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Hansische Geschichtsblätter (Jahrgang 1875) PDF

302 Pages·1876·58.762 MB·German
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HANSISCHE GESCHICHTSBLÄTTER. I H ERA U SGE GEBEN - - W , VON VEREIN FÜR HANSISCHE GESCHICHTE. JAHRGANG 1875. 9 HAMBURGS STELLUNG IN DER HANSE. VON KARL KOPPMANN. Hansische Geschichtsblätter. V x Zu den vielen Vortheilen, welche die jährlichen Wanderver­ sammlungen unseres Vereins mit sich bringen, gehört auch der­ jenige, dass man in der Stadt, die zum Empfange ihrer Gäste sich rüstet, ernster als sonst wohl darüber nachdenkt, welche Beziehungen die Vaterstadt mit dem hansischen Städteverein verknüpft haben1). Zu einem Blosslegen aller einzelnen Fäden, die sich zur Hanse zusammenschlingen und in ihr durcheinander ziehen, ist der Er­ forscher der allgemeinen hansischen Geschichte nicht befähigt; erst durch das Zusammenwirken der Geschichtsforscher in den einzelnen Hansestädten, wie dereinst die Städte selbst zusammengewirkt haben, kann nach und nach, mag immerhin eine gewisse Befangenheit oder Voreingenommenheit den Spezialforscher mehr oder weniger beherrschen, wie ja auch das Sonderinteresse der einzelnen Städte immer dem Gesammtinteresse des Bundes gegenüber gestanden hat, das volle Verständniss erschlossen werden für die grossartigste Schöpfung des deutschen Bürgerthums. Hamburg ist zusammengewachsen aus zwei verschiedenen Ge­ meinden, einer erzbischöflichen Altstadt, deren Gründung in die Zeiten Karls des Grossen zurückreicht, und einer gräflichen Neu­ stadt, die in den letzten Jahren Friedrichs des Rothbarts von Adolf III., dem Schauenburger, angelegt wurde. *) Vorstudien zu dieser Arbeit, die Pfingsten 1875 dem Verein vor­ getragen wurde, sind: Die ältesten Handelswege Hamburgs, Ztsclir. f. hamb. Gesch. 6, S. 406 — 27; Das hamburgische Schuldbuch von 1288, das. 6, S. 482—516. Von dem Handel der Altstadt wissen wir wenig Sicheres, Aber von vornherein werden wir eine gewisse Bedeutung einem Orte zuschreiben müssen, dem von Kaiser Ludwig dem Frommen die grossartige Aufgabe gestellt worden war, auf friedlichem Wege, ohne den Nachdruck fränkischer Waffengewalt, die Völker des Nordens und Nordostens für das Christenthum zu gewinnen1), einem Orte, der in Folge dieser seiner Aufgabe zu wiederholten Malen von der Wuth heidnischer Normannen und Slaven in Trümmer gelegt wurde und der in sich die Kraft hatte, nach jeder Zerstö­ rung neu zu erstehen. Und diese Voraussetzung wird uns zur Gewissheit, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass es Hamburg war, wo der prachtliebende Erzbischof Adalbert den Sommer über sich aufhielt und die hohen Feste in dem ganzen Glanze seiner Hof­ haltung feierte, wo er die Besuche der Sachsenherzoge und die Gesandtschaften der nordischen Könige und der slavischen Fürsten zu empfangen pflegte2), wenn wir uns vergegenwärtigen, dass nach dem Willen Kaiser Ottos des Grossen Papst Benedikt das Brot der Verbannung in Hamburg essen musste3), dass bei ihrem Verlangen Marktrecht und Münzrecht in Bremen zu besitzen seitens der Erzbischöfe darauf gefusst wurde, dass sie diese Rechte in Hamburg ausgeübt hatten4), dass endlich schon in den Tagen Anskars Kaufleute von Schleswig in der Handelsstadt Wijk te Duer- stede und in Hamburg sich hatten taufen lassen, wie auch um­ gekehrt Schleswig von Kaufleuten aus der Rheinstadt und aus Hamburg besucht worden war5). Planmässig als Handelsstadt aber ist die Neustadt Hamburg begründet worden: ein ausreichender Hafen, so heisst es in der Gründungsurkunde des Grafen Adolf6), soll für die von allen Seiten dorthin kommenden Leute eingerichtet werden, und Kaiser Friedrich gewährt den Bürgern Hamburgs Zollfreiheit von ihrer Stadt bis an 1) Vgl. Koppmann, Die ältesten Urkunden des Erzbisthums Hamburg- Bremen, das. 5, S. 483 ff.. 2) Adam v. Bremen III, 26, 67. 3) Thietmar II, 18, 22; IV, 40; vgl. Koppmann, Die mittelalterlichen Geschichtsquellen in Bezug auf Hamburg S. 14. 4) Hamb. U. B. I, Nr. 22. 5) Vita Anskarii 28. 6) Hamb. U. B. I,‘Nr. 285. ' — 5 — das Meer und trifft gleichzeitig Verfügungen darüber, wie es in Bezug auf den Zoll mit dem Gute der Gäste gehalten werden solle, das auf Hamburgischen Schiffen an Stade vorübergebracht wird ’). Ob dieses Privilegium des Kaisers für ganz Hamburg oder nur für die gräfliche Neustadt gegolten habe, ist freilich strittig. Altstadt und Neustadt standen eine Zeit lang in einem gewissen Gegensätze zu einander und verschmolzen erst nach Jahrzehnten, nachdem inzwischen der Graf durch Beseitigung der konkurrirenden Rechte des Erzbischofs auch in der Altstadt Alleinherr geworden war, zu einer einheitlichen Stadtgemeinde 2). Den Abschluss dieser Entwickelung bildete zweifelsohne jener Vertrag, den die zweite Redaktion des Hamburgischen Stadtrechts uns aufbewahrt hat3): der Rath und die Wittigsten von Hamburg haben sich geeinigt, dass Hamburg eins sei und eins bleibe immerdar, dass man in den Rath wählen soll jeden biderben Mann, der des Rathes wür­ dig ist, ohne Rücksicht darauf, wo in der Stadt er angesessen ist, dass man ein Rathhaus haben soll und kein anderes und eine Dingbank daneben, dass aber die beiden Märkte für Altstadt und Neustadt bestehen bleiben sollen. Das älteste Stadtbuch (vom Jahre 1248)4) hat bereits die Einheit der Stadtgemeinden zur Vor­ aussetzung; wenn auch die Schreiber desselben gelegentlich einen Unterschied machen zwischen Altstadt und Neustadt, so geschieht das doch nicht mehr aus rechtlich-politischen, sondern nur noch aus topographischen Gründen. Für diesen Zeitpunkt aber, die Mitte des 13. Jahrhunderts also, gestattet uns bereits der Inhalt von Urkunden und Zollrollen, uns ein Bild zu entwerfen von den Wegen, deren sich der Ham- burgische Handel bemächtigt hatte5). In drei Hauptrichtungen wendet er sich. Die erste Strasse führt den Hamburgischen Kauf­ mann nach Lübeck und von dort in die Ostsee, auf der zweiten fährt er die Elbe hinauf nach Lauenburg, Lüneburg, Salzwedel und Magdeburg, die dritte, und in ihr erkennt man sofort die vor­ nehmste, geht elbabwärts in die Nordsee nach Dänemark und Nor- J) Hamb. U. B. I, Nr. 286. 2) Koppmann, Beiträge z. Gesch. d. St. Hamburg 2. 3) Lappenberg, Hamb. Rechtsalterthümer I, S. 99. 4) Ztschr. f. hamb. Gesch. 1, S. 329—432. 5) Daselbst 6, S. 406—27. — 6 — wegen, nach England und Irland, nach Friesland, Holland, Flan­ dern und Brabant. Mit diesen seinen Handelsstrassen vermittelt Hamburg den lebhaften Verkehr zwischen Flämingern auf der einen, märkischen und sächsischen Städten auf der anderen Seite, ver­ bindet es, und das giebt ihm für die Geschichte der Hanse noch eine weitere Bedeutung, die Ostsee mit der Westsee. Auf dieser Stufe der Entwickelung steht der Hamburgische Handel in einer Zeit, in der uns die ersten Spuren eines hansischen Städtevereins entgegentreten. Die Stiftung der Hanse durch die beiden Städte Lübeck und Hamburg im Jahre. 1241, die man früher auf die Autorität des Hamburgischen Chronisten Tratziger hin angenommen hatte, ist jetzt von der Wissenschaft einstimmig aufgegeben worden1). Man weiss, dass es zwei Faktoren waren, aus deren Zusammenwirken sich allmählich der hansische Städteverein entwickelte: die Orga­ nisation des deutschen Kaufmanns in der Fremde und die Städte­ bündnisse in der Heimath. Die Ausbildung der Kaufmannshanse ist noch dunkel, selbst in ihren Grundzügen noch wenig aufgeklärt. Doch erkennen wir vor Allem, dass das ausschliessliche Recht ein bestimmtes Meer zu befahren von denjenigen in Anspruch genommen wird, die an diesem Meere ihren Wohnsitz haben. Die Gothländer dürfen so wenig die Westsee befahren, wie Friesen und Fläminger die Ostsee: so schreiben im Jahre 1285 die niederländischen Städte Zwolle und Kämpen an Lübeck, und die stillschweigende Voraussetzung dabei ist, dass aber dem deutschen Kaufmann die Fahrt auf der West­ see, wie auf der Ostsee gleichmässig freistehe. Diese Voraus­ setzung aber war in früherer Zeit nicht zutreffend gewesen, und Lübeck selbst hatte erfahren, dass es in London nicht als gleich­ berechtigte Genossin der Westseestädte anerkannt wurde. Hier in London trat der deutsche Kaufmann als eine Ge­ nossenschaft auf, die unter der Führung Kölns rechtliche Aner­ kennung fand und mit Privilegien ausgestattet wurde; in Wisby dagegen hatten die einzelnen Kaufleute das Bürgerrecht erworben *) Zu meinem Aufsatze hans. Geschichtsblätter 1872, S. 69 — 76 vgl. Hasse in Ztschr. f. Schleswig-Holstein-Lauenb. Gesch. 5, S. 351—60, meine Replik daselbst 6, S. 127—32 u. Hasse’s Duplik das. 6, S. 218 — 19. und nach und nach eine deutsche Stadtgemeinde gebildet, die selbstständig neben der gothländischen Stadtgemeinde bestand und ihrerseits dem Kaufmann des Römischen Reiches einen Rückhalt bot, der von Wisby aus nach Livland und nach dem wichtigen Nowgorod fuhr. Unter dem gemeinsamen Namen des deutschen Kaufmanns verstand man also Westseefahrer unter der Führung Kölns und Ostseefahrer unter der Führung Wisby's. Diese Scheidung hat Lübeck beseitigt, hat Wisby auf der einen Seite, Köln auf der ändern Seite zurückgedrängt und in die eigene Hand die Führung des gesammten deutschen Kaufmanns, auf der Westsee, wie auf der Ostsee, übernommen. Solche Resultate aber sind von Lübeck erreicht worden auf dem Wege des Städtebünd­ nisses, auf der Ostsee mit den deutschen Ostseestädten, auf der Westsee mit Hamburg z). Es war im Jahre 1226, dass Kaiser Friedrich II. die Lübischen Englandsfahrer von jener schlechten Gewohnheit und der Last des Ungelds befreite, die von den Kölnern und Thielern und deren Hansebrüdern gegen sie erfunden seien, und sie desselben Rechtes theilhaftig machte, dessen Kölner, Thieler und deren Hansebrüder genössen. Seit der Ertheilung dieses Privilegs, das jedenfalls für das Vorhandensein solcher Bedrückungen ein vollwichtigeres Zeug- niss ist, als für das thatsächliche Aufhören derselben, sehen wir Lübeck mit Hamburg in eine Verbindung treten, wie sie inniger und ungetrübter unter keinen anderen Hansestädten bestanden hat. Ich kann hier nur in der Kürze an jene Urkunden erinnern, die bei aller Trockenheit beredte Auskunft über dieses Verhältniss geben: an die Urkunde von etwa 1230, die älteste, die unsere Stadt ausgestellt hat, in der Hamburg den Lübeckern verheisst: Unser Recht soll auch euer Recht sein und euer Recht das unsrige, an die beiden Verträge von 1241, in deren einem die Städte sich einigen über den gemeinsamen Schutz jener Hamburgischen Strasse von der Mündung der Trave in die Ostsee bis zur Mündung der Elbe in die Westsee, während der andere dem Urtheilsspruch, der in der einen Stadt über den flüchtig gewordenen Angeklagten ge­ fällt worden ist, auch in der anderen Stadt Rechtskraft verleiht, I) Hanserecesse i, Einleitung. an die beiden Verträge von 1255 endlich, in denen sich die Städte über eine gemeinsame Münze einigen und sich vorläufig auf drei Jahr, aber unter dem Vorbehalt späterer Verlängerung, gegen jeglichen Feind verbinden1). Solche Verträge zu Schutz und Trutz, über gemeinsames Münzwesen, über gemeinsame Verfolgung der Verfesteten, sie begegnen uns auch unter anderen Städten, theil- weise auch im hansischen Städteverein wieder, aber Lübeck und Hamburg haben sie zuerst geschlossen und sind, wenn der ganze Bund zur Aufrechterhaltung derselben nicht zu bewegen war, in engeren Bündnissen unter einander oder unter Hinzuziehung nah­ verwandter wendischer Städte immer wieder auf sie zurückgekom­ men. Nicht als der Anfang des hansischen Städtevereins kann diese Verbindung zwischen Lübeck und Hamburg gelten, aber sie ist ein Vorspiel desselben, von der höchsten Bedeutung für ihn. Der Nutzen dieser Verbindung für Lübecks Verhältniss zu der Westsee zeigt sich in Folgendem. In Gemeinschaft mit Ham­ burg erwirbt Lübeck Privilegien 1243 in der Grafschaft Holland, 1244 im Bisthum Utrecht, 1248 abermals in Holland, 1251 in der Grafschaft Kleve, in Gemeinschaft mit Hamburg tritt Lübeck 1242 in Flandern als Vertreter des deutschen Kaufmanns auf, und als Hamburg im November 1266 das Recht erworben hat, in England eine eigene Hanse zu bilden, gewinnt wenige Wochen später, im Januar 1267, Lübeck dasselbe Recht2). Die älteren Verhältnisse des Kontors zu Brügge liegen noch immer im Dunkel, aber von vornherein wird man annehmen dürfen, dass Köln, dem Flandern ebenso günstig lag wie England, in Brügge eine ähnliche Rolle gespielt habe, wie in London. Wie aber durch Kölns Vermittelung die westfälischen Städte nach Flan­ dern gelangten, so war es Hamburg, dessen Schiffe die Kaufleute aus dem Elbgebiet zu den Flämingern trugen: 1236 wurde das Ungeld festgesetzt, das die märkischen Kaufleute in Hamburg be­ zahlen sollten, wenn ihre Waaren nach Flandern oder anderswohin *) H. R. 1, S.XXXII; Ztschr. f. hamb. Gesch. 6, S. 413—15; Frens- dorfFs Einleitung zum Verfestungsbuch d. St. Stralsund (Hans. Geschichts­ quellen 1), 2) Ztschr. f. hamb. Gesch. 6, S. 420—27; H. R. i, S. XXVII—XXVIII; vgl. den folgenden Aufsatz Höhlbaums.

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