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Handbuch Jugend und Musik PDF

554 Pages·1997·16.764 MB·German
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Handbuch Jugend und Musik Dieter Baacke (Hrsg.) Handbuch Jugend und Musik Leske + Budrich, Opladen 1998 Gedruckt auf säurefreiem und alters beständigem Papier. ISBN 978-3-8100-1543-3 ISBN 978-3-322-97331-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-97331-3 © 1997 Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mi kroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Leske + Budrich Inhaltsverzeichnis Dieter Baacke Die Welt der Musik und die Jugend. Eine Einleitung ........................................................... 9 Teil I Kultur, Ausdruck, Tanz, Umgreifendes Dieter Baacke Neue Ströme der Weltwahrnehmung und kulturelle Ordnung ............................................ 29 Ansgar Jerrentrup Popularmusik als Ausdrucksmedium Jugendlicher ............................................................. 59 Marion Koch und Frank Buschmann Wer tanzt hier eigentlich noch? Historischer Wandel und jugendliche "Unordnung" ........ 93 Teil 11 Klassische Musik, Laienmusik Hans Günther Bastian "Jugend musiziert" oder Jugend und klassische Musik ..................................................... 117 Hans-Walter Berg Jugend und Laienmusik ..................................................................................................... 155 Irmgard Klönne "Wo sind unsre Lieder, unsre alten Lieder?" Vom Pfadfinderinnenbund zu den Waldeck-Festivals ................................................................................................. 173 Teil 111 Vom Wandervogel bis zu alternativen Labels: Jugendszenen - Musikszenen SvenKommer Musik in der Jugendbewegung .......................................................................................... 195 6 Inhaltsverzeichnis Wilfried Ferchhoff Musik-und Jugendkulturen in den 50er und 60er Jahren. Vom Rock'n'Roll der ,,Halbstarken" über den Beat zum Rock und Pop ........................... 217 Dieter Baacke Punk und Pop. Die siebziger und achtziger Jahre .............................................................. 253 Elke Nolteernsting Die neue Musikszene: Von Techno bis Crossover ............................................................ 275 PeterWicke Rock Around Socialism. Jugend und ihre Musik in einer gescheiterten Gesellschaft ........ 293 Frank Werner Zur regionalen Szene der Alternativ-Labels ...................................................................... 305 Horst Königstein Tanz mit mir mein Mädel .................................................................................................. 317 Teil IV Aspekte der Rezeption Rainer Dollase Musikpräferenzen und Musikgeschmack Jugendlicher ..................................................... 341 Roland Hafen Rockmusik - Rezeption in Live-Konzerten ....................................................................... 369 Teil V Medien, Studios, Online Thomas Münch Jugend, Musik und Medien ............................................................................................... 383 Helmut Graebe Praxis der Musik-und Tonproduktion. Konzeption und Technik im Studio .................... 401 Helmut Voullieme " ... and Rock goes Online and CD-ROM" - Rockmusik und interaktive Medien ............. 421 Teil VI Pop und Pädagogik ]ürgen Terhag Die Vemunftehe. Vierzig Jahre Populäre Musik und Pädagogik ...................................... 439 Rolf Sudmann Popmusik in Studiengängen deutscher Hochschulen ........................................................ 457 Inhaltsverzeichnis 7 Karl-Georg Waldinger Das Ronsdorfer Rockprojekt - Schüler produzieren Medien. Zur pädagogischen Bedeutung der projektorientierten Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in einer "offenen Schule" ...................................................................... 477 Margrit Küntzel-Hansen und Tilman Küntzel Musikwerkstatt Sozialpädagogik ....................................................................................... 487 Thomas Freund Popmusik in der außerschulischen Jugendbildung ............................................................ 507 Bemd Gürtler Strukturprogramm Rock beim Sächsischen Staatsministerium für Kultus ....................... 519 Hermann Rauhe Mediamorphose und integrative Musikerziehung einer New Generation ......................... 529 Die Welt der Musik und die Jugend Eine Einleitung Dieter Baacke 1. Das Phänomen Musik Musik erschließt ein weites Feld ästhetischer Erfahrung in der lebensweltlichen Wirklich keit ebenso wie in den Bereichen von Phantasie, Traum und Vorstellungen, also denen der Wirklichkeitstranszendenz. Heute finden wir sie nicht nur in den Kirchen, im Konzertsaal, Opernhaus oder in der Hausmusik oder, in ihrer populären Form, auf Schützenfesten, Stra ßenparaden oder öffentlichen Auftritten von Musikmeistern oder Gauklern, die sich durch Musik begleiten lassen. Sie ist vielmehr, über Radio und Fernsehen, das ganze mediale Verteilsystem sowie unterschiedliche Tonträger und Wiedergabegeräte derart gegenwärtig und in unseren Alltag eingebunden, daß sie uns nicht mehr als befreundetes oder befrem dendes Gegenüber in Augenblicken der Sammlung, der Stille, der reflektierenden Muße oder Entspannung gegenübertritt, sondern als allgegenwärtig unser Leben begleitet. Einge lassen in unsere Alltäglichkeit gibt sie dieser Nachhall, füllt die Zeit, grundiert den Erfah rungsraum, erreicht unsere Empfindungen oder läuft an ihnen vorbei - alles ist möglich. Jugendliche von heute fürchten die akustische Leere; selbst in Momenten der Konzentrati on, wenn sie beispielsweise Schularbeiten machen, sind sie gewohnt, sich von Musik ("berieseln" wäre falsch) begleiten zu lassen (Baacke! Frank! Radde 1991). Neben der optischen Kultur unbewegter und bewegter Bilder und Zeichen, die ebenfalls weiter im Vormarsch ist, und oft mit ihr untrennbar verbunden als Soundtrack und stimulierende Hintergrundsmusik füllt sie allgegenwärtig unsere Zeiträume aus. Dieser Tatbestand kann auch so formuliert werden: "Musikalische Sozialisation" ist keine Besonderheit des ästheti schen Lernens mehr, wie sie uns in einer Erziehung zur Musik und in dafür offenen Bil dungsprozessen begegnet, sondern sie widerfahrt heute jedem, sei er musikalisch oder nicht, an der Welt der Musik interessiert oder nicht, und es gibt in einer sonst so binnendif ferenzierten Gesellschaft moderner Form kaum einen Systemausschnitt, in dem sie uns nicht begegnet. In Kirche und Kaufhaus, auf Hotelfluren oder in Badeanstalten, über den Walkman beim täglichen Gang zur Schule und zurück, im häuslichen Zimmer über Cas settenrekorder und CD-Gerät, während der Reise und noch beim Einschlafen ist Musik als "Verbrauchsmusik", aber auch als ausgewählter Begleiter unterschiedlicher emotionaler Phasen akustisch präsent. Längst dröhnt sie nicht immer nur laut, so daß sie auf Zimmer lautstärke gestellt werden müßte; Kopfhörer und andere technische Vorkehrungen machen sie gleichzeitig zum Intimerlebnis inmitten vieler Menschen, und gerade Jugendliche sind es, die diese Form zentrierend - isolierender Begegnung auswählen. Das alles hat Wirkungen, läßt In-der-Welt-Sein anders erfahren als zu Zeiten, da nur die Geräusche des Alltags und der Natur, in der Regel jedenfalls, den Tag begleiteten. Wel- 10 Dieter Baacke che Wirkungen Musik aber tatsächlich hat, läBt sich bis heute nicht eigentlich ausmachen. Goethe, in einem Brief an Eckermann (23.10.1828) spricht darum von dem Dämonischen in der Musik, "denn sie steht so hoch, daß kein Verstand ihr beikommen kann, und es geht von ihr eine Wirkung aus, die alles beherrscht und von der niemand im Stande ist, sich Rechenschaft zu geben. Der religiöse Kultus kann sie daher auch nicht entbehren: sie ist eines der ersten Mittel, um auf die Menschen wunderbar zu wirken". Wir sprechen heute der Musik die Qualität zu, vor allem Emotionen anzusprechen und auszudrücken, ohne sie aufrechenbar oder formulierbar machen zu müssen; als akustisches Metier drängt sie von außen nach innen, über unsere Ohren in unsere Körper-und Seelengefäße, aber daß sie dies so ungehemmt tun kann, liegt auch daran, daß sie offenbar ein Echo unseres Inneren oder unserer inneren Bedürfnisse ist, wie Goethe ebenfalls gesehen hat (an den Herzog von Weimar): "Sobald die Musik den ersten kräftigen Schritt tut, um nach außen zu wirken, so regt sie den uns angeborenen Rhytmus gewaltig auf, Schritt und Tanz, Gesang und Jauch zen; nach und nach verläuft sie sich ins Transoxanische ( ... ) oder ins Jodeln, ins Liebelok ken der Vögel." Könnten diese Formulierungen nicht als vorwegnehmende Beschreibung der Klangerlebnisse einer heutigen Pop-Generation gedeutet werden? Werfen wir kurz einen Blick auf die Geschichte, erkennen wir, daß Musik schon im mer, wenn auch in verschiedener Weise, als "Übergreifendes" verstanden wurde. Freilich war sie nicht von Anfang an nur dem Gefühl zugeordnet. Die ursprünglich griechische Wortbedeutung ist sehr weit; "musike techne", später "musike" meint ursprünglich nicht so sehr die Werke der Musik, sondern musische Erziehung durch musische Betätigung. "Musike" wurde ursprünglich verstanden als Einheit von Dichtung, Tanz und Tonkunst, die der Rhytmus verbindet, sodann als Theorie des Klanges, als mathematische Disziplin neben Arithmetik, Geometrie und Astronomie, jenem Viergespann, das in die artes libera les späterer Zeit einging (hierzu und zum folgenden: Scholtz 1984). Neben die musische Betätigung und die Praxis der Tonkunst trat also die Wissenschaft von der Harmonie, gleichsam als philosophischer Überbau. Im Rahmen einer solchen wissenschaftlichen und spekulativen Weltdeutung bekam die Musik eine Art ontologischer Fundierung. Schon die ersten Wesens bestimmungen der Musik als ein Phänomen des Klanges finden sich in Le gende und Mythos. Musik ist von magischer Gewalt, die Menschen und die äußere Natur bezwingend und Götter und Dämonen beschwichtigend. In der griechischen Philosophie, am wirkmächtigsten im Pythagoreismus, der altorientalische Traditionen aufnahm und bis heute das Denken über Musik bestimmt, wird dies am deutlichsten. Für Pythagoras und seine Schule ist das Sein der Dinge und der Welt Harmonie, Einigung des Verschiedenen, und diese Harmonie ist ein Verhältnis von Zahlen. Die natürliche Welt und die Seele des Menschen treten über die Musik als Klang in Korrespondenz (dies setzt noch das zweite Zitat von Goethe voraus), beherrscht vom gleichen Vernunftprinzip. Auch Platon hat dies übernommen, aber praktisch gewendet und die Musik, europäisch zum ersten Mal, pädago gisch betrachtet. Die Macht der Musik baut für ihn die Sittlichkeit des Menschen auf, kann sie aber auch gefährden. Darum muß gerade das Musikalische der Musik, das Melos, einer ethischen Prüfung unterzogen werden. Jede Harmonie (gemeint: jedes Tongeschlecht) repräsentiert ein Ethos, eine seelische Haltung und eine Gesinnung, die dem Hörer einge prägt werden können. Auch im Mittelalter wird Musik, eigentlich verstärkt, zu einer universalen Ordnungs wissenschaft. Sie erhält einen festen Platz im Bildungssystem der artes liberales und über nimmt in gewisser Weise das Prinzipat, weil sie mathematische Verstandeswissenschaft und, in der Anwendung, dem Herzen zugleich verbunden ist. Die im Kultus zugelassene Musik (Platon!) repräsentiert für die Kirchenväter, etwa über den Psalmengesang, den Gesang der Engel und der Heiligen und die Reinigung der Seele für den Heiligen Geist. Die Welt der Musik und die Jugend. Eine Einleitung 11 Eine Subjektivierung des Musikerlebnisses bringt dann die Neuzeit mit sich. Musik er freut nach Descartes, wenn ihre mathematische Struktur für den Sinn klar erkennbar ist, ohne einförmig zu sein. Zweck der Musik ist eigentlich die Sinnesfreude, die freilich eine Form mathematischer Erkenntnis (zugleich) ist. Erst mit der Erstehung der Kunstphiloso phie und Ästhetik, endgültig im 18. Jahrhundert, gerät Musik in einen neuen Zusammen hang. Nun wechselt sie aus dem Bereich der artes liberales, also dem der Wissenschaft und ontologischen Rationalität, in den Kreis der schönen Künste über und wird damit zu einem primär oder ausschließlich ästhetischen Phänomen. Nun wird sie zum Produkt des unbe wußt schaffenden Genies. Die bildende Kunst ahmt eher die äußere sichtbare Natur und der Menschen nach; die unsichtbare, innere Natur des Menschen, Gemüt und Leidenschaften, sind nun Inhalt musikalischen Ausdrucks. Damit gehört Musik auch nicht mehr den nach ahmenden Künsten an und konstituiert sich als Ausdruckskunst: "Als ihr Gehalt erweisen sich bald nicht mehr die tabellarisch erfaBten bestimmten Affekte, sondern das viel weitere Feld der Empfindungen. Diese werden von der Empfindungstheorie der Leibniz-Schule als ein Kontinuum klarer, aber verworrener Vorstellungen beschrieben (clara et confusa re praesentatio)" (ebd., S. 250). In der Aufklärung zum Ausdrucksorgan der Subjektivität geworden, wird Musik in der Romantik über das Gefühl als Ahnung und Gegenwart des Absoluten interpretiert: Die Seele weitet sich. Diese zwar wirkungsvolle Unbestimmtheit wirft das Problem der Form-Inhalt-Beziehung auf. Wenn die Inhalte der Musik in ihren Wirkungen entgrenzend und tiefdringend sind, kann Musik nur über ihre Form bestimmt werden. Sie bieten das "unausgenießbare Lustreich" für die ästhetische Betrachtung (so H.G. Nägeli in seinen Vorlesungen über Musik mit Berücksichtigung des Dilettanten, 1826). In der Folge solcher Erfahrungen und ihrer Interpretationen kommt /. Strawinsky zu der provokatorischen Behauptung, Musik sei nichts auszudrücken im Stande, sie strukturie re lediglich die Zeit. Diese Autonomiebehauptung setzte sich jedoch nicht durch. Der marxistischen Ästhe tik mußte eine Kunstform verdächtig sein, die ein in sich geschlossenes Formgebilde dar stellt, ohne an die gesellschaftliche Realität anknüpfbar zu sein. Jenseits von Mythos und Metaphysik ist Musik damit in ihrem Erklärungswert für das Gesellschaftliche eher einge schränkt zu verwenden. Anders Adomo, der Musik ansieht als Antwort auf ein Problem des musikalischen Materials und darin wiederum eine Auseinandersetzung mit der Gesell schaft. Im musikalischen Ausdruck (der Avantgarde) findet das Leiden des Subjekts ebenso Gestaltung wie ein utopisches Gegenbild, wie Versöhnung mit der unheilen Gesellschaft denkbar sei. Diese Gedankenzüge wurden hier vergegenwärtigt, weil sie sämtlich nicht suspendiert sind. Zwar hat sich eins geändert: Musik ist nicht mehr, wie bis ins Mittelalter und zu den artes liberales, Fundamentum der Wissenschaft; sie ist seitdem vor allem Ausdruck des Gefühls in den Gestaltungsmöglichkeiten des musikalischen Materials, erlebt in der Zeit lichkeit der Klänge. Ihre emotionsentbindende Kraft als Echolot aus der Tiefe menschli chen Empfindens aber wird bis heute (beispielsweise) in einem der späten Streichquartette Beethovens ebenso erlebt wie in einem herz- und gewebedurchdröhnenden Heavy-Metal Konzert. Mag sie, fach-musikalisch betrachtet, tatsächlich vor allem lediglich die Zeit strukturieren, tut sie dies besonders für Jugendliche doch auf eine Art und Weise, die mit dem musikalischen Fach-Anspruch nichts zu tun hat. Diese Universalität musikalischen Ein- und Ausdrucks, die zu Zeiten bis ans Utopische grenzen kann, wird von Jugendlichen heute ebenso erfahren wie eine oft planere Art des Zeitverbringens unter Freunden, das durch den Ablauf von Musik gestaltend begleitet wird. Und: Musik ist nicht nur eine Kunstgattung eigenen Ausdrucks, sondern eine Tätigkeit mit Ausdruck, etwa in der Form des (gemeinsamen) Singens, und auch in der puren Rezeption, allein, in kleiner Gruppe 12 Dieter Baacke oder im entgrenzenden Rock-Konzert, stimuliert sie intrapsychische Vorgänge, die als Entgrenzungserfahrung, als Stabilisierungshilfe, als Kontaktbrücke schwer fonnulierbar sind. Das sich-sperrende Musikerlebnis gegen den analytischen Diskurs ist heute konstitu tiv geworden. Daran liegt es, daß Musik heute trotz ihrer Allgegenwärtigkeit und ihrer (unbestimmbaren) Wirkungen letztlich kaum zur Sprache kommt. Dies verwundert angesichts von Vermittlung und Verbreitung von Musik (zum folgen den: Musikalmanach 1996/97, S. 65 ff.). Die erwähnte Fast-Allgegenwärtigkeit von Musik wird über drei Bereiche der Vermittlung gesichert: den Handel, Clubs und Live Aufführungen (Konzert, Disco) und vor allem Medien. Diese (Hörfunk, Fernsehen, Print medien) spielen für die Vermittlung und Verbreitung vor allem populärer Musik eine zen trale Rolle. Zwar ist der Musikanteil am Programm großer TV -Sender gering; nimmt man populäre und klassische Musik zusammen, liegt er nicht höher als zwischen 0% und ca. 4%. Hinzu kommt, daß die zehn am häufigsten gesehenen Musiksendungen, ausschließlich Programme von ARD und WF mit hohen Zuschauerzahlen (8,8 - 9,6 Millionen), ebenso ausschließlich den Bereichen Schlager- und Volksmusik entstammen, die (Zahlen von 1994) nur 10,7% des Tonträgerumsatzes ausmachen. Klassische Musik und Oper, ohnehin in Randstellung, spielen in den audiovisuellen Medien bis heute eher eine Gastrolle. Dage gen gibt es inzwischen mindestens zwei Spartenkanäle, die insbesondere der Verbreitung von Rock- und Popmusik dienen: das MTV-Programm (seit 1981) und das Musik Programm des TV-Senders VIVA (seit Dezember 1993). Inzwischen bemühen sich MTV und VIVA , mit ihren Neugründungen VH1 Deutschland und VIVAll, die erste mit Pop musik aufgewachsene Generation der nunmehr Älteren zu erreichen, nämlich die 25- 49jährigen Musikfans. Eine wesentliche Rolle spielt heute der Hörfunk. Seit der Zulassung privater Hörfunk Programme versuchen diese, leichtkonsumierbare Klänge anzubieten, die aus einer Mi schung aktueller und alter Hitparaden-Titel bestehen. Neben solchem "Mainstream" - Pop entwickeln sich neue, der Differenzierung des Popmusik-Marktes entsprechende Promoti ons-Einheiten auch in den großen Tonträger-Anbietern, etwa für Dance-Musik, den Alter nativ-Rock etc. - Eine ähnliche Entwicklung findet sich bei den begleitenden Druck-Titeln der Musik-Zeitschriften. Es gibt immer weniger, die einen breiten Geschmack treffen; die einzelnen Musik-Szenen haben zunehmend ihre einzelnen Titel mit entsprechend geringe rer Auflage. Dies geht bis zu den Fanzines der subkulturellen Jugendszenen, die oft hand gemacht erscheinen und ein kleines Publikum von Enthusiasten erreichen. Die Jugend- und Teenie-Zeitschriften, wie etwa Bravo, halten jedoch im Großen und Ganzen ihre Auflage: ohne Zweifel deshalb, weil sie das musikalische Metier in Gesamt-Erlebnisräume von Ju gendlichen einbinden. Dem Handel kommt eine immer größere Rolle bei der Vermittlung von Popmusik zu, die von allgemeinen Werbernaßnahmen bis zum Verkaufen reicht. Gerade für Jugendliche ist die Club-Szene von hoher Bedeutung, da sie sich aus ihren Familienherkünften abzulö sen trachten und ihre Freizeit (ab 16 Jahren nachdrücklich) vorwiegend außer Haus ver bringen. Wenn Bundesbürger knapp 16% ihres Medienbudgets (1994) für den Besuch von Veranstaltungen und Discos ausgeben, sind Jugendliche hier ohne Zweifel (sie sind als einzelne Gruppe nicht ausgewiesen) überrepräsentiert. Im Bereich von Pop und Rock sind Clubs die Orte der sich ausdifferenzierenden Szenen, "sie dienen in erster Linie als Medi um für Neues aus der Dance-Techno-House- und Rockszene und vermitteln die jeweiligen Stile durch Abspielen von Tonträgern, über Diskjockeys und die Veranstaltung von Kon zerten" (ebd. S. 68). Während die Ausbreitung von Pop- und Rockmusik tendentiell anhält und immer neue Verbreitungskanäle findet, ist die quantitative Nutzung der gehobenen Programme öffent-

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