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Heft 1/2003 als PDF PDF

68 Pages·2005·2.34 MB·German
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68 Editorial Im Jahr der Chemie 2003 jährt sich zum 200. AlsChemikerhatmanungeahnteMöglichkeiten, MalederGeburtstagdesAltmeistersderChemie, seineKreativitäteinzusetzen,dennohneChemie Justus von Liebig. Aus diesem Anlaß präsentie- gehtnichts.NichtnurderMenschisteineeinzige ren wir hier in Beiträgen von Spitzenforschern Kette von chemischen Reaktionen, auch alles, den aktuellen Stand auf ausgesuchten Entwick- womit er umgeht, was er anfaßt, was er ißt, wo- lungsgebieten der Chemie. Diese Auswahl aus mitersichfortbewegtistdasErgebniseineroder der breiten Palette der chemischen Forschung mehrerer chemischer Reaktionen. sollesdemLeserermöglichen,dieChemieinih- EinAkademie-Journal,dassichderChemiewid- rer heutigen Vielfalt und ihrer interdisziplinären met,hatindiesemZusammenhangVorbildfunk- Verflechtung ohne Grenzen zu entdecken. tion. Aus ausgewählten Arbeitsgebieten und un- BesondersinDeutschlandistChemieseitJahren terschiedlichenBlickwinkelnwirdmoderneChe- Horst Hennig ein Reizwort, man könnte sagen auch ein Reiz- mie präsentiert. Forschung, Technik aber auch fach; Reizfach deshalb, weil die Studienzeit in die Probleme, mit denen die Chemie in der Ge- derChemie,angeblicherheblichlängeristalsin sellschaft konfrontiert ist, werden angesprochen. allen anderen Disziplinen. Reizwort heißt, daß Insgesamt legen wir hier Beiträge vor, die auch alles, was irgendwie mit Chemie zu tun hat, denGeisteswissenschaftenInteressantesaufdem schädlichundmöglichstzuvermeidensei.Wenn meist als schwer zugänglich charakterisierten manvonChemieredet,schlägteinembesonderes Gebiet vermitteln. Chemie bedeutet eben nicht Mißtrauen entgegen. Der Historiker E. Hobs- nur Formeln, Strukturen und schwierige mathe- bawn formulierte dies so: „Keine Periode in der matische Berechnungen, Chemie ist eine Wis- Geschichte war von den Naturwissenschaften so senschaft zum Anfassen, eine Wissenschaft, in durchdrungenundabhängigwiedas20.Jahrhun- der man etwas ganz Neues, noch nie Dagewese- dert. Keine Epoche seit Galileis Widerruf stand nes schaffen kann, oder, um mit Justus von Lie- Herbert W. Roesky ihnen aber auch so reserviert gegenüber.“ big zu sprechen: „Die Chemie führt den Men- Im JahrderChemieversucht man nun, der Che- schen ein in das Reich der stillen Kräfte, durch miedenMakelzunehmen.Zunächstwirdderin- deren Macht alles Entstehen und Vergehen auf teressierten Jugend und Öffentlichkeit bundes- derErdebedingtist,aufderenWirkungdieHer- weitinzahlreichenVeranstaltungengezeigt,was vorbringung des Lebens ... beruht“. Chemieeigentlichist.Dabeiwirdesermöglicht, selbst Experimente durchzuführen, um zu zei- gen,daßChemievieleSeitenhat.Chemieistei- ne Disziplin, die sehr viel praktisches Geschick Horst Hennig zusammen mit Kreativität und Phantasie erfor- Herbert W. Roesky dert. Schüler und Studenten lernen, wie farbig Wissenschaftliche Beiräte und schön Chemie sein kann. des Akademie-Journals Akademie-Journal1/2003 1 Impressum Inhalt Akademie-Journal 1/2003 MagazinderUnionderdeutschenAkademienderWis- CHEMIE senschaftene.V. AkademiederWissenschaftenzuGöttingen Christoph Meinel BayerischeAkademiederWissenschaften,München Netzwerke des Wissens - Justus von Liebig und die HeidelbergerAkademiederWissenschaften AkademiederWissenschaftenundderLiteratur,Mainz Chemie des 19. Jahrhunderts 2 Nordrhein-WestfälischeAkademiederWissenschaften, Düsseldorf SächsischeAkademiederWissenschaftenzuLeipzig Michael Buback Berlin-BrandenburgischeAkademiederWissenschaften, Was gibt uns die Chemie? – Leistungen, Berlin Entwicklungsmöglichkeiten und Risiken 8 Herausgeber: DerPräsidentderUnionderdeutschenAkademiender Wissenschaften Gerhard Ertl Geschwister-Scholl-Straße2,D-55131Mainz,FRG „Brot aus Luft“ – Zum Mechanismus des Haber- Telefon06131/21852814·Telefax06131/21852811 e-mail:[email protected] Bosch-Verfahrens 14 http://www.akademienunion.de Redaktion:Dr.KatharinaWeisrock Achim Müller Struktur-Vielfalt im Nanokosmos 19 WissenschaftlicherBeirat: Prof.Dr.H.Duddeck,Berlin Prof.Dr.J.Fried,Mainz Prof.Dr.H.Hennig,Leipzig* Klaus Müllen Prof.Dr.J.Jacobs,Düsseldorf Supramolekulare organische Chemie – Wege zu Prof.Dr.U.Mölk,Göttingen neuen Materialien 26 Prof.Dr.C.W.Müller,Leipzig Prof.Dr.W.Müller-Seidel,München Prof.Dr.H.W.Roesky,Göttingen* Prof.Dr.M.Schaefer,Mainz Helmut Müller Prof.Dr.E.A.Schmidt,Heidelberg Spurenanalyse – Sinn und Nutzen 31 Prof.Dr.K.Starke,Heidelberg Prof.Dr.W.Voßkamp,Berlin *verantwortlichfürdenThemenschwerpunktChemie Martin Quack Von den „unmeßbar schnellen“ chemischen DieindieserZeitschriftveröffentlichtenBeiträgesind Reaktionen zur Bestimmung ultrakurzer Zeiten für urheberrechtlichgeschützt.AlleRechte,insbesondere dasderÜbersetzunginfremdeSprachen,sindvorbehal- chemische Primärprozesse 38 ten.KeinTeildieserZeitschrift(auchAbbildungen) darfohneschriftlicheGenehmigungdesVerlagsinir- gendeinerForm–durchFotokopie,Mikrofilmoderan- Katharina Weisrock dereVerfahren–reproduziertoderineinevonMaschi- Nachruf auf Gerhard Thews 45 nen,insbesonderevonDatenverarbeitungsanlagen,ver- wendeteSpracheübertragenwerden.–DieAufnahme derZeitschriftinLesezirkelistnichtgestattet.–Die NennungvonMarkenbezeichnungenindieserZeit- Nachrichten aus der Union 46 schriftläßtkeinerleiRückschlüssezu,obessichumge- schützteodernichtgeschützteZeichenhandelt. AuchdieRechtederWiedergabedurchVortrag,Funk- Nachrichten aus den Akademien 50 undFernsehsendung,imMagnettonverfahrenoderauf ähnlichemWegebleibenvorbehalten.Voneinzelnen BeiträgenoderTeilenvonihnendürfennureinzelne Personalia 59 Exemplarefürdenpersönlichenundsonstigeneigenen Gebrauchhergestelltwerden.DieVervielfältigungen sindmitdemVermerküberdieQuelleunddenVerviel- fältigerzuversehen. Titelbild:ComposingvonThomasTempel,T.G.T.Design ForusersintheUSA: Authorizationtophotocopyitemsforinternalorperso- naluse,ortheinternalorpersonaluseofspecific clients,isgranted. Herstellung,LayoutundReprographie: rjmMedienserviceGmbH, RudolfJ.Manke–68623Lampertheim Erscheinung: Heft1/2003:August2003,ISSN0942-4776 Akademie-Journal1/2003 2 Netzwerke des Wissens – Justus von Liebig und die Chemie des 19. Jahrhunderts1 Christoph Meinel Im JahrderChemie2003 wird in Wissenschaft und Industrie, aber auch durch die Her- ausgabe einer Sondermarke und einer 10-Euro-Münze des Chemikers Justus von Liebig gedacht, der am 12. Mai 1803 in Darmstadt geboren wurde. Doch wen oder was feiern wir eigentlich, wenn wir einen 200. Geburtstag feiern? Vielleicht – wie Goethe meint – zunächst uns selbst, „zu schauen, wie vor uns ein weiser Mann gedacht. Und wie wir’s dannzuletztsoherrlichweitgebracht.“ Mit Jubilaren aus der Naturwissenschaft haben wir da leichtes Spiel. Denn ihre Werke veralten rascher als diese Verse des Faust. Goethe schrieb das Werk, als Liebig geboren wurde. Fünf Jahre Halbwertszeit für die Zitierwahrscheinlichkeit einer chemischen Ver- öffentlichungsindheutzutageeinpassablerWert.Wasälterist,istschonGeschichte–so sagtman.AberebendochTeilunserereigenenGeschichte.Wasalsofeiernwir,wennwir Liebigs Geburtstag begehen? DieAntwortistnichttrivial.ZwarträgtdieGie- Ich antworte mit dem Begriff der Vernetzung. ßener Universität Liebigs Namen; doch keine Wissenschaftliches Wissen, wissenschaftliche wissenschaftliche Theorie, kein Gesetz, nicht Praxis und den Kontext, in dem Wissenschaft einmal eine chemische Substanz hat man nach steht,hatLiebigzuNetzwerkendesWissenver- ihmbenannt.SogardenLiebigkühlerhateinan- knüpft. Binnen- und Außenbezüge von Wissen- derer erfunden. Schlägt man die Werke auf, mit schaft hat er damit neu definiert. denen er damals Furore machte, die Thier-Che- Vernetzung,dasmeintzunächstdieÜberführung mie etwa, so stellt man fest, daß wissenschaftli- vonlokalem,anOrte,ZweckeoderPersonenge- che Durchbrüche offenbar mit Arbeiten erreicht bundenem Wissen in universales Wissen. Das wurden,beidenenausmodernerSichtfastjedes meint die Verknüpfung spezifischer Verfahren Detailfalschist.Wasalsoistes,dasunsmitLie- zu generell einsetzbaren Methoden, und das big verbindet? meintdieZusammenführungvonspeziellenPro- blemlösungen zu Forschungsprogrammen. Vernetzung,dasmeintauchdieKommunikationin derWissenschaft;dieHerausbildungvonForscher- gemeinschaften, von wissenschaftlichen Schulen und den Transfer institutioneller Modelle. Vernetzung,dasheißtschließlichdieAusbildung stabiler Wechselbeziehungen zwischen Wissen- schaft, Wirtschaft und Politik. Nicht zu verges- sendieBeziehungenzwischenWissenschaftund Öffentlichkeit. Gezielt und mit nachhaltigem Erfolg solche Netzwerke des Wissens geknüpft zu haben, ist eine Leistung, die über fachwissenschaftliche Einzelleistungen hinausgeht und mit der Liebig Anstöße zum Nachdenken über die Rolle von WissenschaftindermodernenWeltgegebenhat. An Liebigs Lebensweg sei hier erinnert, an die kleinbürgerlich-provinzielleHerkunft,andieen- genVerhältnissedamaligerUniversitäten,dieih- re geistige Unabhängigkeit durch Verzicht auf die Teilhabe am politischen Prozeß erkauft und sich deshalb aufs Ideale und Spekulative verlegt LiebigalsPräsident hatten.DagegenempfingLiebignachhaltigeEin- derBayerischen drückeinParis,demZentrumnaturwissenschaft- AkademiederWis- licher Exzellenz, wo in Folge der Revolution senschaften auch die politisch-gesellschaftliche Wirksamkeit Akademie-Journal1/2003 3 vonWissenschafterstmalsdeutlichwurde.Doch an der kleinen Hessen-Darmstädtischen Landes- universität in Gießen war es, wo der 21jährige Liebig außerordentlicher Professor der Chemie wurde und eine ausgediente Wachstube als La- boratorium bezog. Es war die Zeit tiefgreifender Transformationen der deutschen Hochschullandschaft. Mit pro- grammatischen Neugründungen hatte Preußen die Führung übernommen – Neukonzeptionen aus dem Geist des Idealismus als Alternative zum französischen Fachschul-Modell. Im Zen- trum stand die Idee der Persönlichkeitsbildung durch Forschung. Es ging um die Rekrutierung bürgerlicherEliten,diebereitwaren,Verantwor- Abb.1 tungzuübernehmen.DasistdereigentlicheKern JustusvonLiebig, des gescholtenen Begriffs ’Bildungsbürgertum’. um1853:AloisLö- InGießenhatLiebigdiesesKonzeptaufdieNa- cherer,Photogra- turwissenschaft übertragen. Die Aufgabe der phien1845-1855, Universität, neues Wissen hervorzubringen, er- hrsg.vonUlrich hielthiereinekonkreteGestalt.Damitwurdedie Pohlmann(Mün- Forschung in die Ausbildungsfunktion der Uni- chen),S.110 versität einbezogen, ließ sich wissenschaftliche Arbeit in neuer Weise organisieren und begann vertretbarem Aufwand und binnen kürzester die Kontaktnahme von Hochschulforschung und FristließsichnunderKohlenstoff-,Wasserstoff- Anwendung,worausspätereinneuerTypuswis- undSauerstoffgehalteinerProbebestimmen,oh- senschaftsbasierter Industrie hervorgehen sollte. ne daß es dazu langjährigen Trainings bedurfte. Die Voraussetzungen dafür, daß sich Naturwis- Dies hatte Folgen für den Forschungsprozeß. senschaft,WirtschaftundStaatinneuenKonstel- Denn mit Hilfe des neuen Apparats (Abb. 2) lationen formierten, hat Liebig zwischen 1830 konnten die benötigten Analysen nun von Hilfs- und1850inGießengelegt,indemerdasWissen kräften erledigt werden, was kreatives Potential unddiePraxisderChemieaufunterschiedlichen freisetzte und die Forschungspraxis nachhaltig Ebenen vernetzt hat. veränderte. Statt also Schüler und Mitarbeiter an Einzelpro- Vernetzung der Methoden und Arbeiten jekten arbeiten zu lassen, konnte Liebig sie jetzt für größere Untersuchungen einspannen. Seine Das Arbeitsprogramm der neuzeitlichen Chemie eigeneRollebestanddarin,dasProblemzudefi- stammt von Lavoisier im ausgehenden 18. Jh. nieren,dieAufgabenzuverteilenunddieTeillö- Abb.2 Methodischer Kern war die Analyse, d.h. die sungen zusammenzuführen. Dies ist der Beginn LiebigsElementar- quantitative Ermittlung der elementaren Zusam- des modernen, arbeitsteiligen Forschungslabors. analyse-Apparatur: mensetzungvonStoffen.DochinFragenderor- Die Analysenapparatur war das Kontroll- und J.Liebig,„Überei- ganischenundphysiologischenChemieerwiesen Referenzinstrument bei der Produktion chemi- nenneuenApparat sichdieeinfachen,amVorbildderMineralanaly- schenWissens.VonhierausließsichForschung zurAnalyseorgani- se erprobten Verfahren als zu grob. organisieren,zentralkontrollierenundarbeitstei- scherKörper“,An- Der entscheidende Durchbruch gelang, als Lie- ligfunktionalisieren.KomplexeExperimentalsy- nalenderPhysikund big 1831 etablierte Methoden zu einem verläßli- stemekontrollierenheißtauch,dieAkteurediszi- Chemie21(1831), chen Routineverfahren verbinden konnte. Mit plinieren. So konnte man ganze Forschungsfel- Taf.I Akademie-Journal1/2003 4 der systematisch erschließen. Das ist der Ur- Die Chemie wurde damit zur Zeichenlehre und sprung der experimentellen Forschungsgruppe. UniversalgrammatikderstofflichenWelt.IhrIn- Auf diese Weise „lassen sich die kühnsten Ent- strumentwardieAnalyse.Mitdieserließensich deckungen fabrikmäßig machen,“ notierte Lie- getrennte Wissensbereiche ursächlich miteinan- big,alsdieErgebnisseeinervonsechsDoktoran- derverknüpfen.SoerschloßsichderZusammen- den ausgeführten Untersuchung über die Fette hang von anorganischer und organischer Natur, vorlagen. Die großbetriebliche Organisations- von Nahrung und Stoffwechsel, von Gesundheit form moderner Forschung nahm hier ihren Aus- und Krankheit, von Ernährung und Arbeit. Abb.3 gang. 1840erschienLiebigsWerkDieorganischeChe- Liebigbeieinem Zum ersten Mal war damit der experimentellen mieinihrerAnwendungaufAgriculturundPhy- Vorlesungsexperi- Forschung ein zentraler Platz zugewiesen im siologie, und zwar fast simultan auch in einer ment,Zeichnungim SelbstverständnisderUniversität.DenUnterricht englischen und einer französischen Ausgabe. Im KollegheftvonLud- aus der Idee einer forschungsgeleiteten Ausbil- Jahr darauf folgten die zweite englische, eine wigThiersch1855/ dung heraus neu zu organisieren, das war der amerikanische, italienische und holländische 57:JustusvonLie- KernvonLiebigshochschuldidaktischerReform. Ausgabe. big,AllesistChemie, So wurde Gießen zur Keimzelle der modernen DasWerkmachtedenAutormiteinemSchlage AusstellungderUni- naturwissenschaftlichen Institute. Eine systema- berühmt. Denn es lehrte, zumindest im Prinzip, versitätHohenheim tische Anleitung gab es bei Liebig indes nicht. von der Analyse her den Zusammenhang von 1999,S.60 SeinErfolgbasierteaufdemCorpsgeistjeneroft BodenbeschaffenheitundErnteertragzubegrei- genug beschworenen „Schar begeisterter Jüng- fen. So unausgewogen der Wurf im einzelnen linge,“dieimGießenerLaborfanden,wasesan nochwar,diepolitische,wirtschaftlicheundso- keiner anderen Hochschule der Welt noch gab: ziale Bedeutung der Chemie war hier klar um- eine Hinführung zur Forschung. rissen. 1842 folgte die Thier-Chemie als Erweiterung Chemie als Grundlagenwissenschaft auf Fragen der Physiologie und Pathologie, und zwar auch diesmal simultan in einer deutschen Die Chemie des frühen 19. Jhs. war eine Wis- und einer englischen Ausgabe. Den Kern bildet senschaftvondenEigenschaftenderStoffe,die eine chemische Theorie des Stoffwechsels. Da- eszuordnen,zuklassifizierenundzubenennen mithatteLiebigeinModellfürdieUntersuchung galt. Die Idee der Synthese, die Vorstellung al- der grundlegenden Prozesse bei Verdauung, At- so, Stoffe im Labor gezielt herzustellen, kam mung und Assimilation geschaffen. So ließ sich erst Mitte der 1840er Jahre auf. Leitidee von dasWissenvonChemikern,Pharmazeuten,Ärz- Liebigs Forschungsprogramm war die Idee der ten, Physiologen und Hygienikern aufeinander Ordnung, wie sie sich in der elementaren Zu- beziehen. Keine einzelne Entdeckung war das sammensetzung darstellte. Chemie war für Lie- Entscheidende, sondern die Verknüpfung vor- big diejenige Wissenschaft, die das Alphabet handener, aber getrennter Wissenskulturen von der Natur erforscht und die Grammatik lehrt, einemzentralenGesichtspunktaus.Liebigselbst nachderdieBuchstabenundSilbensichverbin- formulierteeseinmalso,erhabeineinvollstän- den. Wer die kombinatorischen Möglichkeiten dig eingerichtetes, aber dunkles Zimmer, dessen dieserSprachekennt,kannsiezuneuenAnwen- einzelne Möbelstücke von tastenden Bewohnern dungen nutzen. längst benutzt worden seien, ein Licht gebracht, indessenScheindieZusammenhängeaufeinmal erkennbarwurden,ohnedaßirgendetwasander Einrichtung verändert worden war. Kommunikation Chemisches Wissen war zunächst weithin auf Abb.4 einzelne Forscher, Laboratorien und Anwen- JustusvonLiebigum dungsbereiche beschränkt, und zwar auch des- 1860mitdenChemi- halb, weil es in hohem Maße praktisches Hand- kernHermannKopp, lungswissen war. Die Vernetzung lokalisierter FriedrichWöhler Wissensbestände zu generalisiertem, disziplinä- undHeinrichBuff: rem Wissen erfolgt in Kommunikationsprozes- DieNachlässevon sen. Martius,Liebigund Briefwechsel spielten dabei eine herausragende denBrüdernSchlag- Rolle; denn stärker formalisierte Kommunika- intweitinderBaye- tionsformen wie Kongresse und Fachzeitschrif- rischenStaatsbiblio- tenexistiertenanfangsnochnicht.LiebigsNach- thek(Wiesbaden laß umfaßt an die 10.000 Einzelbriefe von etwa 1990),S.71 2.000 Briefpartnern – ein immenses Korrespon- Akademie-Journal1/2003 5 denznetz, das ganz Europa umspannte: 40% der ZwarscheitertederehrgeizigePlan,dieAnnalen Briefpartner stammten aus dem nicht-deutsch- von1837ansimultanaufDeutsch,Englischund sprachigen Ausland. Französischerscheinenzulassen,dochzehnJah- Mit Friedrich Wöhler, Chemieprofessor in Kas- re später bot sich die Gelegenheit, die Fortset- sel und Göttingen (Abb. 4), und auch er an der zungdeswichtigstenchemischenReferateorgans Schaltstelle eines riesigen Korrespondenznetzes, in eigener Regie zu übernehmen. entstand daraus, was in der Geschichte der La- Wichtig für den publizistischen Erfolg war die borforschungnochohneVorbildwar:Zweigeo- Zusammenarbeit mit dem Braunschweiger Ver- graphischgetrennteundmethodischunterschied- legerEduardVieweg,einemderführendenWis- lichausgerichteteArbeitsgruppenbeganneneine senschaftsverlage des 19. Jhs. Von 1836 an er- langfristige Forschungskooperation. Dazu muß- schien dort das von Liebig in Verbindung mit tendieZieleabgestimmt,Methodenangeglichen dem Berliner Physiker Poggendorff redigierte und Verfahren standardisiert werden. In beson- Handwörterbuch der reinen und angewandten ders ’heißen’ Phasen folgten die Briefe einander Chemie, das führende chemische Nachschlage- jeden zweiten, dritten Tag, und die Laufzeiten werk in deutscher Sprache. Abb.5 der Post waren nicht schlechter als heute. Damit kontrollierte Liebig um 1840 sämtliche AnnalenderChemie Fachzeitschriften sind das wichtigste Kommuni- SegmentederchemischenFachpublizistik–eine undPharmacie,Ti- kationsmittel der Wissenschaft. Sie entstanden Plattform, die er und seine Schüler geschickt telblattdesersten um 1800 mit der Herausbildung des modernen nutzten, um internationale Sichtbarkeit und Gel- Heftes(1832) Systems wissenschaftlicher Disziplinen. Die tung zu erlangen. Chemie war die erste Naturwissenschaft, die ein eigenes, disziplinorientiertes Zeitschriftenwesen Internationalisierung hervorbrachte, dessen Leistung sich bereits im ersten Drittel des 19. Jhs. sehen lassen konnte. 1835 waren die beiden ersten Franzosen nach Was fehlte, war ein kritischer Journalismus, et- Gießen gekommen, um bei Liebig Chemie zu was, was unserem modernen Referee-System studieren.ImJahrdarauffolgteeineGruppeeng- entspricht,sodaßdieVerläßlichkeiteinProblem lischerStudenten,undseitdemrißderStromaus- blieb. ländischer Studierender nicht ab. Da kein festes 1832,demJahr,indemLiebigdieElementarana- Curriculumexistierte,bliebeneinigenur,umbe- lyseeingeführthatte,übernahmereinganzande- stimmte Fertigkeiten zu erwerben, andere kehr- res Instrument: eine Apothekerzeitschrift von ten mit dem Doktortitel zurück. Bis 1852, als eher zweifelhaftem Ruf, aus der er die Annalen Liebig an die Universität München2 wechselte, derChemieundPharmazie(Abb.5)machte:Ein waren etwa 700 Studenten durch seine Schule wegen ihres hohen Anspruchs ebenso geschätz- gegangen, davon über 400 Chemiker, dazu etwa tes–wieihrespolemischenTonswegengefürch- 30 auswärtige Gastwissenschaftler (Abb. 6). tetes–Organ,indemLiebigdieRolledesWach- Nach deren Herkunft betrachtet, stammten 194 hundes und Zensors der sich etablierenden wis- Studierende aus anderen als den deutschen und senschaftlichen Chemie übernahm. österreichischen Staaten – eine enorme Zahl, Abb.6 AnalytischesLabor inGießenum1840, nacheinerZeich- nungvonTraut- scholdundv.Ritgen: SiegfriedHeilenz: DasLiebig-Museum inGießen(Gießen 1986),S.29 Akademie-Journal1/2003 6 wenn man bedenkt, daß die gesamte Universität Amerika gingen. Am lukrativsten aber war der damals zwischen 300 und 500 Studenten zählte englische Markt. Denn durch Bodenreform wa- und es den Beruf des Chemikers noch gar nicht ren hier riesige Ländereien in die Hände von gab. Die Briten stellten mit 83 Studierenden die Grundbesitzern gekommen, die bereit waren, in bei weitem stärkste Gruppe, gefolgt von 38 eine moderne Landwirtschaft zu investieren. Schweizern, 27 Franzosen, 16 Amerikanern und Als Ursprungsland der Industriellen Revolution 13 Russen. Aber auch Italiener, Dänen, einen warGroßbritanniendasLandunbegrenzterMög- Spanier und einen Mexikaner weist die Matrikel lichkeiten. 1837 führte Liebigs erste Reise dort- aus. hin. Von der Naturforscherversammlung in Li- Rückkopplungseffekte und gezielte Maßnahmen verpool ging es weiter nach Glasgow, Birming- wie eine deutsch-englische Werbebroschüre si- ham, Manchester – ins Zentrum von Industrie cherten die Ausstrahlung des Gießener Labors. undaufstrebendemIndustriebürgertum.DerEin- Abb.7 Über Liebigs Hauszeitschrift, die Annalen, wur- druck auf den Besucher war gewaltig. Weitere KochbuchderLie- den die Schüler bekannt. Zurückgekehrt in ihr Englandreisen folgten, in deren Verlauf Liebig big'sExtractofMeat Heimatland, profitierten sie dort vom Ruf ihres mitIndustriellen,Großgrundbesitzern,aberauch Company,Ende19. Meisters, so wie dieser von ihnen als Informan- mit dem Premierminister und dem Prince Con- Jh.:J.Liebig:Der ten, Übersetzer und Mittelsmänner bei Verlagen sort Albert zusammentraf. streitbareGelehrte, und Industriekooperationen profitierte. Corps- Zwar blieben Liebigs geschäftliche Unterneh- Ausstellungskatalog geist, von Anfang an ein wichtiges psychologi- mungen von Mißerfolgen nicht verschont, und derJLUGießen sches Ingredienz ihres Erfolgs, verband die Lie- die Massenproduktion von Kunstdünger hat er (Gießen2003),S. big-Schule zu einem europäischen Netzwerk. nichtmehrerlebt;dochdaßsichWissenschaftin 159 Vor allem in Großbritannien, dem Land der In- industrielle Praxis umsetzen und damit Gewinn dustriellenRevolutionunddesaufstrebendenIn- erzielen läßt, war deutlich geworden. Mitte der dustriebürgertums,warderEinflußenorm.Nach 1850erJahregabesmindestens25Düngemittel- Jahrzehnten der Stagnation hatte die britische fabriken in Großbritannien und den deutschen Chemie, durch Bedarf aus der Wirtschaft ver- Staaten,unddiemeistenvonihnengehörtenLie- stärkt, die Vorreiterrolle bei der Modernisierung big-Schülern. Entscheidend ist die neue Qualität derWissenschaftslandschaftübernommen.Doch derglobalenVernetzungvonWissenschaft,Pro- erst in den 1840er Jahren entstanden die ersten duktion, Handel und Kapital, dessen Akteure Ausbildungsstätten. Die früheste war das 1845 durch wissenschaftliche und ökonomische Inter- gegründete Royal College of Chemistry in Lon- essen miteinander verbunden waren. don, eine private Forschungs- und Untersu- Dies gilt auch für den Fleischextrakt (Abb. 7), chungsanstaltnachGießenerModell,dessenLei- den Liebig für ein Stärkungsmittel mit dem vol- tung Liebigs Starschüler August Wilhelm Hof- lenNährwertdesFleischeshielt.MitHilfeeines mannübernahm.ZehnJahrespäterhieltderLie- deutsch-amerikanischenInvestorswurde1862in big-ClanpraktischsämtlicheChemieprofessuren UruguayeineFabrikerrichtet,umdieFleischab- andenHochschulen,CollegesundLehrkranken- fälle aus der südamerikanischen Lederproduk- häusern des Vereinigten Königreichs besetzt. tion zu Extrakt zu konzentrieren. Bis Ende 1864 waren 50.000 Pfund davon über Amsterdam auf Chemie und Industrie demWeltmarktverkauft.AlleinfürdieVerwen- dung seines Namens erhielt Liebig ein Direkto- Die Nähe der Chemie zur gewerblichen Anwen- rengehalt von 1.000 brit. Pfund – mehr als das dungisteinerderGründedafür,daßsiesichfrüh Doppelte dessen, was er als Professor in Mün- zu einer selbständigen Disziplin ausbildete. Daß chen bezog und etwa das Zwölffache eines ’ge- Chemieprofessoren nebenbei Kleinunternehmer wöhnlichen’ deutschen Professorengehalts. waren, war schon im 18. Jh. gängige Praxis. AuchdieGutachtertätigkeitfürBehördengehör- Wissenschaft und Öffentlichkeit te zur Dienstaufgabe. Liebig ist in dieser Hin- sichtkeineAusnahme.AberUmfangundReich- Die Netzwerke aus Wissen und ökonomischer weite seines wirtschaftlichen Engagements er- Macht,dieWissenschaft,WirtschaftundStaatin reichten eine neue Dimension. einneuesBeziehungsgefügebrachten,tangierten AnfangsagierteLiebigeherlokalundmitwech- das Selbstverständnis der Gießener Universität. selndem Erfolg; später waren es vor allem briti- Traditionell diente diese der Rekrutierung des sche Schüler, die ihm den Zugang zu den Märk- Großherzogtums von Beamten, Lehrern, Ärzten tendesAuslandesöffneten.MitihrerHilfenahm undPfarrern.Nunsahsiesichaufeinmalmitei- er Patente zur Herstellung von Kunstdünger und nem Zustrom junger Männer aus ganz Europa waranFabrikeninLiverpoolundGlasgowbetei- konfrontiert, die alles andere als hessische ligt. Gemeinsam mit seinem Verleger und dem Staatsdiener werden wollten. KanzlerderUniversitätwurdeeineDüngemittel- Mindestens ebenso tangiert war das Selbstver- fabrik in Hessen errichtet, deren Produkte über ständnis der neuhumanistischen Universität, die einen Liebigschüler von Liverpool aus nach sichvomBildungsbegriffherverstand.Wooffi- Akademie-Journal1/2003 7 ziell Wilhelm von Humboldts Wort von „Ein- dem neuen, dem bürgerlichen Zeitalter ent- samkeit und Freiheit“ galt, nahmen sich Dünger sprach. und Fleischextrakt etwas eigenartig aus. Wen oder was feiern wir also, wenn wir Liebigs Liebig sah diesen Konflikt und reagierte darauf 200. Geburtstag begehen? Gewiß nicht die eine mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit. Es galt ihm, oder andere Entdeckung oder Erfindung. Und die neue Rolle der Naturwissenschaft zu legiti- man braucht kein Historiker zu sein, um zu se- mieren. Geradezu missionarisch wandte Liebig hen, wie fragwürdig lineare Ursache-Wirkungs- sichimmer wiederanMinisterien unddiegebil- ketten nach Art akademischer Stammbäume dete Öffentlichkeit. Seine Strategie war eine sind.Nein,waswirfeiernist,wasunsalsAufga- Doppelte: Zum einen wollte er den praktischen be bleibt von Liebigs Vision einer neuen Kon- Nutzen speziell der Chemie als Basiswissen- stellation im Beziehungsgeflecht zwischen Wis- schaft für Industrie, Landwirtschaft, Ernährung senschaft, Wirtschaft und Gesellschaft: Ein Ver- und Gesundheit aufzeigen. Zum anderen aber ständnis von Naturwissenschaft, die nicht bloß mußte die Chemie vom Makel des bloß Utilitä- aufspezifischeProblemlösungenausist,sondern ren gereinigt werden, der den Status der Diszi- sich–ummitLiebigzusprechen–als„Bildung“ plin und ihrer Vertreter gefährdet hätte. Liebigs begreift,alsZeichenlehreundUniversalgramma- Antwort war eine Art spin off-These, wonach tik der uns umgebenden stofflichen Welt. wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Nutzen gewissermaßen die zwangsläufige Folge der rei- AnschriftdesVerfassers: nen – und gerade nicht der auf Nutzen gerichte- Prof. Dr. Christoph Meinel ten! – Forschung sei. Und genau deshalb müsse Universität Regensburg die Chemie, obgleich die anwendungsnächste Lehrstuhl für Wissenschaftsgeschichte Naturwissenschaft, als Grundlagenwissenschaft, 93040 Regensburg ja im Humboldtschen Sinne „als Mittel zur Gei- [email protected] stesbildung“ gelehrt und gefördert werden. DasistdieKernbotschaftderChemischenBriefe, die 1844 zunächst als Artikelserie in der maß- geblichen Augsburger Allgemeinen Zeitung und kurz darauf simultan in deutschen und engli- Anmerkungen schen Buchausgaben erschienen und Überset- zungeninfastalleeuropäischenSprachenerleb- 1 DieserBeitraggehtaufeinenVortragzurück,denderAutorbeim ten: ein populärwissenschaftlicher Bestseller des akademischenFestaktderJustus-Liebig-UniversitätGießenam12. Mai2003gehaltenhat. 19. Jhs., in dem die Beziehungen zwischen Na- 2 Liebig, seit 1845 korr. Mitglied der Bayerischen Akademie der turwissenschaft, Kultur, Wirtschaft und Gesell- Wissenschaften,wurde1852derenord.Mitgliedundübernahmdie schaft in einer Weise präsentiert wurden, wie es LeitungderAkademievon1859biszuseinemTodeimJahr1873. Akademie-Journal1/2003 8 Was gibt uns die Chemie? – Leistungen, Entwicklungsmöglichkeiten und Risiken Michael Buback ImUnterschiedzuPhysikundBiologiehatdieÖffentlichkeiteinsehrkonträresBildvon derChemie.FastimSinnevongutundbösewerdenderNutzenderChemiebeiderVer- besserung der Lebensbedingungen und die Gefährdung der Umwelt durch Chemikalien gesehen.Manunterteiltinnatürliche(biologische)undunnatürliche(chemischgewonne- ne) Substanzen. Die Chemie erscheint einerseits als reine Wissenschaft, die sich in An- spruch und Glanz neben Physik und Biologie behauptet, aber auch als Chemieindustrie, die den ständig wachsenden Bedürfnissen einer sich bedrohlich vermehrenden Weltbe- völkerung zu dienen hat. Hervorragende Wirkstoffe und raffinierte, hoch funktionelle Werkstoffe stehen langweilig anmutenden Massenprodukten gegenüber, die in Mengen von über 100 Millionen Jahrestonnen weltweit hergestellt werden. In diesem Spannungsfeld scheinbarer Gegensätzlichkeiten bewegt sich die Chemie. Ihre Aufgabebestehtdarin,dieZusammensetzungvonStoffenzuermitteln,dieVerknüpfung von Struktur und Wirkung möglichst auf molekularer Basis zu erkennen und Methoden undVerfahrenzuroptimalenHerstellungbekannter,modifizierterundvorallemneuarti- ger Stoffe unter Berücksichtigung vieler Randbedingungen zu entwickeln. Die Chemie hat sich auch mit den Aspekten einer nachhaltigen Chemieproduktion zu befassen. Faszination der Chemie Biologische große Moleküle (Makromoleküle) sind in der Regel durch die große Strukturtreue Das Weltbild der Physik ist zweifellos faszinie- bezüglichderAnzahlundSequenzihrerBaustei- rend.DasGleichegiltfürdieBiologie,geradezu ne charakterisiert. Synthetische makromolekula- Zeiten der Aufschlüsselung des Humangenoms. re Substanzen bestehen dagegen oft aus einer Gibt es auch eine Faszination der Chemie? Jür- breitenVerteilungvoninGrößeundStrukturun- genMittelstraß[1]beschreibtdieChemiealsLa- terschiedlichen Molekülen. Eine aus zwei Bau- borwissenschaft – zwar fleißig, erfolgreich und steinen hergestellte makromolekulare Verbin- weltverändernd, aber den Chemiker als Aschen- dung,einbinäresCopolymer,kannauseinerge- puttel, dessen Labor nach mühevoller Arbeit waltigen Vielfalt von sich in Größe, in der Se- riecht. Das Vorurteil, die Chemie gebe keine quenz der beiden Bausteine und in der Anzahl Orientierung im Sinne eines Beitrags zum Welt- und Art von Kurzketten- und Langketten-Ver- bild,giltabernichtmehr.DieChemieistheutein zweigungen an einer polymeren Hauptkette un- starkem Maße theoretisch basiert. Auch sind die terscheidenden Molekülen bestehen. Grenzen zwischen Chemie, Physik und Biologie Grundvoraussetzung für die gezielte chemische fließendgeworden.Das„Stoffumwandeln“weist Synthese ist die Kenntnis der Molekülstruktur. auf eine Nähe zur Biologie hin, auf den „Stoff- Die Lösung dieser analytischen Aufgabenstel- wechsel“, der eine Fülle chemischer Reaktionen lungberuhtaufdemWissenumdasGleich-und einschließt. Wir wissen, daß alle menschliche Verschiedensein von Molekülen. Methan ist der Tätigkeit und Empfindung von komplexen che- Grundkörper der Kohlenwasserstoffe. Die vier mischen Reaktionen begleitet ist. Wasserstoffatome sind tetraedrisch um ein Koh- Die Gesamtheit der uns umgebenden Stoffe be- lenstoffatom angeordnet. Beim sukzessiven Er- stehtausdersehrbegrenztenZahlvonetwa100 setzenderH-AtomedurchmitWasserstoffabge- chemischenElementen.DennochhatdieChemie sättigte Kohlenstoffatome können größere Koh- bei der Synthese molekularer und supramoleku- lenwasserstoffe bis hin zu einem Polyethylen- larer Spezies ein unerschöpfliches, faszinieren- Molekül aufgebaut werden. Dabei ist die Struk- desWirkungsfeld.Angesichtsderenormen,sich tur(Konstitution)biszumPropan(CH)eindeu- 3 8 mitderGrößederMoleküleaußerordentlichstei- tig(Abb.1).BeimÜbergangzumButan(CH ) 4 10 gernden Vielfalt herstellbarer Moleküle liegt die kanndasvierteC-AtomseitlichoderinderMitte besondere Herausforderung darin, mit hoher Se- angefügt werden. Es entstehen zwei Strukturiso- lektivität möglichst nur die jeweils gewünschte mere, Verbindungen mit derselben Art und An- chemische Verbindung zu synthetisieren. zahlvonAtomen,aberinunterschiedlicher Ver- Akademie-Journal1/2003

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Ein Akademie-Journal, das sich der Chemie wid- met, hat in diesem Zusammenhang Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften,. Berlin. Herausgeber: Der Präsident „Chemists Look to Follow Biology Lead“ titelte J. Alper kürzlich in Science [1] und ver- weist auf das Bestreben der
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