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Heinrich Mann und sein Publikum: Eine literatursoziologische Studie zum Verhältnis von Autor und Öffentlichkeit PDF

106 Pages·1965·2.993 MB·German
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Preview Heinrich Mann und sein Publikum: Eine literatursoziologische Studie zum Verhältnis von Autor und Öffentlichkeit

Kunst und Kommunikation Schriflen zur Kunstsoziologie und Massenkomrnunikation Herausgegeben von Prof. Dr. Alphons Silbermann Köln-Lausanne Band 10 Lorenz Winter Heinrich Mann und sein Publikum Eine literatursoziologische Studie zum Verhältnis von Autor und öffentlichkeit Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH ISBN 978-3-663-00652-7 ISBN 978-3-663-02565-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-02565-8 Verlags-Nr. 043610 © 1965 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag. Köln Opladen 1965 Alle Rechte vorbehalten Inhalt Vorwort ............................................. 7 Einleitung 8 Kapitel I Vom Leser zum Autor (1894-1909) ................... 18 Das Zwanzigste Jahrhundert. In einer Familie. Im Schlaraffenland. Die kleine Stadt. Kapitel 11 Im Schatten der Legende (1910-1925) ................. 47 Die Kaiserreich-Trilogie. Diktatur der Vernunft. Kapitel 111 Beim Bau des Denkmals (1926-1946) ................. 69 Eugenie. Es kommt der Tag. Empfang bei der Welt. Der Atem. Kapitel IV Die Lebensdaten Heinrich Manns ..................... 91 Kapitel V Die Schriften von Heinrich Mann ..................... 93 L i t e rat u r ver z eie h n i s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 98 Vorwort Die folgende Studie ging aus einer 1963 an der Universität München vorgelegten Dissertation über Werk und Wirken Heinrich Manns her vor. Anfangs trug ich daher nicht geringe Bedenken, eine weitgehend zum internen akademischen Gebrauch bestimmte Arbeit in dieser Form einem breiteren Leserkreis zugänglich zu machen. Wenn das dennoch geschah, so deshalb, weil mir bei der Lektüre des deutschen Romanciers immer klarer wurde, daß die großen literarischen Mythen, von denen sein Werk lebt, in kleiner Münze noch stets in der Welt in Umlauf sind. Wir sprechen oft von künstlerischer Freiheit. Jedoch nur selten fra gen wir, woher der Schriftsteller, der einst schon für ein paar ihm zuge standene dichterische Freizügigkeiten dankbar war, das Recht nimmt, sich künstlerisch frei zu gebärden. Wir sprechen von den existenziellen Problemen eines Autors, aber wissen nicht anzugeben, ob, wie und seit wann die Dichterexistenz als solche gelebt werden kann. Wir führen die Form gegen die Tendenz an, doch vergessen, daß dem Wort Form eher in der Sprache der Sportler und Diplomaten eine Bedeutung zu kommt: dort meint es technische Vollendung und hier die vollendete Höflichkeit. Kann Dichtung aber allein davon ihr Dasein fristen? Wohl ebensowenig wie von der ihr leichthin zugeteilten Aufgabe, das Unsag bare auszusprechen, was für den Poeten von Geblüt zweifellos eine ziemlich karge Kost sein dürfte. Wir gefallen uns endlich in der Be scheidenheit, literarischen Ruhm und Dauer als altmodische Romantik abzutun, aber wir vernichten selbst triviale Aktennotizen frühestens nach zehn Jahren. Was länger erhalten bleibt, gehört dann schon der Ewigkeit an und berechtigt zur Neuauflage. Besonders gern komme ich an dieser Stelle der Pflicht nach, dem Herausgeber dieser Schriftenreihe für seine Geduld und großzügige Hilfe bei der Fertigstellung des Buches zu danken. München, im Frühjahr 1965. Einleitung Eine Einleitung zu der vorliegenden Studie über das Werk Heinrich Manns kann und will nicht mehr liefern als eine knappe Rechtfertigung ihrer Methoden und Ziele. Sie wurde, wie manche andere Einleitung auch, nachträglich geschrieben, und kann vom Leser deshalb gleichfalls erst nach der Lektüre der folgenden Kapitel aufgeschlagen werden, um darin vielleicht eine Antwort auf Fragen zu finden, die sich jenseits des Horizontes der eigentlichen Interpretation auftun. Dennoch muß sie am Anfang des Textes stehen, weilliteratursoziologische Bemühungen stets noch in besonderem Maße der Rechtfertigung bedürfen. Der Philo loge verdächtigt sie gemeinhin, allzu oberflächlich an das Wesen der Dichtung zu rühren, während umgekehrt mancher Soziologe der Be schäftigung mit dem vagen Handwerk der Poesie ein ungeklärtes Miß trauen entgegenbringt. Diese bis heute nicht völlig überwundene Frontenstellung der beiden Disziplinen mutet einigermaßen verwunderlich an, insofern ihre Ver treter in der Praxis durchaus mit den Mitteln und Einrichtungen des Gegners rechnen. Dem Philologen ist es traute Selbstverständlichkeit, "Literatur" als komplexes soziales Gebilde aus Druck- und Verlags gewerbe, Buchhandel und Rezensentenwesen, aus Akademien, Preis gerichten, literarischen Geheimgesellschaften, öffentlichen Bibliotheken und ähnlichen Dingen vor sich zu sehen, während auf der anderen Seite kein noch so nüchtern der realen Umwelt zugewandter Wissenschaftler je daran gezweifelt hat, ob sich "Soziologie" wohl aus Papier und Druckerschwärze, den klassischen Produkten des Literaten, zusam mensetzen dürfe. Prinzipiell bleibt es daher gleich, ob man die Welt der Soziologie oder die der Literatur und Dichtung als real bzw. fiktiv ansieht; nur eins steht ziemlich sicher fest: die beiden Welten werden solange voneinander verschieden sein, als man es erfahrungsgemäß für notwendig befindet, sie durch zwei deutlich unterschiedene Ansamm lungen von Begriffen zu kennzeichnen. Ihre eigenartige dialektische Beziehung zueinander stellt dann vorläufig nicht mehr und nicht we niger dar als ein Wunder. Der Literatursoziologie wäre daher schon viel geholfen, wenn man erkennen würde, daß sich das Wesentliche über einen Sachverhalt nicht allein im Falle der Dichtung, sondern auch andernorts entweder nicht, oder aber nur mittels einer von der Sprache dieses Sachverhalts verschieden gearteten Sprache aussagen läßt. Im letzten Jahrhundert war die Sprache, in der man "über" Dichtung 8 etwas zu sagen pflegte, die des Historikers, in diesem Jahrhundert kam die Sprache des Soziologen hinzu. Es ist nicht einzusehen, weshalb sei ner Sprache Gehör und gleichgeachtete Anerkennung versagt bleiben sollen. Der Begriff "Dichtung" wird gelegentlich durch den des "literari schen Kunstwerks" ersetzt. Dieser Ausdruck ist doppeldeutig. Einer seits besitzt er eine selektive Funktion, indem er aus der Menge aller literarischen Werke einigen programmatisch den Rang ästhetischer Voll endung zuschreibt. Ein derartiges, von Fall zu Fall abweichendes Aus wahlkriterium wird offenbar nötig, sobald die Zahl der Druckerzeug nisse mit Hilfe einer hochentwickelten Technik erheblich zunimmt. Auf der anderen Seite steht die Frage, ob denn in der Menge aller Kunst werke auch solche "literarischer" Natur vorhanden bzw. möglich seien. Der neben "literarisches Kunstwerk" häufig benutzte Ausdruck "Sprach kunstwerk" verrät die gleiche Unsicherheit. Noch Lessing und Goethe war die überlegung geläufig, daß die bildenden Künste und die Musik wegen ihres zunächst ungestalteten Materials auf Produkte zielen kön nen, die Literatur es hingegen mit der immer schon instrumental vor gestalteten Sprache zu tun hat, mit einem Werkzeug der Kundgabe persönlichen Zumuteseins, der Darstellung von Sachverhalten, der Wir kung auf die Umwelt, des Nachsinnens über Ich, Welt, Gott. Es ist nicht ohne weiteres zu erkennen, ob die Sprache und mit ihr das ge schriebene Wort ihren instrumentalen Charakter je zugunsten desjeni gen eines reinen Kunst-Produktes aufgeben können; denn als Produkt besteht Dichtung nur aus schwarzen Strichen auf dem Papier. Von allen Fragen, die der Soziologe an die Dichtung richtet, dürfte die heikelste die nach ihrem Mitteilungswert gegenüber der Gesellschaft sein. Dabei soll der Begriff der Mitteilung alle vier im voraus genann ten instrumentalen Eigenschaften der der Dichtung zugrunde liegenden Sprache umfassen, ohne Einschränkung darauf, ob die Mitteilung beab sichtigt geschehe oder nicht. Die häufig vorgebrachte Behauptung, Dich tung sei nicht zur Mitteilung bestimmt, erweist sich dann offensichtlich als Forderung nach dem Spezialfall einer literarischen Mitteilung, die von sich behaupten darf, keine Mitteilung zu machen, keine Kommu nikationslinie herzustellen. Diese scheinbar abstruse Forderung ist aber beileibe nicht aus der dünnen Luft philologischer Spekulation gegriffen, sondern entsprang einem historisch vorliegenden "Fall", dem Artismus der letzten Jahrhundertwende. Man hat darin das gar nicht seltene Beispiel dafür zu sehen, wie die kritische Theorienbildung einer Epoche willfährig die Aufforderungen der schriftstellerischen Praxis im nach hinein befolgt. Das eigentümliche Spannungsfeld, in das der Begriff "Dichtung" im konsequenten Verfolg dieser Theorie gerät, rührt dann daher, daß der erwähnte Spezialfall eben nur als Postulat, niemals aber als endgültig gesicherte Tatsache möglich ist. Sobald die Eigen- 9 schafl: der Dichtung, reines Kunst-Produkt zu sein, davon abhängig gemacht wird, daß sie Mitteilung ihrer eigenen Mitteilungslosigkeit sei, erhebt sich dagegen der Widerstand der Sprache, die zwar gelegent lich keine Mitteilung macht, aber immer Mitteilung ist. Es hat in der deutschen Literatur Epochen gegeben, die einzig von den Ausstrahlun gen dieses Spannungsfeldes lebten, andere wieder, in denen die Span nung völlig abgeklungen schien. Im übrigen beweist ein Publikum, das eine Wesensbestimmung der Literatur durch ihre Beziehung auf eine Leserschafl: kategorisch ablehnt, durch die Geschlossenheit seiner Ein stellung zur Literatur die Berechtigung zu einem solchen Bezug am besten. Der Soziologe wird in der folgenden Interpretation eine Fallstudie erblicken, der Philologe eine geistige Biographie. Beide Definitionen erläutern die Absicht der Studie durchaus zutreffend. Abgesehen da von, daß die Werke Heinrich Manns nur in einer durch die Stoffmenge bedingten und noch näher zu begründenden Auswahl diskutiert wer den, geht die Deutung chronologisch vor, doch wird in jedem der drei folgenden Kapitel ein selbständiges Problem angeschnitten. Das ist durchaus natürlich. Stellt sich doch dem Schrifl:steller von Profession seine Aufgabe als Zwanzig-, Vierzig- oder Sechzigjährigem jeweils an ders dar, und auch sein Werk erfüllt somit in der Offentlichkeit im Laufe seines Lebens verschiedene Funktionen. Das besondere Interesse des Soziologen setzt eben dort ein, wo diese Funktionen nicht mehr allein durch biographische Variablen bestimmt werden. Das erste Kapitel beschäfl:igt sich vorwiegend mit der Frage, wie der literarische Kontakt zwischen einem neuauftauchenden Schrifl:stel ler und seinem Publikum zustande kommt. In seinem Literatur-Essay 1 hat Sartre diesen Vorgang Engagement oder Bindung genannt. Da bei ihm aus gewissen philosophischen Ansätzen heraus einseitig das Enga gement des Autors betont wird, konnte es nicht ausbleiben, daß von späteren Interpreten mit dem von ihm in die Diskussion gebrachten Begriff der Bindung allerlei Mißbrauch getrieben wurde. Ofl: setzte man Bindung gleich mit politischer ParteigängerschafI:, was recht absurd ist, als es dazu nicht der spezifischen Müheleistungen des Schrifl:stellers bedarf. Sartres Essay zeigt jedoch, daß sein Verfasser - obwohl er nach eigenem Eingeständnis nie einen "auch nur oberflächlichen Ver such einer soziologischen Erklärung" 2 unternehmen wollte - die litera tursoziologische Situation der Wechselwirkungen zwischen Autor und Publikum bei seinen Ausführungen zum Problem der Bindung stets im Auge hatte. Diese Wechselwirkungen bleiben scheinbar über den Tod des Autors und seines zeitgenössischen Publikums hinaus bestehen. 1 ]._P. Sartre, Was ist Literatur?, Hamburg 1958, S. 48. 2 ebd. S. 92. 10 Es ist eines der bezeichnendsten sozialen Merkmale unserer westlichen Kultur, daß sie dem Werk eines Autors, das ursprünglich nicht mehr als ein unhandliches Hilfsmittel zur Etablierung des Kontaktes zwi schen ihm und dem Publikum darstellte, einen eigenen Wert beimißt und diesen Wert zäh und beharrlich zu tradieren versucht. Die so zu stande gebrachte "Bindung" zwischen immer neuen Publikumsschichten und dem verstorbenen Autor hat freilich mit den von Sartre behandel ten Vorgängen des literarisch-sozialen Lebens nur indirekt zu tun. Auch in dieser Arbeit ist im ersten Kapitel wesentlich vom Kontakt zwischen Autor und zeitgenössischem Publikum die Rede, wenngleich nicht be stritten wird, daß sich Heinrich Mann als Leser damals ebenfalls in der Auseinandersetzung mit tradierten Werten befand. Gerade aus diesem Grund herrscht bei den drei anschließenden Ka piteln auch im unmittelbar folgenden die stärkste stoffliche Raffung vor. Denn außer auf die Werke des Dichters, die zwischen seinem zwanzigsten und vierzigsten Lebensjahr entstanden, mußte hier wenig stens kurz das Augenmerk auf seine literarische Vorbildung gerichtet werden. Daß in diesem Zusammenhang die Namen Nietzsche und Wagner fallen, versteht sich fast von selbst. Die im Gegensatz zu den Gewohnheiten seines Bruders nur verstohlen angedeutete Auseinander setzung Heinrich Manns mit Ernest Renan und Wilhelm Dilthey, in den zwanziger Jahren dann wohl auch mit Oswald Spengler, kann da gegen hier lediglich erwähnt werden. Hingegen ist die frühe Periode des Dichters biographisch und soziologisch weit bedeutsamer, als der Umfang des Kapitels vermuten läßt. In ihr bildete sich die Dichterrolle Manns, und zwar nicht nur im Hinblick auf menschliche Reifung und die Vervollkommnung handwerklicher Fähigkeiten. Der knapp vier zigjährige Verfasser der "Kleinen Stadt" hatte die Entwicklung vom Leser zum Autor, die jeder, der sich zu literarischem Tun berufen fühlt, durchmachen muß und unwiderruflich nur einmal leisten kann, erfolg reich abgeschlossen. Er verkörperte nach der Niederschrift dieses Romans die von seinen Zeitgenossen beglaubigte soziale Fiktion vom "Dichter", und deshalb machte ihn das bald darauf jäh hereinbrechende Ende der Bürgerzeit nicht nur klagen; es stimmte ihn auch dankbar, weil die historische Zäsur ihn die alte soziale Fiktion scharf und plastisch er kennen und seiner Lebensleistung sicherer werden ließ. Dieses histo rische Empfinden fehlte Autoren wie den von ihm noch verehrten Paul Heyse und Emanuel Geibel gänzlich, und läßt uns den Ausklang ihres Dichterdaseinswie eine im wahrsten Sinne des Wortes überlebte soziale Rolle erscheinen. Heinrich Mann wurde zum "Dichter" zur Zeit des literarischen Artis mus um die vergangene Jahrhundertwende. Zweck dieser aus Frank reich importierten und dort schon länger heimischen Literaturgattung war der Beweis ihrer eigenen Zwecklosigkeit - eine demonstrative 11 Haltung, aus der das Schlagwort, die "Kunst" sei ihr eigener Zweck herrührte. Die Parole entsprach voll und ganz der sozialen Rolle des Dichters und Schriftstellers als eines Wesens, das für die "um die Fahne der Produktion gescharte" 3 Bürgerwelt nutzlos, aber merkwürdiger weise unentbehrlich war. Das gleiche Kompliment hörten bekanntlich auch die Damen jener Epoche beinahe täglich von ihren Kavalieren und Ehemännern; vielleicht erklärt das auch die soziale Zusammensetzung des lesenden Publikums. Die Bindung zwischen Autor und Publikum umfaßte aber auch den nicht oder nur selten zum Buch greifenden, potentiellen Teil der Leserschaft: der von seinen Geschäften aufgezehrte Banause kannte gerade damals den einzig zeitgemäßen Typ des "Dich ters" recht gut. So waren die mitteilungslose Mitteilung bzw. der zweck lose Zweck die Tugend, die der Autor jener Jahre aus der Not des ungelesenen Schriftstellers zu machen hatte; je besser ihm das gelang, desto klarer trat seine persönliche Leistung hervor. Die damit bekun dete Haltung des Autors wird in den folgenden Kapiteln kurz die schriftstellerische Distanz zum Publikum genannt. Sie setzte beim Publi kum natürlich das Bestehen einer individualistischen Ideologie voraus. Dennoch war auch der, rein programmatisch betrachtet, distanzierte Dichter eben dank der mit dem Publikum geteilten Ideologie völlig in die Gesellschaft integriert. Die potentielle Leserschaft erwartete von ihm gar keine andere Haltung. Und sollte sie entgegen ihrer vorgefaß ten Absicht, sich nicht mit so törichten Spielereien wie der Poesie ab zugeben, doch einmal zum Buch greifen, so wäre sie über das ihr daraus entgegentönende vielsagende Schweigen der "Kunst" keineswegs über rascht gewesen. Lediglich die Tatsache, daß sich eine Person, die man bislang in dieser Hinsicht für unbescholten gehalten hatte, die verpönte Rolle des Dichters anzueignen bemühte, hätte ihr vielleicht ein mißbil ligendes Runzeln der Augenbrauen abgelockt. Das Beispiel Heinrich Manns zeigt allerdings auch, daß zwischen ungelesenem, unverstande nem und ungeachtetem Autor erhebliche Unterschiede bestehen: der Künstler hatte zwar seiner Meinung nach "nichts zu sagen", die Ent fremdung zwischen ihm und dem Publikum führte weder zur Produk tion von offenkundigem Unsinn seinerseits, noch trug die Geringschät zung des Dichters ihm mehr als den Vorwurf der Nutzlosigkeit ein. Vielleicht ist an dieser Stelle eine kurze Verallgemeinerung des vor aufgegangenen Gedankens angebracht. Die Fähigkeit, lesen und schrei ben zu können, stellt nicht nur in der bürgerlichen, d. h. in der am Prinzip wirtschaftlichen Nutzens orientierten Gesellschaft ein unverwechselbares soziales Statusmerkmal dar. Beschränken wir unsere Betrachtung jedoch auf diese Gesellschaft, so finden wir, daß der belle tristische Schriftsteller seine Nützlichkeit in ihr nicht ohne weiteres be- 3 f.-P. Sartre, op. cit., S. 90. 12

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