ebook img

Heinrich Manns "Untertan im Orient: Probleme einer literarischen Übersetzung in das Arabische PDF

228 Pages·1994·37.594 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Heinrich Manns "Untertan im Orient: Probleme einer literarischen Übersetzung in das Arabische

Studien zum modernen islamischen Orient Band 5 Leila Nairn Ity Heinrich Manns »Untertan« im Orient Probleme einer literarischen Übersetzung in das Arabische Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsautnähme Naim, Leila: Heinrich Manns »Untertan« im Orient: Probleme einer literarischen Übersetzung in das Arabische / Leila Naim - Berlin : Das Arabische Buch, 1994 (Studien zum modernen islamischen Orient; Bd. 5) ISBN 3-86093-058-3 NE: GT Impressum Studien zum modernen islamischen Orient, Band 5 Leila Naim: Heinrich Manns »Untertan« im Orient Probleme einer literarischen Übersetzung in das Arabische ISBN 3-86093-058-3 © bei der Autorin und beim Verlag Das Arabische Buch Verlag Horstweg 2 14059 Berlin Umschlaggestaltung: TRAUM & RAUM, Berlin Herstellung: Weinert, Berlin Printed in Germany 1994 Inhaltsverzeichnis A. Vom Schicksal des Übersetzers 7 B. Über die arabische Schriftsprache und die literarische Übersetzung 11 Über die krise des heutigen arabischen Schriftsprache 12 Die literarische Übersetzung und ihre Aufgabe gegenüber der heutigen arabischen Sprache 19 C. Deutsche Literatur im arabischen Sprachraum 34 Die Verbreitung deutscher Literatur im arabischen Sprachraum - ein Überblick 35 Übersetzungen deutscher Literatur seit der Jahrhundertwende 41 D. Die Übersetzung des Romans "Der Untertan" in die arabische Sprache 48 Die Entscheidung, den "Untertan" ins Arabische zu übersetzen 49 Heinrich Mann im arabischen Sprachraum 55 Die Frage nach der interkulturellen Bedeutung des "Untertan" 58 E. Aus der Werkstatt des Übersetzers 73 Die Auseinandersetzung mit der Sprache 74 Deutsche und arabische Lexika als Übersetzungshilfe 78 Beispiele für kulturspezifische Probleme bei der Übersetzung vom Deutschen ins Arabische 79 Ohne Lehnwörter kann auch die arabische Sprache heute nicht mehr auskommen 90 Für und wieder die Dialektübersetzug 93 nomen est omen - oder: Lassen sich Namen übersetzen? 96 Zusammenfassung der speziellen Probleme und der eingeschlagenen Lösungswege 97 Die Sprache ist Spiegel der gesellschaftlichen Eigenheiten 99 F. Der arabische Gegenwartsroman als eigenständige Literaturgattung 151 Gibt es überhaupt den "arabischen Roman"? 152 Der zeitgenössische arabische Roman als gesellschaftliche Zustandsbeschreibung 159 Anmerkungen 167 Literatur 201 A. Vom Schicksal des Übersetzers Mit der hier vorliegenden Arbeit wird der Versuch gewagt, anhand persönlicher Erfahrung und unter Beschränkung auf im wesentlichen ein Beispiel, allgemeingültige Aussagen über die Problematik der lite- rarischen Übersetzung aufzustellen. Um dieses scheinbare Paradoxon nicht für sich stehen zu lassen, seien einige Worte zur Einführung erlaubt. Das Wissen um die Tatsache, daß Sprache nicht aus einzelnen — übersetzbaren Wörtern — besteht, sondern Träger und Ausdrucks- form der spezifischen Eigenschaften, des Wissens und Bewußtseins, der Entwicklungs- und Kulturgeschichte eines Volkes ist, wird während des Übersetzungsvorganges zur Erfahrung. Selbst da, wo geographi- sche Nähe und/oder kulturelle Gemeinsamkeiten dies nicht vermuten lassen, zeigt sich beim Übersetzen die Eigenständigkeit, ja Eigensin- nigkeit und Fremdheit zwischen den Sprachbereichen. Die grundsätz- liche Außage dieser Arbeit, die auch die subjektive Auswahl des Beispiels rechtfertigt, ist, daß sich bei jeder Übertragung eines literari- schen Textes in eine andere Sprache — wie eng verwandt die beiden Sprachen auch sein mögen — vergleichbare Probleme ergeben, die ich als „Grundprobleme des Übersetzens" bezeichnen will. Die Dimension dieser „Grundprobleme des Übersetzens" wird umso größer, je weiter die Kulturkreise tatsächlich voneinander entfernt sind — und dies keineswegs nur geographisch, sondern abhängig von den historischen und mentalen Gegebenheiten, von Landschaft und Wetter, Sagen und Mythen, religiösen und volkstümlichen Sitten und Bräuchen und von der aktuellen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Situa- tion. Der Übersetzer, der die Verantwortung empfindet, ein Werk, seine spezifische Sprache und die darin transportierten soziokulturellen Hin- tergründe in einer völlig neuen Form in eine fremde Umgebung zu verpflanzen, muß sich zwangsläufig von der Worttreue losen können, um die Werktreue zu bewahren. Je unvereinbarer sich Sprachen und Kulturen gegenüberstehen, desto mehr muß er zum Interpreten, ja selbst zum Schriftsteller werden, wenn auch unter dem Diktat der Vorgabe. In letzter Konsequenz aber wird er Kämpfer zwischen zwei 7 (Kultur-) Fronten sein: Zwischen den Fronten deshalb, weil zum einen das Verständnis des zu übertragenden literarischen Werkes Vertrautheit mit Sprache und Kultur seines Herkunftslandes voraus- setzt, und weil zum anderen eine kritisch — analytische Sicht auf die Kultur, die das Werk annehmen soll — im allgemeinen das Herkunfts- land des Übersetzers selbst — nötig ist, um das neue, das andersar- tige Gedankengut zugänglich machen zu können. Eine unreflektierte Identifikation mit der eigenen Kultur würde der Übertragung entschie- den im Wege stehen. So ist die literarische Übersetzung geprägt von der Persönlichkeit des Übersetzers: Die Beweggründe, gerade dieses bestimmte Buch zu eben diesem historischen Zeitpunkt zu übersetzen, ebenso wie die persönliche — z.B. politische — Motivation lassen sich erkennen, wenn man Inhalt und Form des Werkes in der Ausgangssprache und in der Übersetzung als Einheit betrachtet. Trotz aller angestrebten Neutralität wird der analytisch vergleichende Betrachter anhand der Betonung oder Vernachlässigung einzelner Aussagen das Bewußtsein des Übersetzers entdecken können. Der sensible, verantwortungsbewußte (und möglichst erfahrene) Über- setzer kämpft vor allen Dingen darum, den inhaltlichen Verschiebun- gen, die den Außagen durch die Übertragung in eine andere Mentalität bevorstehen, entgegenzusteuern. Denn die aus ihren vertrauten Zu- sammenhängen gerißenen Worte revoltieren, werden widerspenstig und bockig. Der harmloseste Satz kann zur Kriegserklärung oder zur uneinnehmbaren Festung werden. Befreit von den selbstverständlichen Hintergründen der Herkunftssprache transportieren die Ausdrücke plötzlich neue Inhalte, und der Übersetzer ringt darum, diesen neuen Inhalten die gewünschte Richtung zu geben. In dem Moment aber, wo es ihm gelingt, dem fremden, dem der Zielkultur neuen Gedankengut eine ihr bekannte, vertraute Form zu geben, verliert das Werk leicht zugleich mit der Fremdheit auch seine Eigenheiten. So muß er im gleichen Augenblick seiner Intuition vertrauen und diese ständig reflektierend in Frage stellen können. Die Vorstellung von dem friedlich in seinem stillen Kämmerlein sit- zenden und vor-sich-hinschreibenden Übersetzer ist wohl kaum jemals zutreffend — und nicht zuletzt dürfte auch Luthers Wurf mit dem Tintenfaß nach dem (Übersetzungs-?) Teufel auf die althergebrachte 8 Tradition des heftig tobenden Kampfes zwischen Werk und Machwerk hinweisen! Inwieweit dieser Kampf erfolgreich ausgefochten werden kann, ob der Übersetzer psychisch überlastet ist oder über sich selbst hinauswächst, hängt vom Thema der Arbeit ab und davon, ob der zu übertragende Inhalt mit den Vorstellungen und der Situation des Bear- beitenden zu vereinbaren ist. Ich bin der Ansicht, daß die Problematik der Übersetzung generell nicht mit rein abstrakter, wissenschaftlicher Methodik, sondern nur aus der Erfahrung der tatsächlichen Praxis heraus beschrieben werden kann. Unbestreitbar spielen die psychische und soziale Situation des Übersetzers, seine — Wertvorstellungen, seine Identifikation oder Nicht-Identifikation mit der jeweiligen Kultur seine Art zu Denken also — eine wesentliche Rolle bei der Arbeit; diese subjektiven Faktoren bestimmen letztlich die Tendenz des „neu- en" literarischen Werkes. Da ich im weiteren Verlauf der hier vorliegenden Arbeit aus der persönlichen Erfahrung heraus argumentieren werde, sei mir erlaubt, auch an dieser Stelle die eben aufgestellte Behauptung aus dieser Perspektive zu untermauern: Bei der Auswahl des Romans „Der Unter- tan" von Heinrich Mann galt meine Sympathie ganz offenkundig seiner Gesellschaftskritik, von der ich mich zu diesem Zeitpunkt keineswegs betroffen fühlte, die ich „lediglich" als gekonnte, zielgerichtete Angriffs- lust und Beschreibung kleinbürgerlicher Beschränktheit und damit ver- bundener Überheblichkeit begriff. Mit ähnlich betrachtendem Abstand hatte ich vorher u.a. Remarques Werke ins Arabische übersetzt. Die Beschäftigung mit dem „Untertan" brachte mich allerdings in eine ungeahnte, neue Situation: Das Fehlen einer positiven Romanfigur, die historische Bedeutung des Werkes und die große Anzahl der auch aus dem deutschen Sprachgebrauch verschwundenen Ausdrücke erschwerten das Vorhaben, belastender aber war die Erkenntnis, daß die so sarkastisch verurteilte Gesellschaftsschicht aus dem Deutschland der Jahrhundertwende sich mittlerweile auch im arabischen Raum zu eta- blieren beginnt. Diese Feststellung zwang mich dazu, zuerst einmal die eigenen Denk- und Verhaltensmuster kritisch zu überprüfen. Weder die allgemein gültigen „Grundprobleme des Übersetzers", noch die aus dem gewählten Beispiel herrührenden individuellen Stolperst- eine dürfen aber an dem eigentlichen spezifischen Problem vorbei- zeigen, das sich bei der Übersetzung aus einer europäischen bzw. modernen Sprache ins Arabische unweigerlich erhebt und das in der 9 Geschichte und Struktur der arabischen Sprache selbst verankert ist. Diese besondere Tatsache wird im Anschließenden Kapitel von der „Krise der heutigen arabischen Schriftsprache" eingehender erläutert werden. 10 B. ÜBER DIE ARABISCHE SCHRIFTSPRACHE UND DIE LITERARISCHE ÜBERSETZUNG 11 Ober die Krise der heutigen arabischen Schriftsprache Schriftsteller, deren Erzählungen in der heutigen Zeit spielen, Überset- zer, die Gegenwartsliteratur ins Arabische übertragen wollen, Wissen- schaftler, die sich mit aktuellen Problemen auseinandersetzen, für sie alle ist der Begriff von der „Krise der heutigen arabischen Schriftspra- che" zum Topos geworden. Es ist in der Tat ein einmaliges Phänomen in der Geschichte der Sprachen, daß über Jahrhunderte hinweg keine neuen Ausdrücke Eingang in eine Sprache gefunden haben und sie unfähig machen, über das ganz Alltägliche zu berichten. „Die schlafende Schöne (die arabische Schriftsprache) ist tatsächlich aus ihrem langen Schlaf erwacht, doch sie muß für diesen langen Schlaf einen hohen Preis bezahlen, und das drückt sich im großen Defizit dieser Sprache an Artikulationsmöglichkeiten der neuen Welt gegenüber aus. Es ist nicht zu leugnen, daß sie eine rasche Entwick- lung mitmacht, doch die Welt läuft schneller als sie." Dieses Zitat aus einem der ersten kritischen Werkel) von cAbdalläh al-cArwi (Laroui)2' spiegelt recht klar und eindeutig die Meinungen vieler führender arabi- scher Literaten und Linguisten wider, die sich zu diesem Thema geäußert haben. In die Reihe der Kritiker gehört auch Muhammad A. al-öäbiri, dessen Urteil an Härte dem seines Landsmannes und Kollegen al-cArwi nicht nachsteht. Er schreibt in seinem Buch „takwin al-caql al-carabi3), das zu den derzeit aktuellsten Büchern zählt und das Kulturleben Arabiens wie auch die Seiten seiner Presse um etliche Begriffe bereichert — und in intellektuellen Kreisen heftige Diskussionen ausgelöst — hat: „Die arabische Sprache stagnierte, nachdem man aus ihr eine schone Mumie gemacht hatte. Doch das gesellschaftliche Leben kennt keine Stagnation und keine Mumifizierung. So rächte sie sich an sich selbst, indem sie arabische Dialekte wieder ins Leben rief, die zum Teil reicher als die Hochsprache (al-fushä) waren und noch sind.4' Al- öäbiri geht geht noch weiter und beschreibt die schizophrene Situati- on, in die der arabische Mensch durch die sprachbedingte Verzerrung geraten ist: „Er ist im Besitz einer hochentwickelten Schriftsprache, was das Schreiben und Denken betrifft. Doch diese selbe Sprache kann ihn nicht mit dem notwendigsten Vokabular versorgen, das er 12

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.