiv gebrauche ich ‚pastoral‘ (z. B. in der Verbin- dung ,pastorale Elemente‘, ‚Dichtungen pastoralen Inhalts‘ u. ä.). Die Bedeutung soll dabei einfach ‚Hirten betreffend‘ sein (etwa im Sinne des lateinischen pastoralis), wobei moderne Sonderbedeutungen wie ‚idyl- lisch‘* fernzuhalten sind. (Ὁ) ‚bukolisch‘ Ich werde den Ausdruck in zwei verschiedenen Bedeutungen verwenden. Die erste liegt nur bei der Eingrenzung des systematisch zu untersuchenden Materials zugrunde, die zweite bei der Interpretation des Materials. Als ‚bukolisch‘ im ersten Sinne bezeichne ich alle unter dem Namen des Theokrit, des Moschos und des Bion überlieferten Gedichte, wobei gleichgültig ist, in welchem Ausmaß und in welcher Art die Hirtenwelt dort jeweils dargestellt wird. Das Hylasgedicht (Theokr. eid. 13) gilt also dem- nach ebenso als bukolisch wie das erste IdylI?. 3 Nur im Abschnitt über die Neue Komödie wird in einem Exkurs (1. 5.) auch die Darstellung des allgemein Ländlichen einbezogen. Zur Begründung vgl. unten S. 28. *Cf. pUDEN (1976-81), 5. v., 3: „ländlich, idyllisch“; in diesem Sinne auch von NAUTA (1990), 119 gebraucht. Zum Begriff des Pastoralen in der neuzeitlichen Literatur- theorie ausführlich HALPERIN (1983), 27-72. Ähnlich wie ich unterscheidet REED (1997), 7: „‚bucolic‘ refers to the tradition signalled by formal features, , pastoral‘ to themes of herdsmen and rustic life.“ Eine Definition des „bukolischen Epigramms“ versucht jetzt auch Laura Rossi (vgl. das Vorwort meiner Arbeit): Kriterium ist fiir sie ebenfalls das Auftauchen von Hirten. 5 Dementsprechend übergehe ich im folgenden auch Erwähnungen von Hirten in enkomiastischen (Theokr. eid. 16, 36-9) oder mythologisch-erzählenden ({Theokr.] eid. 25, 100-111) Gedichten des Corpus (einen Versuch, die pastoralen Elemente im letzten Fall, dem Epyllion über Herakles, den Löwentöter, zu erklären, bei GuTZWILLER (1981), 31 u. 34).