Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung Herausgegeben von E. Hilf, H. Hirsch-Kreinsen, R. Hitzler, J. Howaldt, G. Naegele, M. Reichert, Dortmund, Deutschland V or dem Hintergrund sich verschärfender sozialer Risiken und demografischer Herausforderungen sowie einer beschleunigten Veränderungsdynamik in Wirt- schaft, Gesellschaft und Kultur wächst ganz offensichtlich das Bewusstsein eines nur eingeschränkten Problemlösungspotenzials etablierter Steuerungs- und Prob- lemlösungsroutinen. Je weiter Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur, die natürliche Umwelt, die Arbeits- und Lebenswelt von technischen Innovationen durchdrungen und in hohem Tempo umgestaltet werden, umso mehr gewinnen soziale Innovationen an Bedeutung und öffentlicher Aufmerksamkeit. Mit dem verstärkten Fokus auf soziale Innovationen tritt aber die mit den Sozialwissenschaften verbundene Reflexions- und Gestal- tungskompetenz stärker in den Vordergrund. Zu einer der aktuell wie künftig zentralen gesellschaftlichen Gestaltungsaufgaben gehört der demografische Wandel. Seine Auswirkungen sind vielschichtig. Neben der Bevölkerungsstruktur betreffen die Veränderungen den Arbeitsmarkt, die kommunale Infrastruktur, die Gesundheitsversorgung und das soziale Zusam- menleben in der Gesellschaft. Die Dortmunder Beiträge zur Sozialforschung versammeln wissenschaftliche Pu- blikationen, die sich mit den damit verbundenen Fragen auseinandersetzen. Die Herausgeber/innen repräsentieren mit der Sozialforschungsstelle Dortmund und der Dortmunder sozialen Gerontologie an der Technischen Universität Dortmund zwei traditionsreiche Einrichtungen und Standorte sozialwissenschaftlicher For- schung in Deutschland. Sie bilden zugleich einen wichtigen Bestandteil der an der TU Dortmund vertretenen Sozialwissenschaften. Herausgegeben von Ellen Hilf, Prof. Dr. Hartmut Hirsch-Kreinsen, Prof. Dr. Ronald Hitzler, Prof. Dr. Jürgen Howaldt, Prof. Dr. Gerhard Naegele, Prof. Dr. Monika Reichert, Technische Universität Dortmund, Deutschland Katrin Hahn Heterogene Akteure als Innovationspartner Zur Strukturierung von Handeln in industriellen Innovationsprojekten Katrin Hahn Dortmund, Deutschland Dissertation Technische Universität Dortmund, 2012 ISBN 978-3-658-03152-7 ISBN 978-3-658-03153-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-03153-4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio- nalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufb ar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zu- stimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Über- setzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in die- sem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu be- trachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürft en. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.springer-vs.de Geleitwort Mit der vorliegenden Publikation wird eine Thematik aus der internationalen und nationalen Innovationsforschung aufgegriffen, die in den letzten Jahren wissenschaftlich und innovationspolitisch einige Relevanz erlangt hat. Es handelt sich dabei um Untersuchungen über die Innovations- und die Entwick- lungsperspektiven nicht-forschungsintensiver, sogenannter Lowtech-Industrie- unternehmen und industrieller Sektoren in den entwickelten westlichen Gesell- schaften. Diese Gesellschaften werden bekanntlich als Wissensgesellschaften apostrophiert und ihre sozio-ökonomischen Entwicklungsperspektiven vor allem mit Hightech-Innovationen verbunden. Die einschlägigen Forschungsergebnisse belegen jedoch instruktiv, dass industrielle “Lowtech”-Unternehmen gerade unter den Bedingungen entwickelter Hightech-Ökonomien nicht nur eine überraschend hohe Stabilität, sondern auch eine spezifische Innovationsfähig- keit und damit ausgeprägte Entwicklungsperspektiven aufweisen. In diesem generellen Forschungskontext ist die vorliegende Studie von Katrin Hahn zu verorten. Konkret greift sie Forschungsergebnisse auf, wonach die Innovationsfähigkeit vieler nicht-forschungsintensiver Unternehmen in hohem Maße auf einer engen Kooperation mit weiteren Unternehmen und Organisationen und der Nutzung unternehmensextern generierten Wissens basiert. Diese Forschungsergebnisse zeigen vor allem, dass für diese Unterneh- men insbesondere der Kooperation mit Hightech-Unternehmen und wissen- schaftlichen Einrichtungen eine große Bedeutung zukommt. Anders formuliert, wissenschaftlich generiertes Wissen und neue Technologien spielen gerade auch für die Innovationsfähigkeit nicht-forschungsintensiver Unternehmen eine zentrale Rolle. Eine bislang offene und relevante Frage in diesem Forschungskontext ist allerdings, wie sich die Kooperationen zwischen den “Lowtech”-Unternehmen einerseits und den forschungssintensiven Unternehmen und Organisationen andererseits einspielen und an welche Voraussetzungen sie gebunden sind. Diese Frage thematisiert die vorliegende Studie. Katrin Hahn geht dabei davon aus, dass gelungene Innovationskooperationen, deren Ergebnis letztlich offen und unsicher ist, stets ein sehr voraussetzungsvolles Unterfangen sind. Denn Kooperationsprobleme resultieren insbesondere aus der Heterogenität – wie 6 Geleitwort etwa unterschiedlichen Fachsprachen, ungleiche unterschiedliche Ressourcen- ausstattungen bis hin zu divergierenden Innovationszielen – der hier ins Auge gefassten Unternehmen und Organisationen. Auf der Basis von Fallstudienana- lysen von erfolgreichen Innovationsprojekten präsentiert Katrin Hahn in ihrer Studie interessante Einsichten darüber, wie diese Kooperationsprobleme im Einzelnen gelöst werden. So zeigt sie unter anderem, dass sowohl die Herstel- lung einer stabilen Rahmenstruktur eines Innovationsprojektes als auch Prozesse der laufenden Abstimmung und Vermittlung zwischen den beteiligten Akteuren unabdingbare Voraussetzungen dafür sind, dass Kooperationen unter den un- gleichen Partnern gelingen und ein Innovationsprojekt erfolgreich zu Ende geführt werden kann. Darüber hinaus verweist sie auf die große Bedeutung von Kompromissen und Konsens, durch die nicht nur Vertrauen zwischen den Partnern erzeugt wird, sondern auch Lernprozesse in Gang gesetzt werden, die letztlich eine gemeinsame Wissensbasis mit entsprechenden Verbindlichkeiten in den Innovationsprojekten herstellen. Sie geht dabei über Ergebnisse der Netzwerkforschung hinaus und entwickelt ihren eigenen konzeptionellen Zugang des “interdimensionalen Diskursraums”. Freilich, so ist hinzuzufügen, ist eine solchermaßen gelungene Kooperation stets eingebettet in einen insgesamt sehr dynamischen und vor allem auch widersprüchlichen Prozess des technologischen und ökonomischen Wandels. Endgültige Aussagen über stabile Kooperationsmuster sind daher kaum möglich. Die Studie von Katrin Hahn verdeutlicht dies instruktiv. Es ist daher zu hoffen, dass auch diese Studie den Anstoß für weitergehende, differenzierte und vor allem auch breit angelegte Untersuchungen über die Dynamik von Kooperationsmustern und damit zusammenhängende Herausforderungen in industriellen Innovationsvorhaben geben wird. Hartmut Hirsch-Kreinsen Vorwort Innovationen werden nicht nur, wie es Schumpeter beschreibt, durch den Pro- zess der „schöpferischen Zerstörung“ charakterisiert, sondern auch durch ein hohes Maß an Offenheit im Hinblick auf ihren Verlauf und ihr Ergebnis. Dies birgt für die innovierenden Akteure Unsicherheiten bezüglich des einzuschla- genden Weges, der nächsten Schritte sowie bei der Wahl geeigneter Mittel. Ent- scheidungen in offene Zukünfte können auch Sackgassen sein oder Verzöge- rungen und Rückschritte implizieren, bevor die Innovation letztlich erfolgreich eingeführt wird. Hinsichtlich dieser Charakteristika von Innovationen, die zu den zentralen Ausgangspunkten meiner Dissertation gehörten, konnte ich einige Parallelen zu meinem Dissertationsprozess erkennen: Die Wahl des Themas sowie geeigneter Untersuchungsmethoden und -theorien waren Entscheidungen in eine offene Zukunft, die auch die eine oder andere Komplikation bargen. Dass solche Unsicherheiten nicht in einer Sackgasse ohne Wendemöglichkeit endeten, sondern im erfolgreichen Abschluss meiner Promotion, gilt mein Dank vor allem meinem Doktorvater Prof. Dr. Hartmut Hirsch-Kreinsen für seine vielfältige Unterstützung und sein Vertrauen in meine Arbeit. Bedanken möchte ich mich auch bei meinem Zweitgutachter Prof. Dr. Gerd Bender für seine wei- terführenden Anregungen und die interessanten Diskussionen während meiner Zeit als Doktorandin. Auch die konstruktiven Rückmeldungen meiner Kollegin- nen und Kollegen vom Lehrstuhl Wirtschafts- und Industriesoziologie bei unseren gemeinsamen Kolloquien oder ein paar nette Worte „einfach mal so“ waren eine große Unterstützung sowie der hilfsbereite Einsatz unserer studen- tischen Hilfskräfte. Insbesondere Dr. Jörg Abel stand mir mit Rat und Tat zur Seite, was mir vor allem in der letzten Phase eine große Sicherheit gegeben hat – vielen Dank! Für ihre schnelle und unkomplizierte Hilfe beim Korrekturlesen möchte ich mich auch bei Franziska Kardosh, Frank Hüesker und Dennis Diederich bedanken. Zudem danke ich meiner Familie für ihren Rückhalt in den vergangenen Jahren. Besonders Dennis hatte immer ein offenes Ohr für die Hochs und Tiefs und hat so mit großer Geduld und Verständnis meine Arbeit begleitet. Dafür möchte ich mich bei allen ganz herzlich bedanken! Katrin Hahn, Dortmund, Mai 2013 Inhaltsverzeichnis 1.(cid:3) EINLEITUNG ........................................................................................ 15 2.(cid:3) TECHNISCHE INNOVATIONEN UND DEREN ENTSTEHUNGSBEDINGUNGEN ..................................................... 25(cid:3) 2.1.(cid:3) Das Phänomen Innovation ....................................................................... 25(cid:3) 2.1.1.(cid:3) Definition und Typisierung von Innovationen .............................. 26(cid:3) 2.1.2.(cid:3) Innovation als Prozess .................................................................. 30(cid:3) 2.1.3.(cid:3) Wissenstransfer als voraussetzungsvolle Basis von Innovationen ................................................................................. 36(cid:3) 2.1.4.(cid:3) Verteilte Wissensbasen als Ressourcen für Innovationen ............. 41(cid:3) 2.2.(cid:3) Heterogene Akteure: Sektor, Organisation und Individuum .................... 46(cid:3) 2.2.1.(cid:3) Heterogenität der Akteure ............................................................. 47(cid:3) 2.2.2.(cid:3) Heterogenitätsdimensionen: Sektor, Unternehmen, Person .......... 48(cid:3) 2.2.3.(cid:3) Heterogenität – Chancen und Schwierigkeiten ............................. 56(cid:3) 2.3.(cid:3) Innovationskooperationen und Innovationsnetzwerke ............................. 58(cid:3) 2.3.1.(cid:3) Innovation braucht Kooperation ................................................... 59(cid:3) 2.3.2.(cid:3) Exkurs: Koordinationsformen wirtschaftlichen Handelns ............ 62(cid:3) 2.3.3.(cid:3) Netzwerke als Basis für Innovationen .......................................... 66(cid:3) 2.3.4.(cid:3) Koordinationsmechanismen: Vertrauen und Reziprozität ............ 72(cid:3) 2.3.5.(cid:3) Koordinationsmechanismen: Hierarchie und Macht ..................... 75(cid:3) 2.3.6.(cid:3) Koordinationsmechanismus: regionale Nähe ............................... 77(cid:3) 2.3.7.(cid:3) Innovationsnetzwerke: ein Zusammenwirken von Vertrauen, rekursivem Lernen, Verhandlung und Eigenlösungen .................. 84(cid:3) 2.4.(cid:3) Kooperationen heterogener Akteure ........................................................ 91(cid:3) 2.4.1.(cid:3) Einleitung ..................................................................................... 91(cid:3) 2.4.2.(cid:3) Trading zones ............................................................................... 93(cid:3) 2.4.3.(cid:3) Boundary objects .......................................................................... 94(cid:3) 2.4.4.(cid:3) Expectations.................................................................................. 99(cid:3) 2.4.5.(cid:3) Weiterentwicklungen .................................................................. 103(cid:3) 2.4.6.(cid:3) Die Funktion von Zeit bei technischen Innovationsprojekten .... 105(cid:3) 2.5.(cid:3) Das Innovationsprojekt: Spezifizierung des empirischen Untersuchungsgegenstands .................................................................... 110 10 Inhaltsverzeichnis 3.(cid:3) KONZEPTIONELLER RAHMEN ZUR UNTERSUCHUNG VON INNOVATIONSPROJEKTEN ZWISCHEN NICHT-FORSCHUNGSINTENSIVEN UND FORSCHUNGSINTENSIVEN AKTEUREN.................................... 115(cid:3) 3.1.(cid:3) Globale und lokale Ordnungen als Bezugsrahmen von Technologieentwicklung ........................................................................ 117(cid:3) 3.1.1.(cid:3) Idee und Grundlagen des Modells .............................................. 117(cid:3) 3.1.2.(cid:3) Lokale und globale Ordnungen ................................................... 118(cid:3) 3.1.3.(cid:3) Ad hoc global orders ................................................................... 123(cid:3) 3.1.4.(cid:3) Kritische Würdigung und Ausblick ............................................ 124(cid:3) 3.2.(cid:3) Die Konzeption des interdimensionalen Diskursraums ......................... 126(cid:3) 3.2.1.(cid:3) Die drei Analysedimensionen ..................................................... 126(cid:3) 3.2.2.(cid:3) Geographischer Raum ................................................................ 128(cid:3) 3.2.3.(cid:3) Zeit .............................................................................................. 134(cid:3) 3.2.4.(cid:3) Diskurs ........................................................................................ 142(cid:3) 3.2.5.(cid:3) Der interdimensionale Diskursraum ........................................... 150(cid:3) 3.2.6.(cid:3) Forschungsleitende Hypothesen ................................................. 152(cid:3) 3.3.(cid:3) Zwischenresümee ................................................................................... 154 4.(cid:3) DIE FALLBEISPIELE ........................................................................ 157(cid:3) 4.1.(cid:3) Hightech und Lowtech – eine kurze Einführung ................................... 157(cid:3) 4.2.(cid:3) Daten zu Hightech-Lowtech-Kooperationen ......................................... 165(cid:3) 4.3.(cid:3) Überblick Innovationsprojekte ............................................................... 169(cid:3) 4.3.1.(cid:3) Zur Erhebung .............................................................................. 169(cid:3) 4.3.2.(cid:3) Projekt A „Stahlbohren“ ............................................................. 175(cid:3) 4.3.3.(cid:3) Projekt B „Kunststoff“ ................................................................ 181(cid:3) 4.3.4.(cid:3) Projekt C „Automotive“ ............................................................. 186(cid:3) 4.3.5.(cid:3) Projekt D „Umformtechnik“ ....................................................... 192(cid:3) 4.4.(cid:3) Komplexitätserzeugung und Bewältigung in der Dimension geographischer Raum ............................................................................. 196(cid:3) 4.4.1.(cid:3) Analysefokus in der Dimension Raum ....................................... 196(cid:3) 4.4.2.(cid:3) Die Dimension geographischer Raum im Projekt A „Stahlbohren“ ......................................................................... 197(cid:3) 4.4.3.(cid:3) Die Dimension geographischer Raum im Projekt B „Kunststoff“ ............................................................................ 199(cid:3) 4.4.4.(cid:3) Die Dimension geographischer Raum im Projekt C „Automotive“ ......................................................................... 200(cid:3) 4.4.5.(cid:3) Die Dimension geographischer Raum im Projekt D „Umformtechnik“ ................................................................... 200(cid:3) 4.4.6.(cid:3) Resümee: Komplexitätserzeugung und Bewältigung in der Dimension Raum .............................................................. 201(cid:3) 4.5.(cid:3) Komplexitätserzeugung und Bewältigung in der Dimension Zeit ......... 206(cid:3) 4.5.1.(cid:3) Analysefokus in der Dimension Zeit .......................................... 206(cid:3)