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Hans-Christian Andersen PDF

36 Pages·2016·1.17 MB·German
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K L E I N E B I B L I O T H E K D E S W I S S E N S LUX-LESEBOGEN NATUR- UND KULTURKUNDLICHE HEFTE KARLHEINZ DOBSKY Hans Christian Andersen Das Märchen seines Lebens V E R L A G S E B A S T I A N L U X M U R N A U - M Ü N C H E N - I N N S B R U C K - Ö L T E N Die Mutter E s war einmal — ein kleiner Schustergeselle, der hatte nichts, was er sein Eigen nennen konnte. Er mußte seinem Weibe eine Bettstatt aus erbettelten Sargbrettern zimmern, und die Not lief ihm nach wie ein getreuer Schatten, sein Leben lang. Es tut uns leid, daß unsere Geschichte so traurig beginnt, doch wir verspre chen, daß sie fröhlich endet. . . Unser Schustergeselle hieß Hans Andersen und lebte sein küm merliches Leben in Odense, der Residenzstadt der dänischen Insel Fünen zwischen Großem und Kleinem Belt. Das Bild dieser klei nen und reichen Stadt wurde bestimmt von den bunten Uniformen einiger Regimenter, die dort in Garnison lagen, von den Herren sitzen der Adelsfamilien, vom Schloß des Gouverneurs Prinz Chri stian — und von einem Theater, von dem noch die Rede sein wird. Schuhmacher war auch Hans Andersens Vater, ein stadtbekann tes Original und leider „nicht ganz richtig im Kopfe", was nicht verschwiegen werden soll. Der wanderte zum Gaudium der Jugend in einem phantastischen Aufputz aus Lumpen und Flitterkram durch Stadt und Land, mit selbstgeschnitzten, bunt bemalten und vergoldeten Figuren hausierend, an denen sein verdunkelter Geist mehr Freude fand, als an den Schuhen der Bürger von Odense. Oft wird sein Wanderstab auch ein Bettelstab gewesen sein — sehr zum Kummer seines Weibes. Sie hat später dem Enkel gegenüber den Großvater in einen wohlhabenden Landwirt ,,umgedichtet", der von Feuersbrunst und Viehseuche geschlagen worden sei und über soviel Schicksalsnot den Verstand verloren habe; auch sie selbst stamme aus wohlhabendem, adeligem Hause, von bestem Rufe und Ansehen. So erzählte sie ihrem Enkelsohn, — und der hörte es gern . . . Hans Andersen aber, der Schuster und Schusterssohn, heiratete trotz seiner Armut eine Dienstmagd, die auch nichts mitbrachte als zwei kräftige Arbeitshände. Sie war über fünfzehn Jahre älter und zwei Köpfe größer als ihr Mann. Am 2. April des Jahres 1805 2 Einer der reizvollen Falt-Scherenschnitte dea Dichters gebar sie ihm einen Sohn und gab ihm die Vornamen des Vaters und Prinz Christians, des Gouverneurs der Insel, und so wurde Hans Christian Andersen das Kind als in die Kirchenbücher der Stadt Odense eingetragen. Die Eltern hatten bei der Geburt ihres Sohnes noch kein ge meinsames Heim. In dem Hause an der Ecke der Hans-Jensen- Straede und der Bangs-Boder in Odense, dem jetzigen Andersen- Museum, das eine Gedenktafel als Andersens Geburtshaus bezeich net, haben sie nie gewohnt. Erst als Hans Christian Andersen 63 Jahre alt war, machte eine wohlwollende und freundlich gesinnte Schreiberhand dieses Haus zur Stätte seiner Geburt durch eine fälschliche Eintragung ins Kirchenbuch der Stadt; niemand hatte Interesse an einer Berichtigung, und der Wandel der Zeiten machte die freundliche Erfindung allmählich wirklicher als die Wirklich keit. Ein Märchen steht am Beginn dieses wundersamen Lebens, bei dessen Erzählung uns noch viel Märchenhaftes begegnen wird. 3 Die Armut und Not dieser Kindheit aber sind bittere Wahr heit. Hans Christians Mutter wusch zwar fleißig und unverdros sen für die Bürger der Stadt, und es spricht manches dafür, daß der Ertrag ihrer Arbeit für den ärmlichen Haushalt wichtiger war als die kargen und unregelmäßigen Einkünfte des Vaters. Erst im Jahre 1806, als Hans Christian ein Jahr alt war, konnte die Fa milie eine eigene dürftige kleine Wohnung beziehen. Sein „El ternhaus", wenn man's so nennen will, hat er uns sehr anschau lich und ganz ohne märchenhafte Ausschmückung in seinen Er innerungen beschrieben: die kleine Stube in dem Armeleutehaus an der Munkemoelle-Stfaede, in der sich die Schusterwerkstatt, das elterliche Ehebett und die Schlafbank des Kindes drängten, zusammen mit Herd und Truhe, einem Bücherbord an der Wand und einem Holzkasten mit Schnittlauch und Petersilie in der Dach rinne vor dem Fenster. „Das war der ganze Garten meiner Mut ter", schreibt Hans Christian später, „in meinem Märchen ,Die Schneekönigin' blüht er heute noch!" Den närrischen Großvater fürchtete er. Die Kinder auf den Gassen schrien dem kleinen Andersen nach: „Der ist ja verrückt wie sein Großvater!" Dann flüchtete er zurück in die Arme der Mutter oder zu der geliebten Großmutter „aus adligem Hause", deren phantastische Erzählungen ihm die erhebende Vorstellung einer „besseren Herkunft" jenseits von Hunger, Not und Ent behrung vorgaukelten. Die Jahre dieser Kindheit standen im Zeichen eines Mannes, des sen Bild auf einem billigen, handkolorierten Kupferstich die Schu sterstube schmückte: Napoleon. Im Jahre 1807 schloß die Däni sche Monarchie, bestehend aus den Königreichen Dänemark und Norwegen sowie aus den Herzogtümern Schleswig und Holstein, ein Bündnis mit dem Kaiser der Franzosen, der zeitweise spani sche Regimenter als Schutztruppe in den Norden verlegte. Auch Odense wimmelte von fremdem Militär; verwundert lauschte der junge Hans Christian auf die seltsamen Sprachen und Melodien. Den armen Vater Schuster aber trieb die Not der Zeit zu einem Schritt, den der Sohn in seinen Erinnerungen als „wahren Schritt der Verzweiflung" bezeichnet: Er wurde Soldat, wurde Soldat für einen anderen, der sich damit vom Militärdienst loskaufte. Im 4 Der Marktplatz von Odense mit der St.-Knuds-Kirche Sommer ;des Jahres 1812 trat der Vater als Bekrut in das 3. Ba taillon des Grenadier-Begiments Seiner Majestät des Königs in Odense ein, und im Herbst 1813 marschierte er mit seinem Ba taillon ins Holsteinische. Aber weit kam er nicht. Schon im Früh jahr 1814 kehrte der kleine Mann, krank und erschöpft, wieder heim nach Odense. Nicht einmal beim Militär konnte man ihn brauchen! Unzufrieden mit sich selbst, mit der Umwelt zerfallen, nörgelnd und untätig, ließ er sich und sein Kind von den un ermüdlichen Wäscherinhänden seiner Frau ernähren und starb im Jahre 1816, als Hans Christian elf Jahre alt war. Die Mutter heiratete zwei Jahre später zum zweitenmal; aber der Stiefvater — wieder ein Schuster und diesmal sogar zwanzig Jahre jünger als die rüstige Wäscherin — nimmt weder im Erleben noch im Erinnern des Knaben einen besonderen Platz ein. Der hing an der Mutter und an der Großmutter. Die alte Frau nahm ihn oft in den Garte.n des Spitals und Irrenhauses mit, wo sie als Aufwärterin arbeitete. Dieser Garten und dieses Haus mit seinen Insassen, den gutmütigen Irren und den Tobenden, den alten Spit- telweiblein und den geduldigen Wärtern gehören zu den stärksten 5 Kindheits-Eindrücken Andersens. Da wurden am Spinnrad Ge schichten erzählt und Lieder gesungen, die keiner je aufschrieb, die aufblühten aus tiefstem Volksgrund, dort, wo die großen Wahr heiten ruhen und die großen Märchen. Hans Christian besuchte die Armenschule von Odense. Oft, wenn er an der „Lateinschule" vorüberging und die vornehm geklei deten Knaben dieser Schule auf ihrem Spielplatz herumtollen sah, wünschte er sich, zu ihnen zu gehören, „teils wegen der vielen schönen Bücher, die sie hatten, und vor allem, weil sie es in der Welt zu etwas bringen konnten". Die Lesewut war väterliches Erbgut, den Hang zum „Vornehmen" und „Feinen", der ihn durchs ganze Leben begleitete, vermachte ihm die phantasievolle Großmutter. Man sah ihn selten mit anderen Kindern, er hielt sich gern für sich und litt unter den Hänseleien der Altersgenos sen, die den hochaufgeschossenen Jungen mit den langen Affen armen und dem verträumten Wesen sehr komisch fanden und das auch sagten. Er lernte leicht. Mutter und Großmutter sahen voll Bewunderung auf den Knaben, der vielstrophige Gedichte mit viel Gefühlserregung und wilden Gesten auswendig deklamierte oder mit seinem Puppentheater, zu dem er die Kostüme selber nähte, Shakespearesche Trauerspiele aufführte. Eine freundliche alte Pa storenwitwe, die als Stiftsdame in der Nähe der elterlichen Woh nung ihre Tage verbrachte, wurde seine erste Gönnerin, aus deren Munde er zum ersten Male das Wort „Dichter" vernahm. Hier fand er in Fülle die geliebten Bücher, hier fand er Verständnis für seine Gesänge und Vortragskünste. Was machte es, daß er nebenbei als Laufjunge bei einem Färbermeister einige zu Hause dringend benötigte Groschen verdienen mußte! In sein „Poesie buch" schrieb er damals: „Jetzt lernte ich lesen, und welch ein Himmel Tat sich mir auf und welch ein Blütengewimmel! Ich zog mit König Lear auf die öde Heide hinaus, Bestand mit Macbeth mit bösen Hexen den Strauß. Ich fuhr mit Niels Klim in der Erde Schoß hinab Und weinte wehmutsvoll an Walborgs Grab." 6 Hier verlebte der Dichter die Jahre seiner Kindheit Bald genügte ihm sein Puppentheater nicht mehr. Er freundete sich mit dem Manne an, der die Programme und Theaterzettel in der Stadt austrug, und half ihm dabei, nicht ohne regelmäßig ein 7

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